Die Kraft der Elemente - Eis, Luft, Feuer, Erz

  • Auch mich überkommt mal wieder der Drang nach einer kleinen Veröffentlichung. ;)
    Das folgende ist tatsächlich eine Geschichte, aber die Handlung stammt nicht von mir. Es ist eine kleine Kampagne für ein 1:1 um meine 'Löwin der Donnernden', eine Rondrageweihte der Kirche der Amazonen.

    SL ist Zwergenbrot, so stammt die Handlung im Grunde von ihm.
    Da nun einiger der Erlebnisse bereits Monate zurückliegen, ich eh nicht so das ganz akurate Gedächtnis habe, sind natürlich notgedrungen einige künstlerische Freiheiten von meiner Seite aus genommen worden und werden auch weiterhin gemacht werden.

    Noch habe ich einiges an Handlung, denn im Moment ist mehr ausgespielt worden als von mir niedergeschrieben, aber es kann irgendwann vielleicht einmal passieren, daß ich erst auf die nächste Sitzung warten muß.

    Ach ja: Wer wegen des Titels nun eifrig auf Magiersuche gehen sollte - wie gesagt, die Hauptperson ist eine Löwin der Donnernden.

    Die Ereignisse im Vorfeld um den Werwolf stammen im übrigen weder von Zwergenbrot noch von mir, sondern sind Handlung des einzigen ABs, das Jurina - bis jetzt zumindest - in einer Gruppe erlebte. Da es jedoch wichtig als Ausgangspunkt ist für die eigentliche Handlung, mußte in geraffter (also für meine Verhältnisse gerafft, für alle anderen vielleicht eher nicht ;) ) Form das Wichtigste wiedergegeben werden.
    Deshalb ist es bitte auch nicht mir oder Zwergenbrot anzulasten, daß Lowangen auf einmal einen Grafen hat, aber nachdem er einmal eingeführt worden war, mußte er bleiben - genaugenommen, war er der Grund, weshalb ich Jurina in einem 1:1 weiter spielen wollte. Aber ihr werdet ja sehen ...

    Die Kampagne ist insgesamt auf vier Teile angelegt, der gesamte Titel lautet "Die Kraft der Elemente - Die Macht von Eis, Luft, Feuer, Erz"


    Die Kraft der Elemente


    1. Teil: Die Macht des Eises

    1. Kapitel

    Der Kampf gegen den Werwolf lag nun vier Praiosläufe zurück und ihre Wunde verheilte zusehends. Es wurde weiterhin kälter, am zweiten Praioslauf begann es gar zu schneien, doch Jurina warf ihre Decke niemals über, wenn sie nach draußen ging um ihre Gebete zu sprechen.
    Die anderen waren direkt am folgenden Tag aufgebrochen, was Jurina nur recht war. Sie hatte sie fast schon wieder vergessen. Nur Skasgej Ivan Trepolov war geblieben, denn er hatte sie darum gebeten, sie auf ihrem Weg nach Donnerbach begleiten zu dürfen, weil gemeinsames reisen sicherer war als alleine. Da die schwarzhaarige Geweihte keinen plausiblen Grund hatte, das abzuschlagen, hatte sie eingewilligt.
    Der Schnee knirschte leise unter ihren Bewegungen, als Jurina sich aus ihrer demütigen Gebetsposition erhob. Prüfend bewegte sie noch einmal ihren rechten Arm, ja, er schmerzte nur noch wenig und Beweglichkeit und Kraft wie vor dem Kampf waren wieder da, doch das Gewicht des Anderthalbhänders wollte sie ihm heute noch nicht zumuten. Sie zog ihren Amazonensäbel, hob ihn einmal grüßend und begann ihre Übungen.
    Es war ästhetisch, meditativ und wild. Es war zugleich Gebet und Übungskampf. Ihre Schläge fielen rasch und wild, die Klinge zog silberne Blitze in der schwachen Hesindesonne, schlangengleich stob die Säbelspitze vor und wurde sogleich hochgezogen in eine Parade. Dann wieder wurden ihre Bewegungen trügerisch langsam, die Klinge verharrte scheinbar Herzschlagbruchteile, bevor Jurina die Position wechselte und der Säbel schützend ihren Rücken deckte.
    Der Schattenkampf dauerte fast zwanzig Minuten, bevor Jurina, trotz der Kälte schwitzend, den Säbel wieder einsteckte. Noch einmal kniete sie kurz nieder und sprach ein kurzes Gebet. „Herrin Rondra, Dein Wille führte mich hierhin und die tapfere Kriegerin wurde gerächt. Das Blut der Bestie opferte ich Dir zu Deiner Zufriedenheit. Mögen Dein Wort und Dein Wille auf ewig leuchten und herrschen!“
    Mit einer geschmeidigen Bewegung erhob sie sich und kehrte zu der Hütte zurück.
    Skasgej hatte in der Zwischenzeit seine Bündel und Pakete zusammengetragen und aufgehäuft. Jurina nickte ihm knapp zu, als sie in die Vorratshütte trat und sich größere Mengen des zum Trocknen aufgehängten Fleisches, die für mehrere Tagen reichen würden, mit ihrem Jagdmesser schnitt.
    Dann ging sie in die Hütte, in der sie die meiste Zeit der letzten vier Praiosläufe verbracht hatte, um ihre tiefe Wunde auszukurieren, die sie aus dem Kampf mit dem Werwolf davon getragen hatte, und trat zu ihrer Fuchsstute. Rondira schnaubte ihr warmen Atem ins Gesicht und rieb ihren Kopf liebevoll an ihrer Schulter. Jurina tätschelte den Hals des Pferdes. „Wir brechen jetzt endlich auf“, sagte sie leise und sanft zu der Stute. Sie sattelte und zäumte Rondira, schnallte die Satteltaschen, in denen jetzt auch sicher verstaut das Fleisch steckte, fest und führte die Stute hinaus. Mit unbewegtem Gesicht trat sie zu Skasgejs Paketen und begann, sie am Sattel festzuschnüren, bevor sie sich selber schnell in den Sattel schwang. Skasgej kannte sie mittlerweile genug, um sich nicht dafür laut zu bedanken.
    Stolz saß sie im Sattel, der rote Umhang mit der weißen, schreitenden Löwin wallte in der leichten, wenn auch kalten, Brise. Sie spürte den beißenden Wind auf ihrer bloßen Haut, aber das würde sie niemals zeigen. Sie blickte auf den großen, breitschultrigen Skasgej hinab, der in pelzbesetztem Mantel, dicken Hosen und Stiefeln neben Rondira stand, allerdings einen gewissen Abstand wahrend. Jurina hatte direkt zu Beginn ihrer Bekanntschaft alle gewarnt, sich niemals ihrer Stute zu nähern, schon gar nicht, wenn sie nicht dabei war. Rondira war ein abgerichtetes Streitross und darauf dressiert, Fremde an sich nicht zu dulden.
    Des Norbarden große Axt hing im Gehänge an seinem Gürtel. In Jurinas Augen eine – wie jede Axt – eher primitive Waffe, der es obendrein auch noch an der Ehrfurcht gebietenden Ausstrahlung eines Anderthalbhänders fehlte. Ihren Rondrakamm trug sie meist auf dem Rücken, wenn sie zu Pferde unterwegs war oder auch zu Fuß ging. Es war ein Anderthalbhänder mit einer geflammten Klinge, ein wenig kürzer als ein Zweihänder, und damit deutlich kleiner als Jurina, die immerhin ohne Stiefel und Helm einen Schritt, viereinhalb Spann und zweieinhalb Finger groß war. Alle angehenden Löwinnen wurden ausführlich und intensiv im Umgang mit Zweihändern ausgebildet, neben der Schulung am Schwert und natürlich dem Amazonensäbel.
    Sie folgten dem Pfad, der sechs Personen viele Praiosläufe zuvor in das Nebelmoor und zum Dörfchen Fendok an dessen Rande geführt hatte, weiter nach Nordosten, Richtung Neunaugensee, und an dessen Rand gen Norden. Jurinas Ziel war noch immer Donnerbach, ein Wallfahrtsort der Rondra.

