Hexenverfolgen bedeutet - jedenfalls irdisch - das jemand wegen bösartiget Hexerei odet Ketzerei angeklagt wird; und ähnlich passierte es zu Priesterkaiserzeit.
Ob alle Autoren das genauso verstehen ... wenn es nur Hexen wären, müssten sie bereits ausgestorben sein.
Tja, die verbreitetste magische Tradition unter Menschen sind die Gildenmagier ... die wesentlich seltener von Verfolgung betroffen sind als Hexen. Und wenn jemand Zauberer allgemein verfolgt, spricht man normalerweise von einem "Magierpogrom", weil es offenbar auch post-Borbarad ungewöhnlich genug ist, dass man es von der üblichen Hexenverfolgung abgrenzen will.
Es ist kein besonders gewagter Gedankengang, dass Hexen, als dezentrale, meist von Mutter zu Tochter weitergegebene Tradition, durch die Verfolgung unter den Priesterkaisern massiv an Größe und Einfluss eingebüßt haben und dass es heute in Aventurien deutlich weniger Hexen gibt als vor den Priesterkaisern.
Das führe ich nicht monokausal auf die Verfolgung unter den Priesterkaisern zurück, da spielen auch Dinge wie das organisierte Recruiting und die verschulte Ausbildung der Gilden eine Rolle. Damit findet man mehr potenzielle Mitglieder und kann mehr auf einmal ausbilden. Aber wenn man über ein Jahrhundert lang der Archetyp der praioslästernden Zauberin ist und das Ziel des inquisitorischen Wahns "besser" verkörpert als andere Traditionen, dann schlägt sich das leider auch in einem stärkeren Verfolgungsdruck nieder und der wiederum in einer niedrigeren Verbreitung.
Gleichzeitig halte ich die Priesterkaiser nicht für kompetent genug, um satuarische Magie flächendeckend auszurotten. Die Praioskirche hat ein paar Marotten, die sie in ihrer Eignung als Verfolger von Zauberern zum Glück doch sehr massiv einschränken, bspw. ihre Abneigung gegen alles, was mit Heimlichkeit, Subtilität und Hinterlist zu tun hat oder den Umstand, dass sie bis auf ein paar fehlgeleitete Duckmäuser wirklich jeden potenziell hilfreichen Zauberer verprellt und unter den Priesterkaisern sogar die Anhänger anderer Gottheiten. Dazu sind Durchschnitts-Praioten in der Wildnis eher hilflos. Und von Wildnis hat Aventurien nun nicht gerade wenig.
In Gareth lebt eine Stadthexe, zieht zwar regelmässig um aber ihre Nachbarn geniessen dann deren Schutz.
Eine offen lebende Hexe in der größten Stadt Aventuriens. Wie viele "geoutete" Gildenmagier leben da noch mal?
Eine umfassende Verfolgung der Hexen wäre nach den Priesterkaisern sicher nicht haltbar, das postuliert ja auch niemand. Man wird immer ein paar offen als Hexe auftretende Hexen finden, auch im MR. Aber der Normalfall ist das nicht. Wie ich selber schon gesagt habe, gibt es für diese "versteckte" Lebensweise auch andere Gründe als eine Verfolgung, die lokal wesentlich schwerer wiegen, aber die Bedrohung schwingt in vielen (nicht allen!) Gegenden schon im Hintergrund mit, auch wenn sie heute weniger konkret und kaum von der Obrigkeit gedeckt ist. Real ist sie trotzdem - so lange die Bannstrahler existieren, wird sich daran auch nichts ändern. Die sind heute eben nicht mehr der tonangebende Teil der Kirche, aber die Praioten dulden ihre Existenz zumindest. Und so lange das der Fall ist, brauchen die Töchter Satuarias auch einen militanten Flügel in Gestalt der Verschwiegenen Schwestern, der sich dieses Problems dann annimmt und die Aufgaben übernimmt, die für eine harmlose Kräuterfrau zu brachial und zu grausam, aber manchmal eben trotzdem notwendig sind.
Wieso die Hexen nur in Aranien so einen guten Stand haben wäre ein anderes Thema.
Matriarchalische Gesellschaftsform plus Aranischer Exodus. Es ist schon auffällig, dass Hexen öfter davon profitieren, wenn die Gilden einen drüber kriegen. Das oben genannte Beispiel Albernia fällt ja auch in diese Kategorie. Aranien und Albernia haben die Gilden beide während der Magierkriege hinauskomplimentiert und die Hexen konnten dann die freigewordene Lücke ausfüllen.
Im Einzelfall ist eine Hexe auch sicher in der Lage, eine bessere Verbindung zur einfachen Landbevölkerung aufzubauen als der hochgelehrte Herr Magister extraordinarius. Aber in der Fläche scheint eine umfassende, über den Einzelfall hinaus gehende Akzeptanz satuarischer Magie zu erfordern, dass die bestens im Sattel sitzenden und mit umfassenden Privilegien ausgestatteten Magiergilden entscheidend geschwächt werden.
Die haben ja einen nicht zu unterschätzenden finanziellen Vorteil dadurch, dass sie im MR offiziell die einzigen sind, die für Zauberei auch Geld verlangen dürfen. Rein gesetzlich darf die Hexe für ihren profanen Kräuter-Badezusatz Geld nehmen, aber wenn sie den an einer Panikattacke leidenden Dorfschmied mit Zauberschnurren beruhigt oder das beste Pferd des Grafen mittels Tiere Besprechen von einer Kolik errettet, wenn sie der Dorfschulzin mittels Transmutare ein Makeover verpasst oder mittels Satuarias Herrlichkeit etwas Schwung in das eingeschlafene Liebesleben der Fischersleut bringt, dann muss sie das offiziell alles pro Bono machen, obwohl das viel anspruchsvollere Aufgaben sind als ein bisschen Kräuterkunde.