Rechtlosigkeit und Vogelfreiheit insbesondere im Mittelreich

  • Praios zum Gruße, Bruderschwestern Orkis,

    Da ich mir nicht sicher bin, ob die Sache für alle erledigt ist, mache ich zur Sicherheit mal einen neuen Thread auf, da sich das doch langsam deutlich vom Thema des Ursprungthreads wegentwickelt.:)

    Einen Dieb erschlagen (ist nicht geschehen, aber wurde angedroht und viel fehlte nicht mehr, wie es sich liest) macht den Mörder nicht weniger zum Mörder. Auch in den zivilisierten Gegenden Aventurien bekommt man dafür keinen Schulterklopfer und ein "Richtig so." Wenn die Diebin nachweislich vogelfrei wäre, dann würden daraus keine Konsequenzen entstehen, aber ein Dieb oder Räuber zu sein macht niemanden automatisch vogelfrei.

    Die Leute von den Pfeilen haben Rechte, die ihnen Maßnahmen erlauben. Alle anderen haben sie nicht und daher müssen sie sich an die Gesetze halten. Auch die Angehörigen der Pfeile dürfen nicht alles machen, was ihnen gerade als passend einfällt.

    Leute, die in Aventurien lügen, betrügen, Leute erschlagen, Adlige anpampen, lasten sich dadurch manchmal nicht weniger als an als die "Bösen", denen sie nachsteigen, wenn sie das tun.

    Weil jemand ein Verbrechen begeht, heißt das nicht grundsätzlich und allgemein gültig, dass man an ihm ein Verbrechen begehen darf, und schon gar nicht, dass es gesetzlich (und für manch einen auch moralisch) und auch noch gerne positiv anerkannt wird.

    Was sie vogelfrei machen würde, wäre dass sie schlicht zum Fahrenden Volk gehört - eine Vagabundin, Gauklerin, Abenteurerin, Wanderarbeiterin oder Abenteurerin. Auch schon gesuchte Gesetzlose, die sich der Justiz entziehen, werden vogelfrei. Wenn ein Handwerker oder Bauer Hof oder Werkstatt aufgibt, wird er Rehtlos. Wer vor Orks oder Dämonenbündlern fliehen musste, ist rechtlos. Pervers? Zweifellos! Aber so steht in in Herz des Reiches S. 31 geschrieben. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Diebin in eine diese Kategorien fällt, halte ich für hoch und die Wahrscheinlichkeit, dass jemand bei einer gemeinen Diebin genau hinschaut, ob es wirklich so ist, für gering.

    Rechte sind in weiten Teilen Aveturiens an Landbesitz oder die Bürgerschaft in einer Stadt geknüpft, wer das nicht hat, hat auch keine Rechte und wenn so jemandem etwas angetan wird, machen nur die alleredelsten (aus irdischer Sicht) Aventurier einen Finger krumm. Wäre zumindest meine Einschätzung.

    Lies die entsprechende Seite am Besten noch mal, zwischen Vogelfrei und Rechtlos besteht ein Unterschied. Die von Dir benannten Gruppen sind erst mal Rechtlos, was aber keinesfalls als Vogelfrei zu verstehen ist. Rechtlos heißt erst mal das sie keinen eigenen Anspruch auf eine Rechtsprechung haben, sondern jemanden finden müssten der im Zweifelsfall für sie ein Recht einfordert. Daher wird das betrügen oder berauben dieser Rechtlosen juristisch erst mal nicht verfolgt, ausgenommen es findet sich jemand der wie gesagt dieses Recht einfordert. Letzteres halte ich dabei sogar für nicht mal unwahrscheinlich, in den meisten Dörfern wird es sicherlich einen Geweihten geben der sicherlich allen klar macht, das es kaum Rechtens ist einfach alle zu berauben. Wenn dem reisenden Abenteurer etwas gestohlen wird, halte ich es für sehr wahrscheinlich das er jemanden findet, der für ihn das Recht einfordert. Wäre es anders, wäre das Mittelreich so ungastlich, das niemand mehr dieses Reich durchreisen würde.


    Vogelfrei hingegen bedeutet das derjenige nicht nur Rechtlos ist, sondern eben auch das oben geschilderte nicht in Anspruch nehmen kann. Darüber hinaus wird jeder dazu aufgefordert, den Vogelfreien möglichst zur Strecke zu bringen. Jedoch geht diesem Status eine offizielle und öffentliche Ächtung voraus. Niemand vom fahrenden Volk ist automatisch Vogelfrei. Der Argumentation nach ist auch automatisch jeder Abenteurer der das Mittelreich durchquert Vogelfrei. Also ist der Mittelreicher im Allgemeinen dazu angehalten alles zu erschlagen, was er nicht kennt. Könnte mir vorstellen das die Horasier ein solches Bild vom Mittelreich haben, aber ganz so schlimm ist es dann doch nicht.


    Die ursprüngliche Aussage ist also nicht falsch, man konnte nicht wissen das die Diebin Vogelfrei war und Diebstahl muss auch nicht unbedingt zur Ächtung führen, sondern kann eben auch anders geahndet werden. Ich fände ein Mittelreich erschreckend in dem man alles und jedes einfach erschlagen darf, nur weil es nicht zur heimischen Dorfgemeinschaft gehört. Ich finde auch im benannten Regionalband keine Beschreibung, die auf ein solch barbarisches Mittelreich hindeutet.

    Jupp, Rechtlosen darf man schaden oder helfen, Vogelfreien soll man schaden und darf ihnen nicht helfen. "So lange sie sich ihrer Umgebung anpassen und nicht den Zorn des Volkes auf sich ziehen, haben sie ein passables Auskommen. Überwiegt aber die Missgunst gegenüber den Fahrenden, können sie schnell zu Opfern werden. [...] Wer eine Straftat begeht, ohne sie zu sühnen, katapultiert sich ebenfalls in die Rechtlosigkeit. Mit der Ächtung , die ein befugtes Gericht aussprechen kann, verliert ein Mensch Status und Titel uns ist für vogelfrei erklärt. Letzteres ist eigentlich dasselbe wie wie Rechtlosigkeit" (Hervorhebung durch mich, Herz des Reiches S. 31) Der Untetrschied ist also marginal. Rechtlosigkeit und Vogelfreiheit werden ausdrücklich als "eigentlich dasselbe" bezeichnet. Meintest du diese Stelle, die ich nochmal genau lesen sollte? Oder hast du eine andere?

