(...) Aber beim Schwarzen Auge war ich der Meister. (...)
Als Meister konnte auch ich ich meiner Fantasie freien Lauf lassen, habe aber immer versucht meine schützende Hand über MEINE Helden zu halten. (...)
So kennen und spielen wir das auch heute noch. Der Meister ist nicht der Gegner der Helden, sondern ihr Bühnenbildner. Er ermöglicht der Spielrunde, gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen und gibt ihnen am Ende das Gefühl, einen Erfolg erzielt zu haben - natürlich nicht geschenkt, dafür müsste man sich ja nicht die Nächte um die Ohren schlagen. Die Spannung liegt vor allem darin, dass man nicht weiß, was einen hinter der nächsten Wegbiegung erwartet. Dazu werden Nachforschungen angestellt, Rätsel gelöst, Hindernisse überwunden oder umgangen, Gegner besiegt oder vertrieben. Gutes Rollenspiel sorgt für Stimmung und Immersion und - wenn man keinen Trottel spielt - schließt größere, lebensbedrohliche Fehler weitestgehend aus.
Bei einer wirklich guten Beschreibung, wie der Held das Hindernis angeht, brauche ich im Grunde gar keine Würfel. Dann entscheide ich aufgrund dieser Beschreibung, dass die Lösung erfolgreich war.
Wenn wir uns gemeinsam nicht sicher sind, ob die Lösung gelingt, wenn wir nicht wissen, ob der Held die nötige Fertigkeit hat, dann hilft würfeln. Oder wenn es wirklich vom Zufall abhängt, ob er das eine vierblättrige Kleeblatt entdeckt, ohne alle nacheinander abzupflücken. Oder wenn es darum geht, zwei Könner zu vergleichen.
Je mehr Erfahrung die Spieler und ihre Helden gesammelt und damit ihre Fertigkeiten geschliffen haben, desto herausfordernder und gefährlicher dürfen die Aufgaben werden. Dazu stelle ich Hinweisgeber auf, die man fragen kann, wo es kritisch wird. Dazu gebe ich den Helden die Möglichkeit, Heiltränke zu kaufen - und sie wissen, was zu tun ist, wenn die LE eines Kameraden auf 0 oder gar darunter fällt. Oder mein AB sieht eine Kavallerie vor, und die kommt tatsächlich mal nicht zu spät.
Muss ich dann Würfelergebnisse fälschen? Nein, das kann ich im Wortsinn gar nicht. Würfelergebnisse sind eine Leitlinie, kein Gerichtsurteil. Das Spielerlebnis hat Vorrang. Wenn ein Würfelergebnis nicht dazu passt, habe ich als Meister das letzte Wort, was es bedeutet - im Rahmen der Regelauslegung und der berechtigten Erwartungen der Spieler (damit wird aus einem Mißerfolg noch lange kein Erfolg oder umgekehrt). Das ist keine Fälschung, sondern meine - nein: unsere! - Auslegung des Regelwerks.
(Wenn alle, alle, alle Stricke reißen und der Spieler mir in die Augen schaut und sagt: "Ich weiß auch nicht, wie man das noch wenden soll. Es ist halt so", dann könnte ein Held tatsächlich sterben. Aber dann sollte es zumindest ein heroisches Ende sein.)