Hinter der Maske des Meisters

  • Hallo zusammen,

    Ich hab länger überlegt, ob ich das Thema aufmache und vielleicht gehört es nachher auch in den moderierten Bereich, aber ich fand es doch irgendwie wichtig.

    Folgende Begebenheit: Ich war während Corona einer Online Gruppe beigetreten. Der Meister ist super gewesen und wir hatten ein total tolles Spiel. Auch abseits des Spiels hatten wir meist nette Unterhaltungen.

    Eines Tages meinte der Meister, dass er auch einen Twitter Account hätte und hat ihn mit mir geteilt. Dort stellte sich dann heraus, dass er extremes Gedankengut. Auf gut Deutsch braune / extremistische .... offen vertreten hat. Staatsfeindlich, Ausländerfeindlich, der ganze Blumenstrauß halt.

    Ich war ziemlich geschockt, habe darüber nachgedacht, habe dem Meister dann mitgeteilt, dass ich das ... finde und bin aus der Gruppe ausgetreten. Außerdem hab ich die anderen Mitglieder informiert, weiß aber nicht was sie daraus gemacht haben.

    Ich fand es damals besonders schwer, da es den Meister betraff und man irgendwie ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hatte. Außerdem starb somit ja auch der Charakter.

    Ich glaube, dass sowas bei Online Gruppen eher passier da man länger braucht um Dinge über seine Mitspieler zu erfahren. Ist euch sowas auch schon passiert? Wie habt ihr reagiert? Meidet ihr solche Themen komplett am Tisch?

    Gruß

    Marcel

  • Hallo Maffi

    ich würde Politik soweit es geht vom Spieltisch weglassen. Klar geht das nicht immer - die eigenen Überzeugungen mit in das Abenteuer oder mit in die Figur zu bringen - es geht manchmal nicht anders.

    Persönlich bin ich davon üebrzeugt, dass wir heute in einer so polarisierten Welt leben, dass wir denken, wir seien viel weiter auseinander in unserer Denkweise, unseren Wünschen und Hoffnungen als wir es tatsächlich sind. Die meisten Leute wollen das Selbe und das Beste für sich und für alle Menschen in ihrer Umgebung, aber die Meinung, wie und was dazu notwendig wäre - oder was der beste Weg dorthin ist, daran scheiden sich die Geister.
    Es spricht ja schon fast für deinen Meister, dass du am Spieltisch nichts von seinen Einstellungen gemerkt hast.
    In meiner Erfahrung ist es halt so, dass nicht unbedingt am Spieltisch, aber vor allem, wenn man sich mal besser kennt, Meinungen auch mal ausgetaucht werden, und dann hängt es halt sehr an den beteiligten Personen, wie zivil, fruchtbar und sinning so ein Austausch dann wird. Klappt nicht überall, und nicht jeder mag so ein Damokles-Schwert über sich kreisen haben, wenn man mal weiß, wie der andere tickt.


    Wie gesagt, ich finde es eigentlich gut, wenn man unterschiedlicher Ansicht sein kann und trotzdem miteinander auskommt, aber da gibt es ganz klar Grenzen, die für jeden andere sind. Persönlich würde ich mit jemandem, den ich gut kenne nicht über politische Differenzen brechen, nur kommt es halt auf die Kommunikation mit dieser Person an, ob ich den Nerv dazu hab, mich über so einen Grampf dann unterhalten zu wollen. Ich hab vom Kommunisten zum AfD-Wähler alles in meinem Freundes- und Bekanntenkreis, und wir können uns auch mal über Politik unterhalten, ohne das es kracht. Wie sind uns dann halt einig, das wir uns nicht einigen werden.
    UND: Wir lassen es am Spieltisch weg! Da hat keiner Bock drauf.

    Ich persönlich finde Leute, denen es wichtig genug ist, ihrer Meinung zu politischem Zeug über Social Media zu verbreiten meistens ein bisschen anstrengend - egal, in welche Richtung es geht...

    Along the shore the cloud waves break,
    The twin suns sink behind the lake,
    The shadows lengthen
    In Carcosa.

