Wieviel Detailgrad sollten Regeln haben - wieviel Situations-Management darf der Meister adhoc entwickeln? 57
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Für mich sollte gerne jeder Aspekt möglicher Szenarien in Regeln abgebildet sein. Eine gute SL nutzt die Regeln - und macht sie nicht. (7) 12%
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Für mich liegt die Hoheit zur Situationsbewertung bei der Spielleitung. Thematisch naheliegende Regeln geben die Richtung vor. (50) 88%
[...] Bei anderen wird jede Kleinigkeit in Regeln verpackt. Wie, zum Beispiel, wenn man mit einem Zauber, der Luft zum Erstarren bringt, einen Minotaurus erwürgt, und es dann tatsächlich eine Reihe von Proben dafür gibt, die genau diesen Spezialfall abdecken und dafür teils neue abgeleitete Werte erfinden. [...]
Jüngst tauchte in der Frage "Magische Analyse - und wann merkt man eigentlich dass irgend etwas / und was genauer gezaubert wurde?" wieder diese ewige Frage auf, ... ähm... "Detailregeln oder Handwedeln?".
Ich selbst bin Befürworter eines hinten heraus lückenhaften Regelsystems und übertrage lieber der Spielleitung die Aufgabe, in Spezialfällen einen Entscheidungspfad zu ersinnen. Weil ich denke, dass in vielen Regelaspekten viele unterschiedliche Situationen und Einflussparameter möglich sind, und der Versuch das alles einzufangen und in Regeln abzubilden von vorne herein zum Scheitern verurteilt ist. Weil ich denke dass es sowieso und ganz fundamental die Aufgabe der Spielleitung ist, Fairness nach bestem Ermessen walten zu lassen. Und weil ich denke, dass die Mehrzahl der Gruppen und Spielleitungen total verloren (und wild am Nachschlagen) ist, wenn es drölftausend Spezialregeln für verschiedene Fragestellungen gibt.
Ein gutes Gegenargument formuliert Cifer im selben Buch:
Zitat von @Cifer in: "Spielleiterwillkür!" S.75, Mháire Stritter 2017Eine [weitere] mögliche Funktion der Regeln ist auch das Abstecken des gemeinsamen Vorstellungsraumes. Das heißt einerseits, dass Spieler ohne alles nachzufragen eine gute Vorstellung davon bekommen, was ihre SCs können, aber auch, dass sie Vermutungen anstellen können, was die Welt um sie herum kann.
Check - für viele Aspekte ist das zutreffend.
Was mich daran wiederum stört, ist ,dass präzise Regeln nicht nur eine "Vermutung" zulassen, sondern dass Regeln und Stochastik oft eine sehr präzise Kalkulation einer Situation erlauben. Man könnte sagen: zu oft kennt nicht nur der Spieler die Regeln sondern auch sein Held den wahrscheinlichen Ausgang der Situation - und handelt danach. Neben der (willkürlichen=angeblich uncharmanten) Freiheit für die SL, die Wege der Geschichte in einer vorgesehenen Bahn laufen zu lassen, erscheint mir die Option der "Überraschung" dagegen oft zu gering geschätzt. Sie (die Überraschung) kann aber auch ungünstig bis nervtötend platziert sein, wie Cifer richtig darstellt.:
Zitat von @Cifer - ebendort[...] Die Kehrseite ist natürlich, dass die Spieler nicht riechen können, wenn die Regeln plötzlich nicht mehr gelten. Eine Abenteuerauflösung auf einem unvorhersehbaren Regelbruch aufzubauen ist daher extrem schlechter Stil und versaut mit etwas Pech ein komplettes Finale.
Also... gibt es Konflikte, wenn die Vorstellungsräume nicht kongruent sind. Dann pocht die SL auf ihre Geschichte und die Spieler pochen auf die Regeln. Ist dann die Geschichte selbst schädlich (schlecht erzählt) oder schaden vielleicht die Regeln - selbst wenn man sie kennt und einhalten wollte?
Fragen über Fragen...
Wandelt sich die Spielweise mit der Erfahrung der Spieler?
Ist Eure Meinung zu der Frage eine andere, wenn Ihr (z.B. auf einer Con) mit einer unbekannten Gruppe spielt?
- worum es hier nicht geht -
Es gibt Regeln, die unpräzise formuliert sind:
- bis heute haben wir wackelnde Ansichten, wie wohl BHK in DSA5 funktioniert,
- ob Tier-Paraden zu demselben Schaden wie waffenlose-Paraden führen, etc.
Es geht in dieser Um|Frage nicht um schlechte/unverständliche Regeln, sondern um das Bedürfnis nach Detailregeln bzw. um Spielleiter-Willkür & Vertrauen.
edit: die Frage nach der Bedeutung des Wortes "Willkür" bleibt strittig; nachdem Wikipedia darin primär wertneutral eine Entscheidung ohne sachlichen Grund sieht, Duden aber schreibt:
Zitatdie allgemein geltenden Maßstäbe, Gesetze, die Rechte, Interessen anderer missachtendes, an den eigenen Interessen ausgerichtetes und die eigene Macht nutzendes Handeln, Verhalten
Huch. Man schlug mir vor, in der Threaderöffnung die von mir gedachte Definition zu erklären:
Willkür in Überschrift und im weiteren Text verstehe ich als "freie (und durchaus so-gut-wie-möglich-getroffene) Entscheidung des Splielleiters - nur ohne Vorgaben aus Regeltext oder Präzedenzfällen" und NICHT als Überbügeln eines Fairness-Empfindens durch einen selbstherrlichen Meister. Danke.