Wenn ich mich auch sehr geehrt fühlte, von meinem Handelspartner, dem Zuckerbäcker Urodo Fautlin, zur Hochzeit seines Sohnes eingeladen worden zu sein, so war ich doch in Sorge. Die lange Fahrt hatte mich schon ermüdet, aber ich wusste, was für eine Beleidigung es gewesen wäre, die Einladung eines Halblings abzulehnen. Und wäre ich druch Eure Türe getreten und hätte dieses verpasste Ereignis verkündet, so hättet Ihr mich voller Grimm angestarrt, wie ich es nicht ertragen kann.
Der Ort, an dem es stattfand, war nicht weiter ungewöhnlich, eine größere Halle, die laut Herr Fautlin von den Eltern der beiden Glücklichen angemietet worden war. Der Saal war reich geschmückt mit vielem verschiedenem Material. Man erzählte mir, dass jeder Gast etwas zum Schmücken spenden sollte, wobei die Gäste je nach der Schmückung dem Brautpaar etwas anderes wünschen. Girlanden stehen wohl für den Wunsch, dass sich das Brautpaar einander verbunden fühlt, Blumen für reichlich Kinder und das Anbringen von Tüchern soll Sicherheit symbolisieren.
Dann wurden wir nach Geschlechtern getrennt, wobei ich mitbekam, dass Herr Fautlin den Saalordern diskret mein Geschlecht mitteilte. Für Humanoide ist es ja meist nicht offensichtlich welchem Geschlecht ein Tangu angehört. Und so verschlafen ich auch war, so war ich doch froh, dass mit Herr Fautlin diverse Symbolik während der Veranstaltung zuflüsterte (allein um schon Eure Neugier wenigstens ein bisschen befriedigen zu können). So wusste ich zum Beispiel schon, dass die Hochzeit die magische Entstehung der Halblinge widerspiegeln sollte. Damals hätten sich die Zwergin Lamkorra Opalbrecher und der Mensch Seyfried Rubischer ineinader verliebt. Die Elfe Êrasiel sorgte mit einem magischen Ritual dafür, dass die beiden Kinder bekommen konnten. Das wären dann die Ureltern gewesen, also die ersten Sechs Kinder, die die Zwergin bekam. Bei dem Ritual wurden wohl irgendwie „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ verzaubert, was vielleicht auch der Grund der Geschlechter trennung in der Halle war.
Ungewollt fielen mir hier die Augen zu und ich fiel in einen Halbtraum, aus dem mich – wohl einige Minuten später – von Herr Fautlin mit den Worten „Eine Imitation der magischen Medlodie, die Êrasiel benutzte“ wieder aufweckte. Dann erst fiel es mir auf: Alle Halblinge hatten begonnen zu summen, was ich mit meinem Schnabel nicht imitieren konnte. „Mal ganz abgesehen davon, dass sich mir bei diesem unnatürlichen Geräusch die Federn aufstellen. Als das Summen seinen Höhepunkt erreichte, tauchte das Brautpaar auf. Der männliche Halbling war ein junger Mann mit zu langen Glieder und trug ein hellbraunes Gewand und einen riesigen, wohl rituellen Hut, sodass er insgesamt an einen Pilz erinnerte. Mir wurde erklärt, dass ein Teil des Rituals ein magischer Pilz gebildet hatte, bei dem die Gelehrten der Halblinge von einen Symbol der Männlichkeit vermuteten. Der junge Herr Fautlin ging durch die Menge der Halblingsmänner, die ihn mit einer Art duftendem Wasser besprühten. Ich denke, es roch nach Erde, was wahrscheinlich die Symbolik des Fungus verstärken sollte. Zur gleichen Zeit betrat auch seine künftige Ehefrau den Saal. Ihr orangenes Kleid schien seltsam: Es war voller Perlen, sodass es bei jedem Schritt klapperte. Auf dem Kopf trug sie einen Helm, der einer Muschel ähnelte, würde ich sagen. Êrasiel hätte sich bei dem Ritual von einer Zauberwirkerin der Hummermenschen helfen lassen, dafür stünde das Kleid, flüsterte mit Herr Fautlin aufgeregt ins Ohr. Das Kleid seid besonders schön, man merke, dass ihre Familie nicht zu leichte Geldbeutel habe. Als sie durch die Menge der Frauen ging, wurde ihr von allen Seiten etwas zugeflüstert, was ich nicht verstand. Nach der Hochzeit fragte ich den Zuckerbäcker noch einmal danach und er meinte, was dort geflüstert wurde, sei ein großes Geheimnis der Frauen, sollte aber wohl die gemurmelten Worte der Hummerin darstellen.
Als die beiden in den Mitten ihrer jeweiligen Menge stehen, kamen durch die Tür Personen, die offensichtlich auch ein wichtiger Teil dieser Feierlichkeiten waren: Die erste war eine Person, ein weiblicher Halbling, die eine wunderschöne, blaue Elfenmaske trug und deren Kleidung noch feiner und edler aussah als die des Brautpaares. Offensichtlich war das die Stellvertretung der legendären Elfe. Dahinter ging ein männlicher Halbling, der neben einem Mantel aus silbernen Federn zwei Klangstöcke trug, die er schmetternd immer wieder aneinander schlug. Es erinnerte mich an das Klappern von Storchen. Zurecht, wie mich Herr Fautlin aufklärte. Ein Teil des Rituals sein ein silbernen Storch von einer fremden Welt gewesen. Der Ersatz-Storch blieb in der Mitte zwischen den beiden Gruppen stehen, während der Maskierte sich vor die beiden Gruppen stellte. Aber noch bevor er mit seiner Rede begann, fielen mir die Augen wieder halb zu und ich fiel wieder in einen halben Traum.
Bis ich von aufbrandendem Jubel geweckt wurde. Das Paar stand nun vorne vor dem Maskierten und wurde von demselben mit einem silbernen Faden aneinander gebunden. Das war der Höhepunkt der Zeremonie. Sollte dieser Faden am Abend, bei der essensreichen Feier, zerreißen sollte, wurde das als sehr schlechtes Omen gewertet. Mein Erklärer ließ sich an dieser Stelle vernehmen, dass der Faden für den Mithralfaden stand mit dem damals die Hummerin und der Pilz miteinander verbunden worden waren.
Zum anschließenden Gastmahl waren nun nur Halblinge zugelassen, wofür ich dankbar war, aber Herr Fautlin ließ es sich nicht nehmen, mir noch mehr über die Traditionen zu erzählen. In meiner Müdigkeit bekam ich kaum noch etwas davon mit. Ja und selbst wenn Ihr mich wohl dafür hassen werdet, dass ich nicht mehr davon erfuhr, so war ich zu müde. Denn als ich im Schlafsaal in der Herberge ankam, fiel ich gerade nach der Tür direkt auf eine Matte und in den Schlaf...
Aus
dem Brief eines Tengu-Händlers an seinen Herren
Wieder mal Danke an den Freund für das Kontrollieren. Auch für letzte Woche, wo ich es leider vergessen habe.
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