  • Ist euch sowas auch schon passiert?

    Ich habe in einer Tischrunde gespielt und da gab es bis zu einem Tag, der alles verändert hat keine Probleme. An diesem Tag hat einer der Mitspieler zum ersten Mal sein Heim als Ersatzspielort angeboten, weil die üblichen Spielorte nicht verfügbar waren. Zu Hause hat der Gastgeber dann etwas Bier getrunken. Er war nicht betrunken, aber er war eben etwas offener als er es normalerweise war und plötzlich stellte sich heraus, dass er christlich-rechts war. Auf dem Klo lag als Lektüre auch ein Landser Romanheftchen.

    Ich fand nicht, dass er an dem Abend aufdringlich oder ähnliches war. Er hat in Gesprächen (es kam zufällig zum Thema Politik), wie jeder andere am Tisch seine Meinung zum Thema gesagt und dadurch ist seine Einstellung aufgefallen.

    Nach dem Abend waren viele Mitspieler entsetzt und er wurde dann per Mail (das war die übliche Kommunikation zwischen den Spielterminen) aus der Gruppe geworfen. Die allgemeine Meinung war in etwa "Jedem seine Meinung, aber ich muss nicht mit solchen Leuten meine Zeit verbringen".

    Ich bin bis heute zwiegespalten. Die Art des Rauswurfs finde ich nach wie vor nicht richtig (knapper Emailrauswurf ohne Begründung) und ich finde seine Ansichten auch heute noch nicht gut, aber vermutlich wären diese anderseits nie wieder zum Thema geworden (man hat ja auch vorher nie etwas davon gemerkt). Das eine Mal, war aber für die Mehrheit der Spieler zu viel. Einerseits ja zur freien Meinung, andererseits Verurteilung, wenn jemand nicht den eigenen Vorstellungen entspricht - schwierig. "Jedem seine Meinung, aber ich muss nicht mit solchen Leuten meine Zeit verbringen" ist aber unabhängig davon natürlich völlig richtig. Toleranz und Akzeptanz sind eben verschiedene Dinge.

    Ich persönlich hätte vermutlich (ich bin mir da wie gesagt selbst nicht sicher, obwohl es inzwischen wohl schon rund 15 Jahre her ist), kein Problem damit gehabt weiter mit ihm zu spielen. Weil er nicht extrem war (durchaus offen für andere Standpunkte, Einstellungen usw.) und man im nüchternen Zustand und abseits von seinem Heim auch nichts davon merkt. Da ich aber weder mit ihm befreundet war, noch ihn als Spieler besonders mochte (das war eine reine Spielgruppe, ohne sonstige privaten Unternehmungen), war ich auch nicht traurig, dass er von den anderen gegangen wurde.

    Abseits vom DSA hatte ich auch einen Fall im Freundeskreis. Da wurde ich zum ersten Mal auf eine Familienfeier eingeladen und auch dort kam zum ersten Mal die rechte Einstellung zweier Freunde zum Vorschein. Obwohl wir schon einige Zeit befreundet waren, ist es nie aufgefallen (es wurde einfach nie über Politik geredet). Auch hier sehr mäßige Einstellungen und Offenheit gegenüber anderen Meinungen und auch hier nach der Feier niemals mehr ein Thema. Aber an dem Abend habe ich mich nicht wirklich wohl in der Gesellschaft dieser Freunde gefühlt.

    Deutlich aktueller war die Spaltung in vielen Gruppen im Zuge von Corona (Impfverweigerung, Maskenzwang etc.) - auch hier kamen Einstellungen und harte Standpunkte ans Licht, die man sonst wohl nie zu Gesicht bekommen hätte.

    Ich persönlich halte mich inzwischen aus den Themen Politik und Religion komplett heraus (auch dann wenn ich nicht anderer Meinung bin), denn meiner Erfahrung nach geht das oft nicht gut aus und zwar auch bei Leuten die "tolerant" und "offen" sind und die man schon lange kennt. Ich sage dann notfalls auch klar "darüber möchte ich nicht mit Euch reden " oder "lasst uns das Thema wechseln".

