Almada, im Rahjamond 1028 BF
Praios gleißendes Antlitz stand hoch am Firmament, als der elegante Flusssegler die Mündung der Gugella in den Yaquir erreichte. Über ihr erhob sich die titanische Grenzfeste Neu – Süderwacht, deren weitläufige Wehranlagen sich auf beiden Seiten des Yaquir erstreckten. Eine gewaltige Kette, die sich über den Fluss spannte, versperrte den Grenzübergang nach Almada. Kapitän Elias Setteponti manövrierte den Segler in den Zollhafen am Fuße der Festung. Als sie den Anlegeplatz erreichten, den ihnen ein schnauzbärtiger almadaner Zöllner zugewiesen hatte, kam ein Offizier der almadaner Grenzgarde mit zwei Soldaten an Bord der Stolz von Grangor. Während der Offizier und Kapitän Elias die Zollformalitäten besprachen, wurde einer der Soldaten auf Peleus aufmerksam, der, mit dem Pailos lässig über der Schulter ruhend, am Bug des Flussseglers stand und die gewaltige Grenzfeste bestaunte. Der Soldat trat heran, seine spöttische Miene verriet nichts Gutes.
»Heda, seit wann gebärt das Horasreich Barbaren in seinem Schoß?« Ein trockenes, hämisches Lachen begleitete seine Worte, während er Peleus’ Aufzug spöttisch musterte.
Das Licht der Sonne blendete den Grenzgardisten, so dass er die Brosche auf Peleus` Brust nicht erkennen konnte, die ihn als Akoluthen der Rondrakirche auswies. Seinen wallenden Mantel mit den Insignien des Ardaritenordens hatte er aufgrund der sengenden Hitze schon am Morgen abgelegt. So trug Peleus lediglich die meisterlich gearbeitete Kettenweste aus Arivor, einen Lendenschurz und bronzene Arm- und Beinschienen. An den Füßen hatte er lederne Sandalen über die Waden hochgeschnürt. Er blickte auf den Soldaten herab.
»Wollt Ihr mich beleidigen, Soldat?! Ich bin Peleus Eurymedon Telemach von Rethis, Krieger der Mutter Rondra von Hylailos und Löwenritter des Ordens der Heiligen Ardare zu Arivor. Überlegt gut, ob Ihr einem solchen Mann, der sich auf Pilgerreise zum Tempel des Heiligen Leomar nach Perricum befindet, die Ehre beschneiden wollt!« Peleus` Rüge war höflich, und doch von einem bestimmenden Tonfall getragen. Der Gardist kniff die Augen zusammen und schürzte die Lippen. Das Rot seiner Nase zeugte davon, dass er regelmäßig dem samtigen Yaquirtaler zusprach, dessen Trauben an den fruchtbaren Südhängen am Fuße des Yaquirs gediehen. Der Mann schien abzuwägen. Sein Blick glitt über die furchteinflößende Waffe, die in den muskulösen Armen Peleus` wie ein Spielzeug wirkte. Mit einer lässigen Geste schwang Peleus die brachiale Streitaxt unversehens von der Schulter und stieß den am Ende spitz zulaufenden Dorn in das hölzerne Deck, sodass er die Waffe nun aufrecht an seiner Seite hielt. Das Unbehagen des Grenzgardisten wuchs. Es schien ihm zu dämmern, was es bedeutete, die Ehre eines Rondrianers zu beschneiden.
Peleus lächelte. Überreizte es der Gardist, würde er ihn ohne weitere Warnung zum Duell fordern. Denn nur Blut konnte eine beschmutzte Ehre sühnen, so war es im Tempel des Heiligen Geron niedergelegt. Doch der Gardist schien sich eines Besseren besonnen zu haben. Er zuckte kurz mit den Schultern und setzte ein erzwungenes Lächeln auf. »Nein, nein, entschuldigt die Unannehmlichkeiten, Herr Löwenritter. Eine gute Weiterreise wünsche ich Euch.« Mit raschen Schritten trat er an die Schiffsplanke zurück und inspizierte, nun deutlich freundlicher, die weiteren Reisenden. Peleus ließ es wohlgefällig geschehen, seine Haltung entspannte sich wieder.
Sein Herz erfüllte sich kurz darauf mit Freude, als sich die schwere Kette mit einem Rumpeln und Ächzen in die Fluten senkte und der Flusssegler seine Fahrt wiederaufnehmen konnte. Sanfte Hügel, bestellt mit Olivenbäumen und Weinreben säumten den in der Sonne funkelnden Yaquir.
Kommentare 1