Wenn Helden die Handlung sprengen

  • Motiviert aus einem anderen Thread mal eine Frage an das Schwarmbewusstsein:

    Wie geht ihr mit Helden um, die stets vorbereitet, angespannt, aufmerksam und paranoid sind um?

    Mir fällt es schwer glaubwürdige Szenarien zu erschaffen, wenn sich die Helden nicht glaubwürdig verhalten.

    Es gibt Szenarien, die werden bei mir durch Zeitverlauf aktiviert. So betreten Helden ein Gasthaus und ich erwarte, dass sie wie normale Menschen freundlich um Einlass bitten, sich aufwärmen wollen, essen möchten, die nassen Kleider trocknen und eventuell einfach ins Bett wollen. Zumal sie stundenlang gereist sind.

    Ich bringe mit Absicht nicht den Plot voran um keine Karotte hinzuhängen sondern um eine "Feierabendstimmung" zu erzeugen.

    Stattdessen sind sie mit geschärften Sinnen und Händen an den Waffen dabei den Plot selber zu triggern indem sie alles absuchen, sogarbdie Zimmer im Gasthaus absuchen, mit jedem reden und ausfragen.

    Ich war kurz davor das AB fallen zu lassen mit den Worten:

    "Es passiert nichts relevantes und ihr reist wieder ab. Weil ihr nicht gegessen und geschlafen habt regeneriert ihr nicht, ihr seid alle erkältet und der Wirt hat jemanden losgeschickt um die Garde zu verständigen, weil ihr verdächtig seid."

    Aber dann fühle ich mich wie ein trotziges Kind und das will ich nicht.

    Außerdem weiß ich nicht, wie ich mit Charakteren umgehen soll, die sich einfach nicht an gesellschaftliche Normen halten ohne jedesmal mit der Stadtwache zu drohen. Vor allem, wenn es keine gibt und plötzlich das Recht des Stärkeren zu gelten scheint.

    "Wer will versuchen mir mein Schwert abzunehmen? Du? Und jetzt gib mir was zu essen, Wirt."

    Überhaupt ärgere ich mich daran, dass immer alles mitgetragen wird.

    Wenn ich irgendwo in der Herberge wohne und zum Markt gehe um Proviant einzukaufen...also ich lege dafür nicht mein Kettenhemd an. Es scheint mir paranoid und unlogisch zu sein das zu tun.

    Erschwert wird das ganze noch dadurch, dass nur zwei Helden regional sind, die anderen sind Exoten.

    Einer der regionalen ist aber mein Held und fungiert nur als Meisterperson/NPC und der andere gehört zu einem unerfahrenen Spieler.

  • Solche Erfahrungen habe ich noch nicht gemacht, schon gar nicht in den Ausmaßen.

    Ich würde fragen, warum das so gemacht wird, da doch die Situation das nicht hergibt. Spielern vorschreiben, was ihre SC tun oder nicht tun, soll nicht sein, daher da OT drüber reden, über Vorstellungen der Situation und der Umwelt. EDIT: "Erziehungen von Spielern" finde ich schon in Formulierung und tieferer Bedeutung nicht schön. EDIT Ende.

    "Wer will versuchen mir mein Schwert abzunehmen? Du? Und jetzt gib mir was zu essen, Wirt."

    Wobei solcherlei Gebaren tatsächlich eine Form von Obrigkeit auf den Plan rufen dürfte, bzw. jemand diese ruft. Ob das nun der örtliche Schulze, Stadtwache, ein örtlicher Geweihter oder die örtliche halbstarke Dorfjugend (oder die starke Erwachsenenriege) ist, oder einfach nur Hausrecht eines Wirts, nicht jeden Gast annehmen zu müssen, der rein kommt, und dien ungewünschten die Tür zu weisen.

    IT-Maßnahme kommen jedoch immer erst in meinen Augen frühestens (wenn sie denn tatsächlich erfolgen sollen) nach dem OT-Gespräch, um sicher zu sein, dass alle Beteiligten die gleiche Vorstellung der Situation haben.

    Es kann natürlich auch darauf hinauslaufen, dass einige Mitglieder einer Gruppe andere Vorstellungen davon haben, wie sie spielen möchten und wie das Spiel ihnen Spaß macht, als andere. Wenn sich kein Kompromiss findet, muss die eine Partei überlegen, ob eigene fehlende Freude zu groß ist oder nicht.

    Grundsätzlich kann es auch sein, dass einzelne SC Grund haben, besonders vorsichtig und misstrauisch zu sein, da kann man dann auch keinen Strick draus drehen, wenn es dafür IT- und Konzeptgründe gibt, aber dann ist das auch nicht überraschend für den SL (und ich in andere Zimmer gewohnheitsmäßig auch für solche Fälle schon sehr krass finde).

    Aber dann liegt es auch nahe, dass nicht alle so sind und die, die keinen Grund dazu haben, entsprechend darauf reagieren.

    Lässt sich eruieren, wo das herkommt? Aus früheren Gruppen? Irgendeine Computer-Spiel-Gewohnheit? Gab es frühere AB bei Dir, die eine beständige Vorsicht und Misstrauen forciert haben?

    Doch wie geschrieben, solche Extrem-Fälle wie von Dir beschrieben sind mit am Spieltisch (zum Glück) völlig unbekannt bislang.

  • "Wer will versuchen mir mein Schwert abzunehmen? Du? Und jetzt gib mir was zu essen, Wirt."

    "Wer die Gebote der Herrin Travia nicht ehrt, dem gebe ich auch keine Unterkunft. Schert euch raus, ihr ungehobeltes Pack, oder wollt ihr den Gastfrieden noch weiter mit Füßen treten?!" Wenn sie tatsächlich zu den Waffen greifen, nutze die Gelegenheit, dass die aventurischen Götter echt sind, und ihre Auswirkungen spürbar. Die Helden finden keine Rast mehr, bleiben paranoid und unruhig, entwickeln allesamt Schlafstörungen... bis sie tatsächlich anfangen, die Sitten zu respektieren. Auch schön wäre eine Hexe als Wirtin / Gast, die sie verflucht, dass ihre innere Hässlichkeit auch außen zu sehen sein soll (Warzen), bis sie Manieren lernen.