  • Heißes Thema, gefühlt kann hier jeder nur verlieren. Also Grumbrak, alter Ork: rein in den Ring und ohne nachzudenken losgegrunzt:

    Ist euch sowas auch schon passiert?

    Grundsätzlich ja. Ich war mal bei Freunden, da lag tatsächlich so eine linksgrünversiffte Anleitung für die Verwahrung des Verbandkastens im Handschuhfach rum. Damit die Polizei nicht in den Kofferraum schauen kann.

    Für alle die das nicht als Humor erkennen können: Obwohl es tatsächlich so stattgefunden hat: Ja das war ein Witz. (Meine übertriebene formulierung des Sachverhaltes).

    Was soll ich machen? Ich habs durchgelesen und für mich entschieden: Gut zu wissen, aber bei mir darf ein Polizist (für mich nur Bürger in Uniform, die wie Schaffner, Pianisten und LKW Fahrer ihren Job machen) auch in den Kofferraum schauen. Das gab schon lustige Szenen. "Wieso haben sie eine Schaufel dabei?" (Polizist) "Die sprichwörtliche Leiche im Keller muss verschwinden" (Ich) *alle lachen* "Im Ernst: Falls das Auto einschneit" (ich sah mich gedrungen das doch genauer zu erklären). War der Chaoswinter 2009/2010.

    Worauf will ich hinaus?

    Egal von unserer Einstellung sind wir Menschen mit teils gleichen, teils unterschiedlichen Werten. Einer ist christlich, einer ist ungläubig, einer kifft, eine ist streng feministisch, einer schwul, eine lesbisch, ein anderer ist körperlich behindert, einer wählt eine demokratisch wählbare Partei, einer eine andere.

    Ich selbst ordne mich als tolerant national-links und liberal-sozial mit gemilderter feministischer Einstellung. So und nun? Meint er (Grumbrak) das ernst?

    Ich (er = Grumbrak) finde(t) es bedenklich, wenn Menschen ausgegrenzt werden, weil sie anders denken. Egal ob links oder rechts. Durch ausgrenzung passiert folgendes: Ich selbst setzte mich "nur mit meinesgleichen" auseinander. Der ausgegrenzte wird gezwungen sich nur mit "seinesgleichen" auseinanderzusetzen. Dadurch entstehen "Realitätsblasen" auf beiden Seiten. Ein Diskurs findet nicht statt.

    Sollte man sich deswegen aus einem gemeinsamen Spiel ausgrenzen? Sollte man vom Karussel aufstehen, weil ein Moslem, eine Jude und ein Katholik einsteigen? Klingt wie ein Witz und Grumbrak sagt: Nein, nur wenn der Moslem einen Rucksack trägt und "Alluhaaakbaaaar" ruft... Ansonsten fährt man gemeinsam Karussel und frei nach <<Seeed>> "Araber küssen Juden".

    Grade in schwierigen Zeiten muss das gemeinsame Gespräch aufrechterhalten werden! Wo immer die Menschen sich "gutes" tun können, sollten sie es tun.

    Kann ich mit andersdenkenden Karussel fahren / DSA spielen / ABC...XYZ machen (was auch immer Menschen so gemeinsam machen wollen)? Ich sage ja, solange es nicht zu extrem ist.

    Und offensichtlich war es nicht zu extrem.

    Jetzt frage ich mich, warum andere Gruppen immer "Bestrafung" rufe (Ausgrenzung empfinde ich als Bestrafung), wenn es sonst im Alltag gar nciht aufgefallen ist? Warum wird er in eine Extreme Ecke gedrängt? Hier siehe Grumbraks Diskurs zum Theme "Toleranz".

    Auf dem Klo lag als Lektüre auch ein Landser Romanheftchen.

    Bei mir lag das fürher (Ende der 90er Jehre auch), bei meinem Vater liegt/lag Koran und Bibel auf dem Klo friedlich nebeneinander obwohl wir nicht religiös sind.

