Was dürfen Spielleiter ?

  • Ich habe aber bereits ein Teil aus einer Backstory als Meister entfernt, weil der Teil mir nicht gefallen hat und er nie wirklich relevant geworden/vom Spieler angespielt worden ist. Das fand ich persönlich an der Stelle einfach passend, weil meine Welt sich immer inkonsistenter anfühlte, während dieses Detail in ihr existierte. Bisher gab's mit dem Spieler deswegen keine Probleme. Das Detail wurde Ingame entfernt.

    Wie entfernt man ingame einen Teil der bereits passierten Hintergrundgeschichte? :/

    Das impliziert, dass festgelegt ist, was Gutes RollenspielTM und was Schlechtes RollenspielTM ist. Das variiert aber über eine riesige Bandbreite je nach persönlichen Präferenzen und was man halt wie mag. Was für den einen schlecht ist, ist für den anderen gut und umgekehrt und dann das ganze Mittelfeld dazwischen ...

    Ich glaube, eher als den Unterschied zwischen gutem Rollenspiel und schlechtem Rollenspiel gibt es den zwischen Rollenspiel und einfach nur Monster totwürfeln wollen.

    Manche Leute wollen einfach gern Monster totwürfeln. Kann man auch machen. Ist auch okay. Mir würde es halt keinen Spaß bringen.

    Ansonsten komm ich halt mit Leuten nicht klar, die eine ganz andere Weltanschauung haben. Ob das jetzt schlechtes Rollenspiel ist oder nicht, ist letztlich irrelevant, manche Darstellungen mag ich halt einfach nicht. (Lustigerweise käme ich mit vielen Leuten im Rollenspiel vielleicht sogar gut aus, wenn ich nicht wüsste, was sie denken, dass sie gerade spielen. Ich habe im Larp z.B. mal super gespielte Landsknechte getroffen, die die moralfreie Söldnersau so richtig gut rübergebracht haben. Ich habe mit denen nie OT geredet, deswegen hatten sie keine Gelegenheit mir mitzuteilen, dass sie doch super ehrenhafte Krieger spielen. Gut "rollenspielen" können eigentlich alle, die nicht zu schüchtern sind - die Meinungsverschiedenheiten fangen dann oft bei der Frage an, WAS sie eigentlich da gerade darstellen.)

  • Es ist weder dei Aufgabe des SLs einem Spieler "beizubringen" was Rollenspiel nicht, noch zu "erziehen".

    Entweder es funktioniert - oder es klappt nicht ... gilt doch für jedes Spiel, u.a. Fußball.

    Wenn jemand keine Ahnung - schlimmer die ganze Gruppe hat - sollte der SL aber Hilfstellungen geben ... oder einen meiner genannten Hilfepdfs ausdrucken.

    Schlechtes Rollenspiel kann man daran erkennen wenn der SL fragt: Wann wollen wir uns wieder treffen?

    Und das Spielerchor echot: Muß das sein!?

    Wenn RPG keinen mehr Spaß macht, langweilig wird usw. dann ist es schlechtes Rollenspiel.

    (Hey, für RPG-Einsteiger ist ein Dungeon mit Monsterverprügeln das Aufwärmspiel - ich startete mit D&D-Basic; da wurde noch über Charaskterspiel diskutiert.

    Mein erster Held dürfte Merlin, der Zauberer der 1.Stufe gewesen sein; in GE schlecht. Mehr Hintergrund gab's nicht, und die Welt erst in den letzten beiden Boxen. ^^ )

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • In meinen Augen ist der Spielleiter so etwas wie Gastgeber, Regisseur und Schiedsrichter und hat durchaus unerhörte Rechte. Wenn er denkt, dass in dieser Baronie ein Priester-Baron Praiospell Untote im Keller seiner fliegenden Burg züchtet - und seine renitenten Spieler: nicht. Dann hat er in meinen Augen Recht. ER erzählt die Geschichte, und wenn sie zu haarsträubend ist, dann darf er sie mitunter nicht zuende erzählen. Das ist dann ok. Ich wurde von meiner (Ur-)Gruppe zuletzt aus dem Amt gehoben, weil ich in epischer Breite eine Drachenchronik erzählen wollte (sie wollten dann irgendwann lieber wieder Hotzenplotz & Sylvana). Das war ebenfalls ok. Aber wer den DM-Buttom hat, der darf sein Spiel auch durchsetzen. Sonst können z.B. niemals Neu-Einsteiger in einer DSA-Veteranen-Crew das Amt übernehmen. Spieler müssen sich grundsätzlich erst einmal unterordnen! Meinungen sind fein, aber im Zweifelsfall zunächst irrelevant.