    Brechstange? Ja, ein bisschen. Aber eine innerweltliche. Gib ihnen tatsächlich innerweltliche Konsequenzen für Fehlverhalten. Wenn sie dann den Wirt oder die Hexe erschlagen, lass sich das Wort schnell verbreiten, und man fürchtet (und verachtet) sie zuerst, bis tatsächlich jemand loszieht um Rache zu üben... Bauernmob, Hexenzirkel, eine echte Heldengruppe (noch besser: Oneshot ankündigen mit anderen Charakteren, lass sie sich selber jagen, und beschreibe ihre Taten innerweltlich).

    Ich habe auch schon den einen oder anderen Spielen innerweltlich umerzogen, und am Ende hatten alle daran Spaß und sind als Spieler / Charaktere daran gewachsen!

  • Zitat

    "Es passiert nichts relevantes und ihr reist wieder ab. Weil ihr nicht gegessen und geschlafen habt regeneriert ihr nicht, ihr seid alle erkältet und der Wirt hat jemanden losgeschickt um die Garde zu verständigen, weil ihr verdächtig seid."

    Wäre eine gute Lektion, funktioniert zwar nicht ständig und wiederholt, aber es zeigt ihnen deutlich das ihr Verhalten Konsequenzen hat.
    Abzüge durch mangelnden Schlaf, schlechtes Essen und Krankheiten sind mein To-Go wenn "Helden" anfangen Raubbau an ihrer Gesundheit zu tätigen, sich abnormal Verhalten oder anderweitig grundlegende menschliche/körperliche Bedürfnisse ausblenden und ignorieren.

    Zitat

    Wenn ich irgendwo in der Herberge wohne und zum Markt gehe um Proviant einzukaufen...also ich lege dafür nicht mein Kettenhemd an. Es scheint mir paranoid und unlogisch zu sein das zu tun.

    Je nach Kultur des Helden nicht absolut unlogisch oder unwahrscheinlich, nur wird nicht jeder in deiner Runde einen Amboss- oder Erzzwerg spielen, bei denen sehe ich in derartigem Verhalten keinerlei Inkosistenz zum Setting ... wenn allerdings Alrik der Garethische Handwerker sich rüstet um zum MArk zu gehen, dann muss es schon brennende Dämonen aus fliegenden Festungen regnen, damit ich das als SL als sinnvoll abnicke.

    Zitat

    Außerdem weiß ich nicht, wie ich mit Charakteren umgehen soll, die sich einfach nicht an gesellschaftliche Normen halten ohne jedesmal mit der Stadtwache zu drohen. Vor allem, wenn es keine gibt und plötzlich das Recht des Stärkeren zu gelten scheint.

    "Wer will versuchen mir mein Schwert abzunehmen? Du? Und jetzt gib mir was zu essen, Wirt."

    Hier hilft entweder die harte Konsequenz der tatsächlichen Strafverfolgung und Aburteilung des Charakters zu einer Leib- oder Schandstrafe oder aber im Fall der durchsetzung des rechts des Stärkeren denjenigen mal jemanden oder eher viele stärkere entgegen zu stellen, die demjenigen Manieren einprügeln.

    Generell wird schlechtes oder unangemessenes Verhalten schnell mit Ausschluß und abweisung durch die Gesellschaft abgestraft, und wer nicht Gefahr laufen will als Mörder zu brennen/hängen, der sollte dem Wirt lieber freundlich bitten eine Mahlzeit zu erhalten als ihm mit Drohungen zu kommen, denn der Wirt kennt in seinem Dorf sicherlich mehr als nur eine weitere Person die sicherlich bereit währen dem Maulhelden selbiges zu stopfen, und wenn der Held zu Waffe greift und tötliche Gewalt einsetzen will ist meist schluß mit Lustig, sowohl auf direkter zwischenmenschlicher Ebene als auch mit der Lässigkeit der lokalen Machthaber und Ordnungshüter. Da muss und wird recht durchgesetzt, alles andere würde Unfrieden und Unzufriedenheit unter der Bevölkerung streuen und das will kein Lehnsherr.

  • Spieler reagieren so, weil sie glauben, dass sie es müssen. Weil sie irgendwo gelernt haben, dass keine stimmungsvollen Tavernenabende ausgespielt werden ohne dass gleich etwas passiert. Irgendein SL hat sie in die Pfanne gehauen, weil sie mal einfach nur ihren Charakter ausgespielt und nicht in jedes Zimmer geschaut haben. Dafür wurden sie dann ausgelacht. Sprich irgendwo ist etwas, dass Spielern beibringt, es geht beim Rollenspiel um Spieler vs SL, um sich gegenseitig übertrumpfen, um ihr verliert all eure Ausrüstung und wacht halbnackt wieder auf, um gemein hinter dem Schirm würfeln und dabei 'Hihihi' sagen.

    Dabei fanden es die Leute, die ich bin jetzt so traf sehr viel netter durch eine Welt zu latschen und eben mit den Konsequenzen ihres Handeln zu Leben - ohne besonders krasse Dinge.

    Spieler suchen auch den Plot, weil sie gekommen sind um den Plot zu spielen und nicht irgendwas Irrelevantes. Die laufen rum und drehen jeden Stein um bis sie den Plot gefunden haben. Weil er muss da sein und wenn er nicht kommt, dann habe ich ja nichts zu tun...

    Das Ganze ist wieder die leidige Sache, was will ich eigentlich spielen? Wie will ich eigentlich spielen? Was erwarte ich denn? Dann hilft halt wieder nur reden. Ich erzählen neuen Mitspielern sehr klar, wie ich leite, was ich erwarte und was sie bekommen. Der Spielstil muss halt passen, sonst macht es keinen Sinn.

    I ♡ Yakuban.

