Nachdem wegen Terminschwierigkeiten meinerseits das FAB nicht sehr weit gediehen ist, jetzt das AB als (Fortsetzungs-)Geschichte:
Prolog
Er würde den Auftrag seines Meisters zu dessen Zufriedenheit ausführen. Es waren nur noch wenige Tage, bis sich die Sterne in der zu der Beschwörung günstigsten Konstellation befänden. Es hatte Monate der Vorbereitung bedurft, um den Plan seines Meisters in die Wirklichkeit umzusetzen, trotz seines schier verschwenderischen Magieeinsatzes. Oft genug war er mit niederhöllischen Kopfschmerzen ins Bett gegangen und morgens mit noch schlimmeren aufgewacht. Doch das war er B. schuldig, denn dieser wollte bei Gelingen des Plans ihn, Xardes Gelodas, seines Zeichens verstoßener Bruder der Wissenden aus Fasar, nicht nur mit weiteren Formeln belohnen, sondern ihm auch große Teile des neu gewonnenen Gebietes zur Herrschaft überlassen, damit er sich ganz seinen Forschungen widmen könnte, und Xardes wollte forschen, an Tieren, an Pflanzen und vor allem an Menschen...
Doch das war Zukunftsmusik, verlockend zwar, aber dennoch in der Zukunft.
Angefangen hatte alles, als er auf der Flucht dieser Elfe begegnet war, wohl dem schönsten weiblichen Wesen, dem er je begegnet war, und deren astrale Kraft und damit verbunden ihre Macht über ihre Umwelt, ihn sofort in ihren Bann hatte schlagen lassen.
Sie war es gewesen, ihren Namen wusste Xardes trotz erheblicher Anstrengungen bis heute nicht, die von dem großen Plan gesprochen hätte, vom Meister aller Beschwörer und seiner Macht, Bündnisse mit gleich sieben Erzdämonen schließen zu können, und schließlich war sie es gewesen, die ihm seinen Platz gezeigt hatte, und was der Meister Kolossales mit ihm vorhatte.
Von dieser Elfe hatte er die borbaradianischen Formeln erlernt, deren Anwendung ihm so viel Freude und Wissen bereiteten, mit denen er so gerne forschte...
Xardes schallt sich einen Träumer, er war schon wieder in Gedanken versunken, er wusste, es gab noch viel zu tun, um den Plan zu vollenden. Mit Bs. Hilfe, den ganzen Namen seines Meisters auch nur zu denken verbat Gelodas sich aus Respekt vor der Stärke Bs. - und aus Angst, hatte er einen ganzen Orkstamm davon ‚überzeugen’ können, sich ihm als Leibgarde anzuschließen, und welcher in halb Aventurien steckbrieflich gesuchte Magier konnte schon von sich behaupten, einen ganzen Orkstamm als Leibgarde sein Eigen nennen zu können. Mit Hilfe der neu erlernten Zauber war es eine Kleinigkeit gewesen, den Schamanen des Stammes in einem, zugegebenermaßen nicht ganz ausgeglichenen, magischen Duell schlussendlich zu versteinern und im nächstgelegenen Fluss zu versenken. Danach hatte der Häuptling erkannt, welch mächtiger Glatthäuter ihm gegenüberstand, und war bereit gewesen, ihn bei seinen großen Plänen zu unterstützen. B. hatte ihm durch die Elfe mitteilen lassen, wo er diesen alten verlassenen Turm, der sicher noch aus den Magierkriegen stand, finden konnte, die verfallene Burg ganz in der Nähe, sicher ebenfalls aus dieser sonderbaren Zeit, hatte er von den Orks und anderen dienstbaren Geistern (er musste jedes mal über diesen äußerst gelungenen Scherz lachen: Dienstbare GEISTER) in wenigen Wochen zur fast perfekten Wehranlage ausbauen lassen. An die nötigen Paraphernalia war er teils über alte Kontakte aus Fasarer Zeiten, teils über die Elfe gelangt. Ursprünglich hatte er ja ein Orkweib als Donarium vorgesehen, doch seine Orks hatten schon Recht, wenn sie ihre Weiber als „Tiere, die Orks gebären“ bezeichneten, denn er konnte sich wenig hässlicheres vorstellen als ein Orkweib, wobei - ein paar widerwärtige Sachen gab es vielleicht doch, wenn man so an die Niederhöllen dachte...
