„Ach mein Liebling – dass du mir nicht eifersüchtig wirst – die Straßen Eintrachts sind beinahe so aufregend wie du. So viel zu sehen, so viel zu hören von so vielen Völkern. Wenn ich morgens unser Haus verlasse mit dem Bauchladen und deinem würzigen Knotenbrot, gehen die Gestrandeten durch die letzten Schatten, um sich zurückzuziehen. Wenn die Sphären dann am Himmel verblassen, sieht man mehr und mehr Leute auf die Straße strömen. Jeden Tag sehe ich nahe am Elfen-Distrikt an den Balken der Ranid-Arkaden ein den jungen Wa hängen. Du weißt schon, dieses moospelzige Temtakelwesen, das an jeden das Sichtöl verkauft. Hatte mit mir ein telepathisches Schwätzchen über die aufkommende Parade der Mächtigen. Scheint der einzige der Stadt zu sein, der deshalb nicht nervös ist. Dann kam eine haarlose Humanoidin mit einem Skoprionsschwanz und wollte etwas von ihm kaufen, woraufhin ich die Silbernuss-Straße weitergegangen bin. Die abergläubischen Kraas kaufen gerne meine Glücksnroschen, wenn sie nicht gerade mit ihren seltsamen Metallteilen beschäftigt sind. Habe heute aber dort keine guten Geschäfte gemacht, auch wenn ich dort beinahe eine Stunde verbracht habe. Bin dann in die Bäume des Elfenviertels gegangen, einigen der Bewohner gefallen gerade die gelben Broschen in meinem Bauchladen. Bin auf den Schwachenplatz gegangen. Diesen Wald von Elfenstatuen finde ich immer wieder beeindruckend. Hier habe ich ein Wesen aus Lichtern gesehen, hat mit einem Gnom irgendwie in Form von Lichtsignalen diskutiert. Als eine Gruppe Minotauren auf mich zukam, bin ich schnell in eine kleine Gasse hineingesprungen und bin beinahe mit einem Kristallwesen, das pfeifend vorbei tanzte, zusammengestoßen. Ich glaube es sah mich kurz an – hatte keine Ahnung womit es sieht – dann meinte es „Schön die weiten Felder zu sehen“ und verschwand noch fröhlich in die Richtung, in die die Minotauren verschwunden waren. Da beschloss ich, mich mal auf den Weg in das Zwergenviertel zu machen, weil ich mehr über diese Kristalle erfahren wollte. Ist das nicht schön, wenn man sich den Weg selbst aussuchen darf? Deshalb bin ich über die Hauptstraßen in Richtung Süden gegangen. Konnte auf dem Weg dorthin einige der Broschen verkaufen, habe zum Glück den Zug eines Kaisers verpasst. Ist immer riskant, einen von denen zu verärgern, vor allem wenn man so alt ist wie ich. Kann mich kaum noch bücken. Habe dafür etwas Komisches gesehen und das will was heißen in dieser Stadt: Über dem Alten Triumphtor habe ich einen gefiederten Hund durch die Luft laufen sehen, der in seinem Maul einen Stein des Roten Palastes trug… Ja, gelaufen, nicht geflogen. Und der Stein sah eigentlich zu groß für ihn aus. Ganz zu Schweigen von den Augen am Bauch… Apropos Augen, etwas früher habe ich eines dieser Wesen gesehen, die aus fester Dunkelheit zu bestehen scheinen. Sie hat mir auf der Spatzensteige etwas Öl verkauft beziehungsweise sie hat es gegen eine GüldBrosche getauscht. Das Stoff, aus dem das Öl ist, ist wohl von der Schattenebene und sie hat es wohl so bearbeitet, dass es gegen Schlafprobleme hilft. Dachte, das probiere ich heute Abend mal aus. Kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal mehr als fünf Stunden ruhig im Bett gelegen habe. Wo war ich? Ach ja: Ich habe das Elfenviertel durch den Reichemarkt verlassen, du weißt schon, den Platz unter dem Baum. Ich habe hier ein Holzelementar gesehen, das langsam über den Boden ging und mit seinen Wurzeln das Pflaster abtastete. Es war ein sehr großes Elementar, sonst wäre es mir wohl kaum aufgefallen wegen der Marktzeit. Und was es hier wieder gab. Sehr vieles, was wir uns nie leisten werden können. Nicht in sieben Leben. Aber die Elfen machen einfach so schön filigrane Dinge, da war zum Beispiel ein Stand, der Blätter verkaufte, die aus Kupfer gewoben schienen und an einem anderen hat ein junger Elf dem Publikum schwebende Holzkugeln angeboten, die auf Weisung hin den Duft wechselten. Wie schon gesagt, alles jenseits dem Gewicht unseres Geldbeutels.