  • Auf jeden Fall auch mal aufzeigen, dass Handlungen innerweltliche Konsequenzen haben. Von anderen Spielen, auch am PC, kennt man ja eigentlich keine realistisch und dynamisch reagierende Umwelt, von daher kann man das schon auch mal in Erinnerung rufen. Gibt ja oben schon ein paar sehr schöne Ansätze.

    Könnte mir aber auch gut Vorstellen, dass das eigentliche Problem wo anders liegt. Nämlich bei unterschiedlichen Spielstilen, was du eigentlich sehr schön beschrieben hast:

    So betreten Helden ein Gasthaus und ich erwarte, dass sie wie normale Menschen freundlich um Einlass bitten, sich aufwärmen wollen, essen möchten, die nassen Kleider trocknen und eventuell einfach ins Bett wollen. Zumal sie stundenlang gereist sind.

    Ich bringe mit Absicht nicht den Plot voran um keine Karotte hinzuhängen sondern um eine "Feierabendstimmung" zu erzeugen.

    vs.

    Stattdessen sind sie mit geschärften Sinnen und Händen an den Waffen dabei den Plot selber zu triggern indem sie alles absuchen, sogarbdie Zimmer im Gasthaus absuchen, mit jedem reden und ausfragen

    Deine Erwartung setzt ja schon einen bestimmten Grad von Rollenspiel voraus. Die Spieler sollen sich soweit in ihre Helden hineinversetzen, dass sie sich aufwärmen wollen, Essen, die Kleider trocknen etc. Das sind Bedürfnise die weniger mit Plot und Regeln zu tun haben, sondern aus dem Charakterspiel entstehen. Genau wie das man in einer Taverne einen schönen Feierabend verbringt, der einem abenteuertechnisch ja nichts "nützt". Deine Spieler scheinen dagegen den "reinen" Plot zu suchen und dann macht es natürlich Sinn alles entsprechend abzuklopfen. ("Gameistisch" könnte man das Verhalten wohl auch nennen).

    Ich denke darüber sollte man auch einfach mal abseits des Spiels reden. Sprich du erklärst ihnen dass du als Meister eigentlich mehr Spass haben würdest, wenn sie ihre Charaktere mehr ausspielen würden, realistischer mit der Umgebung interagieren, auch mal was machen, was nicht rein plotgesteuert ist etc. Kann natürlich auch sein dass ihr dann merkt, dass ihr was völlig unterschiedliches spielen wollt. Andererseits ist nicht allen gleich bewusst, das Rollenspiel halt noch viel mehr Möglichkeiten bietet, als nur dem Plot nachzujagen. Ich habe da ähnliche Erwartungen an meine Spieler wie du aber manchmal brauchts auch einen kleinen Anstoss damit man sieht: "Ah, so kann man das auch spielen!" Da hilft es sicher auch, einmal die Rollen zu tauschen und als Spieler ein Beispiel zu geben was du dir vorstellst.

  • Hier ist dringend ein OT Gespräch angebracht, ihr sollten euch bewusst werden was ihr spielen möchtet da du mit deiner Vorstellung von einer fantastisch realistischen Welt wohl wohl nicht die Machtfantasien deiner Spieler bedienst.

    Wenn dieses Gespräch erfolgt ist, jeder weiß woran er ist solltet ihr euch klar machen wie ihr solche Situationen in Zukunft ausspielen wollt wenn das noch Mal vorkommt und da bin ich für den direkten Weg: lass es eskalieren ohne das es übertrieben oder an den Haaren herbeigezogen wirkt sondern so wie solche Sachen nunmal vonstatten gehen.

    Der Wirt kuscht dann eben nicht sondern ist halt ein breitschultriger Kerl (Fässer schleppen sich nicht von allein) der auch nicht um ersten Mal Gäste hinaus begleitet.

    Wenn dann der Held wirklich das Schwert zieht und angreift beschreibe halt wie sowas wirklich haussieht, eine Klinge in den Bauch ist nicht SP abziehen und weitermachen, da fließt Blut, Eingeweide klaffen raus, der Verletzte schreit vor Schmerz, der Rest der Taverne versucht in Panik zu fliehen, manche wollten vielleicht noch eingreifen und greifen den Krieger an. Was nun? Gleich den nächsten Mord begehen?

    Dieses Szenario solltest du im Gespräch auf den Tisch bringen. Was macht der Krieger wenn die Welt nicht kuscht und klein beigibt? Sich nicht alles gefallen lässt?

    Frag ihn direkt was er macht wenn der Wirt sich vor ihm aufbaut und ihn seines Hauses verweist "denkst du wirklich das irgendjemand der auch nur minimal Menschlichkeit in sich trägt hier wirklich ein Blutbad anrichten will?"

    Vielleicht will der Spieler aber auch so einen Arschlochcharakter spielen und wartet eigentlich darauf daß ihm Mal die Stirn geboten wird?

    Mein Rat ist: Sprecht darüber und dann Spiel es aus, nicht Handwedeln das sie halt keine Unterkunft bekommen und deswegen Mal ne Nacht nicht regenerieren sondern wirklich soziale Konflikte abhandeln, ganz ohne Regeln und Würfel und einfach Mal NPCs Menschen sein lassen, weil ich hab das Gefühl hier ist ein PC-Spieler am Werk der es einfach nicht gewohnt ist das die Welt sich nicht seinem Willen beugt, der NPCs nur als NPCs wahrnimmt, als Möglichkeiten zu zeigen wie krass seine Figur ist und nicht als das was Meisterpersonen eigentlich sein sollten, Menschen.

  • Hallo, Ricordis! Hallo, Forum! Hallo, Welt!