Er hatte sich schon wieder von seinen Gedanken ablenken lassen! Dem Dämon würde eine hübsche junge Menschenfrau sicherlich besser gefallen als ein hässliches Stück verfilztes Orkfell. Und so war ihm diese unvorsichtige Botenreiterin gerade Recht gekommen, besser gesagt geritten. Das Pferd hatte er seinen Ogern überlassen, die Zwei hatten sich riesig gefreut. Dass sie es vor dem Verzehr aber mit Honig bestrichen hatten, schrieb er ihrem Geschmack zu, der ihm wohl ewig ein Rätsel bleiben sollte.
Doch bevor er die junge Frau auf das Ritual vorbereitete, wollte er sich noch von der Brauchbarkeit seines Präsents überzeugen und seit etlichen Jahren wieder Belkelel huldigen, und so stieg er hinab in das Verließ zu seiner Besucherin…
Kapitel 1: Ein neues Abenteuer
Colombina Humboldstein hatte einen grausamen Tag vor sich. Seit sie von ihrer letzten Expedition zurückgekehrt war, musste sie etliche Schreibarbeit im Institut erledigen. Sie hasste diese staubtrockene Arbeit, denn hier wurde ihr Forscherdrang in Papierkram und Paragraphen ertränkt. Sie wollte lieber in die Natur, wo sie sich ungestört ihren Vögeln widmen konnte. Doch die ganzen Formulare und Berichte mussten geschrieben werden, wenn sie Mittel für die nächste Expedition erhalten wollte. Die ganze Bürokratie war ihr lästig, doch ohne Geld, keine Expedition.
Sie schrieb gerade an einem Almanach der Vogelkunde und ihre geplante Reise in die Regenwälder Aventuriens würde die ohnehin schon beachtliche Liste der aventurischen Vögel noch sprunghaft ansteigen lassen. Wenn sie doch nur einen Mitarbeiter zur Seite bekäme, der das Listen der Vögel übernehmen würde. Doch dafür reichte das Geld nicht. Colombina musste also jeden Vogel selbst zeichnen und seine Merkmale niederschreiben. Seit der Krieg ausgebrochen war, wurden die Mittel des biologisch– ornithologischen Instituts zu Gareth sogar noch weiter gestrichen, denn der Reichsbehüter hatte nun anderes mit den Dukaten vor, als sie in Naturkunde zu investieren.
Sie strich sich das lange schwarze Haar aus dem Gesicht und machte sich an das nächste Formular: „Ziel der Forschungsreise?“.
Als ihr Vorgesetzter Darmenhorst , ein in die Jahre gekommener Kartograph, der für Reisen zu alt war und sich nur noch in der Schreibstube befand, in ihr kleines dunkles Kämmerchen trat, schreckte sie von den Pergamenten auf. Bestimmt brachte Darmenhorst noch mehr Arbeit oder wies sie wie so oft auf einen Formfehler in einem der Schreiben hin. Doch stattdessen sagte er nur knapp: „Der Häuptling will Euch sprechen.“ Mit Häuptling war der Institutsleiter gemeint. Er wurde so genannt, weil er immer eine Kette aus verschiedenen Zähnen und Federn selbsterlegter Tiere trug, „als Erinnerung an die alten Zeiten“.
Colombina versuchte sich zu erinnern, wann sie das letzte Mal mit dem Leiter gesprochen hatte. Wenn sie recht überlegte, hatte sie überhaupt nur einmal mit ihm gesprochen, bei ihrer Einstellung nämlich, und die war auch schon wieder einige Götterläufe her. Sie hatte Stettenburg, so war sein Name, als einen griesgrämigen Mann kennen gelernt, der seine besten Jahre schon gesehen hatte. Seit Kriegsbeginn hatte er all seine Aufmerksamkeit den Kartenzeichnern des Reiches, die ebenfalls ihm unterstellt waren, gewidmet. Umso mehr wunderte sie sich, was der Alte ausgerechnet von ihr wollte.
