Brainstorming: Was gehört zu einem guten Abenteuer?

  • Hallo ihr Lieben!

    Ich würde an dieser Stelle gerne ein Experiment wagen und gemeinsam mit euch ein Brainstorming machen.
    Ich habe im vergangenen Jahr mein erstes Abenteuer geschrieben, dass dann Anfang diesen Jahres publiziert wurde.
    Dabei stellt man sich immer mal wieder die Frage: "Ist das geil, was ich da gerade schreibe? Was wollen Spieler eigentlich?"

    Ich bin mir zwar fast sicher, dass es kaum gemeinsame Nenner gibt, da Geschmäcker einfach sehr verschieden sind, möchte es aber dennoch versuchen:

    Was macht für euch ein gutes Abenteuer aus? Was muss drin sein? Bei was habt ihr besonders viel Spaß?
    Schätzt ihr gesellschaftliche Konflikte (z.B. Norbardenhass im Bornland), soziale Streitigkeiten, Kämpfe, Rätsel, o.Ä. besonders?

    Ich würde mich freuen, mit euch hier ein wenig brainstormen zu können. Dabei müsst ihr natürlich keine Abhandlungen schreiben, sondern könnt einfach mal ein paar Sachen in den Raum werfen.


    Liebe Grüße!

    Julian Härtl
    Leichen pflastern seinen Weg - Nekromant lässt Einfahrt verschönern.

  • Dazu empfehle ich einige Youtubevideos oder Channels.

    Great GM-Storytelling

    Great GM: Telling a good story

    Auch gut, von TED, ein must-see wie ich finde:
    What makes a good hero/Heros Journey
    Sehr gute Videos um sich bewusst zu machen, was gute Geschichten ausmacht

    Per noctem ad lucem.
    Durch die Nacht zum Licht.
    ____

    Pardona? Ist das nicht ein Kochrezept?

  • Als Spieler gehört für mich zu einem guten Abenteuer vor allem der persönliche Grund meines Charakters warum sie oder er jetzt genau das machen sollte. Motivation bei den SCs, aber auch bei den NSCs. Die müssen glaubhaft sein und nicht nur Schwertfutter eins bis sechs. Die müssen mehr sein, als es braucht aber noch einen Gegenspieler. Eine gute Geschichte muss nicht X oder Y haben, sondern sie muss die SCs berühren, mitreisen, ansprechen. Deshalb mache ich ja Rollenspiel und lese kein Buch oder schaue einen Film.

    Und deshalb schreibe ich keine Abenteuer, obwohl ich seit über 20 Jahren regelmäßig selbst ausgedachten Shit leite. Da kenne ich die SCs einfach besser und kann einen ganzen Baum an Plotsträngen darauf setzen, dass Charakter B im Stockbett oben schläft, weil ich vorher weiß, er wird das machen. 'Oh, ich will oben schlafen' werden seine Worte sein.

    I ♡ Yakuban.

  • Hallo,

    erst einmal herzlichen Glückwunsch zur Publikation. Da nach meinem Senf gefragt wurde, hier ist er:

    - Es sollte zu Anfang Zeit für die "Exposition" der Helden sein. D. h. ein Fest, Kneipenbesuch o.ä. in der die Spieler ihre Helden und deren Charaktereigenschaften in Ruhe darstellen können, ohne dass schon irgendwie auf ein Abenteuerziel hingearbeitet wird. Also kein Sprung ins kalte Wasser.

    - Ich finde es gut, wenn man das Gefühl hat, auf das Ende des Abenteuers Einfluss nehmen zu können.

    - Es muss um etwas gehen und es muss einen Moment geben, in dem der Erfolg auf der Kippe steht (Stichwort: Spannung); ich persönlich finde glaubwürdige und auch klug (das heißt: sie reagieren individuell auf Heldenhandlungen) handelnde Antagonisten auch nicht verkehrt.