    Zweitens: Dein Charakter ist Dein Charakter. Wenn er nicht so ist, wie ich mir einen ............... vorstelle, dann ist das völlig ok. Im echten Leben sind Leute Lehrer, Verkehrsminister, Nachbarn, Polizisten - und verhalten sich gar nicht, wie es in meiner Vorstellung richtig wäre. Ich würde sie sanktionieren, aber tatsächlich kann das nur die Umwelt. So: nun ist der SL aber die Umwelt. Das heißt, dass sie auf krude Standesvertreter so reagiert, wie er es sich vorstellt. Das heißt dann Spielleiter-Willkür. Korrekt - in der Medizin bedeutet Willkür nur "vom Willen gesteuert". Dass viele Spieler sich davon drangsaliert fühlen, ist nur zur Hälfte ein Infragestellen des Spielleiters. Vielleicht ist doch auch der Spieler ein Idiot?

    Die Grenze der Spielleiter-Rechte wird erst überschritten, wenn seine Welt unstimmig ist, wenn er die Umwelt unplausibel eingreifen lässt. Diese Unstimmigkeit ist natürlich absolut subjektiv. Also wird mehr als ein Spieler aufbegehren müssen. Am Ende ist einer Spielleiter von der Gruppe Gnaden. Sie ist sein einziges Korrektiv. Die schlechten Spielleiter sind ja nun auch nicht bekannt dafür, dass sie Handbücher des Drachen verschlingen...

    In unserer Gruppe, umgebaut aber im Prinzip seit 1985, ist es nicht so rau, wie es hier klingt. Mal müssen Spieler schlucken: tot, 1/2 Gruppe tot, Erbstück weg, inkompatibler Held kann Abenteuer nicht mitspielen.... Und mal muss der Meister schlucken, die kürzeste Amtszeit währte 2 Spielabende.

    Ich staune darüber, wie oft über Gewaltausübung durch Spielleiter gemeckert wird. Das Gewaltmonopol liegt ganz eindeutig beim Spieler, der in einer Gruppe spielt oder eben nicht. Ich habe eine Handvoll andere Runden probiert und verlassen.

    Der einzige Parameter, den ich nicht einschätzen kann, ist die Verfügbarkeit: ich bin in den RPG-goldenen 80ern und 90ern Spieltisch-sozialisiert worden am Rande einer Großstadt. Aber selbst im kleinsten Universum mit 1 Meister und 3 Spielern gibt es 4 potenzielle Spielleiter und der Mehrheitswille müsste das regeln. Mein Verdacht: Wer Meisterwillkür ruft, kommt mit dem Willen der Mehrheit nicht klar.

    Beitrag ist etwas "positionsüberspitzt". Alle Bemühung um Gesprächskultur zwischen Spieler und SL habe ich jetzt mal weggelassen, dafür meine latente Gereiztheit etwas scharfgezeichnet. Das belebt die Diskussion :saint: .

    (Und alle Spieler und Spielleiter können auch Spielerinnen und Spielleiterinnen sein... Im besprochenen Thema macht das übrigens nach meiner Erfahrung keinen Unterschied.)

  • Ich kannte niemand der als SL gestartet ist;

    Ich hab als SL angefangen. Wenn man eine neue Runde macht - damals - alles Rollenspieleinsteigern macht, muss sich jemand die Mütze aufsetzen. Es hat auch sehr viele Jahre gedauert, bis ich das erste Mal selber spielen konnte.

    Inzwischen bin ich quasi Forever-DM.

  • Ich habe auch als SL angefangen. Aber bei uns wurde der Posten dann herumgreicht und somit kannte jeder der Clique schnell beide Seiten des Schirms.

    Im deutschen Raum müssen wir uns eher mit Tipps- und Hilfeseiten begnügen; wobei es mich überrascht, das das von mir archivierte Material den Zeitraum 2004-2007 umfaßt!

