Zitat von "Scaw"
Einerseits stimme ich Ginnokatana zu, aus einer konstruktivistischen Sichtweise gibt man einfach auf, nach endgültigen Beweisen zu fragen, lehnt aber nicht zwangsläufig die Existenz der Götter ab (vergleich Nihilist und Agnostiker).
Andererseits stimme ich Sensemann zu, dass eine solche Denkweise (ob jetzt zweifelnd oder ablehnend) in Aventurien vermutlich nur schwer Fuß findet (und darum ging es hier ja schließlich urstprünglich).
Du stellst den unteren Absatz so dar, als sei er gegensätzlich zu dem Oberen, dabei steht er in keinem logischen Widerspruch (vielmehr sogar im Einklang) mit all dem, was ich geschrieben habe: Ein solcher Gedanke würde vermutlich von einem höheren Nandus-Geweihten gedacht - ein Bauer auf dem Feld, ein berufstätiger Bürger oder hedonistische Adlige werden sich (aus Zeitmangel?) vermutlich weniger über solche Dinge Gedanken machen. Und wieviele Nandusgewihte gibt es schon?!
Ein solcher Geweihter würde diesen Gedanken wohl auch eher für sich behalten, als ihn anderen mitzuteilen, wenn ihm sein Leben lieb ist, womit ich beim nächsten Punkt wäre:
Zitat von "Scaw"
Sowohl in unserer Welt als auch in der DSA-Welt ist es im Grunde vollkommen egal, was jemand denkt. Ich kann denken, dass nichts existiert, dass alle um mich herum Idioten sind. Das ist vollkommen gleichgültig und wurde bestimmt schon häufig gedacht, aber solange der Gedanke nicht geäußert oder niedergeschrieben und anschließend gelesen wird, hat er keinerlei Konsequenzen außerhalb der Gedankengänge des Denkenden.
Ein nicht niedergeschriebener Gedanke, der auch sonst nicht mitgeteilt wird, kann sehr wohl (sehr "weltliche") Konsequenzen haben; er kann sich direkt (oder auch indirekt) sowohl auf das Handeln der jeweiligen Person auswirken, als auch zu weiteren darauf aufbauenden Gedanken führen - oder eine Kombination dieser beiden Möglichkeiten bewirken.
Um bei meinem Karma-Energie-Beispiel zu bleiben: Die Idee der Möglichkeit, dass die Götter in Wirklichkeit nur von den Menschen selbst erschaffene Identitäten innerhalb der Karma-Energie sein könnten, könnte den Nandusgeweihten z.B. dazu veranlassen, zu experimentieren, ob es nicht noch weitere Möglichkeiten gibt, die Karma-Energie zu nutzen oder, ob diese nicht noch weitere Eigenschaften neben den bisher bekannten haben könnte - das könnte man still und leise im Geheimen machen, ohne dass die Praioskirche (oder ein anderer Mensch) etwas davon mitbekommt - Beispiel Borbarad.
Zitat von "Scaw"
Jetzt kommt aber noch ein Kniff der DSA-Welt hinzu (wir gehen jetzt einfach mal von einer Standard-Gruppe aus, die der meisten Vorgaben der Redax folgt):
In der DSA-Welt gibt es Überderisches. Im Gegensatz zu Mit-Helden und Mit-NSCs können sie Gedanken lesen (korrigiert mich bitte, wenn sowas explizit ausgeschlossen ist). Das heißt, auch ein Zweifler läuft damit in Gefahr, von den Göttern und ihren Widersachern bemerkt zu werden.
In diese Richtung zielte auch mein erster Post. In der DSA-Welt ist es, wenn denn der Meister so will, gerade eben nicht egal, was man denkt (so wie in unserer Welt) sondern selbst Gedanken können Konsequenzen haben (in der Form von Einflüsterungen, überderischem Wirken, Malen des Frevlern oder was auch immer).
Die Wahrscheinlichkeit, dass seine Gedanken gelesen werden, ist sehr gering:
1.) Er ist selbst Geweihter und damit schonmal von vornherein am weitesten von den Verdächtigungen der Ketzerei entfernt.
2.) Magier und Praiosgeweihte lesen ja nicht ständig grundlos Gedanken, weil sie das a) gar nicht können (wird ja durch Astralenergie oder Karmaenergie begränzt), und weil es b) dafür - bzw. dagegen - meiner Information nach auch Gesätze gibt.