  • Sind Kommentare erwünscht? Bestimmt doch, jeder Autor freut sich wenn seine Arbeit gewürdigt wird!

    Ich finde es schön Schattenkatze, das du uns diese Geschichte nicht vorenthalten willst, bis jetzt hast du zwar noch nicht viel gepostet, aber ich bin mir sicher mit der Zeit wird die Geschichte sehr Interessant. (Bis jetzt ist ja Quasi nur vorstellung des Hauptcharakters.)

    Der Text ließt sich gut, wie schon "Eine Söldnerrin zu sein" und ich konnte absulut keinen offensichtlichen Mangel feststellen. (Du spielt oft Amazonen, kann das sein?)

    In dem Sinne: Schreib bitte weiter, ich lese mit :lol:

  • Nope, eigentlich Spielt sie nur die Löwin, sonst keine Amas.

    Aber ich mag die Geschichte auch. Sie ließt sich wirklich schön, da hab ich selbst bei den Übrungkämpfn ein gutes Bild, bei dem mein Blut vor Aufregung in Wallung gerät :)

    Schreib weiter, Du darfst mich auch gerne weiterlöchern :shock: :D

    Of course she's gay!

  • Meine erste Fanpost! *freu*
    Nein, Asleif, genau genommen, habe ich noch nie eine richtige Amazone gespielt. Jurina ist ja eine Geweihte aus der Gemeinschaft der Amazonen, also noch ein wenig krasser als eine "normale" Amazone.
    Und ja, natürlich sind Kommentare erwünscht! Am liebsten nur gute, aber ich kann vermutlich auch mit konstruktiver Kritik umgehen. ;)
    Ein paar Seiten habe ich ja noch in peto, ich dachte so ab und an mal eine Seite oder anderthalb (Worddokumentgröße) ...
    :o
    Du könntest übrigens auch mal wieder weiter schribbeln.

  • Und hier noch eine Seite für all jene, die am WE etwas Zeit haben ...


