Da die Frage kürzlich wieder aufkam, was genau die Primärliturgie ist und wie sie funktioniert, habe ich mir erlaubt, ein paar Zitate aus Wege der Götter (DSA4.1) zusammenzutragen:
"Die Seele eines würdigen Novizen wird durch das Ritual in die Nähe der Göttlichkeit erhoben, um von der Gottheit geprüft und (hoffendich) als Priester angenommen zu werden. Die Liturgie dauert mehrere Stunden - die Trance des Novizen, während die Gottheit ihn einweiht, währt mehrere Tage. Dieses Ritual wird manchmal auch als die ‘Primärliturgie’ bezeichnet, denn ohne sie könnte es keine Kirche geben." (WdG 258)
"Das grundlegende Ritual einer jeden Kirche ist das der Priesterweihe. Im Rahmen dieser Zeremonie (siehe die Liturgie ORDINATION, Seite 257f.), die je nach Kirche ihre eigene Symbolik verwendet, wird der Novize in einen entrückten Zustand versetzt, in dem er die unmittelbare Gegenwart der Gottheit erlebt, von ihr geprüft und bei Wohlgefallen an Geist und Seele berührt und verwandelt wird. Künftig ist er in der Lage, einen kleinen Teil der göttlichen Karmaenergie in sich zu tragen und mit ihr die Welt im Sinne der Gottheit zu ordnen. Denn das ist der eigentliche Sinn der Geweihtenschaft: Natürlich ist sie auch daran interessiert, ein Leben gemäß den göttlichen Lehren zu führen und den Glauben an die Macht des Gottes und die Bedeutung seiner Prinzipien zu fordern. Doch das tun auch ungeweihte Klostergeschwister und Laienprediger. Die eigentliche Mission der Geweihten ist es, mit ihrer Karmaenergie die Interessen und Prinzipien des Gottes auf Dere zu wahren. Sei es, dass sie eines seiner Häuser mit Glanz erfüllen und gegen Anfeindungen verteidigen, sei es, dass sie ausziehen, um in der ungezähmten Welt für die göttliche Ordnung einzutreten: Zu diesen Zwecken hat der Gott sie akzeptiert und mit einem Teil seiner Kraft ausgestattet." (WdG 237)
"Alle Liturgien (mit der entscheidenden Ausnahme der sogenannten ‘Primärliturgie’ der ORDINATION) sind Menschenwerk." (WdG 243)
"Die Überlieferung von Glaubensinhalten gehört zu jeder Religion. Selten kommt es auch zu überraschenden Entwicklungen: Eine von ihrer Umwelt abgeschlossene Forschergruppe entdeckt im Dschungel die Überreste eines alten Kultes und rekonstruiert die nötigen Gebete zur Ordination so gut, dass sie einen möglicherweise ‘schlafenden’ Gott wieder erwecken." (WdG 311)
"Diese Gabe der Götter an die Sterblichen ist, grob gesprochen, verdünntes Nayrakis, also ein ‘Anteil’ an der Ordnung des Kosmos. Die Götter lassen die Sterblichen auf verschiedene Arten an ihrer Macht teilhaben: Entweder statten sie einzelne Propheten mit ein wenig Karmaenergie und dem Wissen um ihre Existenz aus, damit sie weitere Anhänger sammeln und diese in den Kult initiieren und ihnen schließlich den direkten Kontakt mit der Gottheit ermöglichen (die Liturgie ORDINATION). Dies wird von ‘schwächeren’ Gottheiten genutzt, die dann auch nur eine kleine Gefolgschaft haben. Die zweite Möglichkeit ist die, einen ausgewähltcn Streiter, einen sogenannten Heroen, mit einer großen Menge Karmaenergie zu versorgen, damit er in ihrem Sinne Übernatürliches vollbringt und so eine größere Gefolgschaft sammelt. Dies wurde z.B. in der Frühzeit der Menschheit auf Myranor von etlichen Göttern genutzt Die entstehenden Kulte haben üblicherweise noch keine Weiteren Geweihten (im Sinne von karmal aufgeladenen Sterblichen), jedoch eine so große Kopfzahl, dass der ein oder andere von ihnen spontan (durch Inspiration) Kontakt mit ihnen aufnehmen kann und so die Lehre weiterverbreitet. Die dritte Möglichkeit, die Einrichtung einer Glaubensgemeinschaft mit vielen Geweihten, die dann wiederum über relativ geringe Kartfiaenergie verfugen, erfordert eine der beiden ersten Varianten als Vorbereitung.
Die Götter haben — von direktem Eingreifen einmal abgesehen - kaum eine Möglichkeit, die Verwendung der von ihnen vergebenen Karmaenergie (egal, ob an Heroen oder geweihte) zu kontrollieren, außer wenn der Geweihte oder Heroe mit ihnen Kontakt aufnimmt, um weitere Kraft zu bitten. In diesen Momenten können sie ihm nicht nur weitere Karmaenergie verweigern, sondern ihn auch strafen.