    - Der Anreiz/die Identifikationsmöglichkeit für Held und Spieler muss gegeben sein (wie oben bereits gesagt) - zum Thema Norbardenhass: In der Theaterritterkampagne hatte ich Stellenweise ein Motivationsproblem: Warum soll ich eigentlich den tyrannischen Bronnjaren helfen, die 99 % der Bevölkerung unterdrücken (Norbarden, Gobblins, Leibeigene)? Am Ende macht er es, damit die Gesamtsituation nicht von "schlimm" zu "schlimmer" eskaliert.

    - Konflikte innerhalb der Gruppe sollten nicht zu krass sein (ok lässt sich vom Abenteuerschreiber schwer steuern)

    - Ne coole Belohnung am Ende ist auch immer nicht verkehrt - einschließlich AP.

    - Das Abenteuer schafft es alle möglichen Heldentypen zu integrieren und alle Arten Rollenspiel zu betreiben zu integrieren ohne beliebig zu werden.

    Schöne Grüße


    L

  • Antagonisten sind für mich ein ganz großes Stichwort.

    Viel zu viele ABs haben diese Typisch bösen Antagonisten.

    Ich fände es viel Spannender wenn die vermeidlichen "bösen" etwas mehr Tiefgang haben und nicht böse um des Bösen willen sind.

    Grade wenn deren Schicksal dann von den Helden abhängt und diese sich mal fragen müssen wie sie verfahren weil die Welt eben nicht schwarz und weiß ist sondern auch viele Grautöne hat.

  • Eine gute Geschichte muss nicht X oder Y haben, sondern sie muss die SCs berühren, mitreisen, ansprechen. Deshalb mache ich ja Rollenspiel und lese kein Buch oder schaue einen Film.

    Genau hier ist auch der Knackpunkt. Selbst wenn du eine gute Geschichte erzählst, wirklich perfekt wird sie auch erst wenn es die SC's und noch wichtiger die Spieler anspricht. Wie sehr ich es gehasst habe, wenn ein oder zwei Spieler irgendwann schlecht gelaunt waren, wegen Gründen, und nur noch als Geisterfahrer mitgespielt haben, obwohl die Stimmung des Abenteuers gerade richtug gut war.

    Per noctem ad lucem.
    Durch die Nacht zum Licht.
    ____

    Pardona? Ist das nicht ein Kochrezept?

  • Erstmal muss ich sagen, gibt es vermutlich nicht DAS Element was ein Abenteuer zu einem guten Abenteuer macht.

    Am Ende ist es ein guten Abenteuer wenn es Dinge hat die in Erinnerung bleiben. Ein guter NPC, eine ausgefallene Idee, tolles Szenario usw. Wieso man sich an ein Abernteuer zurück erinnert kann viele Gründe haben. Das wichtige ist aber. Es muss einen geben.

    Das nächste ist das Gefühl der Mitgestaltung eines Abenteuers. Kann ich mir verrückte Wege ausdenken um zur Lösung zu geben.

    Wieviel Raum und Platz habe ich um zu agieren neben dem Hauptweg. Und hat mein handeln Enfluss. Da fällt mir immer die Geschichte aus "The BigBang Theory" ein.

    Indiana Jones 1 wäre mit oder ohne Indiana Jones genau gleich geendet. Seine Existenz spielte keine Rolle für die Geschichte.

    Was das in Erinnerung bleiben angeht. Jeder von uns hat schon einen Drachen getötet einen Dämonen besiegt und andere Heldentaten begangen.

    Ein Abenteuer das damit bricht und mir deswegen in Erinnerung bleibt ist das Kurzabenteuer "Prost Mahlzeit". Ein simples kleines nichtiges Abenteuer.

    Es geht um einen Kochwettbewerb in Angbar.

    Allein das Szenario "Helden die Kochen" ist neben den ganzen Dungeoncrawlern, epischen Dämonenjagden einfach so erfrischend anderst. Unser Meister dachte wir verbringen damit einen Abend als kleiner Durchschnaufer bis zur nächsten Heldentat. Daraus wurden dann5 Spielabende á 6-7 Stunden

  • Neben vielem, was schon gesagt wurde, ist für mich auch immer ein Überraschungselement wichtig. Die Story sollte nicht zu linear sein, ein NSC Verbündeter stellt sich im Verlauf des ABs als Gegner heraus, oder umgekehrt; es gibt mehrere Schichten von Informationen und Zusammenhängen, die erst nach und nach aufgedeckt werden und damit früheren Hinweisen eine andere Bedeutung geben etc.