    Sie war von Keshal Rondra, der Felsenfeste der Amazonen im Rashtulswall, aufgebrochen, denn in Donnerbach wollte sie Rondra preisen. Es war Zeit gewesen, so hatte die ältere der beiden Blutlöwinnen, Shorana, beschlossen, dass die junge Löwin Jurina etwas mehr von Dere sehen und Erfahrungen machen sollte, die sie auf der heimischen Burg und im Gebirge nicht machen würde können. Eine andere der drei jungen Löwinnen Keshal Rondras war bereits einige Madaläufe zuvor zu ihrer Queste aufgebrochen, und wie nun Jurina, würde später auch die dritte Löwin ausziehen.
    Sie verließ den Rashtulswall und zog über die Reichsstraße nach Norden, sie sah die prächtige Kaiserstadt Gareth in ihrer Größe, die Jurina sehr beeindruckte. So viele Menschen, Männer und Frauen, die beieinander wohnten, der Lärm, der Geruch – es war eine gewaltige Stadt, auch wenn Jurina etwas angewidert war und – so musste sie vor sich selbst zugeben – ebenfalls etwas eingeschüchtert. Auch durch Wehrheim, ebenfalls mit einer Kriegerakademie ausgestattet, zog sie, und wenn es auch nicht eine ebenso beeindruckende Stadt war wie Gareth, war es immer noch eine weitere Erfahrung für Jurina, die im Umgang mit den Leuten, denen sie begegnete, immer deutlicher merkte, wie fremd sie sich gegenseitig waren.
    Zwischen Baliho, deren Akademie sogar den Namen Rondra im eigenen Namen führte, und Trallop, Jurina hatte ihr abendliches Lager aufgeschlagen, hörte sie die Geräusche, die entstehen, wenn jemand achtlos sich durch Gebüsch kämpft, aus Nordwesten näherkommen. Es war eine schwerverletzte Kriegerin, deren Kettenhemd in Fetzen hing, und deren Waffe mit getrocknetem Blut verschmiert war.
    Ihr Name war Maré von Ant und sie berichtete von bösen Dingen: Ein Werwolf drangsalierte ein Dorf, Fendok geheißen, am südlichen Rande des Nebelmoores gelegen, seit mehreren Madaläufen. Er versetzte die Bewohner in Angst und Schrecken, riss ihre wenigen Tiere und mordete schließlich sogar Bewohner. Sie trauten sich allein nicht mehr aus der Sicherheit ihrer Hütten um ihrer Arbeit, der Torfstecherei, nachzukommen. Sie schickten nach Hilfe zu ihrem Lehnsherren, dem Grafen Praiodan von Lowangen, doch wurden sie von ihm abgewiesen und kehrten unverrichteter Dinge zurück.
    Maré war eine ausgebildete Kriegerin, die gerade durch die Gegend reiste und ebenfalls um Hilfe von den Torfstechern gebeten wurde, die sie ihnen selbstverständlich nicht verwehrte. Doch all ihr Können war machtlos, denn ihr Schwert konnte der Bestie, nachdem sie sie tatsächlich aufgespürt hatte, keine ernsthaften Wunden zufügen. Schwer verletzt überlebte sie und versprach bei ihrem Aufbruch, Hilfe für die kleine Dorfgemeinschaft zu finden. Ihr Aufbruch geschah schon am folgenden Tage, denn obwohl sie sehr geschwächt war, musste sie sich beeilen. Die Bestie hatte sie verletzt, und sie wollte weit genug fort von Fendok sein, wenn auch sie sich verwandeln würde in der nächsten Vollmondnacht, die in der übernächsten Nacht anstand. Die Verwandlung schwächte sie noch mehr, ihre Wunden entzündeten sich, und so irrte sie durch den Wald.
    Jurina kümmerte sich um sie und lauschte aufmerksam ihren Worten. Sie versprach Maré, dass ihre Mission nicht vergebens gewesen war. Sie grub der tapferen Kriegerin ein ehrenhaftes Grab und sprach für sie den ‚Grabsegen für gefallene Gefährten’ war es doch ihr letzter Wille und ihre letzte, selbstlose Lebensaufgabe gewesen, Hilfe für die Torfstecher zu finden.

  • Hehehe, was soll ich sagen, ich bin froh, das ich schon den Rest lesen durfte *angeb*

    Naja, bis auf die zwei wunderbaren (sind bestimmt wunderbar, sind von meinem Kätzchen :-D) neuen Seiten, die heute noch produziert wurden.

    Of course she's gay!

  • Und weiter geht es ...


    Jurina wurde auf ihrer Reise klar, dass Maré sich verirrt hatte auf ihrem Weg nach Trallop, denn auch eingerechnet der Tatsache, dass Maré zu Fuß und sie selber beritten war, war für die der Weg deutlich kürzer, als er für die verletzte Kriegerin gewesen war, die auf diese Art mehrere Praiosläufe verloren hatte und zu weit südlich ausgekommen war.
    Die Amazone hatte das Nebelmoor fast erreicht, als sie Skasgej begegnete, der gemeinsam mit seinem Onkel und dessen Karren und einer Geweihten der Hesinde als Fahrgast von einer Gruppe Goblins, die sich in der Übermacht und in dem Händlerfahrzeug reiche Beute sahen, angegriffen wurde. Jurina eilte ihnen zu Hilfe, ebenso wie eine kleine Gruppe um den Geweihten der Rondra Leomar Sturmfels, die, wie sich herausstellte, von Lowangen kommend ebenfalls nach Fendok wollte.
    Die Rotpelze waren bald in die Flucht geschlagen, doch hatten sie Opfer gefordert: Der ältere der norbardischen Händler war gestorben, eines seiner Pferde tot und das andere verwundet. Auch Jurina war leicht verletzt worden und da sich dieser Praioslauf dem Ende zuneigte, schlugen sie gemeinsam ein Lager auf.
    Sie begruben den Händler und die Goblins. Der Geweihte und seine Gefährten, eine Söldnerin und ein dunkeläugiger Mann aus dem Wald, waren vom Grafen Praiodan beauftragt worden, nach Fendok zu ziehen und die ausstehenden Steuern einzutreiben.
    Jurina fand es mehr als seltsam, dass ein Geweihter der Donnernden loszog zum Steuern eintreiben. Noch viel erstaunlicher fand sie es, einem Mann zu begegnen, der sich der Herrin des Sturmes und des Gewitters verschrieben hatte. Er hatte ein wahrlich schweres Los auf sich genommen! Die Söldnerin war weniger als Abschaum für sie. Eine Frau, die ihr Schwert und ihr Können für Gold verdingte! Eine Beleidigung jeder rondrianischen Frau! Der Mann in einfacher Kleidung zählte nicht für sie, trug er doch weder Rüstung noch Waffe. Doch dann erfuhr sie davon, dass er Magie beherrschte und er es gewesen war, der im Kampfe gegen die Goblins einen solch heftigen Windstoß entfesselt hatte, dass der aufgewirbelte Sand und Dreck einem Goblin großen Schaden zugefügt hatte. Sie hatte ihm direkt ins Gesicht gesagt, dass er es niemals wagen solle, in ihrer Gegenwart solch hinterhältige Zauber anzuwenden.
    Jurina schlug ihr Lager abseits auf und wollte am nächsten Tage wie stets früh aufbrechen, doch vor ihrem Aufbruch wurde sie von der Hesindegeweihten angesprochen. Sie hätte eine Vision ihrer Göttin gehabt, die beinhaltete, dass nur sie alle gemeinsam den Werwolf besiegen könnten. Jurina blieb bei ihnen.
    Sie und die anderen fanden niemals auf einen gemeinsamen Nenner. Zu fremd waren ihr Denken und Handeln füreinander. Als sie Fendok erreichten, zeigte es sich, dass der Werwolf vor ihnen da gewesen war. Niemals mehr würde er die Torfstecher terrorisieren, denn sie waren alle tot, zerrissen und zerfetzt in ihren eigenen Hütten, die der Kraft und Wut der Bestie nichts entgegen setzen konnten. Sie begruben die Toten und Jurina und der Geweihte Leomar sprachen einen Grabsegen, der das Grab schützt vor den leichenschändenden Ghulen und niederen Dämonen und die Toten gleichzeitig in Borons Hallen geleitet, für sie. Dann machten sie sich auf die Jagd nach der Bestie.