    Das Problem liegt wohl weder ausschließlich bei dir noch bei ausschließlich bei deinen Mitspielern. Zunächst einmal würde ich dir ganz generell raten, dich nicht auf die Unterscheidung zwischen "gutem IT" und "schlechtem OT" einzulassen. Beim PnP müssen die Metakanäle grundsätzlich immer zur Verfügung stehen, ansonsten fährt die ganze Veranstaltung zu 100 Prozent irgendwann gegen die Wand. In dem speziellen Fall "Gasthaus" hast du eine Szene aufgemacht mit bestimmten Zielen und Erwartungen, die deine Spieler aber weder kennen noch teilen. Die einfache Lösung ist hier, ihnen einfach zu sagen, was du da beabsichtigst ("Hier gibt's erstmal keinen Plot, macht einfach ein bisschen Feierabendstimmung"). Mach dich aber darauf gefasst, dass das einigen oder sogar allen Spielern nicht gefällt. In dem Fall müsst ihr euch halt irgendwie einig werden, wie ihr weitermachen wollt. Auf keinen Fall solltest du in der Fiktion irgendwelche Konsequenzen für die Charaktere einführen, das heizt den Konflikt nur an. Und jetzt nochmal ins Detail:

    Es gibt Szenarien, die werden bei mir durch Zeitverlauf aktiviert. So betreten Helden ein Gasthaus und ich erwarte, dass sie wie normale Menschen freundlich um Einlass bitten, sich aufwärmen wollen, essen möchten, die nassen Kleider trocknen und eventuell einfach ins Bett wollen. Zumal sie stundenlang gereist sind.

    Ich bringe mit Absicht nicht den Plot voran um keine Karotte hinzuhängen sondern um eine "Feierabendstimmung" zu erzeugen.

    Ich fasse das mal etwas böswillig so zusammen: Du eröffnest eine Szene, erwartest dann aber von den Spielern, dass sie mit ihren Charakteren ein bestimmtes Skript abarbeiten, das obendrein auch nichts mit irgendwas Relevantem zu tun hat. Mein erste Frage: Warum? Entweder du willst deinen Spielern die Freiheit geben, zu tun, was sie wollen und in diesem Augenblick für richtig und wichtig halten, dann musst du deine eigenen Erwartungen zurückstellen; oder du willst das eben nicht, dann braucht es aber auch keine Szene. Sag einfach: "Ihr verbringt die Nacht in einer Herberge" und die Sache ist gegessen.

    Meine zweite Frage: Warum steigst du so früh ein? So wie ich deine Beschreibung verstehe, krankt deine Szene an dem, was wohl ganz gut "Haustürsyndrom" genannt werden kann. Darunter verstehe ich die Neigung von SL, Szenen an einem Eingang (einer Haustür oder einem Stadttor, zum Beispiel) beginnen zu lassen und darauf zu bestehen, dass die Spieler sich erstmal bis zum eigentlich relevanten Part durchspielen. Widerstehe der Versuchung! Nach fiktiver Einlassbitte, fiktivem Aufwärmen, fiktivem Kleidertrocknen, fiktivem Essenbestellen und fiktivem Bettenbeziehen käme bei mir auch keine fiktive "Feierabendstimmung" mehr auf, weil es mir die reale bis dahin längst verhagelt hätte.

    Wenn es dir einfach nur ums "Tavernenspiel" geht, versuch doch einfach mal folgenden Einstieg: "Bei Sonnenuntergang kehrt ihr in ein Gasthaus ein. Das Essen und das Bier duften vorzüglich und die Betten sind zwar nicht gerade federweich, aber immer noch besser als die nackte Erde. Eure durchnässte Kleidung trocknet am Kamin. Wenn ihr wollt, könnt ihr euch noch in character beim Abendessen unterhalten, ansonsten gehe ich davon aus, dass ihr schlafen geht und am nächsten morgen aufbrecht."

    Kurz gesagt: Sag einfach was deine Intention ist und welche Optionen den Spielern tatsächlich zur Verfügung stehen, und dann rahme die Szene dementsprechend. Das wirkt Wunder, glaub mir.

    Außerdem weiß ich nicht, wie ich mit Charakteren umgehen soll, die sich einfach nicht an gesellschaftliche Normen halten ohne jedesmal mit der Stadtwache zu drohen. Vor allem, wenn es keine gibt und plötzlich das Recht des Stärkeren zu gelten scheint.

    "Wer will versuchen mir mein Schwert abzunehmen? Du? Und jetzt gib mir was zu essen, Wirt."

    Um welche gesellschaftlichen Normen geht es denn? Um vermeintliche oder tatsächliche Waffenverbote in dieser oder jener Situation? Die einfache Lösung lautet, die einfach zu ignorieren, sofern es nicht relevant ist. Es ist generell keine gute Idee, SCs ohne guten Grund ihr Spielzeug wegzunehmen, und das gilt gleich dreifach für DSA-Charaktere mit ihren hyperspezialisierten Kampffertigkeiten. Zumal ja die Magiebegabten in der Gruppe weiterhin rumzaubern können, während der Krieger sehnsüchtig auf seinen Anderthalbhänder im Schirmständer starren darf. Anders sieht es natürlich aus, wenn es zur Herausforderung gehört, in eine bestimmte Situation überhaupt erst hineinzukommen, z. B. wenn die SC sich Zugang zu einem Ball des örtlichen Adels verschaffen wollen. Aber in der Taverne oder einfach nur in der Stadt ist das doch wirklich egal, denn die SC sind ohnehin Abenteurer und damit eh schon potentiell vogelfreier Abschaum.

    Überhaupt ärgere ich mich daran, dass immer alles mitgetragen wird.

    Wenn ich irgendwo in der Herberge wohne und zum Markt gehe um Proviant einzukaufen...also ich lege dafür nicht mein Kettenhemd an. Es scheint mir paranoid und unlogisch zu sein das zu tun.

    Wickle eventuelle Einkaufstouren am besten off-screen ab. Dann erledigt sich auch die Frage, wer gerade was dabei hat.

    Einmal editiert, zuletzt von weltanschauer (1. Oktober 2019 um 16:43)

  • Wenn deine Spieler voll auf Strom anfangen nach dem Plot zu suchen, du aber schön langsam knuffelig anfangen willst, dann ist das inkompatibel.

    Lerne von 2000 Jahren Dramaforschung: Start with a BANG!