    Bisher habe ich die meisten Abenteuer für meine jeweilige Gruppe selbst entworfen und überlagere dann meistens mehrere Plotstränge, die sich teilweise über längere Zeit erst im Hintergrund entwickeln.

    Zum Genre: eine solide Mischung ist am besten. Meiner bisherigen Erfahrung nach geben gesellschaftliche Settings den Spielern am meisten Raum, ihren Charakter auszuspielen. Auf der anderen Seite kam bei uns bisher zuverlässig früher oder später der Wunsch nach einem Kampf auf. Wichtig für mich ist eigentlich vor allem, dass die Helden mehrere grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten haben, die Problemstellung zu lösen - sei es durch Überredungskünste, Waffenstärke oder überlegenes Wissen. Welchen Weg sie wählen ist dann Sache der Spieler.

    "Es gibt keine Zufälle" M. Wittgenstein

  • Ich finde verschiedene Persönlichkeiten im Abenteuer wichtig. Nicht jeder NSC hat Lust, den Helden Rede und Antwort zu stehen, sondern vertreibt sich vielleicht auch mal von seinem Land. Ich finde es auch immer wieder schon, wenn (dosiert) mit Erwartungen gebrochen wird, wenn sich zum Beispiel die als strenge Praiotin bekannte Weißmagierin als Fürsprecherin entpuppt oder umgekehrt der nette Onkel von der Herberge nur so getan hat, weil er es auf die Pferde abgesehen hatte. Gesellschaftliche Konflikte gehören für mich auch in diese Kategorie, sowas lässt die Welt lebendiger wirken.

    Die abenteuerübergreifenden Verbindungsstränge funktionieren auch bei nicht selbst verfassten Abenteuern, wenn man schon in etwa weiß, was man als nächstes spielen wird. Ich habe auch schon einmal (als Spieler) zwei Abenteuer gleichzeitig gespielt, also eine Art Crossover, was ich sehr erfrischend fand.

    Außerdem mag ich es, wenn das Abenteuer noch Ideen liefert, wie der Ablauf noch sein könnte – denn dem vorgesehenen Ablauf folgen nunmal die wenigsten Gruppen.

  • Hallo Julian Haertl

    Ich bin noch nicht so lange in der Rollenspielwelt - erst seit 2013. Davor hatte ich Keinerlei Erfahrung mit der Materie. Seit dem habe ich mich auch als Meister versucht, und zwar bei den Abenteuern Sturmgeboren, Träume von Tod und Seelenernte. An diesen Abenteuern vergleiche ich gerne, und werde sie ab und an als Beispiele heranziehen.

    Ob ich ein gutes oder schlechtes Abenteuer vor mir habe bewerte ich immer an zwei Aspekten:

    1. Ist die Geschichte gut? Ist der Plott interessant, gibt es wichtige Figuren, die mir im Gedächtnis bleiben? Hat die Geschichte einen Emotionalen Eindruck bei mir hinterlassen?

    2. Ist das Abenteuer handwerklich gut gemacht. Gibt es Karten, sind für Gegner, Monster usw. Sinnvolle Werte ausgearbeitet? Gibt es Karten? Kurz: Wie viel Handwerkliche Arbeit muss ich selbst noch mit reinstecken...

    Ich fange mal mit dem Handwerklichen an, weil man in meinen Augen objektiver herangehen kann.

    Für einen guten Anhang finde ich es wichtig, dass die meisten möglichen Kontrahenten mit adäquaten Werten ausgestattet sind. TvT hat einen Untoten im Anhang, mit ein paar Tipps, wie man den noch variieren kann, Seelenernte hat fast zwei DINA 4 Seiten nur Untote Gegner mit einem kleinen Baukasten an möglichen Besonderheiten. Bei wichtigen Gegnern freut es mich auch immer, wenn ein bis zwei Sätze dazu verloren werden, WIE sie kämpfen, was ihr Ziel ist usw.