  • Dann muss ich mich ja auch mal hier melden, nachdem ich schon eine kleine Kostprobe vorher lesen durfte :)

    Auch mir gefällt es wirklich gut und die "kleinen" Änderungen in der Vorgeschichte lassen das ganze wirklich noch etwas runder erscheinen. Ich reihe mich dann mal gespannt in die Reihe der Wartenden ein

  • Und hier der Rest des 1. Kapitels.
    Die Haupthandlung naht ... ;)


    Die Söldnerin Karena erkrankte an Sumpffieber und wurde in ihrem Wahn ausfällig und aggressiv. Sie fanden nach Praiosläufen des Suchens einen anderen Werwolf, mit Silber gefesselt und gefangen in einer Schmelze vom älteren Werwolf. Sie töteten ihn und er verwandelte sich vor ihren Augen zurück. In dieser Nacht trieb der Werwolf sein Spiel mit ihnen, belauerte die Schmelzhütte, erzählte, dass er den anderen Werwolf so qualvoll vernichtet hätte, und verhöhnte sie, in dem er versuchte ihnen Angst einzujagen durch Kratzen an den Wänden und sein Geheul. Doch er stellte sich nicht zum Kampfe.
    Sie versuchten erneut seine Spur aufzunehmen, die sie wieder zurück nach Fendok führte. Die Bestie verhöhnte sie. Jurina erklärte, nicht mehr länger sich treiben und verhöhnen zu lassen, sondern den Kampf zum Werwolf zu tragen. Jägerin statt Beute wolle sie sein! Sie richteten eine der Hütten als Bollwerk ein, verstärkten Tür und Fenster, steckten Fackeln rund um die Hütte in den Boden und in der Nacht würden sie sich um die Hütte, an jeder Ecke, den Seiten und auf dem Dach mit jeweils einer Person postieren.
    Am nächsten Nachmittag – denn der Werwolf stellte sich nicht leichtfertig zum Kampfe - wurde Karena unerklärlich aggressiv, obwohl noch immer vom Sumpffieber geschwächt. Sie geriet gar in einen Streit mit Leomar, in dessen handgreiflichen Beginn sie ungerechtfertigt zur Waffe griff und damit auf Leomar einschlug. Mit solcher unerklärlichen Kraft hieb sie auf ihn ein, dass sie mit wenigen Schlägen sein Kettenhemd durchdrang und ihm tiefe Wunden zufügte. Nur mit Hilfe eines Stoßgebetes an seine Göttin, das seinen Umgang mit dem Schwert mittels göttlichen Wirkens verbesserte, gelang es ihm, ihr den entscheidenden Schlag mit der flachen Seite seines Schwertes zuzufügen, so dass sie besinnungslos zu Boden ging. Jurinas Meinung von ihm verschlechterte sich dadurch noch einmal. Ein Stoßgebet, um eine Söldnerin zu besiegen? Undenkbar!
    Als Karena wieder zu sich kam, brodelte noch immer der Zorn in ihr. Sie konnte sich an nichts erinnern, doch geriet bald mit Jurina in Streit. Auch hier zog sie mitten im Ringkampf das Schwert. Jurina zögerte nicht und griff ihrerseits nach dem Säbel. Mit blitzenden Klingen hieben sie aufeinander ein. Jurina vertraute auf die von der Leuin gegebenen eigenen Fähigkeiten. Karena schlug mit Kraft auf sie ein; Jurina parierte viele Streiche, doch fügte die Söldnerin ihr schwere Wunden zu, wenn sie einmal die Deckung durchbrach.
    Ebenfalls mit Kraft hieb Jurina zurück, und schwer verletzt ging die Söldnerin schließlich zu Boden. Jurina nahm ihr das Schwert weg; als Karena später wieder zu sich kam, erklärte ihr die stolze Amazone: „Das sollte dich lehren, eine Löwin der Donnernden anzugreifen! Und unehrenhaft im waffenlosen Kampfe die Klinge ziehen!“ Sie spuckte voller Abscheu zu ihren Füßen auf den Boden, Jurina fand für ihre Verachtung fast keinen Ausdruck.
    Karena erinnerte sich an nichts, sah sich ihrerseits jedoch bestärkt in ihrer Abneigung gegen die schwarzhaarige Frau. Das Schwert bekam sie erst auf ihr Bitten hin am Abend zurück, als Karena anführte, dass sie Angst habe, in der Hütte bleiben wolle, aber sich mit ihrem Schwert sicherer führen würde. Jurina traute ihren Ohren fast nicht. Sie gab zu, Angst zu haben, führte ihre Wunden gar als Vorwand an, um sich in der Hütte verkriechen zu können! So jemanden wollte sie nicht draußen haben. Sollte sie in der Hütte bleiben!
    Jurina war es, die trotz ihrer Verletzung wie ausgemacht auf dem Dach Posten bezog. Im Vorfeld hatte sie sich überlegt, dass es vielleicht besser wäre, den weniger verwundeten Leomar dort Stellung beziehen zu lassen, doch Kel’ven, der Mann aus dem Wald, hatte eine spöttische Bemerkung gemacht, bevor sie dies vorschlagen konnte, und so war ihr nichts anderes übrig geblieben, als auf das Dach mit ihrem Rondrakamm zu steigen, wollte sie nicht den Verdacht der Feigheit auf sich kommen lassen. Vor allem jedoch vertraute sie ihren eigenen Fähigkeiten und ihrem Glauben mehr als denen der anderen.
    Jurina hatte keine Angst, diese Aufgabe nicht erfüllen zu können. Sie war eine ergebene und stolze Dienerin Rondras. In und mit Rondras Namen zu sterben war alles, was sie sich wünschen konnte.
    Der Werwolf kam aus der Dunkelheit, der fast volle Mond von Wolken verdeckt, schnell und bösartig. Leomar hatte nur Zeit für einen Streich mit seinem Rondrakamm, der den Werwolf kaum verletzte. Mit einem Satz sprang die Bestie auf das Dach, wo ihn Jurina erwartete. Blitzschnell schlug er mit seiner scharfen, krallenbewehrten Pranke zu und fügte der Amazonengeweihten eine tiefe Wunde zu. Jurina hatte nur noch eine Möglichkeit gesehen. Sie wusste, mit einem weiteren Schlag konnte er sie töten und dass sie selbst nur Zeit für einen Schlag hatte. Sie rief laut und schallend Rondra an. Mit göttlicher Kraft und Schnelligkeit geführt, schlug Jurina mit ihrer geflammten Klinge dem Werwolf den Kopf von den Schultern. Sein warmes Blut ergoss sich über sie und sie kniete nieder, um Rondra zu danken. Dann hob sie den blutbesudelten Kopf der Bestie gen Himmel und pries Rondras Namen.
    Ihre Aufgabe war erfüllt, Marés letzter Wille und Wunsch hatte Erfüllung gefunden durch ihre Hand. Die Bestie wandelte sich zurück in einen älteren Mann, dem die Gruppe bereits einmal im Sumpf begegnet war.
    Die anderen brachen am nächsten Tag auf. Jurina und Skasgej Ivan Trepolov blieben, da Jurina ihre Wunden erst besser heilen lassen musste und er sie nach Donnerbach begleiten wollte. Kel’ven hatte ihr noch am Abend Roten Drachenschlund gegeben, für den Fall, dass sie sich beim Werwolf infiziert hatte.