Bitte beachten:
Da es langsam unübersichtlich wird, möchte ich noch einmal hervorheben, welchen Zweck mein ursprüngliches Posting eigentlich hatte, bevor es nach und nach auseinandergerupft und in kleinen, aus dem Kontext gerissenen Stückchen präsentiert und diesen dann widersprochen wurde:
Ich möchte an sich nur zeigen, welche noch so "seltenen" Gedanken philosophischer Ausrichtung man logisch widerspruchslos wo in der mir bekannten Hintergrundwelt von DSA einbauen könnte, weil es aus mir persönlich nicht erschließbaren Gründen hieß, bestimmte Gedanken seien in Aventurien ausgeschlossen. Ich wollte nur beispielhaft zeigen, dass "dem 'gesunden (aventurischen) Menschenverstand' widersprechende" Gedanken nicht nur in die DSA-Hintergrundwelt integriert werden können, sondern dass es dafür sogar fast schon einen "eigenen Platz", die Nanduskirche, gibt, und ich möchte damit jeden ermuntern, auch gerne mit dem metaphysisch abgedrehtesten Gedankengut in der DSA-Welt herumzuexperimentieren, wenn es ihm (und seiner Gruppe) beliebt. Rollenspiel ist schließlich ein Beispiel par exellance für einen konstruktivistischen Standpunkt; schließlich wird hier ja recht eindeutig eine "eigene Welt" kreiert.
Ich möchte desweiteren ein paar Worte an alle die richten, die immerzu meinen, mit "die Redax hat das so aber nicht vorgesehen" argumentieren zu müssen:
Egal, wieviele Buchbände man auch veröffentlicht, um eine fiktive Welt zu beschreiben, es werden immer mehr weiße Flecken auf dieser Landkarte sein als bunte. Ein besonders deutlich weißer Fleck wird in diesem Threat behandelt. Da es keine mir bekannte Veröffentlichung zu "Phiolosophie in Aventurien jedes einzelnen fiktiven, denkfähigen Individuums" gibt, muss es sich bei denjenigen, die trotzdem genau wissen, was "die Redax" dazu denkt, um die Gedankenleser handeln, die ja noch zuvor in die Welt des Fiktiven verbannt wurden. Diese Gedankenleser müssen darüberhinaus die Fähigkeit besitzen, das Paradoxon zu überwinden, aus sich logisch widersprechenden Ansichten, eine einzige logisch nachvollziehbare Meinung herzuleiten, da es sich bei "der Redax" wohl um mehrere Personen handeln wird, die sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch hin und wieder in ihren Ansichten und Meinungen bezüglich der DSA-Welt uneinig sind. Zurück zum Detail...
Hier ein schönes Beispiel dafür, was passieren kann, wenn man Zitate aus ihrem Kontext reißt:
Zitat von "arnadil"
Ich glaube nicht, dass es um ein Missverständnis geht, sondern um verschiedene Ideen der Welt.
Zitat von "GinNoKatana"
Es ist daher auch viel weniger eine Argumentation, "was richtig ist", sondern viel mehr eine "Sicht auf die DInge und die Welt".
Die Bedeutung der folgenden Zitatsammlung, erkläre ich anschließend:
Zitat von "arnadil"
Das Problem an all dem ist, dass Popper das alles erkannt hat, nachdem zuvor Descartes, Kant, Comte und andere die Grundlagen gelegt haben.
Zitat von "arnadil"
Philosophie entwickelt sich -wie jede andere Wissenschaft- nicht zufällig in diesen Bahnen
Zitat von "arnadil"
Das Ding ist also nicht, dass der Gedanke nicht theoretisch gefasst werden kann, sondern dass er nicht gefasst wird, weil eben kein einzelner Mensch Denk-, Sozial- und Wissenschaftsprozesse von realen Jahrhunderten durchschreiten oder überspringen kann.
Zitat von "arnadil"
Und nur um das klarzustellen: Letztlich beziehen sich deine Thesen ja auf Descartes' Skeptizismus als Methode
Zitat von "arnadil"
Festzuhalten bleibt, dass dieser Gedanke einfach, obwohl uns heute naheliegend, damals (nicht zwingend bei Descartes, aber eben in einer gewissen Zeit zuvor) nicht gefasst wurde und (praktisch!) nicht gefasst werden konnte.
Zitat von "arnadil"
Einstein hätte in Newtons Zeit dessen Ergebnisse bewundert und nicht widerlegt. So einfach! Er brauchte die Erkenntnisse der dazwischenliegenden klugen Köpfe und Zeiten.