    Der Besitz (und das lesen) eines Buches sagt ja erstmal wenig über die Gesinnung eines Menschen aus. Auch andere ein verbotenes, wenn nicht idiotensicher kommentiertes Buch und die drei Hauptbücher der großen Religionen wollte ich irgendwann man gelesen/ angelesen haben. Mit fehlt schlicht die Zeit. Würde man mich nach den gelesenen Büchern beurteilen wollen (und lässt die DSA Nerd Bücher weg), dann wäre ich dann wohl Jude-Christ-Moslem-Nazi (Namentliche Reihenfolge nach Chronoligischer Erscheinung der Phänomene).

    Warum sollte ein freier Geist nicht auch Bücher lesen dürfen? Wer bin ich zu urteilen?

    Nach dem Abend waren viele Mitspieler entsetzt und er wurde dann per Mail (das war die übliche Kommunikation zwischen den Spielterminen) aus der Gruppe geworfen.

    Wie gesagt Ausgrenzung ist immer die "einfachste" Lösung, aber der einfache Weg ist selten der richtige. Das lernen wir schon von den DSA Dämonen.

    Ich frage mich immer: Wieso wird so schnell ausgegrenzt? Kann / WIll ich mich nicht tolerant (siehe Diskurs Toleranz) verhalten? Was gewiinne ich, was verliere ich dabei?

    Deutlich aktueller war die Spaltung in vielen Gruppen im Zuge von Corona (Impfverweigerung, Maskenzwang etc.) - auch hier kamen Einstellungen und harte Standpunkte ans Licht, die man sonst wohl nie zu Gesicht bekommen hätte.

    Spannendes Thema. Ich hätte bereits Mitte 2020 gesagt: Jeder darf machen, was er will. Das Risiko ist bekannt, die Schutzmaßnahmen auch (damals nur Maske, Impfung kam ja erst Anfang '21).

    Ich selbst bin aus Überzeugung mehrfach geimpft und hab immer die Maske getragen. Selbstverständlich hab ich mich auch über die Oma geärgert, die ihre Maske unter der Nase trug und auf die Auslagen nieste...

    Grundsätzlich aber frage ich mich dann immer: "Warum hat der Mensch immer die Tendenz andere zurechtzuweisen und zu erziehen?" Diese Tendenz habe ich übrigens auch (insb. bei Parken auf mehreren Stellplätzen, Zigaretten und Müll aus dem Autofenster werfen, etc.). Warum?

    Ansonsten dito wie oben: Siehe unten den Diskurs zur Toleranz.

    Notgedrungenermaßen (um weder Missverstanden zu werden, noch um ausgegrenzt (geblockt)zu werden - ersteres erschwert die Diskussion, letzteres verhindert sie). Beides ist in meinen Augen falsch.

    Ich hasse die Menschheit (für die Grausamkeiten und die unfähigkeit das "richtige" zu tun), aber liebe den Menschen an sich (für die Gabe das richtige für seine Familie und nahen Verwandnten zu machen, vor allem für seine Schwächen und sein Scheitern). Diese fast religiöse Liebe zum Menschen als Einzelwesen kann mir, ebenso wie meine Ablehnung zum Menschen (als Gruppenwesen) kann mir niemand nehmen. Auch ich wurde schon ausgegrenzt. Mehrheitlich von Personen mit "Linken" denkweisen. Komsicherweise sind diese oft schneller mit der Ausgrenzung, als ihre ebenso extreme Gegenseite. Aber genug des Vorgeplänkels.


    Toleranz-Diskurs.

    Liebe Mitforisten,

    ein Wort wird oft falsch gebraucht oder missverstanden. Daher hier noch einmal ein paar Worte zum Thema "Toleranz". Ein evangelischer Prester, der oft (und sehr warmherzig) mit mir ungläubigem (Naturwissenschaftler) spricht, sagte einmal:

    >>Toleranz kommt vom Worte tolerare. Lateinisch: "ERDULDEN". Wenn ich einen Zustand toleriere, dann muss ich darunter einen gewissen Leidensdruck haben. Anders als "Akzeptieren" ist Tolerieren also mit einer gewissen Spannung aufgeladen, die es auszuhalten gilt. Noch anders ist "Ignorieren" oder "Gleichgültigkeit".
    Bleiben wir beim Tolerieren: Ich muss einen Zustand oder eine Andersartigkeit (etwa im Denken) immer dann tolerieren, wenn es mir NICHT LEICHT fällt. Mit Toleranz verhält es sich ähnlich wie mit Liebe. Sie wird oft von anderen gefordert. Aber wahre Toleranz (und Liebe) kann nur gegeben werden. <<

    Mit diesen sehr weisen Worten entlasse ich euch in Eure Gedanken zum Thema:

    Wieviel Liebe und wieviel Toleranz kann ich anderen Menschen, anderen Denkweisen entgegenbringen?