  • Darf ich mal sagen, dass du Romane schreiben solltest :lol:
    Das ding is genauso genial wie eine Söldnerin zu sein, wie machst du dass???

  • Etwas Kritik muss ich aber doch mal äußern, da es an einigen Stellen im letzten Abschnitt meiner Meinung nach immer noch etwas abgehackt wirkt und sich ein paar Wörter wiederholen. Ich weiß zwar, dass es nur die Vorgeschichte ist und dass hier gerafft werden muss, aber teilweise könnten ein paar zusätzliche Details nicht schaden. So wirkt z.B. das doppelte "Verhöhnen" am Anfang oder der Umstand, dass Karena und Leomar immer aufeinander "einschlagen", während Jurina und Karena nur "einhieben" etwas störend und ein bisschen mehr Abwechslung würde es gleich viel flüssiger erscheinen lassen.

    Ansonsten natürlich wieder wunderschön und ich warte gespannt auf die Haupthandlung

  • Die Wortwiederholung in Sachen "hieben" und "schlugen" habe ich verbessert und ein wenig durchgequierlt.
    Ja, gerafft ... was soll ich sagen, diese vielen Seiten sind tatsächlich schon um viele Seiten länger, als ich es machen wollte, aber irgendwie charaktersisiert es ja Jurina schon, deshalb ist länger geworden, als geplant.
    Ich hätte es auch in aller Ausführlichkeit beschreiben können, aber der Werwolf-Plot ist weder mein noch Zwergenbrots AB (obwohl ich es an einigen Punkten aus logistischen und dramaturgischen Gründen abgeändert habe, aber nur in kleinen Details), und ich maße mir nicht an, ungefragt ein AB zu einer Geschichte zu machen, und schon gar nicht, mehr als nötig über die Chars anderer Leute zu schreiben, denn über deren Gefühle und Worte und Handlungen wissen die Spieler noch am besten Bescheid.

  • Hier muss ich nochmal Kritik äußern:
    Ich mag diese Zusammenfassungen nicht, sie wirken immer Hastig und haben einfach keine Athmosphäre. Reine Informationen.
    Ich fände dass besser, wenn sowas wirklich nur kurz angesprochen, oder irgentwie nach und nach, aber dafür ausführlich beschrieben wird.

    Aber jetzt sind sie ja schon geschrieben und gelesen, die Geschichte kann jetzt endlich anfangen, und ich kann es schon gar nicht mehr erwarten sie endlich auch lesen zu können :lol:

  • Okay, okay, den Wink mit dem Zaunpfahl habe ich verstanden! :)
    Dabei ist es doch gar nicht sooo hastig, ich hätte es noch viel mehr kürzen können, aber dann wäre es wirklich "heruntergespult" geworden. Nach und nach wäre störend gewesen, da diese Ereignisse gar nichts mit der eigentlichen Handlung zu tun haben, aber hat erklären, warum sie gerade dort ist, und, wie gesagt, weil es Jurina charakterisiert.
    Der Grabsegen ist natürlich direkt zitiert, in meinem Worddokument auch mit Quellenangabe (KKO natürlich), nur bei der Kopie hier herein hat diese sich verabschiedet.