Kern dieses Kontakts zur Gottheit ist die Weihe, die mittels der Liturgie INDOKTRINATION [sic!] erfolgt - ungeweihte Personen mögen die Nähe einer Gottheit spüren, vielleicht dringen gar ihre Bitten an deren Ohr, sie verfügen jedoch keinesfalls über Karmaenergie." (WdG 14)
Hier noch ein paar Kultspezifische Auszüge, die mir besonders aufgefallen sind:
"Um zum Tempelvorsteher zu werden, muss ein Priester einen bestehenden Tempel aufsuchen und den dortigen Vorsteher überzeugen, dass er selber einen eigenen Tempel errichten will. Es liegt dann im Ermessen des dortigen Tcmpelobersten, ob er den anderen für reif und würdig genug erachtet, dass er ihn das erforderliche Ritual zur Tempel- und auch Priesterweihe lehrt. Häufig fordert der Geweihte die Erfüllungeiner Queste. Natürlich liegt die letztendliche Entscheidung über die Annahme des neuen Tempels und damit des Tempel-Vorstehers bei Firun selbst." (WdG 99)
"Die Weihe zum Priester findet auf dem alljährlich stattfindenden Geweihtenkonvent statt, wo die Tsa-Diener jedes Jahr aufs Neue die notwendigen Liturgien erfahren." (WdG 107)
"Der Verlust der Primärliturgie der Marbo führte zur Auflösung der Kirche. [...] Einige Marbiden sollen auch die Gründe des Verlusts der Primärliturgie unter suchen oder sich gar auf der Suche nach dieser befinden." (WdG 83)
"Gerade auf der Insel Era’Sumu wird Satu nicht nur von den dortigen Zauberpriestern, sondern auch von karmal geweihten Dienerinnen verehrt, während die Primärliturgie Satuarias auf Aventurien anschienend verschollen ist." (WdG 230)
Also: Die Liturgie Ordination, auch Primärliturgie genannt, wurde einem Diener einst offenbahrt und ist kein Menschwenwerk. Das geschieht aber nur sehr selten. Eine Kirche, die diese Liturgie verliert, geht unter. Sie ermöglicht einen direkten Kontakt zur Gottheit, insbesondere für Novizen, die so die Möglichkeit erhalten, geweiht zu werden. Gottheiten können nur in seltenen Ausnahmen Leute ohne dieses Vorgehen mit Karma ausstatten. Eine verlorene Primärliturgie kann eventuell aufwendig aus alten Aufzeichnungen rekonstruiert werden. Diese recht komplexe Liturgie wird nicht einfach allen Geweihten gelehrt, aber zumindest bei Tempelvorsteher*innen würde ich sie recht regelmäßig erwarten - es sei denn, sie wäre verloren gegangen (so erhalten Firunis sie automatisch mit einer Tempelgründung). Bisweilen kann eine Primärliturgie, die in Aventurien verloren ist, auf anderen Kontinenten noch gängig sein.
Spannend finde ich die Wiederholung der Liturgien von Jahr zu Jahr in der Tsa-Kirche (oder offenbahrt Tsa die nötige Liturgie jedes Jahr dem Konvent, damit es neue Diener*innen aufnehmen kann? Die Stelle ist Tsa-gefällig schillernd ).
Ebenfalls auffällig finde ich die Weihe der Firunis. Dazu etwas mehr:
"Nahezu alle Novizen werden von einem Geweihten ausgewählt, denn es ist im Regelfall nicht möglich, ein Kind bei einem Tempel des Firun ins Noviziat zu geben. Die angehenden Geweihten des Wintergottes lernen durch Beobachten, nicht durch geregelten Unterricht. Jeder Geweihte betreut jeweils höchstens einen Novizen. Am Ende seines Noviziates zieht sich der zukünftige Priester, meist im Firun-Mond, zur mehrtägigen Meditation unter Anleitung des Tempelvorstehers zurück. Irgendwann während dieser Zeit verspürt er einen Ruf, dem er, nur mit einem Messer bewaffnet, folgt. Wohin ihn sein Weg führen wird, ist sehr unterschiedlich, und oft findet er sich in einer völlig fremden Umgebung wieder, die eigendich nicht in der verstrichenen Zeit zu erreichen gewesen wäre. Stets trifft er dort auf ein besonders prächtiges, wehrhaftes Tier, dem sich der Novize im Kampf auf Leben und Tod stellen muss. Und es scheint, als ob die Tiere nicht nur in ihren Kräften den Novizen übertreffen, sondern auch über eine außerordentliche Gerissenheit verfugen, so dass sich der Wille der Kontrahenten misst. Wenn das Tier besiegt ist, ist der Novize fast immer dem Tod näher als dem Leben- und erlebt so die Nähe seines Gottes. Wenn Firun den Novizen als würdig erachtet, wird er ihn an Geist und Leib gestärkt ins Leben zurückschicken, andernfalls lässt er ihn in Borons Hallen eingchen. Wenn der Geweihte aus seiner Trance erwacht, kann er die Trophäe und das Fell des Tieres als Teil seiner zukünftigen Tracht verwenden. Doch auch wenn der Gott den neuen Geweihten geheilt hat, tragen fast alle Geweihten mehr oder weniger starke Narben als sichtbare Ehrenzeichen des Weihekampfes davon." (WdG 99)
Wie ich es verstehe, wählt ein niedrigrangiger Geweihter, der die Ordination gar nicht beherrscht, einen Novizen aus. Ein Noviziat im Tempel ist praktisch nicht möglich. Am Ende der Ausbildung wird er in die Obhut des Tempelvorstehers übergeben, der diese Liturgie beherrscht. Mich iritiert der bestimmte Artikel - welcher Tempelvorsteher? Aber gut, ob ein Kind geeignet ist, kann wohl jeder Geweihte feststellen, der die Initiation beherrscht:
"Die Initiation dient der Priesterschaft zudem dazu, zu erkennen, ob sich ein Kind für das Noviziat der Kirche eignen würde." (WdG 256)