Wir verbrachten eine ungemütliche Nacht im Freien. Jedoch fand uns Alondro, wie durch Götterhand geführt, eine trockene und geschützte Stelle, an der wir uns in unsere Decken wickelten. Als ich mich am nächsten Morgen wieder von der kalten Erde erhob, fühlte ich mich steif und ungelenk wie ein kalter Al... Nein, mir mag kein passender Vergleich einfallen.
Mach ein paar Stunden zu Pferd war ich wieder gründlich wachgerüttelt. Langsam verbesserten sich meine Reitkünste, hatte ich das Gefühl, aber auf unserer Mission hatte niemand, wenn jemand unter uns das Zeug dazu hätte, den Nerv mir Reitstunden zu geben. Eine Weggabelung stellte uns vor die Wahl zwischen Westerklotz und Altzoll. Da Altzoll unser letztes Ziel war, schlugen wir den Weg nach Westerklotz ein. Nicht, dass wir einen Herd an Feinden nahebei hatten und es später bereuen würden, diese Station ausgelassen zu haben.
Westerklotz stellte sich als Fort heraus. Holzpalisaden waren um einen Hügel errichtet, darüber hinweg waren einige Gebäude zu sehen. Ein Stück Stoff flatterte in der Brise. Ein Zeichen, das wie ein Zahn aussah, prangte darauf. Donna Rahjadis betätigte sich als unsere selbst ernannte Heroldin und verkündete uns, dass dies nicht das Symbol einer Adelsfamilie war. Sondern das Insignum eines söldnertrupps.
Ich denke, es war Alondro, der schließlich rief und damit einen Mann auf der Palisade auftauchen ließ. Von ihm erfuhren wir, dass ihre Anführerin Chayka Gramzahn hieß. Die Grandessa setzte wieder ihre sozialen Kenntnisse ein und bot ihm einen Silbertaler für die Information, für wen sie arbeiteten. Und sie bekam sie sogar: noch für niemanden, sagte er. Chayka sei gerade mit ein paar ihrer Leute auf dem Weg nach Falkensee, morgen wolle sie wieder hier sein.
Weiterhin inquirierte die Al'Anfaner Magierin nach der Stärke der Söldnertruppe und zu welchen Kosten sie sich anheuern ließen. So erfuhren wir, dass sich momentan 40 Frauen und Männer in diesem Lager befanden und dass sie für eine Dukate pro Tag und Kopf für unsere Sache streiten würden. Ich kenne die Preise für Söldner nicht und so kann ich nicht einschätzen, ob er uns einen überteuerten Preis nannte oder nicht. Doch er machte ein paar Anmerkungen, die klar machten, dass diese Söldnertruppe eine Abneigung gegen Nekromanten hegte, auch wenn sie meines Wissens nach für den Nekromantenrat gestritten hatten.
Söldner und ihre käufliche Treue.
Wir steckten die Köpfe zusammen und berieten uns. Schnell waren wir uns einig, dass wir nicht auf ihre Anführerin warten würden, um Chaykas Söldnerhorde doch noch anzuwerben. Dabei würden wir einen Tag verlieren, während dem das Heer der Mersinger weiter gen Altzoll vorrückte. In der Stadt, in Altzoll, wäre dieser Tag besser investiert.
Paske war sichtlich nicht abgeneigt, das Söldnerlager hinter uns zu lassen. Sein abwertendes Schnauben, als er einen Blick zurück auf den Kamm der Palisade war, erregte meine Aufmerksamkeit. Ich folgte seinem Blick und bereute es sofort: Wie das aufgehende, volle Madamal erhob sich das nackte Hinterteil des Mannes, der mit uns geredet hatte, über den Holzpfählen. Das sollte wohl sein beredter, wortloser Kommentar sein, was er von unserem Abzug hielt.
Und davon hielt unser Jäger nicht viel. Weniger als das. Im Handumdrehen hatte er seinen Bogen besehnt, einen Pfeil eingenockt, den Bogen gespannt und losgelassen - und er traf. Ich hatte den Blick schon wieder abgewandt, hatte nur noch Alondro schießen sehen und hörte den schrillen Schrei des getroffenen Söldners.
Und sah Paskes Grinsen und eine anerkennende Geste an Alondro.
Männer...