    Wenn deine Spieler direkt anfangen wollen etwas spannendes zu spielen, fang einfach direkt mit etwas spannendem an. Die ruhige Einkehr mit Gemütlichkeit kannst du dann später als Intermezzo einschieben, wenn der Adrenalinpegel sinkt. :S

  • Ich würde einfach sagen, dass die für DSA typischen auf Erzählung und Immersion gerichteten Abenteuer derzeit nicht der richtige Stoff für diese Gruppe sind.

    Da gibt es in meinen Augen keinen Therapiebedarf, sondern eher den Bedarf nach einem testweisen Paradigmenwechsel bei der Abenteuergestaltung.

    Gib dieser Gruppe Wildnis und Megadungeons voller happiger Herausforderungen, anspruchsvoller Rätsel, trickreicher Fallen, uralter Mysterien und brutaler Kämpfe.

    Gib ihnen Orte und Plots in denen Spieler und Helden wache Sinne und schnelles Denken am laufenden Band brauchen um durchzukommen.

    Wo sich die Spieler wirklich den Kopf zerbrechen dürfen und wo voller Spannung über Würfelwürfen gezittert wird.

    Kompromisslose Todesgefahr für die SCs auf der einen Seite, glänzende Belohnungen auf der anderen Seite.

    Ich könnte mir vorstellen ihr würdet tolle Abende haben!

    Diese Spielweise hat geblüht und hunderttausendfache Auflagen (sogar einige Millionenauflagen!) verkauft bevor die erzählerischen Standarts des heutigen DSA überhaupt in irgendeinem RPG existierten.

    Der Urvater dieser Art zu spielen war Gary Gygax (einer der Schöpfer von D&D) und seine brutal harten und trickreichen "gygaxian dungeons" sind in englischsprachigen PnP-Kreisen bis heute ein geflügeltes Wort.

    Die Welt des PnP ist groß und bunt.

    Und das ist alles groß und schön und wertvoll und prinzipiell lohnenswert.

    Nicht nur das eine oder das andere.

  • Weg zur Erkenntnis

    Ich habe zwei Gruppen.

    Die einen sind ein wilder Haufen "normaler" Berufe (Lehrer, Pfleger, ...) und sie spielen ihre Charaktere aus, wollen manchmal aber auch sehr gerne würfeln, um ihre gekauften Punkte benutzen zu können. Sie freuen sich über kleinere Würfelorgien aber spielen auch immer wieder gerne Szenen aus. Ein reines ausspielen oder ein reines Würfelfest wäre nichts für sie. Ich würde sagen, es ist ungefähr 70% Ausspielen, 30% Würfelfest.

    Die anderen sind Computer-Spieler mit einschlägigen Berufen (Informatiker, Mathematiker) und sie spielen ihre Charaktere seltener aus, betonen Würfelergebnisse und sagen eher Mal: Bevor ich jetzt lang diskutiere, lasse ich meine Würfel sprechen (Überredenprobe). 20% Ausspielen, 80% Würfelfest. OT Diskussionen, wie man IT hätte effizienter (also mehr Loot z.B.) spielen können, sind vorprogrammiert (höhö). Es kommt aber auch pro Abend zu ungefähr einer sehr ausführlich gespielten Szene, wo sich die Gruppe zwei Stunden überlegt, wie sie in dem Dialog mit dem Bösewicht alle Vorteile auf ihre Seite diskutieren können. Es ist ein gänzlich anderes Spiel.

    Gruppe1 geht in die Taverne und spielt dort den Abend, wärend Gruppe2 einen klagend anschaut, wenn man nicht direkt cutted und zur nächsten Schlüsselszene springt. Ich meistere in beiden Gruppen recht gerne. In der zweiten Gruppe habe ich aber von mir aus klar gesagt, dass wenn es irgendwann ganz ohne Rollenspiel abläuft, sie sich auch vor den Rechner setzen können ;) und das wurde verstanden & eingehalten ^^

    Erkenntnis

    Eine Gruppe besteht aus Individuen. Nicht alle wissen, wie sie am Ende spielen wollen. Viele kennen noch gar nicht die Möglichkeiten vom Rollenspiel. Man sollte daher einmal die Möglichkeiten zeigen (ich hab Gruppe2 einen Abend mal darum gebeten, sämtliche OT Gespräche zu unterbinden, um zu gucken, ob dadurch nicht automatisch das Charakterspiel stärker wird aber es hat nicht gefallen) und dann absprechen, was man lieber spielt.

    Und wie man sie nutzen sollte
    Sprich deine Gruppe darauf an, dass für dich ein Abenteuer nicht ein Graph ist, der einen Start und einen Zielknoten hat, sondern eine Welt in der Ereignisse passieren. Erkläre, dass du diese Welt spielen möchtest und nicht die Questkette. Zu dieser Welt gehören ebenso Tavernenabende, wo nichts passiert, wie Stadtbummel, welche in einer Verfolgungsjagd enden. Aus einer gamistischen Sichtweise kannst du sagen: Wenn immer etwas passiert, nimmt das die Spannung. Aus einer rollenspiel Sichtweise: Wenn immer nur gehetzt wird, gibt es kein Spiel.

    Schlag ihnen vor, es einmal ohne OT Gespräche zu versuchen und einfach zu reagieren, wie der Charakter es würde. Sich tief hinein versetzen (könntest sogar nen Meditationstext vorlesen :P ) und danach darüber sprechen, ob es (besser) gefallen hat. Im Idealfall findet man einen (Mittel-)Weg. Wenn nicht, dann vielleicht eine neue Gruppe :)

  • Naja, auch die sprichwörtliche Taverne kann man effizient leiten (und auch effizient bespielen, btw). Der Imperativ lautet: Komm zum Punkt! Und zwar flott! Wenn die Spieler auf SC-Interaktion aus sind, dann sind die Zimmer schon angemietet und Speise und Trank stehen bereits auf dem Tisch, und einer der SC erzählt vielleicht schon irgendwas. Wenn die Spieler Plot und Action wollen, dann geht krasse Scheiße genau jetzt direkt vor ihren Augen ab!

