Zu Beginn war mir vor allem wichtig, mal ein Gefühl für die Größenordnung der AP-Vergabewerte in DSA5 zu bekommen. Ich muss aber sagen, ich finde das ziemlich spannend, wohin sich dieser Thread entwickelt hat.
Ich bin auch der Ansicht, dass die Vergabestrategie von AP natürlich von jeder Runde selbst ausgetüftelt werden muss. Jede Runde besteht aus unterschiedlichen Leuten, die unterschiedliche Dinge wollen, und verschiedene Strategien funktionieren da unterschiedlich gut.
Ich habe zur Zeit zwei Spielrunden, und die sind da sehr unterschiedlich: Die erste Runde besteht aus Leuten, die explizit nicht egalitär behandelt werden wollen. Das sind Spieler, bei denen der Mechanismus der Motivation, wie BardDM ihn beschrieben hat, sehr gut funktioniert, und die sich dessen bewusst sind. Die Leute sind stolz darauf, wenn sie Bonuspunkte kriegen, und die anderen gönnen denen das nicht nur, sie sind auch selber motiviert, sich ebenfalls ins Zeug zu legen. Wenn die alle pauschal abgefertigt würden, wären die eher enttäuscht: "Warum sich dann anstrengen?" Aber wie ich schon oben erwähnt habe, ist das auch eine spezielle Sorte Mensch, und das funktioniert nicht bei jedem. Muss es auch nicht.
Meine zweite Gruppe ist noch nicht so weit, dass wir mal AP vergeben hätten, aber der Meister hat schon angekündigt, das ganz egalitär zu handhaben. Und wir sind damit alle einverstanden, und das ist auch gut so. Es passt auch einfach mehr in die Gruppe. So ergeben sich aus unterschiedlichen Menschentypen unterschiedliche Herangehensweisen, und das ist in Ordnung. Die Behauptung, man könne eine von der Gruppe unabhängige Art der AP-Vergabe aus fundamentalen Prinzipien herleiten halte ich für nicht besonders hilfreich, und das geht auch ein bisschen an der Realität vorbei. Spielspaß funktioniert nicht bei jedem gleich.
Ich finde es spannend sich zu überlegen, was verschiedene AP-Vergabestrategien bei verschiedenen Menschen bewirken, und wie sie funktionieren. Die Tatsache dass es auf der mechanischen Seite keinerlei Beschränkung vom System her gibt, und dass jegliche Form der AP-Portionierung von Meister an Spieler künstlich gemacht ist, ist zwar richtig, finde ich aber an dieser Stelle keine besonders spannende Beobachtung. Wo es für mich wirklich interessant wird ist die darauf aufbauende Frage, wie ich diese Vergabe genau handhabe, und was ich damit bezwecken will.
Je mehr ich in diesem Thread lese, desto mehr erinnern mich die unterschiedlichen Standpunkte an ökonomische Philosophien. Der Begriff "AP-Kommunismus" fiel ja schon, und auch die "Neid versus Motivation"-Debatte trifft man ja auch fast so in der Kapitalismusdebatte wieder. Und die Frage wofür AP denn letztendlich vergeben werden (reiner Level-Mechanismus versus Steuerungsintrument) hat für mich Anklänge an die Diskussion, wofür der Staat Steuern einnimmt: Klar braucht der Staat das Geld erst mal, um überhaupt Dinge zu tun (wie z.B. Straßen zu bauen), aber darüber hinaus benutzt er Steuern (und andere Zahlungen) auch explizit und gewollt um gewünschte Handlungen zu unterstützen (Steuererleichterungen für Unternehmensgründer, Kindergeld). Kann man bei AP ähnlich sehen, führt aber vielleicht jetzt auch zu weit weg vom Thema.
Bis jetzt habe ich es in der Tat häufig mit dem System "Großzügiges bedingungsloses Grundeinkommen" gehandhabt. Alle kriegen soviel, wie brauchen, um komfortabel zu leben, ääh leveln. Aber herausragende Einzelleistungen werden schon honoriert.
Aber wie auch schon angesprochen, das erfordert auch eine gewisse Reglementierung vom SL (kein Raubtierkapitalismus!). Zum einen müssen alle dieselben Möglichkeiten und Gelegenheiten haben, um sich einzubringen. Wenn ich als SL den nächtlichen Ausflug einer Spielerin mit einer ganzen Nebenhandlung inklusive Bonus-AP ermögliche, dann müssen andere Spieler zumindest ähnliche Gelegenheiten bekommen. Und es sollte, meiner Ansicht nach, auch keine inhärenten Möglichkeiten geben, dass ein Charakter mehr AP bekommen kann, als andere. Dazu würde zum Beispiel AP-Vergabe anteilig nach angerichtetem Schaden an Monstern zählen. Finde ich nicht so gut, weil das Anreize setzt, nur Damage Dealer zu spielen. Wenn sich eine Gruppe den anstürmenden Orks mutig entgegenstellt, um hilflose Dorfbewohner zu verteidigen, und dann der Jäger mit Superbogenschützenfähigkeiten alle umnietet, bevor die anderen überhaupt ne AT würfeln können, dann vergebe ich trotzdem an alle die gleichen AP. In meinem Kopf zählt da eher der Heldenmut an sich, als die mechanische Umsetzung. Wenn da die Zuckerbäckerin über sich hinauswächst und sich furchtlos mit Nudelholz den Horden entgegestellt, ist das in meinen Augen sogar fast noch mehr wert, als wenn das der Krieger in Plattenrüstung tut. Aber ich sehe natürlich ein, dass man das so nicht machen muss, und dass da eine ziemlich starke moralische Wertung meinerseits drin steckt. Muss sich halt die Gruppe drüber einig sein.
(Edit: Sorry für die Wand aus Text!)