Etosch, Sohn des Ebrasch, war ein Zwerg, wie Klein-Alrik sich ihn vorstellte. Klein, dick und bärtig. In den Augen anderer Zwerge war er nicht anders als jeder andere seines Volkes. Außer, dass er ein außergewöhnlich guter Schütze war. Einmal war er sogar zu gut gewesen, als er während eines kleineren Streites um ein wenig Gold die Beherrschung verlor und seinem Kontrahenten den Bolzen durch den Oberarm schoss und ihn förmlich an der Wand festnagelte.
Etosch konnte einfach nicht vorbeischießen, selbst wenn er es wie damals versucht hatte.
So wurde er denn von den Ambosszwergen verstoßen, auf dass er nie wieder einen ihrer Stollen betrete. Diese Strafe war für den Zwergen härter als der Tod, liebte er doch nur würziges Bier mehr als das Graben nach Schätzen.
Er musste sich ein neues Leben aufbauen, fernab der heimischen Stollen in der Welt der Spitzohren und der kurzlebigen Menschen. Dabei kamen ihm seine Schießkünste diesmal zugunsten. Erst verdingte er sich bei einigen Gauklern als Kunstschütze, doch merkte er schnell, dass dies nicht seine Welt war. Seinen Humor hatte er schon lange verloren, und das fahrende Volk war wie der Wind, doch er liebte die Erde. So überlegte er es sich nicht zweimal, als er von einem Söldnerkommando gefragt wurde, ob er nicht nach etwas anderem suche, als diesem wenig einbringenden Leben.
So ließ er sich also anheuern. Auch der Söldnertrupp verbrachte viel Zeit auf den Reichsstraßen Aventuriens, doch das war Angroschs Strafe dafür, dass Etosch seine Goldgier nie unter Kontrolle bringen konnte.
Der Zwerg war auch in diesem Haufen ein Außenseiter geblieben. Am Anfang hatte er sich noch an Wettsaufen beteiligt, doch bald musste er erkennen, dass es niemand mit ihm aufnehmen konnte. Ebenso hatten die anderen Söldner in ihm ihren Meister gefunden, was den Umgang mit der Armbrust betraf. All dies hatte nicht gerade zu einer wachsenden Beliebtheit geführt, doch das war Etosch egal. Er brauchte keine menschlichen Freunde. Er brauchte überhaupt niemanden außer seiner Armbrust, seinem Kettenhemd und seinem Lindwurmschläger.
Viele Monde waren in den Augen der Menschen vergangen, seit er sich bei diesem Trupp befand. Seit der Krieg gegen den Dämonenmeister wieder ausgebrochen war, hatten die Söldner an einigen Scharmützeln teilgenommen. Jetzt, da alles auf eine finale Schlacht hindeutete, waren sie in Wehrheim stationiert worden, um hier zu warten und Acht zu geben, auf alles was ihnen komisch vorkam.
Helgir Jurgeson hatte mal wieder ziemliche Probleme, ein neues Lied niederzuschreiben. Es hätte ihm eigentlich nicht schwer fallen dürfen, wollte er doch seine Heimat beschreiben. Doch war er viel zu abgelenkt von der hübschen Schankmaid. Er hätte nicht gedacht, solch eine Schönheit auch außerhalb seines geliebten Thorwals zu finden. Es schien ihm auch so, als sei sie nicht ganz abgeneigt.
Helgir wusste um seine Schönheit und seine Wirkung bei Frauen, schließlich war er stattlich gebaut und seine rotblonden Haare schimmerten im Licht der durch ein kleines Fenster herein scheinenden Praiosscheibe.
Den genauen Grund dafür, nach Gareth gegangen zu sein, wusste der Skalde nicht mehr, Frauen waren es aber sicher nicht gewesen. Aber für große Gedächtnisleistungen war er auch nicht gerade berühmt. Wie er sich die vielen Texte der alten Volkslieder merken konnte, war ihm schon immer ein Rätsel gewesen. Wahrscheinlich wollte er irgendwen treffen, der ihn dann versetzt hatte. Auf diese Mittelreicher war einfach kein Verlass.