    Wo ziehe ich die rote Linie?

    Nietzsche und Amazeroth - Also sprach Zarathustra (zweiter Teil):

    Was erschrak ich doch so in meinem Traume, dass ich aufwachte? Trat nicht ein Kind zu mir, das einen Spiegel trug?

    "Oh Zarathustra - sprach das Kind zu mir - schaue Dich an im Spiegel!"

    Aber als ich in den Spiegel schaute, da schrie ich auf, und mein Herz war erschüttert: denn nicht mich sah ich darin, sondern eines Teufels Fratze und Hohnlachen.

  • Danke euch für die sachlichen Anregungen zum Thema. Ich habe mich in einigen Kommentaren wiedergefunden.

    Heute würde ich hoffentlich einen intensiveren Dialog suchen um mir ein klareres Bild zu verschaffen. Wenn der Meister seine Ansichten bestätigt hätte, würde ich aber vermutlich zum gleichen Ergebnis kommen. Toleranz wie von Grumbrak beschrieben halte ich nur in gewissen Bahnen für sinnvoll und solange es auch vom Gegenüber respektiert wird. Auch muss man entsprechenden Ansichten klar entgegen treten, was man aber zugegebener Weise ohne Dialog nicht kann. ... Bin immer noch mit mir selbst im Dialog :-).

    Ich befürchte das, wenn man Intoleranz toleriert, man irgendwann in einer Welt lebt wo die Intoleranten das Sagen haben. Macht das Sinn?

    Aber es ist auch ein persönliches Ding, da ich in Rollenspielgruppen immer nach mindestens guten Bekanntschaften suche. Eine Gruppe die sich nur auf Rollenspiel reduziert hätte für mich keinen Sinn.

    Nochmal danke für den Austausch

  • Ich befürchte das, wenn man Intoleranz toleriert, man irgendwann in einer Welt lebt wo die Intoleranten das Sagen haben. Macht das Sinn?

    Das ist durchaus zu befürchten. Man muss irgendwo eine "rote" oder in dem Beipsiel eher "braune" Linie ziehen. Die Frage ist halt nur wo man diese zieht und wie viel Toleranz man dem Anderen entgegen bringen kann.
    Ich halte nur das prinzipielle Ausgrenzen als Sofortlösung für ziemlich schädlich. Weil ich dadurch , wie do oben schreibst ja dennoch in der Welt leben wie sie ist (halt nur mit Scheuklappen). Das macht die Welt nicht besser, weil man das Ehlend nicht sieht. Macht das Sinn?

    Nietzsche und Amazeroth - Also sprach Zarathustra (zweiter Teil):

    Was erschrak ich doch so in meinem Traume, dass ich aufwachte? Trat nicht ein Kind zu mir, das einen Spiegel trug?

    "Oh Zarathustra - sprach das Kind zu mir - schaue Dich an im Spiegel!"

    Aber als ich in den Spiegel schaute, da schrie ich auf, und mein Herz war erschüttert: denn nicht mich sah ich darin, sondern eines Teufels Fratze und Hohnlachen.

  • Kurz von mir. Ich war nicht dabei, ich kenne nicht alle Gründe, noch wieso die Stimmung sich so entwickelte, ob es bereits vorher (unbemerkt) Probleme gab etc.

    Um also ein "Urteil" zu bilden brauchte es mehr eine Aussage. Aber, das hier im Forum der Fall vorgetragen wird, zeigt mir das sich eine Person Gedanken darüber gemacht hat, ob man nicht überreagiert hat. Zudem bleibt die Frage, ob der Herausgeworfene überhaupt die Gründe versteht.

