Schwerttanz
Gutsherr Alrigio war ein zufriedener Mann. Ein selbstgefälliges Lächeln umspielte seinen Mund. Eine Angewohnheit, die er nicht mehr bemerkte. Seine Geschäfte gingen gut. Der Handel mit Oliven und Wein hatte ihm ein mehr als erträgliches Auskommen beschert. Er war stolz auf seine Güter und Ländereien, genauso wie auf seine Herkunft. Schließlich war er ein entfernter Descendiente derer vom Berg. An diesem Morgen brach er früh mit einigen seiner Caballeros auf, um seine Gründe und Besitztümer zu inspizieren. Als seine Kavalkade stolzer Rösser sich einem der Olivenhaine nahe des Yaquiros näherte, hob er plötzlich die Hand, und bedeutete seinen Leuten innezuhalten. Alrigio legte den Zeigefinger auf den Mund und lauschte. Seltsame Laute drangen aus dem Hain.
»Schrei-der-Leuin-in-Madas-Sichel!«, rief eine sonore und klare Stimme. Ein feines Zischen war zu hören, so als ob schnell geführter Stahl die Luft durchschnitt. Alrigio stieg vom Pferd, winkte zwei seiner Vasallen herbei und drang mit ihnen vorsichtig in den Hain vor.
»Prankenhieb-der-Leuin-in-Madas-Helm!«, ertönte ein zweiter Ruf, kraftvoller als der erste. Ein leises Knacken war zu vernehmen, so als würde man den Kern einer Olive spalten. Alrigio sah sich zu seinen beiden Caballeros um und hob fragend die Augenbrauen. Die Männer zuckten mit den Schultern und schlichen voran.
»Dräuendes-Gewölk-vor-Alverans-Feste!«. Die dritte Intonation klang wie ein Kampfschrei durch den Hain. Nahe bereits. Die Männer schoben sich behutsam weiter nach vorne und erspähten durch die Äste einen Schatten zwischen den Olivenbäumen.
»Donner-der-aus-dem-Gewölk-grollt!«. Wahrlich gleich einem Donnergrollen schallte ihnen der Ruf einer tiefen Stimme entgegen. In der Flucht zweier Reihen Olivenbäume blitzte ein gewaltiges Axtblatt im Schein der aufgehenden Sonne auf, das von einer athletischen Gestalt geschwungen wurde.
»Blitz-der-gleißend-herniederfährt!«, zischte es aus dem Mund des Mannes, dessen Schritte sich leicht und elegant zwischen den Bäumen bewegten, gleich einem tödlichen Tanz. Über dem Kopf den Pailos geschwungen, mit immer neuen Schlagfolgen, präzise und klar. Alrigio stockte. Sein selbstgefälliges Lächeln war einer ungläubigen Miene gewichen. Dies war kein dahergelaufener Mercenario, der sich an seinen Gütern zu schaffen machen wollte.
***
Peleus sah drei Männer durch den Olivenhain schleichen, während er die fünf legendären Streiche zu Ehren des Heiligen Geron tanzte, so wie sie getreulich in Arivor niedergelegt waren. Er beobachtete die Herannahenden aus den Augenwinkeln. Seine Sinne waren geschärft, so wie stets, wenn er seine morgendlichen Schwertübungen vollzog. Anders als in der Tradition der Tulamiden, versank er dabei nicht in Entrückung, sondern nutzte die Übungen, um einen klaren Kopf und einen wachen Verstand zu schulen. Sollten sie zum Angriff übergehen, wäre er bereit. Einer der Männer hatte die Hand bereits am Säbelknauf. Doch die Caballeros stockten. Er vernahm ein leises Raunen, als sie sich behutsam wieder zurückzogen. »Fellugio, Alessandro. Wartet etwas abseits, bis der Mann fertig ist und bittet ihn zu einem Frühstück auf meinen Gutshof. Ich bin neugierig, woher dieser archaisch anmutende Fremde kommt. Vielleicht kann er uns noch nützlich sein.«
Ein Lächeln glitt über Peleus` Gesicht. Nützlich? Er war der Göttin nahe und würde seinen Weg nach Perricum fortsetzen. Eine Einladung zu einem Frühstück mochte er hingegen nicht leichtfertig ausschlagen …