    2. Kapitel

    Den ganzen Tag zogen sie den Pfad entlang, nichts als das trostlose winterliche Moor zur Rechten und zur Linken, bis sie auf den Neunaugensee stießen, und an dessen westlichen Ufer auf einem weiteren Pfad nach Norden ritten. Für die Nacht lagerten sie und hielten abwechselnd Wache und am nächsten Tag zogen sie weiter. Es wurde weiterhin kälter. Obwohl Jurina vor sich selber zugab, dass sie fror, zeigte sie es nicht nach außen. Kein Mensch und schon gar kein Mann sollte Jurina von Keshal Rondra zittern vor Kälte sehen!
    Am Abend hatte sie ihr Abendgebet beendet und ölte ihren Säbel, als ein Geräusch ihrer beiden Aufmerksamkeit weckte. Etwas näherte sich, etwas, das sich nicht bemühte, leise durch den Schnee zu laufen. Jurina sprang auf und hob ihren Säbel. Mit einer kurzen Kinnbewegung wies sie Skasgej, der seine Axt gezogen hatte, an, auf der anderen Seite des Feuers Stellung zu beziehen.
    Doch was sich ihnen näherte, hatte Jurina noch nie gesehen. Es war ein Mensch, oder zumindest war es mal ein Mensch gewesen. Etwas Unverständliches entquoll den Überresten des Mundes. Das Fleisch war halb verwest und die Kleidung hing nur noch in Fetzen am Körper. Das Ding – etwas anderes fiel Jurina nicht ein – trug keine Waffe in der Hand, steuerte aber zielstrebig, wenn auch nicht mit übermäßig schnellen Bewegungen, auf sie zu. Wieder kam etwas Unartikuliertes aus der Kehle des Wesens, etwas, das zu Lebzeiten Worte gewesen waren.
    „Bei Rondra!“, stieß Jurina erschrocken hervor. Sie merkte, wie ihr Mund trocken wurde. Dann besann sie sich. „In Rondras Namen – bleib stehen!“ befahl sie mit etwas heiserer Stimme. Doch der Untote ging weiter, gierig die Arme ausstreckend, nach ihr greifend. Jurina sog heftig den Atem ein. Was für ein schauerlicher Anblick! Ihr Griff verkrampfte sich um den Griff des Säbels.
    Dann riss sie sich erneut, wahrlich im letzt möglichen Augenblick, zusammen und schlug schnell und geschickt mit ihrem Amazonensäbel zu. "Für Rondra!" Der Untote wich nicht aus, tief grub sich die geschwungene Klinge in seinen zerfallenden Körper ein. Es hielt ihnen nicht einen Herzschlag lang auf. Im letzten Moment brachte sie ihre Klinge zwischen sich und einen auf sie zufahrenden Arm. Die Parade riss ein weiteres Stück Fleisch aus dem Arm, aber genauso wenig wie ihr Treffer beeindruckte es den Untoten.
    Jurina schlug noch einige Male mit Kraft zu. Doch obwohl sie meistens traf und tiefe Wunden schlug, hinderte das in keinster Weise das Wesen, immer weiter auf sie zuzugehen und zu versuchen, nach ihr zu greifen.
    Sie wusste, Skasgej würde sich nicht einmischen, denn mittlerweile hatte er gelernt, dass dies der rondrianische Ehrenkodex verbat. Aber ihr wurde auch klar, dass ihr bisheriger Kampfstil mehr als ineffektiv war. Dann zielte sie auf den einen seiner vorgereckten Arme und schlug ihn glatt ab. Das bremste ihn nicht, aber nun hatte er nur noch einen Arm. So zielte sie auf diesen.
    Der Kampf ging noch eine Weile, doch Jurina, den Erfolg ihrer Strategie bestätigt sehend, hieb den Untoten nach und nach in Stücke. Doch auch der Untote, der immer wieder nach ihr griff, schaffte es einige wenige Male, seine krallenartigen Finger in ihr Fleisch zu bohren und kleinere Wunden zu schlagen.
    Schwitzend und einmal tief Luft holend machte sie einen Schritt zurück, als der Untote, in Stücke gehackt, vor ihr auf dem gefrorenen Boden lag. „Bei Rondra, was für eine unheilige Kreatur ist dies? Ist dieser Sumpf denn verflucht?“ Sie warf noch einen Blick voller Abscheu und erfüllt mit einem Nachhall des Entsetzens, das sie bei seinem ersten Anblick empfunden hatte, auf das zerstückelte Ding, dann ging sie entschlossen zum Feuer und bückte sich nach einem brennenden Scheit, denn sie zum Untoten hintrug und an ihn hielt. Es stank bestialisch, sie hielt unwillkürlich den Atem an, und wirklich Feuer fangen taten die Überreste auch nicht.
    Der Boden war zu hart, um auf irgendeine Art und Weise ein Grab schaufeln zu können, so begrub Jurina die angebrannten Überreste des Untoten unter Massen von Schnee. Skasgej ging ihr dabei zur Hand. Dann sprach sie einen Grabsegen, der verhindern würde, dass dieses Wesen jemals wieder auferstand.
    Sie schlug mit der Hand das Symbol des Gebrochenen Rades in der Luft über den Überresten des Untoten, dann sprach sie mit kräftiger, tragender Stimme: „Herr des Todes, einen Menschen will ich Dir anempfehlen, Dir, dessen Wirken beendend ist. Lass Deine göttliche Gerechtigkeit den Urteilsspruch finden für diesen Deresohn. Er schied aus unserer Welt, und wir, die wir zurückgeblieben sind, vermögen nicht zu sagen, nach welchem der Zwölfgöttlichen Paradiese sein Herz sich sehnt, wo seine Seele Einlass begehrt. Schicke Deinen Raben aus, diese rastlose Seele zu fangen. Möge Golgari sie führen vor Rethon, die Allwissende. Möge diese Seele nach Deinem Urteil finden, was für sie bestimmt ist!
    Wir bleiben nicht hier“, teilte sie Skasgej, sich zu ihm drehend, dann mit. „Womöglich gibt es noch mehr dieser Untoten hier. Es ist sicherer, wenn wir unseren Lagerplatz verlegen.“
    „Das ist besser so“, stimmte er mit seiner tiefen Stimme und dem so für ihn typischen rollenden „R“ zu.

  • Hehe, Asleif ... der erste Auftritt des Untoten wurde als "drittklassig" bezeichnet, jetzt ist er zu lahm, wie mache ich es nur allen recht? :)
    Gut, gut, ich werde in mich gehen und es überarbeiten. Heute oder morgen könnt ihr es dann hoffentlich anders lesen.
    Ich bin weiterhin für jede konstruktive Kritik offen und dankbar. Es soll ja schließlich eine schöne Geschichte werden.