    Das würde ich hier ganz dick unterstreichen, Gastfreundschaft ist ein sehr hohes (traviagefälliges) Gut und Grundlage vormoderner Gesellschaften - wie Aventurien eine ist.

    Wird man als Vogelfreier davon zwangsweise ausgeschlossen ("Niemand darf einem Vogelfreien Hilfe oder Obdach gewähren!"), nimmt einem das quasi jede Möglichkeit, mit der Gesellschaft zu positiv interagieren.


    Ich glaube, wir kommen aber damit etwas vom eigentlichen Thema weg.

  • Praios zum Gruße!

    Mit bestem Dank fürs Auslagern, ich würde noch etwas ergänzen.

    Rechtslosen, etwa fahrendem Volk, darf ein z.B. Graf einen Schutzbrief ausstellen ("Wir Graf Tsadan vorn Norburg, bestätigen, dass die Norbarden der Sippe Vasilieff unter Unserem Schutz und Schirm stehen, auf dass niemand es sich herausnehme, sie zu belästigen, sie an Leben und Eigentum zu schaden [...] Wer auch immer dies tue, wisse, dass er damit Unseres Zornes teilhaftig werde!"

    Was so ein Brief wert ist, hängt von den Umständen ab, ein Feind des Grafen von Norburg würde dann wohl erst recht rabiat werden, aber trotzdem: es ist eine wichtige Hilfe. Nicht nur, weil man sich damit manchen Ärger vom Halse halten kann, sondern auch als Beweis guten Leumundes - und wie wichtig der gerade bei Rechtslosen ist, bedarf wohl keiner Erläuterung.

    Für einen Vogelfreien wäre das undenkbar.

  • Ich persönlich bleibe bei meiner bereits getätigten Aussage und lese den gleichen Absatz und verstehe in vollkommen anders. Der Satz das zwischen "Vogelfrei" und Rechtlos kein großer Unterschied besteht, bezieht sich für mich auf die Formulierung und die ist wirklich nah beieinander. Trotz allem macht dieser kleine Unterschied hier verdammt viel aus. Das Staatsrecht wird im übrigen dann auch noch durch das göttliche Recht ergänzt und in einer Welt, die eine echte Trennung von Kirche und Staat nicht wirklich kennt, darf man das nicht getrennt sehen.

    Dem besagten Rechtlosen, mag erst mal kein staatliches Recht zustehen, kann dieses aber über einen Vertreter, bzw Fürsprecher, erlangen. Wobei das alleine schon fast eine Art "Recht" für den vermeintlich Rechtlosen darstellt. Solange sich der besagte Rechtlose nicht wider der göttlichen Rechte und Vorgaben stellt, die sicherlich für viele der Landbevölkerung gewichtiger sind als jedes Staatliche Recht, sehe ich den Rechtlosen hier in einer Position, die ihn keinesfalls zum Opfer macht, auf das sich alle stürzen dürfen, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen. Wenn dem durchreisenden Abenteurer, welcher sich als absolut Traviagefälliger Gast verhält, etwas gestohlen wird, dann wird man diesem Verbrechen innerhalb des Dorfes sicherlich nachgehen so der Abenteurer darum bittet. Diese Hilfe mag ihm Staatsrechtlich nicht zustehen, aber dem Gottgefälligen Bürger wird auch so das Unrecht klar sein und sicherlich nicht in einem Dorfe leben wollen, von dem es heißt das man hier Diebstahl gutheißt oder toleriert.

    Beim Vogelfreien sieht die Sache aber vollkommen anders aus. Auch dieser ist erst mal nur Rechtlos, jedoch wurde er bereits irgendwie Straffällig und dementsprechend vom Staat geächtet. Diese "Ächtung" geht mit dem Aufruf einher, der Person habhaft zu werden und sie im besten Fall sogar zur Strecke zu bringen. Wenn dem Dorf aus dem letzten Absatz bekannt ist das Alrik Vogelfrei bei ihnen aufgetaucht ist, wird man sicherlich bemüht sein ihn entweder zu vertreiben, oder ihm habhaft zu werden. Nicht selten wird sich ein solches Dorf dafür dann ja auch an vermeintliche "Helden" wenden, da man sich selbst nicht in eine Gefahr begeben will. So oder so ist der Vogelfreie von Beginn an ausgeschlossen und wird es selbst schwer haben irgendwo länger unterzukommen, egal wie göttergefällig er sich verhält.

    Ganz wichtig ist aber das keiner seinen "Status" auf der Stirn stehen hat. Der durchreisende Abenteurer, kann doch durchaus aus einer anderen Ecke des großen Mittelreich stammen. Daher ist immer erst mal wichtig diesen Status zu ermittelt, bevor man eine Person entsprechend behandelt. Bis man dieses Status erkannt hat, gilt also immer erst mal das Recht der Gastfreundschaft, selbst wenn dieses nicht staatrechtlich Vorgeschrieben ist.

    Wen man nun das Ganze mal auf das eigentlich auslösende Thema bezieht, ging es ja darum, das man einen Dieb erschlägt und wie dieses Verhalten letztlich zu bewerten ist. Daraus ist ja nun irgendwie diese Frage nach "Recht" entstanden. Dabei hat das eine mit dem anderen erst mal wenig zu tun. Staatrecht dient weniger einer Beurteilung ob etwas gut oder schlecht ist, sondern vor allem der Wahrung einer Ordnung. Wem es darum geht nun zu beurteilen wie gut oder schlecht eine Handlung von der Außenwelt wahrgenommen wird, wird das nicht anhand des Staatsrecht tun, sondern eher anhand dem was die Bevölkerung als solches ansieht. Da wiegt aber sicherlich das "Kirchenrecht" mehr, als das Staatsrecht. Der Glaube definiert für die Bevölkerung mehr wie sie eine Tat beurteilen. Daher kann es durchaus vorkommen, das ein Vogelfreier von der Landbevölkerung gar nicht als echter Verbrecher betrachtet oder gar gejagt wird. Je nachdem was zu der Ächtung geführt hat, kann das sogar vom Volk als "Heldentat" wahrgenommen worden sein.

    Das ist meine persönliche Sicht auf das Thema und so gestallte ich als SL auch mein Aventurien, bzw in dem Fall das Mittelreich. Wenn andere das anders halten, ist das sicherlich ihr gutes Recht. Am Ende ist ja nur wichtig das innerhalb der eigenen Gruppe da ein gemeinsamer Schnitt vorherrscht.

