Kennen wir es nicht alle? Die Rucksäcke sind gepackt, der Auftrag steht fest, der Weg…ugh, da war ja etwas. Reiseabschnitte sind meist davon gekennzeichnet, dass man seine 3 Standardereignisse abspult und am Ende halt einfach am Ziel ankommt, mit drölfzig Verletzungen, einem verminderten AsP-Vorrat und weniger Gepäck. Oh nein, eine Gruppe Räuber. Damit konnte ja niemand rechnen! Wie jetzt, ein Bär macht sich an unseren Vorräten zu schaffen? Eiverbibsch, das kam ja völlig überraschend! Wir haben hier einiges an Fäden zu Ideensammlungen für eine Reisegestaltung, die genau dieses Problem ansprechen.
Vor eben jenem Problem stand die Schildkröte nun auch, als es hieß unsere Al’Anfa Gruppe in den Dschungel zu jagen. Rabenblut-Traumabewältigung. Nachdem wir in der Brabaker Bibliothek die „Nacht der geifernden Mäuler“ gespielt haben (anderes Thema, aber in kurz: Japp, ging und ging sehr gut) und mit Hilfe Immanuel Zants den Kartenraum im al’anfaner Labyrinth gefunden hatten, stand nun die Dschungelexpedition auf der Suche nach…das ist hier aber nicht Thema. Wir wollten in den Dschungel/durch den Dschungel und ich wollte das nicht zu eben jener Runterwürfelei mit 2-3 Lagerfeuergesprächen und den Zufallsereignissen nach Liste A abhandeln. Überspringen ging aber auch nicht, da das ein wirklich zentraler Teil (aus meiner Sicht) des Abenteuers war.
Also habe ich mich dazu entschlossen das Ganze einmal völlig anders aufzuziehen und somit kommen wir zum eigentlichen Sinn dieses Fadens: Der Vorstellung eines Möglichkeit ein Reisabenteuer zu gestalten
Mit einem gewissen Stolz präsentiere ich also:
Die Dschungelexpedition – das Brettspiel.
Der Aufbau war recht simpel gestrickt. Ein Spielbrett mit 100 Feldern, den festen Ereignissen, die das Abenteuer vorgibt, einigen „es geschieht nichts“ Feldern und einigen Schätzen, die man einsammeln konnte (hier war ich zu großzügig). Das Ganze war wabenförmig aufgebaut und alle 2 Wabenreihen wurden Proben um je 2 Punkte erschwert (am Ende war ein +10 auf alle Proben), was unwegsames Gelände, unbekannte Umgebung etc. repräsentieren sollte.
Dazu durfte die Gruppe 30 Ressourcenpunkte auf Leute/Gesundheit, Vorräte und Moral verteilen und 100 Punkte in relevanten Talenten, Eigenschaften, die ihre Truppe repräsentierten (Helden dürfen natürlich separat würfeln und sind eigenständige Figuren im Spiel).
Dazu habe ich Ereigniskarten entworfen, die bestimmte Ereignisse aus den Kategorien Wetter, Natur, Begegnungen und Fluuuuuuch darstellten. Die Fluchkarten waren dabei nur einmalig im Stapel vorhanden, die anderen mehrfach. Hier war auch gleich der größte Schwachpunkt beim Testspiel – ich hatte zu viele Karten davon im Spiel (knapp 70), was dazu geführt hat, dass der Stapel nie neu gemischt wurde, aber ich konnte auch nicht so ganz abschätzen, wie gut die Gruppe vorwärts kommen würde. Insgesamt würde ich das ungefähr halbieren.
Ein Zug bestand dann aus 2 Phasen. Zunächst wurde eine Ereigniskarte gezogen und dann mit einem W6 die Bewegung ausgewürfelt.
Eine Karte zog bestimmte Handlungen nach sich. Gerieten die Helden in eine „Nebelbank“, so mussten sie eine Orientierungsprobe ablegen. Gelang diese, setzten sie ihren Weg normal fort, misslang sie, war die Bewegung um 2 reduziert. Fluchkarten zogen heftige Konsequenzen nach sich (eine gewisse Anzahl Expeditionsteilnehmer stirbt, die Gruppe wird mehrere Reihen zurück geschleudert usw).
Als Handlungsoption konnten Helden auch festlegen, dass sie auf Bewegung verzichten und gezielt Moral verbessern oder Nahrung suchen. Dabei galt zu beachten, dass die Vorräte pro Zug automatisch um 1 verringert wurden, die Moral fiel, wenn 3 Proben hintereinander misslungen waren. Das war etwas zu großzügig, 2 gescheiterte Proben wäre besser gewesen (pro gescheiterter Probe dagegen wohl zu heftig, dafür war die Strecke dann wieder zu lang). Auch zu großzügig war ich mit der Anzahl der erlaubten Proben bei Rast, die ich auf: 1 Held und 1 Gruppenwurf hätte beschränken sollen – wobei je weiter das Spiel Fortschritt und je höher die pauschale Erschwernis war, desto krasser wurden halt auch die Auswirkungen (Moral Minus vor allem).
Die Expedition wäre gescheitert, wären Leute oder Moral auf 0 gesunken. Ein 0 an Vorräten hätte zu einer Zwangspause für das neu auffüllen gesorgt.
Um das Ganze spannend zu halten, gab es zudem eine zweite Expedition, die in Scotland Yard Manier wie Mister X unsichtbar nebenher zog (ich notierte mir immer das Feld auf dem sie nach ihrem Zug standen) – was natürlich jede Pause zu einem Risiko macht, da man nicht einschätzen konnte, wann die feindliche Gruppe an einem vorbeiziehen würde bzw. man Chancen auf ein Überholen verspielen würde.
Das Resultat wurde heute getestet und hat tatsächlich ganz gut funktioniert. Abgesehen davon natürlich, dass die Gegnergruppe alle, wirklich alle Fluchkarten erwischt hat und die Helden daher recht entspannt durch den Dschungel sind . Die Spielzeit betrug gut 3 Stunden, was lang genug war, dass ein Gefühl von „wir irren hier seit Wochen durch diesen blöden Dschungel“ entstehen konnte, aber nicht so lang, dass es frustrierend geworden wäre. Darüber hinaus eignet sich dieses System natürlich für beliebige Reisesituationen und kann auf Sonderbedingungen angepasst werden: Wassersuche in der Wüste, Kältegefahr im ewigen Eis, Absturz im Gebirge…Dabei kann man natürlich jederzeit reinzoomen. Eine Gruppe, die gerne kämpft, kann beim Ereignis „Raubtier“ oder „Jäger“ (im Sinne von: man trifft eine Gruppe Jäger der Waldmenschen auf der Pirsch) natürlich sofort sagen: Ja, den Kampf spielen wir jetzt richtig aus (wobei so etwas das Ganze natürlich enorm verlängern würde), eine Gruppe, die an so etwas weniger Spaß hat, klärt das über die im Ereignis vorgegebenen Proben ab.
Sowie ich erste Erkenntnisse aus dem heutigen Abend eingearbeitet habe, würde ich das Ganze hier gerne en detail vorstellen und gerne externe Ideen einpflegen, da wir beschlossen haben das Konzept als Basis für weitere Naturabenteuer, Reisen beizubehalten und ein wenig mehr Balance drin kann sicherlich nicht schaden. Anmerkungen, Ideen, Fragen und Kritiken sind also gerne gesehen.
@Schatti und ihre Minimods: Ich habe das jetzt in Allgemein geschoben, weil ich nicht weiß, ob das ein „Projektfaden“ rechtfertig.