Es ist mal wieder Zeit, einen Thread zu starten, der sich etwas umfassender mit Rollenspiel beschäftigt. Heute will ich mal einige Begriffe einführen, die oft verwendet werden. Da sie meistens aus englischen Foren stammen sind sie meist auch englisch, aber ich werde versuchen, sie zu übersetzen. Es sind natürlich alle herzlich eingeladen, selbst Begriffe hinzuzufügen oder nachzufragen, wenn euch irgendwo ein Wort begegnet ist mit dem ihr nichts anfangen könnt.
~ Railroading ~
bezeichnet einen Spielleiterstil, bei dem die Spieler von einer Szene zur nächsten weitergetragen werden, ohne großen Einfluß auf das Abenteuer nehmen zu können. Deswegen der Vergleich zur Eisenbahn: Man kann aussteigen und ein bisschen auf dem Bahnhof herumlaufen, aber der Zug wird die Schienen nicht verlassen und er wird auch kein anderes Ziel ansteuern als das, welches im Fahrplan steht.
Als Spielleiter sollte man Railroading nach Möglichkeit vermeiden, und lieber improvisieren, wenn die Helden mal die Schienen verlassen.
~ Suspension of Disbelief ~
Suspension heißt soviel wie Aufhebung und Disbelief heißt Zweifel. Suspension of Disbelief, kurz SOD, könnte man also am ehesten mit Glaubwürdigkeit übersetzen. Es geht dabei meist um die Glaubwürdigkeit der Spielwelt. Der Spielleiter und die einzelnen Spieler kommen mit einer bestimmten Vorstellung von der Spielwelt zusammen, und lassen ihre Charaktere in dieser Welt handeln. Kommt nun ein Ereignis, was die SOD, also die Glaubwürdigkeit zerstört, ist die Stimmung dahin, weil die Spieler aus ihrer Vorstellung herausgeworfen werden.
Das kann der Spielleiter angerichtet haben, weil er Dinge ins Abenteuer einbaut, die einfach nicht passen, etwa kleine grüne Männchen in einem Fantasy-Abenteuer. Die SOD können aber auch die lieben Mitspieler kaputtmachen, in dem sie ihre Helden unpassend handeln lassen (z.B. in Aventurien für Demokratie demonstrieren gehen) oder in der spannendsten Szene blöde Witze reißen.
Die SOD ist auch der Grund, warum es auf Aventurien keine Kampfninjas und Dunkelelvenvampirassassinen gibt.
~ Threefold Model ~
Das Threefold Model (Threefold = Dreifaltigkeit) ist ein Modell, verschiedene Typen von Rollenspielern in Kategorien zu ordnen. Es geht davon aus, dass Rollenspiel vor allem aus 3 Elementen besteht und jeder die drei Elemente für verschieden wichtig hält.
Da wären der Gamist, der das Abenteuer als Herausforderung sieht, die es zu überwinden gilt. Für ihn ist am wichtigsten, dass Rätsel und Gegner so abgestimmt sind, dass das AB schwierig, aber schaffbar ist. Weiterhin ist wichtig, dass jeder Charakter ungefähr gleichstark ist, damit die Fairness gewahrt bleibt.
Der Simulationist, der gern in eine stimmige Welt eintaucht. Eine typisch simulationistische Diskussion ist die, wie eine 200.000 Einwohnerstadt wie Gareth denn versorgt werden kann, obwohl es keine Flüsse gibt.
Als Drittes der Dramatist, der besonders viel Wert darauf legt, seinen Charakter auszuspielen. Die Charaktere guter Dramatisten sind mindestens so komplex wie die in einem Shakespeare-Stück, und ein perfekter Spielabend kann nur daraus bestehen, eine Dreiecksbeziehung in der Heldengruppe auszuspielen.
Wie man sich vielleicht denken kann sind konflikte vorprogrammiert, wenn der Spielleiter und die einzelnen Spieler zu sehr in verschiedene Richtungen des Modells tendieren.
Das 3fold ist aber sehr abstrakt und wird oft mißinterpretiert, weswegen es zum 5fold und bei Robin D. Laws Rollenspielertypen sogar zu einem 7fold ausgebaut wird.
Das Threefold-Model ist übrigens genau das, was in MFF S. 62/63 unter \"Ein bisschen Theorie\" vorgestellt wird.
~ Powergamer ~
Das ist der Begriff, den eigentlich jeder DSA-Spieler kennt. Meist als Gegenteil des \"Guten Rollenspielers\". Leider sind beide Begriffe denkbar schwammig und jeder hat davon seine eigene Vorstellung. Die eine Fraktion sieht den Powergamer als das, was im nächsten Punkt unter Munchkin aufgeführt wird, für die anderen ist es die Bezeichnung eines Spielstils, und etwa das gleiche wie ein Gamist. Dadurch sind Mißverständnisse vorprogrammiert, wenn man den Begriff PG verwendet.
~ Munchkin ~
Der Begriff Munchkin kommt eigentlich aus dem Wizard of Oz, und bezeichnet kleine nervige Äffchen (oder irgendsowas, ist auch egal). Jedenfalls steht der Begriff Munchkin für Spieler, die mit dem Rollenspiel vor allem ihr mickriges Ego polieren wollen, und daher immer die Größten, Besten, Schönsten und Coolsten sein müssen. Die eine Schule legt größen Wert auf Die Dickste Wumme, die andere Schule braucht immer den höchsten CHA-Wert und will von den Mitspielern mit Gott angeredet werden. Natürlich haben Munchkins kein Problem alle denkbaren Tricks anzuwenden, alles, womit sie beim SL durchkommen. Gegen Munchkins hilft eigentlich nur die reinigende Flamme von Arnor.
~ MinMaxing ~
Ist die Kunst, in einem Kaufsystem den Charakter so zusammenzustellen, dass der größe Nutzen den geringsten Kosten gegenübersteht. Da DSA4 auf Kaufsystem umgestellt wurde, brechen die MinMaxer jetzt natürlich auch auf die bisher unberührte Welt Aventurien ein (das habe ich schon Monate vor der Einführung von Myranor geweissagt, aber auf mich hört ja keiner). Jedenfalls ist das, was die meisten als PG bezeichnen, genaugenommen MinMaxing. Schlechte MinMaxer schaffen es, solche Nachteile zu wählen, dass der \"Held\" die erste Spielsitzung nicht überlebt, und alle seine tollen Werte nichts dran ändern können. (Leider gibt es bei DSA weder die Cortex-Bombe noch Allergie gegen Kohlendioxid). Gute MinMaxer bauen mit den regelgetreu Charaktere, die mal eben den gesamten Rest der Gruppe hinschlachten können (Kein Scherz, mußte ich schon miterleben).