    Karten sind immer toll. Ich habe schon Abenteuer gesehen, wo keine Karte dabei war, und dann selbst der Autor durcheinander kam, ob der Fluss jetzt östlich oder westlich der Burg lag. War blöd (Firuns Flüstern) weil eine Belagernde Streitmacht eigentlich über den Fluss müsste, um anzugreifen in dem Abenteuer...

    Ausgefertigte Szenarios sind das, wofür ich mir ein Abenteuer kaufe. Wenn in einem Abenteuer dann in auf einer Halbseite ein Szenario vorschlagen wird, wo ich für keinen der Gegner Werte bekomme und das gerne mal eine ganze Session füllen kann, dann bringt mir das leider nicht so viel. Für kleine, optionale Ideen kann das ganz nett sein, va. wenn man mal noch was nebenbei einstreuen will, aber Abenteuer machen oft den Fehler, nur aus einer Aneinanderreihung unfertiger Szenarios zu bestehen.

    Die handwerkliche Qualität ist wichtig, aber ich spiele lieber eine gute Geschichte schlecht ausgearbeitet, als eine langweilige Story, die super ausgebaut ist. Deswegen ist der Abenteuerinhalt für mich trotzdem wichtiger als das oben genannte.

    Die persönliche Bindung ist wichtig - das stimmt schon. Aber je nach Spielstil geht das oft leider nicht. Wenn ein Abenteuer die erste Zeit darauf verwendet, den dass die Spieler eine emotionale Verbindung zu Personen aufbauen, nur damit es später einen Impact geben kann, dann hat das etwas von einem Selbstzweck. Wirklich emotional involviert können die Helden nur sein, wenn man sie explizit für ein bestimmtes Abenteuer entwirft. Darum ignorieren wir in unserer Gruppe inzwischen meistens die Einstiegsvorschläge für Abenteuer, weil wir unsere Helden schon recht lange Spielen und daher ein anderes Standing in der Welt haben. Im Blick auf den Metaplott finde ich es sehr wichtig, dass ein gutes Abenteuer wie auch ein guter Film alleine Funktionieren muss. Man kommt kaum aus, dass es Überschneidung mit Figuren aus anderen ABs gibt, aber die Einführung von Verbündeten und vor allem von Gegenspielern sollte immer innerhalb des Settings genügend ausgestaltet werden. In TvT wird man mit dem Endgegner Lucardus eigentlich erst am Ende konfrontiert und bekommt sehr lange sehr wenig von ihm mit. In Seelenernte wird man mit dem Hauptantagonisten nach dem Prolog wie durch einen Paukenschlag konfrontiert, und der Spannungsbogen wird bis zum Schluss mit diesem Geschehen verbunden.

    Ganz wichtig ist, dass das Handeln der Helden Konsequenzen haben muss. In TvT kann man das AB eigentlich nicht verlieren. Selbst wenn die Helden in allen drei Schlachten versagen ist das Ende das selbe. In TvT wird als Einstiegsszenario der Fund eines Briefes von Borondria an Lucardus vorgeschlagen. Bei mir war der Fund später und der zentrale Punkt des Anstoßes, um den der Orden zerbrach, im AB hat es kaum Konsequenzen, was die Helden damit machen. Seelenernte hat drei mögliche Enden, ein gutes, ein schlechtes und ein Katastrophales. Und es wird an vielen Stellen drauf eingegangen, wenn Helden ganz andere Wege als vorgeschlagen gehen.
    Für mich ist wichtig, dass die Helden das Gefühl haben, einen Unterschied zu bewirken. Das heißt auch, dass sich die Welt eventuell ohne sie weiter dreht, wenn sie nicht handeln oder Fehler machen. Drum finde ich es wichtig, wenn ein AB einen Plan hat, was wann passiert, und der auch außerhalb der Bühne weiterläuft, wenn die Helden Aspekte vernachlässigen oder ignorieren. Wenn man am Schluss des ABs sieht, an welchen Stellen die Taten der Helden einen Einfluss auf das Schlussszenario hatten und den Bösewicht vielleicht zu bestimmten Handlungen gezwungen hat, dann ist das eine super Sache!