    Aber das war ja nur ein Punkt.

    Ich habe vor und beim Bund mit Leuten Rpgs gespielt von denen ich nur den Vornamen kannte, ich hab mich mit jemanden "angefreundet" der bekanntlich gut in Autoöffnen war; höre ich aber aus Gesprächen heraus das manche ihren Glauben etc. zu ernst nehmen, gehe ich auf vorsichtige Distanz. Einmal um ein Missverständnis oder Ärger vorzubeugen.

    Aber so lange am Spieltisch davon nichts zu bemerken ist, ok. (Sagt sich so leicht, wie ich wirklich reagieren würde, weiss man erst dann wenn's passiert.)

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

    Einmal editiert, zuletzt von zakkarus (17. April 2024 um 13:39)

  • Ich finde die Lebensgeschichte von Daryl Davis stark. Daryl Davis ist ein schwarzer Jazz-Musiker, in sehr ländlichen Gegenden in den USA spielte, und dort von Leuten angesprochen wurde (und später selber angesprochen hat), die im KKK sind. Viele von denen hatten noch nie mit einem Schwarzen zu tun, und er hat bei vielen ein Umdenken bewirkt, und die haben durch ihn den Klan schließlich verlasssen. Er war halt die einzige Person, die auf diese Leute mal zugegangen ist, und ihnen gezeigt hat, wie unbegründet ihre Vorurteile sind.

    Jetzt muss nicht jeder von uns ein Frontkämpfer für Toleranz und Verständigung sein. Es ist halt ein sehr natürlich menschliches Verhalten, von der politischen Gegenseite (und das geht in beide Richtungen) immer das schlimmste Anzunehmen, und sich gegenseitig die extremst möglichen Meinungen zu unterstellen. Zusammen mit der Bildung von "Echo-Kammern" führte dies zu der Mentalität, dass ma nmit Menschen, die eine andere Meinung vertreten gar nicht mehr reden soll. Diese Trennung sorgt dafür, das die Seiten in vielen Fällen immer exklusiver werden: Bist du nicht zu 100% dabei, dann bist du nicht mehr dabei.

    Das ist eine Spirale der Entfremndung. Und das ist nicht gut für eine Gesellschaft.

    Von dem her ja - man muss nicht alles tolerieren, und man muss nicht auf Teufel komm raus mit jedem gut Freund sein und sich irgendwie zusammenraufen. (Gerade wenn jemand städnig auf seiner Meinung herumreiten muss). WIe Grumbrak schon sagte, es ist erst Toleranz, wenn man akzeptiert, was man selbst nicht so sieht. "Toleriert" man nur seine eigene Dunstglocke, dann ist das keine Toleranz. Und ich war bisher immer positi überrascht, wenn ich Menshcen mit anderen Meinungen kennenlernen durfte.

    Nur nicht mit Leuten im INternet diskutieren. Das bringt nix ;)

    Along the shore the cloud waves break,
    The twin suns sink behind the lake,
    The shadows lengthen
    In Carcosa.

  • He, was tun wir gerade?

    Nein, am Rolkrndpielltisch gelten die gleichen Regeln wie auf Party; es wird nicht über Politik, Religion - und Fussball geredet. Bei Aventurien darf gern über solche gesprochen werden - bis vor 1700. Aventurien ist Mittelalterlich: um dort zu spielen muss ich mit den Gedanken dort sein; kann ein dreckiger Al'Anfer Sklavenjäger sein der bei jeden Moha nur an Dukaten denkt, kann ein Henker sein, der sein Schwert liebt, kann ein Indy-Typ sein, oder ein gemeiner Dieb - aber all das bin nicht Ich! Vielleicht hatte ich Glück das wir inmer nur in Aventurien (oder Filmerinnerung) waren, die "Realität" draussen liessen. Wir hatten noch nicht mal Hausregeln. Aber wir waren gezwungen unseren ersten DM zu feuern, zu oft verspätet oder kam gar nicht; und ich durfte ihn verteten :rolleyes:

    Heute gilt es vorm ersten Spiel Tabus zu klären, in einem Regelwerk lass ich erstmals das nach Phobien gefragt werden sollte - daran hab ich nie gedacht.