  • Zitat

    "So lange sie sich ihrer Umgebung anpassen und nicht den Zorn des Volkes auf sich ziehen, haben sie ein passables Auskommen. Überwiegt aber die Missgunst gegenüber den Fahrenden, können sie schnell zu Opfern werden. [...] Wer eine Straftat begeht, ohne sie zu sühnen, katapultiert sich ebenfalls in die Rechtlosigkeit. Mit der Ächtung , die ein befugtes Gericht aussprechen kann, verliert ein Mensch Status und Titel uns ist für vogelfrei erklärt. Letzteres ist eigentlich dasselbe wie wie Rechtlosigkeit" (Hervorhebung durch mich, Herz des Reiches S. 31) Der Untetrschied ist also marginal. Rechtlosigkeit und Vogelfreiheit werden ausdrücklich als "eigentlich dasselbe" bezeichnet. Meintest du diese Stelle, die ich nochmal genau lesen sollte? Oder hast du eine andere?

    Das Zitat ist schon sehr komprimiert dafür, dass da in HdR eine halbe Seite in der [...] liegt und eine neue Zwischenüberschrift.

    Ich sehe da ebenfalls nicht exakt das gleiche bei. Das eine definiert den Stand von "Halbfreien", das andere, was passiert, wenn man von und durch die Obrigkeit für vogelfrei erklärt wird (was auf die Halbfreien per se, weil sie das sind, nicht automatisch zutrifft).

    Es mag irgendwo "eigentlich dasselbe" sein, aber im gleichen Satz wird betont, dass es bedeutet, dass Vogelfreie erschlagen werden können und sollten. Für die fahrenden/Halbfreien gilt das nicht, da sich ein derartiger Zusatz unter der ersten Überschrift nicht findet.

    Wer "nur" rechtlos ist (und es ist zu lesen, dass dies recht leicht geschehen kann), hat zumindest noch Möglichkeiten, wie Ectheltawar ausgeführt hat.

  • Ich wüsste nicht, warum ein Jäger eine rechtlose Person ist. So lange er ein Freier ist, wovon ich bei einem ausgebildeten Jäger ausgehe, der sich auch in feste Dienste begeben kann, hat er seine Rechte und seinen Stand.

    Recht weit unten, aber nicht ganz unten, und nicht völlig ohne Rechte. Aber üblicherweise weit vom adeligen Ritter entfernt.

    "Es gibt viele Wege, seinen Status zu verlieren und rechtlos zu werden: So geschieht dies dem Bauern oder Handwerker, der aus irgendwelchen Gründen Haus und Hof aufgeben und als Tagelöhner fortziehen muss, ebenso wie dem jungen Mädchen, das dem verheißungsvollen Leben der Gauklerleute folgt. Ein Leibeigener, der von der Scholle flieht, ist genau so rechtlos wie ein Weidener oder Tobrier, der vor den Horden der Dämonen oder Orks flüchtet." (Herz des Reiches S. 31)

    Der Jäger hatte aber (nehme ich mal an) nie Haus und Hof, hat sich keinen Gauklern angeschlossen, ist kein geflohener Leibeigener. Vielleicht haben seine Eltern einen Handwerksbetrieb, eine feste Arbeitsstelle, und er ging bei einem Jäger in die Lehre und jetzt steht er in keinen Diensten. Das macht ihn, nach HdR, ebenfalls S. 31, nicht zu einem Angehörigen der "Fahrende[n], verurteilte[n] Verbrecher und fremde[n] Völker", die außerhalb der Ständeordnung stehen.

    Jeder Geselle auf der Walz wäre rechtlos. Jeder nicht adelige SG auf der Walz wäre rechtlos. Jeder fahrende Händler wäre rechtlos.

    Um noch einmal auf tyro s Situation zurückzukommen:

    "Die Gesellschaft des Mittelreichs basiert auf Sesshaftigkeit, persönlichen Bindungen und dem Gedanken, dass die Götter jedem Menschen den rechten Platz zugewiesen haben. [...] Zu den Fahrenden (auch: Halbfreien) zählt man bettelnde Vagabunden, Wanderarbeiter, reisende Abenteurer sowie Gaukler, Scharlatane und Spielleute. So lange sie sich ihre Umgebung anpassen und nicht den Zorn des Volkes auf sich ziehen, haben sie ein passables Auskommen. Überwiegt die Missgunst gegenüber den Fahrenden, können sie schnell zum Opfern werden. [...] Rechtlose brauchen Fürsprecher, die sie vor einem Gericht vertreten. Juristisch können sie von jedermann straffrei betrogen oder ausgeraubt werden, weswegen das größtes Kapital von Fahrenden ihre Nützlichkeit ist." (Herz des Reiches S. 31).

    Der Jäger ist ein reisender Abenteurer, wie wohl die meisten Spielerhelden, und damit ein Fahrender. Viele Reisende können sich auf soziale persönliche Bindungen berufen: Der Wandergeselle auf seinen Meister (das schließt auch Schwertgesellen ein), der Händler auf seine Gilde (während ein gildenloser Händler wie ein Kiepenkerl sicher rechtlos ist), ein Geweihter auf seine Kirche, ein Magier auf seine Gilde , ein Adliger auf seinen Stand, ebenso ein Krieger mit Kriegerbrief usw. Diese sind freilich keine "Fahrenden" im rechtlichen Sinne, sondern Freie oder gar Adlige. Ein Jäger, der weder sesshaft ist, noch im Dienste eines Herrn ist bestenfalls(!) ein Halbfreier, der kaum über Rechtsschutz verfügt und der Willkür anderer, der eigentlich Freien und Unfreien ausgeliefert. ("Ein Leibeigener oder Zunftknecht mag arm und geschunden sein, besitzt aber soziale Sicherheit.")