    Der Hauptgegner im AB ist oft der Knackpunkt, der die Geschichte interessant macht. Der braucht ein Motiv, damit er einen Grund hat, zu tun, was er tut. Und er sollte nicht erst im letzten Moment einmal die Bühne betreten, um dann heroisch abserviert zu werden.

    Along the shore the cloud waves break,
    The twin suns sink behind the lake,
    The shadows lengthen
    In Carcosa.

  • Ich fände es wichtig hier erst einmal "Abenteuer" zu definieren. Geht es um Maßanfertigungen, aka. "Dinge die ein Spielleiter mit seiner Gruppe tut", oder geht es spezifisch um Shake-and-bake Produkte, aka. Kaufabenteuer? Sind abgeschlossene und kompakte Kurzgeschichten gemeint, oder Kampagnenbögen? Und um welchen Spielstil soll es gehen? Gamistisch-taktisches Spiel hat schließlich ganz andere Anforderungen als narrativ-dramaturgisches Spiel. Mit viel Luft dazwischen.

    Die Qualitätskriterien sind nämlich völlig unterschiedlich, allein schon aus ökonomischer Sicht.

  • Ich dachte, aus dem Kontext heraus, dass ich mir diese Frage beim Schreiben eines Kaufabenteuers gestellt hatte, wäre die Antwort auf diese Frage bereits gegeben. :)
    Also, wem es wichtig ist, um sich darüber auszudrücken: Kaufabenteuer.

    Ansonsten dürft ihr eure Gedanken natürlich weiterhin gerne ausdifferenziert und unausdifferenziert mit mir teilen, ich freue mich über beides.

    Julian Härtl
    Leichen pflastern seinen Weg - Nekromant lässt Einfahrt verschönern.

  • An sich gilt das gleiche wie bei der Unterscheidung guter und weniger guter Fertiggerichte. Welches sind die besseren Asia Nudel Snacks? Die bei denen Öl, Gewürz und Chili in einer Mischung zusammen beigepackt ist, oder die bei denen es in drei Beuteln kommt? Das eine schmeckt nur einer Sorte Konsument, aber das andere schmeckt in potentia allen die Nudel Snacks mögen.

    Bei Kaufabenteuern ist das wichtigste, dass sie ein hohes Maß an Modularität haben. Das gesamte Abenteuer muss zerlegbar und vor-zerlegt sein in Bausteine, die man rekompilieren kann, um sie an die jeweilige Gruppe anzupassen. Dabei ist es auch hilfreich, wenn anstelle eines festen Handlungshintergrundes mehrere Alternativen angeboten werden. Wenn es beispielsweise keinen geopolitischen, geographischen, oder kulturellen Grund gibt das ein Abenteuer an einem bestimmten Ort spielt, dann wäre es besser wenn es so weit wie möglich Orts-agnostisch gestaltet wird. Auch optionale Zusatzstränge in Form von plot-dynamischen Quantenogern sind eine gute Sache. Sozusagen der Quanten-Schurke, dessen Hintergrund und Persönlichkeit fluktuationsfähig ist, abhängig vom Betrachter, wobei Betrachter in diesem Fall das Wesen der Spielgruppe ist. Das ist ein Prinzip das sich allgemein anwenden lässt und nicht auf den Schurken beschränkt ist. Zumal viele Abenteuerkonzepte völlig ohne Antagonisten auskommen.

    Ein fixiert existierendes Abenteuer unabhängig von der Spielgruppe die es spielt hat keinerlei objektiven Wert. Es ist völlig bedeutungslos was wie genau gesetzt ist. Aber ein Abenteuer, das intrinsisch anpassungsfähig ist kann sich an die Spielgruppe auf eine Art und Weise schmiegen, dass es wirkt als wäre es maßgeschneidert.

    Man bekommt dann eine Maßanfertigung mit dem Arbeitsaufwand von Tütensuppe.

  • nach allem, was schon geschrieben ist...