    EDIT: Ich habe den Kampf etwas überarbeitet und "aufpoliert". Ist es jetzt etwas besser und "menschlicher"?

  • Der Kampf wirkt nun nicht mehr gar so distanziert, aber dennoch recht "kühl". Ich mag das irgendwie :)


    Ich weiss, nicht gerade ein post mit viel Inhalt, aber ich wollte ja nur mitteilen dass der Kampf nun besser wirkt, imho ;)

  • Jurina ging zu ihren Satteltaschen und holte Verbandszeug heraus und begann, etwas unbeholfen, da sie mit nur einer Hand schlecht ihren Arm verbinden konnte, ihre Wunden zu versorgen. Skasgej sah das und nahm ihr brummelnd den Stoff aus der Hand. „Lasst mich das tun. Gut verbunden heilt es schneller, und um so eher könnt Ihr Rondra wieder mit vollem Einsatz dienen.“ Er wusste mittlerweile durchaus sie zu handhaben, ohne ihren immensen Stolz zu verletzten. Die schwarzhaarige Frau ließ es auch ohne Widerrede zu und sattelte danach erneut Rondira, während der Norbarde sorgfältig das Lager abbaute. Jurina ritt wieder, während Skasgej mit großen Schritten nebenher ging. Eigentlich wollte sie nur eine Meile oder etwas weiter, doch so weit waren sie noch gar nicht gekommen, als sie zu ihrer Rechten, irgendwo im Sumpf, etwas hörten. Es klang so, als kämpfte sich jemand, der sich keine Mühe gab, leise zu sein, durch wintervereistes Gebüsch...
    Ein Reisender, allein, des Nächtens, war es wohl kaum. Ein Tier vielleicht, aber bei der Stärke des Lärmes war es ein großes Tier, und die bewegten sich eigentlich leiser.
    Die beiden Reisenden verhielten, lauschten und sicherten für einen Moment. Jurina merkte, wie bei ihr etwas Schweiß ausbrach bei der Erinnerung an den Untoten, der sie an ihrem Lagerplatz überfallen hatte. Was immer es war, es kam nicht in ihre Richtung gen Pfad, sondern zog eher parallel zu diesem entlang. Leise zog sie den linken Fuß aus dem Steigbügel und hielt Skasgej die Linke hin. Er ergriff sie, stellte einen Fuß in den Steigbügel und schwang sich so hinter ihr in den Sattel. Die Amazone trieb Rondira an, zu einem langsamen Trab, den die Stute aber auch trotz der vielfachen Belastung längere Zeit durchhalten würde. Der Hufschlag war nur gedämpft zu hören, aber ob das Wesen in den Büschen es nicht hörte oder nicht interessierte, nichts brach hinter ihnen aus den Büschen auf den Weg und bald verklangen die Geräusche hinter ihnen.
    Doch es sollte ihnen keine ruhige Nacht beschert werden. Bald waren wieder solche Geräusche zu vernehmen, etwas vor ihnen auf der linken Seite. Und diesmal näherten sie sich dem Pfad. Angaloppieren, oder warten, was da kam? Für Jurina war das keine Frage. Sie kehrte einem Feind nicht den Rücken zu, wenn es nicht einen viel wichtigeren Grund dafür gab. Besser war es, zu sehen, wer da kam.
    Sie zügelte die Fuchsstute auf dem Pfad und machte sich bereit, ihre Waffe zu ziehen und zu kämpfen. Nur wenige Herzschläge später kam eine Gestalt auf den Pfad – und überquerte ihn und verschwand auf der anderen Seite wieder im Moor, ohne sie, die sie unübersehbar auf dem Pfad standen, zu beachten. Die Gestalt hatte die Form eines Menschen, doch war im Sternenlicht und dem Schein des Madamales zu erkennen, wie unbeholfen und langsam sie sich bewegte. Kleidung war nur noch in Überresten vorhanden.
    Jurina blickte dem Wesen nach. Sie schluckte trocken und merkte, dass sich ihre Muskeln etwas verkrampft hatten und auch der Händler hinter ihr sich merklich versteift hatte. „Hier geht etwas nicht mit rechten Dingen zu“, erklärte sie dann leise, aber bestimmt. Sie war dankbar, dass das leise Flüstern ihre trockene und etwas belegte Stimme verdeckte. „Steigt ab. Ich zumindest werde dem nachgehen.“
    „Ich bin dabei“, grollte Skasgej leise zurück. „Es sind verdächtig viele Untote in dieser Nacht unterwegs.“ Jurina nickte nur. Er ließ sich aus dem Sattel gleiten. Wesentlich schneller und leiser folgte ihm die Geweihte. Ihre Stute am Zügel führend und in der freien Rechten den gezogenen Säbel mit festem Griff gepackt – fester, als es im Moment eigentlich nötig gewesen wäre -, verließen sie und Skasgej den Pfad und drangen ins Moor ein, den Geräuschen der Untoten folgend. Obwohl sie nicht gerade leise waren mit dem Pferd dabei, schienen sie keine Aufmerksamkeit zu erregen. Die beiden Untoten marschierten beständig, ohne zu zögern oder sich umzudrehen und behielten eine Richtung bei.

  • Und weiter geht es ...