    Setze die Charaktere nicht erst vor die Tür! Lasse Sie nicht erst auf die Speisekarte warten! Sondern gib ihnen eine Ausgangssituation, mit der sie jetzt sofort weitermachen können! Dann klappt`s auch mit dem Tavernenabend.

  • Naja, auch die sprichwörtliche Taverne kann man effizient leiten (und auch effizient bespielen, btw). Der Imperativ lautet: Komm zum Punkt! Und zwar flott! Wenn die Spieler auf SC-Interaktion aus sind, dann sind die Zimmer schon angemietet und Speise und Trank stehen bereits auf dem Tisch, und einer der SC erzählt vielleicht schon irgendwas. Wenn die Spieler Plot und Action wollen, dann geht krasse Scheiße genau jetzt direkt vor ihren Augen ab!

    Setze die Charaktere nicht erst vor die Tür! Lasse Sie nicht erst auf die Speisekarte warten! Sondern gib ihnen eine Ausgangssituation, mit der sie jetzt sofort weitermachen können! Dann klappt`s auch mit dem Tavernenabend.

    Gut dann hast du nicht mehr den Tavernenabend, den ich und der Threadersteller sich, glaube ich, vorgestellt haben ;) geht natürlich auch aber wenn du als SL auch gern mal einen ruhigen Abend spielen möchtest, dann ist dir da nicht geholfen. Bist ja kein bezahlter Dienstleister :)

  • Wenn die Spannung immer/durchgehend auf hohem Niveau liegt, dann liegt sie automatisch nach kurzer zeit auf gar keinem Niveau mehr, sondern am Boden. Ohne ruhige Phasen zwischen den Spannenden Elementen nimmt man jene nicht mehr als Spannend wahr sondern ist lediglich vom Pasing und der Tension gestresst und verliert den Spaß am Spiel unter jenen Bedingungen.

    Es stimmt schon das man am besten mit einer Spannenden Szene beginnen soll und danach etwas Ruhe einbaut, damit die spannung sich danach erneut aufbauen kann, und man somit etwas Achterbahn fährt mit Spannungsgeladenen/aufbauenden Szenen, dem ersehnten Höhepunkt und einer Szene zum Abbau der Spannung und zur Normalisierung bevor man die nächste Szenen wieder neue Spannung aufbauen kann.
    In dem Tavernenbeispiel hätte man eine Actionreiche Szene mit Sturm und Verfolgungsjagd durch den Wald einleiten können, bei dem die Helden durch ein großes Rudel Wölfe vor sich hergetrieben wird, und sie letztlich "Schutz" in bewohnten Regionen (Dorf/Taverne) gefunden haben ... die Spannung hätte sich auf dem Weg aufgebaut und beim Erreichen des Dorfes entladen, in der Taverne wäre dann der Moment für einen Ruhepol gewesen und die Spieler hätten sich in "Sicherheit" geglaubt ... damit hätten die Spieler sich eventuell auch nicht so paranoid verhalten, weil sie dachten, dies sei nur eine Zwischenszene zum nächsten Plotpunkt innerhalb des Dorfes.

    Aber nicht immer bietet es sich an, direkt mit Action zu starten, das kann man zwar versuchen zu erzwingen, wird aber auf dauer entweder unglaubwürdig oder vorhersehbar und langweilig. Darum gerne öfter mal die Action zuerst aber es darf auch mal im Kreise der Familie, der Lieben, dem Heimatlichen Kaminfeuer ganz langsam starten, dann haben die Spieler auch nicht direkt das Wissen darum, wann die eigentliche Action abgeht, weil sie ja gewohnt sind das es gleich passieren wird ... damit baut sich Spannung auf in einer Szene die eigentlich gar nicht Spannend ist, und man kann dann entweder das Pasing so anpassen, das sich diese Spannung weiter aufbaut und in einem "Knall" entlädt, einer dementsprechend dramatisch wahrgenommenen Szene/Situationsbeschreibung/Ablauf oder man führt sie aufs Glatteis um sie kurz darauf, wenn sie sich in "Sicherheit" wähnen mit einer Szene zu schocken, so das sich die gesamte aufgebaute Spannung wieder bildet und entladen kann (Horrofilme konnten dies früher sehr gut, bis der Jumpscare zur farce wurde und abgenutzt war ... leider sind es heute dann meist Lautstärke und Lichtimpulsgesteuerte schreckmomente, denn tatsächlicher suspence und tension, die für Gänsehaut sorgen sollen).

    Zitat

    Komm zum Punkt! Und zwar flott!

    weltanschauer Ich hoffe deine Gruppe entlohnt dich angemessen für derartige Dienstleistungen, denn das klingt nicht nach Ambiente-Szene sondern nach Plotabarbeiten der Marke "RPG-der 2000er-hier-einfügen" und ist nicht für jeden Spieler zielführend, und nebenbei ist dies nicht die Art und Weise wie jeder SL dies handhaben will ... Da beim Rollenspiel alle Beteiligten die gleichen Anrechte auf Spaß haben und in den meisten fällen keiner dafür bezahlt wird seinen Part zu leisten, ist es nicht zu verlangen das einer seinen Spielspaß gänzlich opfert zum wohle der anderen, schon gar nicht wenn es um den SL geht, der aufgrund seiner Funktion mit die meiste Vorbereitungszeit, Aufwand und Verantwortung hat sowie das größte Maß an Aufmerksamkeit benötigt, damit alle ein gutes Spielerlebnis haben können.

  • Es kommt immer ein bisschen auf die Situation an. Wenn deine Spieler unbedingt äktschn wollen, du aber nicht in die Pötte kommst, dann kriegt ihr ein Problem. Ich kenne es aber auch, wenn die Spieler anfangen, im Raum alle Wände abzuklopfen, weil DA MUSS DOCH EINE GEHEIMTÜR SEIN, ODER?