Zitat von "arnadil"
@ Moderne: Eine ziemlich überflüssige Einlassung, denke ich, da jeder weiß, was hier gemeint ist. Verstehe also nicht, was dieser Einwand soll außer unnötiger Wissensdarstellung und Verlagerung des Diskussionspunktes. Davon abgesehen hilft es gelegentlich, einen Duden oder wenigstens Wikipedia zu Hilfe zu nehmen, um festzustellen, dass die eigene Definition von "Moderne" als Epoche eben nicht die einzig gültige ist. Damit erübrigt sich dann auch jede Diskussion darüber, da das Wort hier völlig korrekt benutzt wurde. Aber selbst wenn dem nciht so wäre, wäre es völlig egal, weil jeder weiß, was zum Ausdruck gebracht werden sollte.
Die oben gesammelten Zitate sind wohl alle mehr oder weniger aus der Luft gegriffene Behauptungen. Einige davon sogar leichtsinnige Unterstellungen, das letzte ja schon fast beleidigend. Ich werde, weil vermutlich unfruchtbar, nicht auf jedes dieser Zitate eingehen. Eines möchte ich aber klarstellen:
Ich behaupte einfach mal, ich habe das Wort "Moderne" in demselben Sinne benutzt, den es hatte, als gewisse Gedanken zum Thema "Freiheit" als "zu modern" abgetan wurden, als ich mich auf die Gender-Problematik in DSA bezog! Das ich über den Unsinn des Wortes darüber hinaus nicht diskutieren will, habe ich danach mehr als deutlich und unmissverständlich geschrieben:
Zitat von "GinNoKatana"
aber ich will hier aus gutem Grund keine Diskussion über den Begriff "Moderne" anfangen.
Zitat von "GinNoKatana"
Auf andere Probleme, die mit der Benutzung des Wortes "modern" einhergehen, will ich aus Zeit- und Platzgründen an dieser Stelle nicht eingehen.
Wie um himmelswillen kann man mir dann unterstellen, ich würde über diesen Begriff diskutieren wollen?
Das hier:
Zitat von "GinNoKatana"
Ich vermute dieselbe Ursache für unser beidigen Unbehagen, was den Begriff der "Moderne" angeht.
Wenn "modern" "nur" eine Epoche ist, und - angenommen, ich befände mich in dieser Epoche - ein Haus nach barockem Vorbild entwerfe, ist dieses Gebäude dann "barock" oder "modern"?
war eine recht eindeutig an Pickaboo gerichtete, nebensächliche Frage aus reinem Interesse im Kontextt dieser Aussage(, die ich sogar darüber noch zitiert hatte):
Zitat von "Pickaboo"
Was den Begriff "Modern" betrifft habe ich zumindest, was die Architektur betrifft auch immer eine pelzige Zunge ... bei uns Architekten ist das schlicht und ergreifend eine Epoche und keine Eigenschaft.
Dass ich den "Diskussionspunk [unnötig?] verlagere", lasse ich mir auch von jemandem, der in einer Diskussion über den konstruktivistischen Gedankengang plötzlich Beispiele aus Mathematik und Jura anführt nicht sagen!
Um zu den Zitaten weiter oben zurückzukommen, sei noch einmal eines hervorgehoben:
Zitat von "arnadil"
Festzuhalten bleibt, dass dieser Gedanke einfach, obwohl uns heute naheliegend, damals (nicht zwingend bei Descartes, aber eben in einer gewissen Zeit zuvor) nicht gefasst wurde und (praktisch!) nicht gefasst werden konnte.
Um selbst einmal ein bisschen aus der konstruktivistischen, "alles könnte falsch sein" Sichtweise herauszutreten, lass mich dies ganz klar und direkt formulieren: Zweimal falsch!
1.) Wäre dieser Gedanke "uns heute [so] naheliegend", wäre ich hier nicht so oft missverstanden.
2.) Das frühste bekannte Mal, dass der Konstuktivismus im Kern erfasst wurde war gute 500 Jahre v. Chr., und zwar von Buddha! Damit dürfte auch gezeigt sein, dass sich dieser "decart'sche Gedanke" an sich zu jeder Zeit(-"epoche") und in jeder "Kultur" (ein noch komplizierteres Wort als "Moderne") entwickeln kann, oder - vielleicht eleganter ausgedrückt - dass dieser Gedanke in seiner Entstehung als von "Epoche" und "Kultur" unabhängig betrachtet werden kann.
Bevor ich meinen Post abschließe möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ca. ab der Mitte und dann zum Ende hin der Diskussionsstil ein bisschen ruppig wurde, aber ich lasse mir ungerne irgendwelche ausgedachten Dinge vorwerfen und hatte ein bisschen das Gefühl, mich auf einmal für irgendetwas rechtfertigen zu müssen - was ich hoffe, hiermit abgeschlossen ist.
Viele Grüße
GinNoKatana