    * nachvollziehbarer (=nach Fähigkeit und Interesse der Gruppe nicht zu komplexer) Handlungsfaden:

    Spieler haben unterschiedliches Engagement, in mehrschichtige Handlungen einzusteigen, nachzuhaken und offensichtliches in Frage zu stellen. Bei meiner Runde stelle ich fest, dass sie früher Rätselfraggles waren und paranoide Plotinfragesteller und mit dem Alter immer mehr zum Verdauen vorgesetzten und vorgegessenen Breis neigen. Das ist furchtbar, aber es ist auch die Realität. Jedoch sind sie selbst in diesem Verhaltensmuster weder als Gruppe noch über verschiedene Spieltermine ein homogen einforderndes Klientel, o Graus.

    Idealer Weise hat ein Abenteuer ein Stufenschema, in dem sich der Meister orientieren kann, z.B.:

    - Info X bekommen die Helden primär irgendwie mitgeteilt

    - ...erfahren die Helden wenn sie A oder B oder C fragen

    - ...erfahren die Helden, wenn sie das Vertrauen der Figuren A, B oder C erlangt haben (oder wenn sie sie besiegt haben)

    +/- bekommen die Helden explizit zunächst falsch dargestellt

    Ich glaube Hinweise zum Spielleiten sind an solchen Scheidewegen wesentlich wichtiger als die hundertste Beschreibung Weg&Steg zwischen OrtA & OrtB..

    Ich staune oftmals, dass die Entscheidung über Abenteuerkomplexität außen aufgedruckt ist, während doch vieles im Abenteuer lenkbar ist. Ähnlich einem hochgedrehten Wertekasten, kann ich selbstverständlich auch eine Geschichte in ihrer Komplexität recht gut steuern; z.B. durch kompetente NSC, die ggf. entscheidende Einwände von sich aus vortragen. Oder anders herum durch eingestreute falsche Fährten, Sorte vermeintlich vertrauenswürdiger alter Magister oder so....

  • Was ich mag ist, wenn es einen gewissen Grad an Freiheit in einem Abenteuer gibt. Wenn es nicht nur Lösungsmöglichkeit a) gibt, sondern auch Weg b), c) und d), oder, das die Lösung so offen gehalten wird, dass man alles mögliche und unmögliche nutzen kann. Ich hatte letztens ein Detektiv-Abenteuer in unserer Gruppe bespielt. Es gab etliche Indizienbeweise, die Vermutungen ermöglichten, doch fehlte den Spielern letztlich die Motivation des Täters, bzw. ein Beweis dafür. Das ist mir letztlich aber erst im Nachhinein klar geworden, dass wenn die Spieler diesen einen Punkt nicht auflösen, dass es dann schwer wird.

    An anderer Stelle gab es in einem Abenteuer nun eine Kletterszene, die zwar herausfordernd sein sollte, jedoch nicht unmöglich. Blöd wenn sich dann die Unfähigkeiten des Charakters mit Würfelpech vermischen, und die Helden zu allem Überfluss auch noch Hilfsmittel fürs Klettern vergessen haben. Das war dann doch ein wenig frustrierend. Klar, kann man sagen, dass dann der Spielleiter eingreifen muss/kann/sollte, aber ein vielleicht unerfahrener Spielleiter wird mit so einer Situation nicht umzugehen wissen.

    Aktuell bereite ich nun ein Abenteuer vor, dass seinen Ursprung hier im Download-Archiv hat "Steine für Peraine" oder so ähnlich.

    Die Stadt aus dem Abenteuer wird gestrichen, ich setz das ganze nun in einen existierenden Ort, das klappt ganz gut soweit, da sich die Städte in Nostergast am Ende doch alle ähneln, eben so die Probleme, die es an und in den Orten gibt. Die NSC haben alle ihre Meinung zu den Vorkommnissen und die Handlungen der NSC sind alle sinnvoll begründet. Ich kann die Helden relativ beliebig in das Abenteuer schmeißen und mit dem Szenario konfrontieren, da es keine zu detaillierte Verkettung gibt (erst muss a passieren, damit b in Gang gesetzt wird, was zu c führt... das ist dann schon fast railroading) Ich nehme mir einfach einen Punkt, änder ihn ab und er hat wenig Einfluss auf den Rest des Szenarios. Somit bin ich flexibel... Das hat dann schon was Sandbox-Artiges... Es sind ein paar Eckpunkte und Details abgesteckt und innerhalb dieser kann ich mich dann frei bewegen.