    Die Gruppe muss funktionieren; stört aus welchen Gründen ein Spieler öfters ist es die Aufgabe des SLs dies zu klären, und notfalls mit der Gruppe diese Störung abzuwählen.

    Toleranz? Wenn ich das Gefühl bekomme das ich mit einer Person nicht klarkommen werde, dann ziehe ich mich zurück.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Es kommt immer darauf an, wie extrem die unangenehmen Ansichten sind, und ob jemand sie aus dem Rollenspiel raushalten kann.

    Meiner Erfahrung nach sickert sowas, wenn es extrem ist, eigentlich immer durch, und dann kann man mit der Person auch nicht spielen. (Tatsächlich hab ich mit dem unsympathischsten SL der mir je über den Weg gelaufen ist, außerhalb des Spiels nicht viel zu tun gehabt; seine seltsamen Ansichten zeigten sich an den von ihm erfundenen Plots. Das fiel mir zwar erst nach einer Weile auf, als sich die Hinweise häuften, dass er da eine Agenda hat, aber schlussendlich fiel es eben auf.)

    Ob man Leute, die sich sozialverträglich verhalten können, aus einer Gruppe rauswerfen sollte, ist immer so die Frage ... dadurch fördert man ja die Echokammer-Mentalität. Und wenn es jemand aus dem Spiel raushalten kann, besteht ja eventuell noch Hoffnung auf Besserung. :/

    In der Hinsicht würde mich jetzt interessieren, ob der christlich-rechte Mitspieler in der Lage war, einen aventurischen Charakter glaubwürdig zu spielen. Mitsamt Polytheismus (soweit dies zur Darstellung von Zwölfgöttergläubigen nötig ist, gibt ja durchaus Strömungen die Praios als Obergott ansehen ... und es bleibt jedem unbenommen, seine Lieblingsgottheit zu haben) und nicht nur Toleranz, sondern Akzeptanz von rechtgläubigen Ausländern, seien es nun Tulamiden, Utulus oder Mohas.

    Naturgemäß merkt man bei SLs früher, dass da was nicht stimmt, als bei reinen Spielern, aber wenn jemand der mir aufgrund seiner Klolektüre verdächtig erscheint, sich im Spiel so rein gar nichts anmerken lässt, würde ich mein Urteil vielleicht noch mal überdenken.

    Es gibt nur sehr wenige Menschen, die sich über längere Zeit wirklich gut verstellen können - bei manchen scheitert es schon daran, dass ihnen gar nicht klar ist, dass man ihre Ansichten unschön finden kölnnte.

  • In der Hinsicht würde mich jetzt interessieren, ob der christlich-rechte Mitspieler in der Lage war, einen aventurischen Charakter glaubwürdig zu spielen. Mitsamt Polytheismus (soweit dies zur Darstellung von Zwölfgöttergläubigen nötig ist, gibt ja durchaus Strömungen die Praios als Obergott ansehen ... und es bleibt jedem unbenommen, seine Lieblingsgottheit zu haben) und nicht nur Toleranz, sondern Akzeptanz von rechtgläubigen Ausländern, seien es nun Tulamiden, Utulus oder Mohas.

    In dieser Runde war das Charakterspiel eher unerwünscht. Der Fokus lag auf dem Erleben "Abarbeiten" offizieller Abenteuer. Kaum jemanden interessiert wie James Bond zum Glauben steht, solange es reichlich Action gibt und die Handlung den Zuschauer mitnimmt. Ähnlich war auch das Spiel in dieser Gruppe - es kam nicht auf solche Feinheiten wie die Darstellung der Glaubenswelt eines Helden an, sondern auf das Gruppenspiel (bloß keine Alleingänge) und das Abenteuer (Fortschrittsorientiert). Wenn James plötzlich in die Kirche geht (ohne das er dort Infos sucht oder Typen erschießt) oder als Brite Essigchips kaufen geht (nicht einfach Proviant für X Tage), wurde das eher als störend und bremsend für den Spielfluss empfunden. Mein Wunsch nach mehr Charakterspiel war auch der Grund, warum ich letztendlich gegangen wurde (Störfaktor). Ein paar am Charakterspiel interessierte Spieler der Gruppe habe ich dann gleich in eine neue Gruppe mitgenommen.