    Wenn sich die Spieler nicht auf eine Szene einlassen wollen, im Kreis laufen und auf der Stelle treten und generell alles ganz anders machen als du es dir vorstellst, dann musst du den Ton der Szene so schnell wie möglich ändern.
    Der Tipp mit dem Bang ist gut - wenn man keine Ahnung hat, um was es in dem Abenteuer geht, dann warten man die ganze Zeit drauf, dass es jetzt losgeht. Da will man nicht 3 Sessions lange rumeiern, bevor was interessantes passiert. Ich habe recht gut Erfahrungen damit gemacht, immer ein paar Situationen in der Hinterhand zu haben, mit denen ich die Situation verschärfen oder die Richtung der Szene komplett umdrehen kann. Sprich die Helden bekommen etwas zu tun.

    Manchmal muss man aber auch die Helden am Ohr packen. Wenn die zu Erfolgsverwöhnt werden, dann kann man sie ruhig auch mal scheitern lassen, wenn sie denn was blödes machen. Das darf niemals eine Erziehungsmaßnahme sein, da reagieren die Meisten nicht gut drauf, wenn sie sich unfair behandelt fühlen. Aber wer spät Abends zum Stadtwächter unverschämt ist oder diesen gar bedroht, der kommt nicht rein, und wer den Wirt bedroht und beleidigt, der bekommt kein Essen und kein Bett.

    Ein anderer, wichtiger Aspekt, den die Spieler gerne unter den Tisch fallen lassen ist Zeit. Wenn deine Spieler also einen Raum ganz genau absuchen wollen, sich durch alle Personen durchfragen oder was ganz bestimmtes jetzt noch schnell in der Stadt kaufen wollen, dann sag ihnen doch einfach mal, was sie das an Zeit kostet, und sei da hart.

    Mich hat in einer D&D Session mal ein Spieler mit den notwendigen Komponenten für seine Zauber generft, die er jetzt neu gelernt hatte und deswegen unbedingt JETZT haben wollte. Schlangenzunge, Magnetsteine und solche Sachen halt. Durfte er suchen, war halt über 3 Stunden in der Stadt unterwegs, weil man sowas halt nicht so einfach auf dem Markt findet, und er konnte dann halt an zwei Szenen der anderen Spieler nicht Teilhaben.

    Und lass deine Spieler auch mal eine Tür zuschlagen, wenn sie sich super unhöflich, dumm und "komisch" verhalten. Auch hier wieder nicht als erzieherische Maßnahme, aber wer sich wie die Axt im Wald aufführt, der braucht nicht zu hoffen, dass er dann von seinem Umfeld besonders nett behandelt wird. Gerade wenn in dem Gasthaus, wo die Helden dann rumpöbeln gerade ein wichtiger, Hochrangiger NPC haust, der später für den Plott wichtig wird, lass sie das in dem Abenteuer spüren.

    Along the shore the cloud waves break,
    The twin suns sink behind the lake,
    The shadows lengthen
    In Carcosa.

  • Ich hoffe deine Gruppe entlohnt dich angemessen für derartige Dienstleistungen, denn das klingt nicht nach Ambiente-Szene sondern nach Plotabarbeiten der Marke "RPG-der 2000er-hier-einfügen" und ist nicht für jeden Spieler zielführend, und nebenbei ist dies nicht die Art und Weise wie jeder SL dies handhaben will ... Da beim Rollenspiel alle Beteiligten die gleichen Anrechte auf Spaß haben und in den meisten fällen keiner dafür bezahlt wird seinen Part zu leisten, ist es nicht zu verlangen das einer seinen Spielspaß gänzlich opfert zum wohle der anderen, schon gar nicht wenn es um den SL geht, der aufgrund seiner Funktion mit die meiste Vorbereitungszeit, Aufwand und Verantwortung hat sowie das größte Maß an Aufmerksamkeit benötigt, damit alle ein gutes Spielerlebnis haben können.

    Ich weiß ja nicht, was derartige Missverständnisse (und diesen Oberlehrer-Tonfall) auslöst, aber wenn ich von "Effizienz" rede, dann es geht mir vor allem darum, dass ich weniger Arbeit habe und zusätzlich nicht auch noch die Zeit meiner Mitspieler_innen verplempere. Auf der anderen Seite finde ich es ziemlich dreist, wenn ein_e Mitspieler_in (ob nun SL oder nicht) darauf besteht, möglichst jede Banalität möglichst zeitdeckend auszuerzählen. Das kann man vielleicht noch mit einer Gruppe alleinstehender Student_innen. machen. Aber wenn alle in der Gruppe berufstätig sind und mehrheitlich eine_n (Ehe-)Partner_in zu Hause haben oder sogar Kinder, dann ist ihre Zeit ein knappes und wertvolles Gut. Man sollte sie entsprechend behandeln.

    Es geht mir auch überhaupt nicht darum, dass sich alles auf Plotrelevanz reduziert: Die Gruppe (die Spielleitung eingeschlossen) hält es für eine gute Idee, dass die SC nach dem Ende des Abenteuers im Dorfkrug feiern? Herzlichen Glückwunsch: It's party time! Nur, wenn du die Szene mit "Ihr steht vor der Herberge" eröffnest, handelst du dir locker eine Viertelstunde an Kleinkram ein, der eigentlich niemanden interessiert und den niemand vermissen würde, wenn du als SL einfach die Schere angesetzt hättest. Oh, und schlecht fürs Pacing ist es obendrein. Wenn du Flair und Ambiente haben willst, pack's in die einführende Szenenbeschreibung ("Scene Framing" ist das Zauberwort) und entwickle es weiter, sobald der Ball wieder zu dir gespielt wird. Das funktioniert erfahrungsgemäß besser als der drölfzigtausendste Wirt mit seltsamem Akzent, der die SC nach ihren Bestellungen fragt.

    Mein Hauptpunkt ist: Wenn ihr irgendetwas machen wollt, dann macht es einfach, anstatt auf die Bremse zu treten und euch selbst und anderen irgendwelche langatmigen Nichtigkeiten zuzumuten, bevor der eigentliche Spaß beginnen kann. Niemand beginnt seine Urlaubserzählung damit, wie geil es war, stundenlang im Boardingprozess festzuhängen.