Schließlich gab er den Versuch auf, ein neues Werk zu komponieren. Stattdessen beobachtete er lieber die anderen Gäste in dieser heruntergekommenen Schenke im Südquartier. Nicht einmal das Namensschild hatte man lesen können, so verdreckt war es gewesen. Er sehnte sich nach einem guten Swafbier, doch hier würde er keines bekommen, das wusste er, ohne dass er jemanden hätte fragen müssen.
Lärm ließ ihn aufschrecken. Bisher waren noch nicht allzu viele Besucher in dieser Quetsche. Ein paar zerlumpte Gestalten, eine Gruppe Zwerge, Swafnir allein wusste, was die hier wollten, der Wirt und die ansehbare Gehilfin waren alle Personen im Raum. Doch nun betrat eine Gruppe von vier Thorwalern den Raum. Unter lautem Rufen bestellten sie sich Bier und Fleischsuppe und setzten sich dann an einen der freien Tische.
Rukusjins Leben ließ sich eindeutig in zwei Hälften teilen, die aus seiner Sicht nichts mit einander zu tun hatten. In der ersten Hälfte seines Lebens war er zur See gefahren. Dann hatte sein Lebensdiskus einen anderen Weg eingeschlagen. Das war der Grund, warum er jetzt bei diesem miesen Wetter auf das Vieh irgendeines Bauern aufpassen musste. Aber die Welt war schön. Nicht so schön wie auf Maraskan, aber dennoch schön. Nur diese seltsamen Dämonenarchen waren schuld daran gewesen, dass er nun in einem fremden Land diese elenden Arbeiten verrichten musste, sich unterordnen musste. Auch seinen ganzen Stolz, seinen Nachtwind, durfte er nicht mehr offen zur Schau stellen. Wenigstens erlaubte man ihm, die alte Holzrüstung zu tragen, die von Vater zu Sohn seit Generationen weitergegeben wurde.
Aus der Sicht eines anderen Menschen, der den Maraskaner nicht kannte, hätte man sagen können, dass sich überhaupt nicht viel geändert hatte. Früher war er Schmuggler und Pirat gewesen, jetzt war er Viehdieb und trieb mit einem Teil seiner Gefährten in einer verregneten Nacht ein paar Rinder von einer Weide, während seine restlichen Kumpane Wache schoben.
Doch irgendwas stimmte nicht. Das Vieh war viel zu unruhig. Er wusste zwar, dass jede Kuh unruhig wird, wenn man sie vom Feld holte, aber diese hier waren besonders angespannt. Vielleicht bildete er sich das auch nur mal wieder ein. Solche Sinnestäuschungen verfolgten ihn schon seit seiner Kindheit, seit seine Mutter gestorben war, seit er gesehen hatte, wie irgendein mittelreichischer Besatzer sie erst vergewaltigt und dann abgeschlachtet hatte, während sein Vater im Dschungel als Rebell gegen die fremden Herrscher kämpfte.
Als er einen Schrei hörte, wie er die menschliche Kehle nur verlässt, wenn man eine tödliche Verwundung hinnahm, erkannte er, dass er keinem Trugbild aufgesessen war. Bestimmt zwei Dutzend Gardisten oder Soldaten, das konnte Rukusjin nicht erkennen, stürmten aus den Gebüschen rund um die Koppel. Dass seine Bande inzwischen schon so berüchtigt war, dass die Herrschaft eine solche Anstrengung unternahm, sie zu stellen, erfüllte ihn mit Stolz, denn es zeigte ihm, dass er seine Arbeit gut machte.
In aller Ruhe zog er den Nachtwind und bereitete sich auf den Kampf vor. Seine Kameraden hatten den Soldaten nichts entgegenzusetzen und die meisten starben, noch bevor sie überhaupt wussten, was eigentlich geschehen war. Doch er hatte gelernt, sich seiner Haut zu erwehren.
[Früher]
Sie konnte sich das schlichtweg nicht vorstellen. Die komplette elfte Schwadron hatte WICHTIGERES zu tun, als sich um eine solche „Kleinigkeit“ zu kümmern? Das konnte nie und nimmer die Antwort der Registratur sein. Charissia hasste derartige Besprechungen mit ihrem Vorgesetzten. Doch sie wusste, dass auch der nur seine Befehle aus Neu-Gareth bekam.