  • Ich finde es sehr geil, wenn man in einem Abenteuer das Gefühl hat, nicht einem stringenten Plot zu folgen, sondern frei entscheiden kann, welchen Lösungsweg man wählt.

    Z.B.: Es kommt zum Geplänkel und die Charaktere haben einfach die Möglichkeit mit viel Labern oder Einsatz der Umgebung dieses Geplänkel zu umgehen.

    Oder es gibt ein Ziel, was die Charaktere erreichen sollen. Es werden im Abenteuer 3-4 mögliche Lösungswege skizziert, aber es sind beliebig viele weitere möglich und sollten unterstützt werden. Kreativität der Spieler darf niemals eingeschränkt werden, so lange die Ideen wirklich zum Geschehen passen.

    Ich glaube viele Abenteuer machen den Fehler zu sehr vorzuschreiben, wie Szene XY ablaufen muss. Gib dem Meister die Freiheit und skizziere nur einige Ideen.

  • Einige Gedanken ohne spezielle Reihenfolge:

    - ATMOSPHÄRE: Gerade DSA aber auch viele andere Settings (CoC) leben unfassbar stark von ihrem immersiven Potenzial. Was braucht es dafür? Eine in sich logische Welt (d.h. menschlich handelnde NPCs, einen umfassenden Background, in dem ich mich als Spieler verorten kann etc.). Und ein Abenteuer, das versteht, was es ist und sich auf seine Elemente (Horror, Spannung) einlässt und auf sie hinarbeitet (Spannung-->z.B. Zeitdruck; Horror --> viele kleine Anzeichen, nicht einfach einen Endboss präsentieren)

    - CHARAKTERMOTIVATION, ROLLE und AUTONOMIE: Wie werden die Helden in das AB eingebunden? Macht das individuell überhaupt SInn? Hat es im Idealfall eine persönliche Bedeutung (Beziehung zu Ort o. MEnsch, Verantwortung, heilige Eide o.ä.). Oder wäre die Besetzung der Helden willkürlich austauschbar (fände ich schlecht)? Gibt das Abenteuer mir die Möglichkeit meinen Helden weiterzuentwicklen, stellt es ihn vielleicht vor moralische Dilemmata? Kann ich im Rahmen der Weltlogik autonom handeln oder zwingen mir NPCs vorgeschriebene Muster auf?

    - STORYTELLING: Ist der Plot linear oder bedient er sich eines Twists? Steht das Ende (sofern mein Held moralisch "gut" ist und er Erfolg hat) von vornherein fest oder gibt es verschiedene Enden (dies kann auch über Details, die sich änern, gut realisiert werden)? Bedient die Story sich klarer Gut-Böse Antonomien oder gibt es Grauzonen (beides kann seinen Reiz haben)? Erneut: Gibt es moralische Dilemmata?

    Am Ende ist das aber vermutlich eine Frage des Spielstils. EIn Freund meinte mal für ihn treffend: "Looten und leveln. Das muss drin sein in einem Spiel!". Mir wäre der Aspekt der Charaktermotivation und -entwicklung wesentlich wichtiger.

  • Ich danke euch schon einmal allen für eure zahlreichen Antworten, die schon ein klares Bild projezieren.

    Im Schnitt steht (natürlich jetzt objektiv betrachtet) der zwanglose Plotverlauf im Vordergrund, den man nicht bespielt, weil das Abenteuer es so will, sondern weil es sich richtig anfühlt, es als Charakter zu wollen. Eine Kombination aus Charaktermotivation und Modularität/Optionalität/Sandboxing.

    Ich freue mich weiterhin über mehr Input! :)

    Julian Härtl
    Leichen pflastern seinen Weg - Nekromant lässt Einfahrt verschönern.