    "Verbrechen: Hierzu werden die meisten Straftaten gezählt, so etwa der 'Große Diebstahl' von mehr als 5 Dukaten Beutewert und Einbruch, Brandstiftung und Betrug, Verleumdung, Beleidigung und Falschanklage. Viele alltägliche Beschäftigungen reisender Glücksritter fallen damit bereits in diese Klasse..." (GA146)

    Damit wird in meinen Augen deutlich, auf wie dünnem Eis sich Spielerhelden ohne besonderen Stand oder Bindungen (z. B. zu Mithelden mit besonderem Stand) bewegen. Sie stehen im Verdacht, Verbrecher zu sein, denn reisende Abenteurer und Glücksritter sind per se verdächtig. Beim Jäger wird es sogar noch schlimmer, denn der läuft mit sichtbaren Jagdwaffen herum und Wilddiebstahl gehört nicht nur zu den Verbrechen, sondern gleich zu den Schwerverbrechen! (vgl. ebd.) Wenn also in der nähe Wilderei begangen wird und nach dem Schuldigen gesucht wird, ist der Jäger verdammt gut beraten, einen fahrenden Ritter zum Freund zu haben, der seine Unschuld bezeugt und ihn ggf. vor Gericht vertritt, gilt er doch als schuldig, bis seine Unschuld bewiesen ist,

  • Ich muss sagen, dass ich DSA in diesem Thema ohnehin anders handhabe als die meisten hier, bei mir werden Banditen nämlich nicht einfach erschlagen nur weil Bauer Alrik "bitte, bitte...die belästigen mich" geblökt hat!

    Ich lasse Heldengruppen gerne mal auf die Nase fallen, wenn sie meinen Aventurien wäre das Schlachthaus für Abenteurer.

    Banditen die nicht als Vogelfrei gelten müssen von einem freien Bürger angezeigt und dem verantwortlichen weltlichen Gericht verurteilt werden.

    Ansonsten kann es schnell sein, dass ich die Helden Gruppe wegen ihrer Verbrechen jagen lasse.

    Bei einer besonders brutalen Helden-Konstellation habe ich der Gruppe sogar eine Falle gestellt und plötzlich haben sie keine Banditen, sondern den vom Baron eingesetzten Büttel und seine 3 Knechte erschlagen!

    Keine 2 Wochen später saßen sie geschlossen im Kerker und erfuhren das der Bauer der sie bat sich um die 'Banditen' zu kümmern nur ein Leibeigener war, der nichts vom Einsatz eines neuen Büttels erfahren hatte und das besagter Büttel niemand geringeres als der 4te Sohn des Barons war.

    Neue Charaktere für die ganze Runde war die Folge, denn keiner hatte Lust auf einen Zwangsarbeits Plot samt Flucht und als 'Geächtete' weiter zu spielen.

    Besagte Runde achtete aber von da stets darauf das mindestens ein halbwegs intelligenter Charakter mit an Bord war, der weiter denken konnte als seine Waffe reichte!

    Banditen sind bei mir selten Antagonisten, lieber nehme ich Untote, Raubtiere oder dergleichen, da ist die Sachlage dann wenigstens klar!

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    Ergebnis 'Ich'

  • bei mir werden Banditen nämlich nicht einfach erschlagen nur weil Bauer Alrik "bitte, bitte...die belästigen mich" geblökt hat!

    Jep, in meinem Aventurien auch nicht. Es sind Verbrecher, aber deshalb sind sie nicht vogelfrei, sie müssen dazu von der zuständigen Obrigkeit für vogelfrei erklärt werden. Ich meine, das ist auch offiziell so festgelegt, aber jetzt ist es mir zu spät, noch auf Suche zu gehen.

    Meine Charaktere und ich neigen auch nicht dazu, auf Sicht alle und jeden tot zu schlagen, und in meiner derzeitigen Gruppe (mit deren ich Spielern ich seit zwischen einem und seit Beginn meiner Rollenspielzeit zusammenspiele) ist das angenehmerweise auch so.


    bettelnde Vagabunden, Wanderarbeiter, reisende Abenteurer sowie Gaukler, Scharlatane und Spielleute.

    Und ein Jäger ist das alles nicht. Das würde jeden, der keiner festen Stellung nachgeht, sofort zu einem Fahrenden machen. Jäger haben (in DSA 4) einen SO von 3-7. 3 ist ja noch Kroppzeug, aber 6 und 7 wiederum wäre doch recht gehoben.

    Da steht zwar so ein pauschales "reisende Abenteurer", aber das ist ein pauschaler Begriff, den ich auf Aventurien bezogen ohne recht merkwürdig finde als inneraventurischen Begriff.

    Der Jäger kann sich auch auf seinen ausbildenden Jäger berufen, oder einen seinen früheren Dienstherren, oder auf Familie/Eltern, die vermutlich irgendwo einen festen Wohnort haben. Zwischen einem Gaukler und einem Jäger sehe ich halt noch einen gewissen Unterschied.

    Natürlich bewegen Leute, die fremd sind und/oder einen niedrigeren Stand haben, sich auf rechtlich und sozial dünnem oder wenigstens dünnerem Eis als Einheimische. Und ja, man sollte sehr genau aufpassen, wie man mit Leuten von höherem Stand umgeht (je nachdem, wo man ist, natürlich, bei z.B. Fjarningern gelten ganz andere Regeln, sich Eindruck zu und Respekt zu verschaffen und was man wann darf). Aber im Grunde jeden ohne Zunft oder Gilde im Hintergrund, ohne Adelsstand, wer nicht Geweihter, Gildenmagier (mit Siegel) ist oder einen Kriegerbrief hat, zu einem Fahrenden/Halbfreien zu machen, macht im Grunde sehr viele Professionen und jene, die zwar eine haben, aber gerade nicht in festen Diensten stehen (und das trifft ja nicht nur auf SC zu) zu solchen.

    Ja, man kann sehr schnell den Kürzeren ziehen, wenn man der falschen Person zu deutlich macht oder es sonstig wissentlich oder nicht an Respekt fehlen lässt und Konsequenzen können ziemlich weh tun. Aber ich verstehe das nicht so, dass alle über einen rechtlichen Kamm (nämlich: du bist rechtlos) zu scheren.

    Auf den konkreten Fall bezogen: Der Jäger hat nicht unbedingt mehr gemacht, als für sich selber zu entscheiden, dass die Bezahlung ausreichend war. Dem Ritter ins Wort zu fallen (oder irgendwo in seinen Verhandlungen, das muss ja gar nicht ins Wort fallen gewesen sein) wäre zwar unhöflich (wenn wirklich beim Reden unterbrochen, nicht, aber, wenn vielleicht gerade der Bauer redete) nicht zwingend ein Vergehen, gerade so lange uns OT unbekannt ist, was das IT genau passiert ist.