    Anscheinend weiß man in Deutschland wie RPG funktioniert

    Ach, Ratschläge gibt es viele. Und auch im Deutschen findet man ganze Bücher davon, wenn man sucht. Wenn man aber die ganzen Ratschläge über all die Jahrzehnte aus verschiedenen Quellen zusammen trägt, bekommt man nicht wirklich ein einheitliches Bild, sondern nur ein Verständnis dafür, dass verschiedene Leute sehr unterschiedlich erfolgreich spielen und scheinbar nur einem Teil der Ratgebenden dies wirklich bewusst ist/war.

    Genau deshalb frage ich ja nach der tatsächlich praktizierten Spielweise, nicht nach Ratschlägen für gutes Spiel.


    Es ist eine bekannte menschliche Schwäche, die eigene Erfahrung als typisch und verbreitet anzusehen. Das betrifft auch Rollenspieler, die oft meinen "so wie bei uns gespielt wird, ist es normal".

  • Es lohnt sich auf jedenfall an vielen Stellen nachzusehen und sich inspirieren zu lassen. VIele gute Tipps habe ich mir von Matt Mercer, Matt Colville und Seth Skorkowsky auf deren Youtube-Channeln geholt. Das hat auch stark meine Rollenspiel-Philosophie geprägt.

    • Was ist emien Aufgabe als Spielleiter? Drama erzeugen! Die Story soll spannend sein, und die Spieler sollen sich am Ende toll fühlen.
    • Ich versuche sehr offen zu sein, was ich tue, was geworfen wird, und was mechanisch passiert, aber ich behalter mir doch vor, für die Spieler manchmal an den Würfeln zu drehen, die hinter dem Schirm fallen
    • Als SL darf man die Regeln Brechen (z.B. sind Zauber stärker etc), aber die Welt muss plausibel bleiben - es gibt also einen Rahmen, in dem ich arbeiten muss
    • Was SC wollen, fühlen und denken, dass ist Spielersache - ich kann nur aufzeigen, wie die Welt auf sie reagiert
    • Nein sagen. MAnchmal denken Spieler, sie wollen etwas, das sie gar nicht wollen. ZU manchen Dingen muss der Spielleiter nein sagen, weil der SL am schluss auch ein Schiedsrichter ist

    in meinen Augen ist man ein besserer Mitspieler, wenn man sich auch mal am Meistern versucht hat, auch, weil man dann ein bisschen umsichtiger mit dem Meister umgeht. Auf der anderen Seite merke ich auch, dass ich als Forever-DM leicht aus den Augen verliere, was den Spielern tatsächlich Spaß macht. Da verkünstelt man sich gerne als SL, wenn man zu lange in der Position ist. Auch sollte man wirklich drauf achten, die Welt mit den Spielern zu gestalten - hängt halt am Spielsystem, wie viel da geht und wie sinnvoll das ist.

    Along the shore the cloud waves break,
    The twin suns sink behind the lake,
    The shadows lengthen
    In Carcosa.

  • In meinen Augen ist der Spielleiter so etwas wie Gastgeber, Regisseur und Schiedsrichter und hat durchaus unerhörte Rechte.

    Sehe ich genau wie du.

    Dann hat er in meinen Augen Recht. ER erzählt die Geschichte, und wenn sie zu haarsträubend ist, dann darf er sie mitunter nicht zuende erzählen. Das ist dann ok. Ich wurde von meiner (Ur-)Gruppe zuletzt aus dem Amt gehoben, weil ich in epischer Breite eine Drachenchronik erzählen wollte (sie wollten dann irgendwann lieber wieder Hotzenplotz & Sylvana).

    Erinnert mich an eine Runde die ich in DSA3 erlebt habe.

    Wenn der Meister einen Elfen erschafft, der Vollplatte trägt und dennoch mit Leichtigkeit instant einen BALSAM SALABUNDE zu Stande bekommt, hat man als Spieler das Recht, diese innerweltliche Inkonsistenz zu kritisieren. Ob und wie der Meister diese Kritik annimmt, ist ihm überlassen. (Dann wird das gesamte letzte Abenteuer auch mal zu einem Traum, der von einem Kobold erschaffen wurde.)

    In letzter Instanz hat der Spieler die Macht, aufzustehen und zu gehen.

    Nerdismus trifft auf Boomer trifft auf Flachwitz-Humor

    Ergebnis 'Ich'

  • So ähnlich steht es auf meinen Blättern um 2005 - und älter. Was heute deutlicher gestiegen scheint sind die Spieleransprüche (insgesamt überall).

    Daher kann ich meine Spielerfahrungen (bis 1994 & um 2000) nicht mit heute vergleichen.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)