Dann war ich recht nach am Brandplatz. Habe diesen unglückseligen Ort gemieden, wie beinahe alle. Deshalb fragte ich mich, was dieses in Spinnenweben gekleidete Wurmwesen hier suchte beziehungsweise warum gerade davon kam. War um die Mittagszeit und der Rest der Wurzelbrotes zwickte mich in der Nase. Und da ich gerne mit jemandem rede, wenn ich esse, fragte ich diesen Wurm, was er denn da getan hätte. Er war keine gute Wahl für einen Gesprächspartner. Hat irgendetwas über „arkane Politik“ gesprochen, aber ich konnte ihm nicht folgen. Früher in meiner Jugend, als ich mich auf die Seite der Gilden stellte, da wäre ich daran interessiert gewesen, aber weißt du mein Liebling: Die Welt entwickelt sich von selbst. Um auf den Wurm zurück zu kommen: Ich wollte ihn in seiner begeisterten Rede nicht unterbrechen, weshalb ich meine Mittagsruhe mit einem Vortrag verbrachte. Der Wurm verließ mich schließlich, weil er am „Ziele einer neuen Veränderung“ arbeiten müsse, worüber ich ganz froh war. Ich streckte mich und machte mich zu den Zwergen auf. Daraufhin kam ich in eine gigantische Menge von Leuten, keine Ahnung was die begehrten. Aber seltsamerweise konnte ich meine Augen nicht von dem durchsichtigen Wesen lassen, das auf einem handförmigen Gebäude stand und uns beobachtete. Nein, frage mich nicht, was ich daran beunruhigend fand. Konnte mich erst davon wegreißen, als mich ein mit Augen übersäter Insektioder mit seinem Landrochen anstieß. Das Reiten desselben hatte er wohl nicht so richtig erlernt, denn als nächstes ließ sich der Rochen zu Boden und wollte nicht weiter. Hat dann nur glücklich seinen – nebenbei erwähnt sehr hübschen – Schwanz hin und her gewogen. Vor dem Zugang zum Zwergenviertel habe ich einen vierarmigen Zentauren gesehen, der eine Gruppe Armer mit Blättern geheilt hat. Hätte ich die nötige Münze, hätte ich ihm was zugesteckt. Von den Zwergen bekommt er ja bestimmt nichts. Leider konnte ich aber nicht in das Zwergenviertel. Ein zylinderköpfiger Mann, der auf einem flügellosen Greifen ritt, erklärte mir, dass in dem Viertel die Umbauarbeiten der Kanalisation in einer kritischen Phase wären. So ganz enttäuscht war ich davon nicht, denn… warum wollte ich doch gleich hin…? Na, die nächsten paar Stunden habe ich dann etwas ziellos in der Stadt verbracht, habe mich mit einer nach Pilzen riechenden Maske über die Seilergilde unterhalten und das war es dann. Kann sein, dass ich vielleicht einige Kunden verschlafen habe, werde immer früher müde. Und zuletzt habe ich noch einen Vogel aus Glas gesehen, hat mich an dich erinnert, woraufhin ich wieder zu dir gekommen bin.“
Ein geschwätziger Bauchhändler, beim Abendessen mit seiner Frau