    Zumal das in einer Region ist, in der zwar Adel bekannt ist, auch Adelige hingezogen sind, aber keinen eigenen örtlichen Adel hat

  • "Spielleute, Gaukler, Sänger und Tänzer tun gut daran, erst gar nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, gelten sie doch zumindest im Mittelreich und im Borland als vogelfrei und rechtlos." (Geographia Aventurica S. 145)

    "Mit einer Ächtung, die ein befugtes Gericht aussprechen kann, verliert ein Mensch Status und Titel und ist für vogelfrei erklärt. Letztere ist eigentlich dasselbe wie Rechtlosigkeit" (Herz des Reiches S. 31)

    Irgendwie komme ich nicht drüber hinweg, Rechtlosigkeit und Vogelfreiheit für im Grunde synonym, das Gleiche, eigentlich dasselbe zu halten. Und damit, dass Fahrende genau so wenig Schutz vor (tödlicher) Gewalt haben, wie verurteile Verbrecher. Nur dass bei letzteren "noch einmal betont wird, dass der Verfemte erschlagen werden darf". :/

  • Für mich war Vogelfreiheit immer etwas, dass Rechtlosigkeit mit sich brachte aber noch etwas mehr beinhielt, nämlich den Punkt das eine Instanz nach dem Vogelfreien jagt, der Rechtlose aber auch der Leibeigene oder Zwangsarbeiter sein kann.

    Vogelfrei hat für mich etwas von "Wird von keinen Ketten gehalten"

    Das Zitat von @Windweber aus HdR widerspricht dem nicht, da Urteile in Aventurien ja häufig in Abwesenheit des Täters gefällt werden.

    Ist der Täter also Vogelfrei, so impliziert das für mich, das er nicht geschnappt wurde.

    Gaukler etc. können so lange ihrem Gewerbe nachgehen bis sie sich irgendeinen Feind gemacht haben, der die Stadtgarde auf sie hetzt.

    Gardisten benötigen keinen triftigen Grund um Fahrende

    Ich denke man muss klar zwischen der Profession "Jäger" und der Tätigkeit Jäger unterscheiden, denn kein wandernder SC "Jäger" geht der Tätigkeit des Jägers nach.

    Dieser "fahrende Waidmann" ist durchaus einfach als "Wanderarbeiter" vor dem aventurischen Recht zu betrachten, da er von der Obrigkeit nicht als Jäger beschäftigt wird.

    Der Waidmeister eines Herzogs mag SO 6 o. 7 aufweisen.

    Dieser SO müsste aber automatisch gesenkt werden, wenn er diese Position verliert.

    Ein Jäger ohne zugewiesene Jagdpacht oder der außerhalb seiner Jagdpacht jagt, kann im MR oder BO als Wilderer verurteilt werden und bei einem harten Richter die Hand verlieren.

    Wälder innerhalb einer Baronie gehören nunmal dem Baron, dem Herzog oder sogar noch höheren Adligen und sie bestimmen über das Waid- bzw. Jagdrecht und vergeben die sogenannte Jagdpacht.

    Ein Verstoß ist sogar ein Frevel, da man nicht nur gegen geltende aventurische Gesetze verstößt, sondern auch gegen die Gebote der firungefälligen Jagd. Jagdpacht wird nämlich im MR und BO zum Schutz gegen die Überjagung der Forste verlangt.

    Ein Jäger ohne Anstellung hat in diesen beiden Reiche z.m. kein Recht, seinem Gewerbe nach zu gehen. In Garetien und Darpartien (vielleicht auch in anderen Teilen Aventuriens) müsste es jedoch eine Waidmanns-Zunft geben die:

    1. Überwacht das nicht zuviele Jäger ausgebildet werden.

    2. Als Vermittler zwischen Obrigkeit und Waidmann dient.

    Aber nur weil ich einen Jäger baue, gehe ich nicht davon aus einen SO von 6 o. 7 langfristig halten zu können (schließlich will ich als SC nicht an meine Jagdpacht gebunden sein). Ein Jäger der seinen Pflichten nicht nachkommt und ohne Erlaubnis seines Herrn, seine Pacht langfristig verlässt, wird mit Sicherheit für vogelfrei erklärt. (Ähnlich wie ein landflüchtiger Leibeigener)

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    Ergebnis 'Ich'

    Einmal editiert, zuletzt von Sturmkind (5. Januar 2021 um 02:16)

  • Vogelfrei hat für mich etwas von "Wird von keinen Ketten gehalten"

    "Vogelfreie sind keineswegs so frei und glüklich, wie die Vöglein im Wald, wie es Aves-Geweihte gerne erzählen, sonderndürfen von jedermannn frei erlegt werden" - wie Singvögel, die nicht unter das Jagdrecht des Adels fallen, sondern Freiwild sind." (HdR 31)

    Es stimmt: "Die öffentliche Ächtung ist in einer Zeit schwacher Staatsgewalt ein Mittel, allen Untertanen die Bekämpfung von Gesetzosen zu ermöglichen. Jeder Adlige kann sie in seinem Lehen über Verbrecher verhängen."

    Ich glaube, nicht "Vogelfrei" ist das Stichwort für gezielt gejagde Verbrecher, sondern "Geächtet". "Vogelfrei" und "Rechtlos" werden recht austauschbar benutzt, die Ächtung ist aber das "Vogelfrei"/"Rechtlos"+.

    "Zu den Fahrenden (auch: Halbfreien) zählt man bettelnde Vagabunden, Wanderarbeiter, reisende Abenteurer, sowie Gaukler, Scharlatane und Spielleute. So lange sie sich ihrer Umgebung anpassen und und nicht den Zorn des Volkes auf sich ziehen, haben sie ein passables Auskommen. Überwiegt aber die Missgunst gegenüber diesen Fahrenden, können sie schnell zu Opfern werden. Dann ist es an der Zeit weiterzuziehen." (Das sind meiner Meinung nach einfach Vogelfreie/Rechtlose; gerade Fahrende/Halbfreie)

    "Banditen, Mordbrenner und Raubritter werden gezielt von der Obrigkeit gesucht, um sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Entsprechend ziehen sich diese Gesetzlosen meist in schlecht zugängliche Territorien zurück und und führen von hier aus ihre Untaten fort." (Das sind meiner Meinung nach Vogelfreie/Rechtlose+, also Geächtete).