    Einmal editiert, zuletzt von weltanschauer (2. Oktober 2019 um 12:39)

  • Zitat

    Niemand beginnt seine Urlaubserzählung damit, wie geil es war, stundenlang im Boardingprozess festzuhängen.

    ... Stirb Langsam 2 (Die Hard 2)... der gesamte Film basiert darauf wie Langweilig der Boardingprozess ist ;)

    btw. gibt es nicht nur extreme, nur weil nicht alles sofort mit action beginnt bedeuted dies nicht das man dadurch sofort gezwungen ist "möglichst jede Banalität möglichst zeitdeckend auszuerzählen."

    Nebenbei hab ich selber 2 Kinder und einen Partner, und die Zeit ist knapp, aber dennoch finde ich es nicht sinnvoll alles abzukürzen und den Spielern jede Freiheit und Entscheidung abzunehmen, sie gar zu Bevormunden bevor sie selbst zeit hatten ihre Charaktere richtig kennenzuelernen und einige Grundlegende Elemente ihre Wesens in "nicht-Plot-relevanten-Actions-sequenzen" darzustellen. Ein Charakter ist mehr als nur seine Effiziens unter Druck und in Stress-Situationen.

    btw. den "Oberlehrer-Tonfall" gebe ich gerne an dich zurück, denn den Imperativ mit "du sollst" hast du in deinen Texten ja eindeutig zum Ausdruck bringen können. Wie man in den Wald hinein, so .... aber das muss ich dir wohl kaum erklären.

    Oder um es mit deiner Argumentationsstruktur und -Mitel zu versuchen: Niemand hat lust erst beim Endboss im Endfight die Story zu beginnen und dann nach dem Kampf direkt in den Erzählerischen Epilog überzugehen ... wäre zumindest die übertriebene Reaktion auf deinen "Effizienten" Ansatz, das man alle Banalitäten wegreduziert und den Spielern erzählt wie sie das Abenteuer bis zu diesem Punkt bestritten haben, welche Motive der Bösewicht hat und welche Probleme sie überstanden haben (denn sonst würde es ja nicht zum Endfight kommen ... totale Zeitverschwendung wenn sie scheitern könnten) und dann sofort eine Beschreibung der Umgebung für den Kampf und ab in die Action!

    Derartige Extreme bringen zwar "gute" Argumente sind aber nichts weiter als Strohmänner für die Diskussion.

    Einmal editiert, zuletzt von Tigerayax (2. Oktober 2019 um 13:20)

  • Ich antworte da jetzt nicht im Detail drauf. Vielleicht mal allgemeiner: Es geht hier nicht um Beliebigkeiten oder Spielstilfragen, sondern um Handwerkszeug, um Dinge, die man besser oder schlechter machen kann. Warum? Weil man als SL die Aktivität der Spieler_innen mit jedem Statement bereits ziemlich weitgehend vorstrukturiert. Ob man das jetzt will oder nicht. Der Rest der Runde darf einen nämlich nicht blocken. Keiner darf sagen: "Nein, das stimmt gar nicht!" Die anderen müssen mit dem weitermachen, was die Spielleitung ihnen in die Hand gibt. Warum ist das in diesem Kontext ein Problem? Weil die SL den Spielfokus ziemlich leicht und auch aus Versehen derart verschieben kann, dass niemand mehr mit dem Resultat glücklich ist. Bleiben wir einfach mal bei dem Beispiel der Heldengruppe, die im Dorfkrug ihren Sieg feiern will:

    Die Spieler_innen wollen, dass ihre Charaktere feiern. Das heißt natürlich im Detail jeweils Unterschiedliches, aber zumindest die Richtung ist klar. Die SL möchte eigentlich dasselbe und will eine Szene beschreiben, in der die SCs feiern können. Auf dieser Ebene gibt es überhaupt kein Problem... und dann sagt die SL: "Der kugelrunde Wirt kommt auf euch zu und fragt: 'Was wünschen die Herrschaften zu trinken?'" Auf einmal geht es nicht mehr darum, was die Spieler_innen eigentlich mal vor hatten (z. B. den hübschen Sohn des Wirts zu becircen), sondern darum, was ihre Charaktere trinken wollen. Im Grunde hat die SL hier schon geblockt. Es kommt aber noch schlimmer, denn ein Spieler ist sich nicht sicher, was er sagen soll, und fragt: "Was es gibt es denn?", worauf die SL anfängt, eine Liste diverser Alkoholika herunterzubeten. Es geht dann überhaupt nicht mehr um die Wünsche der Spieler_innen oder um ihre Charaktere, sondern um die Getränkekarte. Keiner wollte dahin, und trotzdem sind sie dort gelandet.

    Und das ist noch ein paar Größenordnungen unter dem, was der OP hier beschrieben hat. Er wollte nämlich damit anfangen, dass die SC erst einmal um Einlass bitten müssen, und seine Gruppe hatte ihm schon vorher klargemacht, dass sie eigentlich auf Action aus ist. Resultat: Entweder die Spieler_innen machen gute Miene zum bösen Spiel (und ballen vielleicht die Faust in der Tasche), oder sie werden bockig. Dann passiert genau das, was der OP beschrieben hat. Keine spielinterne Konsequenz, die sich irgendjemand ausdenken kann, wird das wieder gerade rücken.

    Wie kann man so etwas vermeiden? Als SL gibt man eine Situation vor, von der aus die Spieler_innen ihre Ziele unmittelbar sinnvoll verfolgen können. In aller Regel heißt das: Vorspulen. Verlieren die Spieler_innen dadurch irgendetwas an relevanter Freiheit? Nein! Die können sich immer noch retroaktiv entscheiden, was sie im Becher oder auf dem Teller haben wollen (wenn es sie denn interessiert), und die SL sollte ihnen da schlicht und ergreifend nicht hineinreden.