Ihr Auftrag war also, eine Gruppe von unabhängigen Feldermittlern zusammenzustellen und zwar so, dass niemand mitbekam, um was es ging. Soldaten der regulären Armee kamen dabei natürlich nicht in Frage, allein das Wort Spezialeinsatz oder Abkommandierung aus besonderen Gründen erregten übergroßes Aufsehen. Sie musste sich also auf irgendwelche Glücksritter verlassen. Allein einen zuverlässigen Feldermittler zu finden war ein schwieriges Unternehmen. Aber in diesen Zeiten gleich eine ganze Gruppe finden zu wollen, das glich dem Versuch, als Bannstrahler in voller Tracht nach Warunk und zurück zu laufen, ohne erkannt zu werden.
Sie ging noch mal die Fakten durch, die sie hatte ermitteln können und die aus dem Archiv bekommen hatte: Man hatte eine verstärkte Aktivität der Orks festgestellt und befürchtete, sie könnten einen Angriff auf das geschwächte Mittelreich planen. Eine kleine Gruppe Orks hatte man schon eliminieren können und bei ihnen hatte man Waffen gefunden, deren Ursprung in den schwarzen Landen lag. Gleichzeitig hatte die Agentur auch in Erfahrung bringen können, dass immer wieder einzelne Schmuggler in und um Wehrheim aufgegriffen worden waren, die die gleiche Art Waffen ins Landesinnere schaffen wollten. Diese Boten konnten sich einer genaueren Befragung aber bisher durch ein Herbeiführen des eigenen Ablebens per Gift entziehen, sodass die genauen Absichten des Feindes nach wie vor im Dunkeln lagen.
Eine Reiterin des KBKDs, die den Orkstamm beschatten sollte, galt als vermisst.
Niemand hatte eine Ahnung, was der Feind plante, darum sollte Charissia einen Trupp zusammen zustellen, der es mit allen denkbaren Gefahren aufnehmen konnte. Sie wusste auch schon sehr genau, an wen sie sich wenden würde. Sie musste nur ihre alten Kontakte nutzen, alles andere würde sich ergeben.
[wenige Tage später]
Phex hatte Valpo Honorio Cigano letzte Nacht wieder kräftig zur Seite stehen müssen. Es war ihm schon lange nicht mehr passiert, dass er erst einen Dietrich zerbrochen hatte, dann einem Wachhund begegnet war und zum Schluss auch noch fliehen musste, nachdem sich ihm mehrere Wachen des Hausherren entgegengestellt hatten. Nur mit viel Glück war ihm die Flucht gelungen. Es war wohl nicht seine Nacht gewesen. Valpo hätte wichtige Handelsverträge aus dem Haus irgendeines garethischen Edlen schmuggeln sollen, sein Auftraggeber würde wohl nicht allzu erfreut darüber sein, dass aus der geplanten Verbesserung seiner Verhandlungsperson mit eben jenem Edlen so schnell nichts wurde.
Bei der Flucht über den Zaun des Anwesens hatte sich der Almadaner auch noch seinen schwarzen Umhang ruiniert. Eigentlich hatte er an diesem schönen sonnigen Tag seinen Lohn erhalten und nach Almada zurückkehren wollen. Der Tempel hätte das Geld gut gebrauchen können, denn Valpo wollte wie immer einen Teil seines Lohnes dem Fuchsgott spenden. Stattdessen musste er sich jetzt erst einen neuen Mantel besorgen. Anders als andere Menschen seines Gewerbes bevorzugte er nicht Wendemäntel, sondern nur edle schwarze Umhänge. Er war kein Mensch, der seinen Stand verleugnete, und auch wenn ihm das manche Geweihte anlasteten, er nahm, wenn überhaupt, nur Aufträge von gutbetuchten Personen an, denen am Phexkult auch wirklich etwas lag.