    "Es gibt viele Wege, seinen Staus zu verlieren und Rechtlos zu werden: So geschieht es dem Bauern oder Handwerker, der aus irgendwelchen Gründen Haus und Hof aufgeben und als Tagelöhner fortziehen muss, ebenso wie dem jungen Mädchen, das dem verheißungsvollen Leben der Gaukelleute folgt. Ein Leibeigener, der von der Scholle flieht, ist genau so rechtlos wie ein Tobrier oder Weidener, der vor den Horden von Dämonen oder Orks flüchtet. Rechtlose brauchen Fürsprecher, die sie vor einem Gericht vertreten. Juristisch können sie von jedermann straffrei betrogen oder ausgeraubt werden, weswegen das größte Kapital von Fahrenden ihre Beliebtheit oder Nützlichkeit ist." (Hier geht es meiner Meinung nach wieder um "einfach" Vogelfreie/Rechtlose; gerade um Fahrende/Halbfreie)

    "Wer eine Strafttat begeht, ohne sie zu sühnen, oder aus der Haft flieht, katapultiert sich ebenfalls in die Rechtlosigkeit: Mit der Ächtung, die ein Befugtes Gericht aussprechen kann, verliert ein Mensch Status und Titel und ist für vogelfrei erklärt. Letzteres ist eigentlich dasselbe wie Rechtlosigkeit, betont aber für jedermann, das der Verfemte erschlagen werden darf und sollte. Wer ihm Zuflucht gewährt, kann ebenfalls geächtet werden." (Hier geht es meiner Meinung nach um Vogelfreie/Rechtlose+, also Geächtete). Das "Letzteres" muss ich dafür freilich auf die "Ächtung" beziehen und nicht auf "vogelfrei". Eigentlich ist ja beides feminin (die Ächtung, die Vogelfreiheit), aber "Ächtung" ist zumindest ein Nomen, "vogelfrei" aber ein Adjektiv. "Rechtlosigkeit" ist wieder ein Nomen. Von daher würde ich sagen: Die Ächtung ist eigentlich dasselbe wie Rechtlosigkeit, betont aber noch einmal besonders, dass der Verfehmte erschlagen werden darf und soll und das ihm kein Unterschlupf zu gewähren ist.

    Vagabunden, Wanderarbeiter, reisende Abenteurer(!), Gaukler, Scharlatane, Spielleute, Leute die Haus und Hof aufgeben (müssen) und sich auf Wanderschaft begeben sowie Schollenflüchtige sind vogelfrei und rechtlos. Gegen sie kann man ungerecht und gnadenlos bis hin zu tödlicher Gewalt sein, aber auch gastfreundlich und wohlwollend.

    Banditen, Mordberenner, Raubritter und andere Verbrecher werden geächtet. Das macht sie auch zu Rechtlosen und Vogelfreien, aber als die Ächtung geht noch darüber hinaus, indem sie die Erlaubnis zu Ungerechtigkeit und Gnadenlosigkeit bis hin zu tödlicher Gewalt besonders betont erlaubt und gastfreundliches, wohlwollendes Verhalten verbietet.

    Aber ich finde, der Text in Herz des Reiches ist schwer zu gliedern und etwas chaotisch.

  • Hier sehe ich wieder einen Unterschied zwischen den von dir zitierten Stellen aus HdR und neueren DSA5 Quellen, denn in DSA5 ist die Ächtung etwas karmales/religiöses, nämlich die Exkommunikation.

    Faktisch liegen wohl alle drei Begriffe zu eng beieinander, um sie klar zu trennen, denn wer geächtet wurde ist rechtlos und vogelfrei. Aber nicht jeder Rechtlose wurde geächtet. Ist ein Leibeigener vogelfrei? Nach meinem Verständnis eben nicht. Irdisch wurde der Begriff der Vogelfreiheit auch an die Ächtung geknüpft, nachdem er lange Zeit nur "ungebunden" oder "umherstreunernd" bedeutete.

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  • Interessant, in DSA4 ist der Begriff Ächtung und verwandte Begriffe wie Reichsacht, Jahres, Oberacht, Aberacht etc. der weltlichen Gerichtsbarkeit vorbehalten, die scharf von der kirchlichen getrennt wird:

    "Eine Reichsacht gilt für das ganze Reichsgebiet und kann nur von einem Kaiser oder und dem Reichsgericht in Elenvina ausgesprochen oder aufgehoben werden [...] Wer unter Reichsacht steht, dessen besitz fällt zunächst ans Kaiserhaus. [...] Bei manchen sehr kirchenfreundlichen Kaisern ging übrigens ein Kirchenbann (insbesondere der Praios-Kirche) austomatisch mit einer Reichsacht einher." (Herz des Reiches S. 31)

    "Auch die Kirche kann einen Frevler durch das Ritual der Exkommunikation zeichnen (mit dem Mal und allen anderen Folgen, siehe die Liturgie EXKOMMUNIKATION auf S. 255). Seit den Zeiten Rohais allerdings wird ein durch seine Taten erwiesener Frevler nicht mehr automatisch von weltlichen Würden ausgeschlossen." (Wege der Götter S. 24)

    Eine Exkommunikation führt also geradezu eplizit nicht zu einer Ächtung.:D

    Immer wieder spannend, diese Unterschiede und Entscheidungen.

  • Also der typische Abenteurer hat ein Zuhause, wo er den Großteil seiner Downtime verbringt und Steuern zahlt. Er ist nicht rechtlos, auch dann nicht, wenn er für das Abenteuer eine weite Reise macht.

    Weiterhin haben Abenteurer fast immer einen Haufen Fähigkeiten, die ihnen erlauben, einen ordentlichen Beruf auszuführen und die dazugehörige soziale Stellung zu ehalten. Was sie üblicherweise auch tun.

  • "Zu den Fahrenden (auch: Halbfreien) zählt man [...] reisende Abenteurer[...]. So lange sie sich ihrer Umgebung anpassen und und nicht den Zorn des Volkes auf sich ziehen, haben sie ein passables Auskommen. Überwiegt aber die Missgunst gegenüber diesen Fahrenden, können sie schnell zu Opfern werden."

    Diese Formulierung aus Herz des Reiches ist so sicher zu pauschal, aber falsch ist sie nicht.

    "Fremde, insbesondere Angehörige anderer Religionen wie Novadis können nur Gastrecht geltend machen. Die Zahori sind als fahrende und exotische Volksgruppe den Sesshaften besonders suspekt und werden von der Obrigkeit oftmals des Landes verwiesen. [...] Orks, Goblins und Ferkinas gelten als rechtlose Barbaren".