    Also keine Ahnung, wie oder ob der Spieler seine Ansichten in der Welt untergebracht hätte. Wobei man nie vom Spiel auf den Spieler schließen sollte. Ich spiele in DSA auch Rassisten, Sklaventreiber, Extremisten, Adelige usw., bin aber im echten Leben ganz anders. Meiner Erfahrung nach ist es unabhängig davon eher umgekehrt: viele Spieler können oder wollen keinen Aventurier spielen (Stände, Unfreiheit, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit usw. und manche sind schon fast entsetzt, wenn man überzeugend "schlechte" Menschen spielt. Man muss schließlich tolerant und politisch korrekt sein), während andere es mit Gläubigkeit usw. völlig übertreiben (als gäbe es in Aventurien nur Gläubige und Götter immer und überall).

    Glaubwürdig spielen? Sein Held war nicht besser oder schlechter "gespielt" als die anderen Helden auch (vielleicht etwas hölzerner, da Anfänger) und besonders "aventurisch" waren die alle nicht. Wie gesagt ist bis zum Schicksalstag niemanden etwas aufgefallen.

  • Ah, verstehe. Wenn man nur durch die Gegend rennt und Monster metzelt, dann fallen natürlich nur die allergröbsten sozialen Unfähigkeiten auf.

    Vom Spiel auf den Spieler schließen ... nun ja, ich schließe von der Fähigkeit, ein Konzept umzusetzen auf den Spieler. Sich selbst spielen können alle, aber man trifft befremdlich häufig auf Leute, die sagen, dass sie z.B. einen ehrenhaften Ritter spielen wollen, und es dann um's Verrecken nicht hinkriegen, das darzustellen, weil man dafür ja eventuell mal das eigene Temperament im Zaum halten müsste. Oder Risiken eingehen, die man nicht eingehen will. Wohlgemerkt, in einem Rollenspiel. Würden sie sagen "Ich spiel einen jähzornigen Söldner ohne Manieren" dann würde man denken "Hey, tolles Charakterspiel", aber das tun sie meistens nicht, und dann kommt bei mir der unschöne Verdacht auf, dass der Spieler sein eigenes Temperament nicht mal dann im Zaum hat, wenn die Provokation nur im Spiel existiert.

    (Hat man im Larp besonders oft. Typ kommt an und pöbelt wen anders unflätig an, und man fragt sich "Ist das gespielt, oder ist der wirklich besoffen?" Leider stellte es sich in sehr vielen Fällen heraus: Ja, der ist wirklich besoffen, das ist nicht seine 1A Darstellung eines besoffenen Trottels, er versucht eigentlich einen tausende Jahre alten und unglaublich weisen Waldelf zu spielen.)

    Ich würde jemandem, der überzeugend einen schlechten Menschen spielt, nicht gleich unterstellen, dass er selbst ein schlechter Mensch ist. In dem Fall kann er auch einfach ein guter Schauspieler sein.

    Es ist die schlechte Darstellung eines guten Menschen (bzw das selektive aus-der-Rolle-fallen in bestimmten Kontexten) das mich misstrauisch macht.

    Ein Traviageweihter der gegen homosexuelle Beziehungen wettert könnte einfach Rollenspiel sein. Erwischt man ihn dann aber dabei, wie er einem heterosexuellen Ehebrecher kumpelhaft auf die Schulter klopft, und ihm sagt, man müsse das ja alles nicht so eng sehen, dann kommen doch leise Zweifel auf. :/ (Allerdings wären meine Sorgen bezüglich des Spielers eines solchen SCs vollauf beschwichtigt, wenn der SC im nächsten Abenteuer in einem finsteren Ritual seine Seele dem Namenlosen opfern würde. Kontext ist alles.:thumbsup:)