In Gareth kannte sich Valpo ganz gut aus. Für einen Fuchs wie ihn gab es hier immer eine Beschäftigung. Die Fetzen des alten Umhangs hatte er einem Bettler gegeben, nicht weil er besonders mitleidig war, sondern weil das Kleidungsstück zu viel Aufmerksamkeit in dieser Gegend auf ihn gelenkt hätte. Das Erscheinungsbild musste stimmen, wenn man nicht Misstrauen erwecken wollte. Und ein zerrissener Umhang hätte einfach das Bild, das er in seinem weißen Seidenhemd, der edlen Hose und den schwarzen Lederstiefeln vermittelte, nicht gepasst. Die goldene Fibel, die mit zwei als Augen integrierten Türkisen einen Fuchs darstellte, trug er der Einfachheit halber direkt am Hemd.
So ritt er auf seinem schwarzen Elenviner Vollblut, das er Nachtwind genannt hatte, durch die besseren Straßen Gareths auf der Suche nach einem Schneider. Er beobachtete aufmerksam die Bürger. Sie gingen ihrem jeweiligen Geschäft nach und Valpo fiel auf, dass die Menschen hier sich vor Langfingern deutlich besser schützten als in anderen Städten, die er schon gesehen hatte. Geldbörsen waren deutlich schwerer zu entdecken, selbst für sein geübtes Auge. Aber das machte das Unternehmen nur aufregender.
Als sich dem Geweihten ein Trupp Gardisten näherte, zuckte er unwillkürlich zusammen. Er konnte sich zwar nicht erklären warum, aber beim Anblick des Gesetzes sträubte sich etwas in ihm und warnte ihn vor. Doch konnten die Gardisten unmöglich nach ihm suchen. Auch wenn gestern einiges falsch gelaufen war, so hatte Honorio es doch vermeiden können, dass man ihn erkannte. Trotzdem hatte er gelernt, seinem Bauch zu Vertrauen. Und der sagte ihm, dass etwas faul war.
Valpo ließ sein Pferd umkehren, und mit einem Mal wusste er auch, was ihn gestört hatte. Hinter ihm hatten sich fünf dunkle Gestalten aufgebaut, die ein reges Interesse an ihm zeigten, indem zwei von ihnen auf ihn zukamen, um ihn vom Pferd zu ziehen, mit gezogenen Waffen.
Der Graf von Hochtal wusste sich auf das Schreiben keinen Reim zu machen. Man verlangte von ihm, nach dem Druiden Arki zu schicken. Aus welchen Gründen hatte man sich nicht bequemt zu erwähnen. Er wusste, dass er sich damals viel Bürde aufgeladen hatte, als er dem Druiden, damals schon fast auf dem Schafott, die Freiheit schenkte, indem er sich persönlich für ihn verbürgt hatte. An die genaueren Umstände dieser Geschichte dachte der Graf nicht gerne. Dass er dafür irgendwann einmal Unbehagliches von höherer Stelle zu erwarten hatte, war ihm klar gewesen, und nun war es also so weit.
Arki hatte sich damals verpflichten müssen, immer seinen Aufenthaltsort mitzuteilen, mehr zu seinem eigenen Schutz denn als Bestrafung. Das Volk war eben sehr abergläubisch. Doch jene alte Auflage machte es nun leicht, den Druiden zu finden. Er hielt sich zurzeit in Jadrafurt auf, um dort ein seltsames Tier zu finden und zur Strecke zu bringen, welches dort seit Wochen Schafe tötete und Felder verwüstete. Das war wieder typisch für die Einwohner dieser Gegend gewesen. Sie mieden den Druiden wo sie nur konnten, bewarfen ihn mit Abfällen und beschimpften ihn, aber sobald sie ihn brauchten, war er gut genug, ihre Probleme aus der Welt zu schaffen.
Der Graf schickte ein paar Reiter aus, die den Druiden suchen und zu ihm ins Schloss bringen sollten. Dann würde er Arki das Schreiben selbst zeigen. Er konnte sich dessen Begeisterung schon vorstellen, dem Reich einen Gefallen tun zu sollen…
Interlude I
Und da kam es, dass er der mächtigste Zauberer Aventuriens seiner Zeit wurde.
Und seine Milde schätzte das Volk,
Und seine Weisheit schätzten die Fürsten,
Und seine Ergebenheit schätzten die Götter,
Und Menschen kamen zu ihm viele, um Rat zu suchen,
Und jedem er gab Rat,
Und alles ward zu seinem Besten.