    Ich vermute, dass auch Leute, die eigentlich im Bornland oder Horasreich oder einer Stadt der Nordlande oder des Svelttales sesshaft sind, nicht zu den Halbfreien zählen, sondern Freie sind und gewisse Rechte haben. Aber schon der novadische Töpfer aus Unau hat einen schwereren Stand, wenn ihn niemand unter seine Fittiche nimmt.

    Helden können auch den Fahrenden entstammen (gerade der Gaukler ist eine klassische Profession für SCs) und sind darum auch als Abenteurer weiter rechtlos, wenn sie durch Großtaten ihren Status nicht verbessern.

    Auch die klassischen tragischen Hintergrundgeschichten können in die Rechtlosigkeit führen - ob man den "ehrlichen" Lebensstil freiwillig aufgegeben hat, interessiert (perverserweise) nicht. Haben Orks oder Dämonenbündler das Haus zerstört, die Familie getötet und das Land übernommen und man musste fliehen, ist man rechtlos.

    Viele Reisende können sich auf soziale persönliche Bindungen berufen: Der Wandergeselle auf seinen Meister (das schließt auch Schwertgesellen ein), der Händler auf seine Gilde (während ein gildenloser Händler wie ein Kiepenkerl sicher rechtlos ist), ein Geweihter auf seine Kirche, ein Magier auf seine Gilde , ein Adliger auf seinen Stand, ebenso ein Krieger mit Kriegerbrief usw. Diese sind freilich keine "Fahrenden" im rechtlichen Sinne, sondern Freie oder gar Adlige.

    Die Wahrheit ist wie so oft zweifach.

    Einer ehrlichen Tätigkeit in der Fremde nachzugehen, ist übrigens durch das Gilden- und Zunftsystem oder durch Kartelle gar nicht so einfach. Dafür braucht man oft erst das Bürgerrecht der Stadt. Ein Handwerksgeselle kann sich noch quasi auf der Walz befinden und eine Anstellung in einer fremden Stadt finden, aber für viele andere wird das verdammt schwierig. Anderswo gibt es Kartelle, die wie die Zünfte und Gilden nicht einfach jeden "Dahergelaufenen" in der Stadt arbeiten lassen.

    "Die Gesellschaft des Mittelreiches basiert auf Sesshaftigkeit, persönlichen Bindungen und dem Gedanken, dass die Götter jedem Menschen den rechten Platz zugewiesen haben. Ein Leibeigener oder Zunftknecht mag arm und geschunden sein, besitzt aber soziale Sicherheit. Außerhalb dieser starren Standesordnung stehen vor allem drei Gruppen: Fahrende, verurteilte Verbrecher und fremde Völker."

    Wer seinen Wohnort und seine Tätigkeit aufgibt, um Abenteurer zu werden und sich weit weg von seinen sozialen Bindungen bewegt, kann leicht in den Ruch kommen, den von den Göttern zugewiesenen Platz verweigtert zu haben und "unehrlich" geworden zu sein. Damit rutscht man in die Rechtlosigkeit.

  • Ich sehe hier eher das Problem zwischen "staatlicher" und "moralischer" (zwölferkult) Auffassung. Obwohl der Staat (= Kaiser) spricht ja im Namen der Ordnung (= Praios); und als der Hungermarsch 1024 BF in einer Massaker durch staatliche Gewalt gegen Alt und Jung endewte, wurde damit dem einfachen Volk deutlich gemacht, wer das Sagen hat - und dies hier waren nur hungernde Menschen.

    Nun, was sagt der Almanach dazu (S.142):

    ... Schollenflüchtige Leibeigene oder Mitglieder fahrender Gemeinschaften keinerlei rechtlichen Schutz genießen. Das gilt auch für solche

    Übeltäter, die unter Acht oder Bann stehen, denn auch sie gelten als vogelfrei und können keinerlei Schadensansprüche an Freie stellen. Faktisch bedeutet das sogar, dass jedermann sie straflos erschlagen darf.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • dass Fahrende genau so wenig Schutz vor (tödlicher) Gewalt haben, wie verurteile Verbrecher.

    Man darf sie nicht erschlagen und sie müssen besonders aufpassen, dass sie nicht wegen etwas verdächtigt werden (und sie vermutlich doch die ersten, die eines Vergehens verdächtigt werden).

    Verbrecher darf man allerdings auch nicht immer und sofort erschlagen, sondern nur, wenn sie vogelfrei erklärt wurden.

    Die Grenze zwischen Fahrenden und anerkannten Verbrechern ist sehr dünn.

    Interessant, in DSA4 ist der Begriff Ächtung und verwandte Begriffe wie Reichsacht, Jahres, Oberacht, Aberacht etc. der weltlichen Gerichtsbarkeit vorbehalten, die scharf von der kirchlichen getrennt wird:

    Die Begriffe werden auch inneraventurisch noch unterschieden.

    Jost Gorsam in seiner Position als Reichsregent ächtete Königin Invher als Reichsverräterin, verhängt also die Reichsacht. Kaiserin Rohaja hat die Aberacht über ihre Tante aber erst Jahre später, 1031, verhängt (die dann auch von der Praios-Kirche bestätigt wurde - nur ob das nötig ist, wird nicht erwähnt).

    Die Reichsacht hätte zurück genommen werden können, nicht aber die Aberacht.

  • "Spielleute, Gaukler, Sänger und Tänzer tun gut daran, erst gar nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, gelten sie doch zumindest im Mittelreich und im Borland als vogelfrei und rechtlos." (Geographia Aventurica S. 145)

    "Vogelfreie sind keineswegs so frei und glüklich, wie die Vöglein im Wald, wie es Aves-Geweihte gerne erzählen, sonderndürfen von jedermannn frei erlegt werden" - wie Singvögel, die nicht unter das Jagdrecht des Adels fallen, sondern Freiwild sind." (HdR 31)

    ... Schollenflüchtige Leibeigene oder Mitglieder fahrender Gemeinschaften keinerlei rechtlichen Schutz genießen. Das gilt auch für solche

    Übeltäter, die unter Acht oder Bann stehen, denn auch sie gelten als vogelfrei und können keinerlei Schadensansprüche an Freie stellen. Faktisch bedeutet das sogar, dass jedermann sie straflos erschlagen darf.