    Sie folgten den Kreaturen noch nicht lange, als weiteres Knacken und Knirschen einen dritten, mehr oder minder verwesten Untoten ankündigte, der ebenfalls diese Richtung einschlug. Und kurz darauf gesellte sich noch einer dazu, doch dieser war eindeutig - ein Skelett! Bleich schimmerte das Gebein im Madamallicht und das Klicken der aneinanderreibenden Knochen drang zuweilen an die Ohren der heimlichen Verfolger.
    Diese hielten inne, und setzten sich erst nach einigen Herzschlägen wieder in Bewegung. Jurina merkte die Kälte kaum. Ihr war heiß und kalt zugleich. Waren der eine Untote und nun zwei andere nicht schon Prüfung genug? Rondra prüfte wahrlich auf Herz und Glauben in dieser Nacht! Sie würde sie nicht enttäuschen, dass kam nicht in Frage.
    Jurinas Gesichtsausdruck wurde entschlossener, je mehr unheilige Wesenheiten aus verschiedenen Richtungen kamen, um in eine bestimmte zu ziehen. Untote, an denen noch Kleidung hing und Fleisch in Fetzen, die aussahen, als wären sie dem Wasser entstiegen, dem Sumpf und anderem Erdboden, Skelette, deren Gerippe hell im Madamallicht schimmerte – sie alle hatten nur ein Ziel, denn sie alle hielten eine Richtung bei, ohne sich umeinander zu kümmern.
    Es war schwer, das Verstreichen der Zeit einzuschätzen, denn die ganze Aufmerksamkeit der beiden Verfolger galt den Untoten und ihrer Umgebung, doch es mochte vielleicht eine halbe Stunde vergangen sein, als sie Lichtschein vor sich bemerkten. Brennende Fackeln waren weit genug in den Boden gerammt worden, um Halt zu finden, und ihr Schein erhellte einen Kreis mit einem Durchmesser von rund zwanzig Schritt.
    Jurina blieb stehen und hielt mit einer Handbewegung auch Skasgej an. Sie ließ die Zügel Rondiras los und flüsterte der Stute einen Befehl ins Ohr. Dann machte sie eine winkende Handbewegung nach vorne. Skasgej nickte. Leise bewegten sie sich voran, auf die Lichtquelle zu, während Rondira stehen blieb und mit gespitzten Ohren ihnen nachblickte
    Dies war das Ziel der Untoten, denn bis hierhin gingen sie und versammelten sich schweigend. Als sie sich näherten, erkannten Jurina und ihr Begleiter, dass in den schneefreien Kreis, den die Fackeln bildeten, ein etwa drei Schritt großer, siebenzackiger Stern in den Boden geritzt war. Eine Frau, etwa einen Spann kleiner als Jurina, mit schwarzem Harr, in eine schwarze Robe gekleidet und schätzungsweise Mitte der vierzig Götterläufe, beugte sich gerade über einen großen Haufen Knochen. Weiter hinten, hinter dem Kreis, war ein weißes Pferd, gesattelt und mit gefüllten Satteltaschen, angebunden an einen Ast.
    Die Untoten umstanden schweigend den Kreis und sahen in die Mitte, auf das Treiben der Magierin. Sie rührten sich nicht, verharrten nur ruhig und bewegungslos.
    Noch während Jurina und Skasgej sich einen Überblick verschafften, fing auf einmal der große Knochenhaufen in der Mitte des siebenzackigen Sternes an, sich zu bewegen! Knochen knirschten, hier und dort begann ein einzelnes Stück seine Lage zu verändern, das ganze Gebilde – erhob sich!
    Während die Frau in der schwarzen Robe durch laute Rufe ihrer Freude Ausdruck verlieh und erregt um die Knochen herumsprang, enthüllte der Fackelschein, je höher das ‚Ding’ wurde, dass es ein großes, fremdartiges Skelett war, an die drei Schritt hoch und mit einem humanoiden Körper. Der Kopf schien der eines Büffel oder Stieres zu sein, der Form und den großen Hörnern nach zu urteilen, den Körper hatte ein großer Oger gestellt, die Arme waren schrittlang aus irgendwelchen Knochen und da, wo Hände sitzen sollten, waren die Knochenenden zugespitzt. Es war nicht zu erkennen, welchen Ursprung die knöchernen Arme hatten.
    „Ich habe es geschafft! Ich wusste es, ich wusste es! Mein Meisterwerk, ich habe mein Meisterwerk geschaffen!“ jubilierte die Erschafferin.
    Jurina konnte soeben noch einen Ausruf unterdrücken, als das große Skelett anfing, sich zu erheben. Ihre Hand umfasste den Säbel unwillkürlich fester. Ihr erster Impuls war es nach ihrem Erschrecken, loszustürmen, und diese gotteslästerliche Freveltat zu unterbinden, doch der Kampf gegen den einen Untoten hatte ihr gezeigt, dass sie keine Chance hatte gegen die Vielen, die hier waren, ganz zu schweigen von dem Großen Skelett und der Magierin, die es offenbar unter ihrer Kontrolle hatte. Aber sie durfte nicht zulassen, dass diese Frau ungestraft davonkam, dass dieses unheilige Treiben ungesühnt blieb!
    Noch während sie ihre Chancen abwog und verschiedene Vorgehensweisen erwog und wieder verwarf, stellte sich die Frau vor das Große Skelett und blickte mit einem zufriedenen Grinsen in das Schädelgesicht. „Folge mir!“ befahl sie knapp, drehte sich um und ging zu dem Schimmel. Ohne zu zögern, folgte ihr das Skelett mit etwas schwerfälligen, aber nicht ungelenken Bewegungen. Die Frau erreichte ihr Pferd, das ob der Gegenwart der vielen Untoten und nun des Großen Skelettes, das auf ihn zukam, nervös war und scheute, fasste nach den Zügeln und zog einmal harsch daran. Sie beschimpfte das Pferd, das zurückwich und ihr so das Aufsteigen erschwerte, ruckte noch einmal kräftig an den Zügeln und erwischte schließlich mit einem Fuß den Steigbügel und schwang sich in den Sattel.
    Ohne einen Blick auf die Untoten zu werfen, die noch immer bewegungslos den Kreis umstanden, lenkte sie ihr Pferd, das es sichtlich eilig hatte und von ihr kaum unter Kontrolle gehalten werden konnte, nach Norden. Das Große Skelett folgte stumm, mit raumgreifenden Schritten, die Knochen knackten und knirschten leise wie der Schnee unter seinen Schritten.