    Mit der Ächtung, die ein Befugtes Gericht aussprechen kann, verliert ein Mensch Status und Titel und ist für vogelfrei erklärt. Letzteres ist eigentlich dasselbe wie Rechtlosigkeit, betont aber für jedermann, das der Verfemte erschlagen werden darf

    (Hervorhebung durch mich - man beachte das Wort "betont" - es wird nicht angeordnet oder erlaubt, es wird nur betont, was durch die Erklärung der Vogelfreiheit und Rechtlosigkeit ohnehin schon gegeben ist.)

    EDIT

    Die Reichsacht hätte zurück genommen werden können, nicht aber die Aberacht.

    "Folgt er dieser Aufforderung nicht, ergeht über ihn die Oberacht (oder: Aberacht), die als unaufhebbar gilt (und tatsächlich nur in Ausnahmefällen zurückgenommen wurde)." (SdR31; Hervorhebung durch mich). Die Aberacht ist nur theoretisch nicht aufhebbar, tatsächlich ist das aber schon gemacht worden.:)

    Laut WdH205 und 137 erhalten Gaukler den Nachteil Randgruppe. Dieser bedeutet:

    "Der Held wird misstrauisch beäugt, weil er einer kleinen Kultur angehört, die für die Mehrzahl der Bewohner der Umgebung suspekt ist (wie z.B. die Zahori), weil sie eine unbekannte Sprache spricht (die Festumer Goblins), unbekannte religiöse Riten praktiziert (Novadis im Horasreich) oder weil man ihren Angehörigen Verwicklungen in kriminelle / namenlose / aufrührerische Angelegenheiten unterstellt (Maraskaner in festländischen Ghettos) oder weil sie zweifelhafte Zauberei betreiben (offen erkenntliche Nekromanten und Dämonologen, Hexen in verschiedenen Gebieten). Üblicherweise heißt dies, dass die entsprechenden Helden keinen SO über 8 erreichen können, dass Proben auf gesellschaftliche Talente erschwert sein können und das schlimmstenfalls eine aufgehetzte Meute dem Helden nach Besitz und Leben trachtet." (WdH 268; hervorhebung durch mich)

    Diese Nachteilsbeschreibung passt zu

    "Überwiegt aber die Missgunst gegenüber diesen Fahrenden, können sie schnell zu Opfern werden.",

    "Juristisch können sie von jedermann straffrei betrogen oder ausgeraubt werden, weswegen das größte Kapital von Fahrenden ihre Beliebtheit oder Nützlichkeit ist."

    und eben:

    "Vogelfreie sind keineswegs so frei und glüklich, wie die Vöglein im Wald, wie es Aves-Geweihte gerne erzählen, sonderndürfen von jedermannn frei erlegt werden" - wie Singvögel, die nicht unter das Jagdrecht des Adels fallen, sondern Freiwild sind."

    2 Mal editiert, zuletzt von Gast (5. Januar 2021 um 22:29)

  • Ich sehe es auch so, dass bei einem Kampf Heldengruppe und vogelfreie Banditen, in dem beide Verluste erleiden hinterher kein Mord und Totschlag der Helden auf die Liste der Verbrechen gesetzt wird, es sei denn einer der getöteten Helden war von Rang und Namen.

    Das ist eben ein Nachteil und eine der Gefahren, des Abenteurerlebens.

    Denn meiner Meinung nach sind solche Abenteuerer rechtlos aber nicht geächtet (vogelfrei), genau wie Leibeigene auf dem Feld müsste der Mord explizit durch einen Fürsprecher angezeigt werden, den entsprechende Rechte besitzt. (z.B. vom Lehnsherrn)

    Nerdismus trifft auf Boomer trifft auf Flachwitz-Humor

    Ergebnis 'Ich'

    Einmal editiert, zuletzt von Sturmkind (6. Januar 2021 um 00:34)

  • Ich sehe es auch so, dass bei einem Kampf Heldengruppe und vogelfreie Banditen, in dem beide Verluste erleiden hinterher kein Mord und Totschlag der Helden auf die Liste der Verbrechen gesetzt wird, es sei denn einer der getöteten Helden war von Rang und Namen.

    Das ist eben ein Nachteil und eine der Gefahren, des Abenteurerlebens.

    Denn meiner Meinung nach sind solche Abenteuerer rechtlos aber nicht geächtet (vogelfrei), genau wie Leibeigene auf dem Feld müsste der Mord explizit durch einen Fürsprecher angezeigt werden, den entsprechende Rechte besitzt. (z.B. vom Lehnsherrn)

    Ja, die Meinung teile ich so überhaupt nicht. Erfahrungsgemäß sind weniger als 10% der Charaktere, die mir so unterkommen, tatsächlich rechtlos und maximal 30% so weit außerhalb ihrer Heimat, dass der Status rechtlich unklar ist und geschätzt werden muss. Praktisch jede Gruppe hat selber mehrere Leute, die Klage führen dürfen. Ob sie das tatsächlich tun, ist natürlich eine andere Frage.

    Wenn ich keinen rechtlosen Abschaum generiere erwarte ich auch, nicht im Spiel wie rechtloser Abschaum behandelt zu werden. Auch das gehört zum Spiel mit Standesschranken.


    Gauklervolk, Zahoris und sonstige Fahrende stehen gewissermaßen außerhalb der Gesellschaft. Entsprechend fehlen ihnen viele Rechte aber umgekehrt fühlen sie sich auch nicht wirklich an die Regeln und Pflichten der Mehrheitsgesellschaft gebunden. Sie zahlen keine Steuern, leisten keinen Wehrdienst und wenn ihnen Unrecht getan wird, gehen sie nicht zum Gericht, sondern suchen selber Rache.

    Abenteurer haben einen ganz anderen Status.

    Einmal editiert, zuletzt von Satinavian (6. Januar 2021 um 09:08)

  • Praktisch jede Gruppe hat selber mehrere Leute, die Klage führen dürfen. Ob sie das tatsächlich tun, ist natürlich eine andere Frage.

    Wenn das bei euch so ist, ist das bei euch so.

    Aber ich, der ich sowohl gerne Schelm als auch Gildenmagier spiele, habe solche und solche Gruppen kennen gelernt.

    Schelm + Jäger + Söldner und schon steht die Gruppe am Rande des Gesetzes mit einer Tendenz Städte und Dörfer überhastet verlassen zu müssen, weil der Söldner jähzornig und der Schelm ein Schelm ist :)

    Nerdismus trifft auf Boomer trifft auf Flachwitz-Humor

    Ergebnis 'Ich'