Ich finde das Abenteuer inhaltlich sehr gelungen und von der Handlung gut strukturiert. Besonders dass das Thema „Sternenfall“ endlich weiter beleuchtet wird, finde ich prima –
zumal man als Spielleiter ja leider kaum Infos zum entsprechenden Meta-Plot
erhält und ich mir hier alles mühsam aus den vielen erratischen Fragmenten
zusammensuchen muss, die über die letzten Jahre in diversen DSA5-Publikationen
eingestreut wurden.
Sprachlich ist der Band schön "durcherzählt" und in seinen Kapitellängen
und -inhalten ausgewogen. Ich frage mich aber, ob genau diese Art der erzählerischen
Darstellung von Inhalten für diese Publikationsreihe und für den Zweck, zu dem Ulisses
diese Abenteuer herausgibt (unkomplizierte und schnell vorzubereitende One-Shot-taugliche
Abenteuer, die auch in eine Kampagne integriert werden können), wirklich so optimal
ist. Bei der Heldenwerk-Reihe oszilliert die Redaktion meiner Meinung nach
etwas ungeschickt zwischen dem Versuch einerseits eine „dichte“ Beschreibung
mit textlichen Stimmungsbildern einer Person/Region/Stadt zu erzeugen und dem
Versuch den Spielleitern eine knappe Vorlage an die Hand zu geben. Aus meiner
Perspektive als Spielleiter sind die Texte häufig nicht wirklich optimal auf
Kürze und Prägnanz getrimmt, was auch daran liegen könnte, dass sie häufig copy-paste-Inhalte anderer Publikationen sind, die nur minimal angepasst wurden.
Ich habe selbst viele Jahre lang wissenschaftliche
Texte verfasst und redaktionell aufbereitet und je beschränkter der verfügbare
Platz bzw. die Seitenzahl ist, desto aufwendiger ist für die Redaktion in der Regel die Nachbearbeitung
und das Feintuning, Zusammenzurren und Polieren der Texte. Dieser Schritt
scheint mir häufig zu kurz zu kommen, da viele Textpassagen mit Blick auf ihre
inhaltliche Relevanz eben zu prosaisch und detailverliebt daherkommen, während in
Abschnitten, in denen ich mir als Spielleiter mehr Tiefe wünschen würde, zu
wenig Informationsgehalt steckt. Natürlich erfordert auch ein Heldenwerk-AB vom
SL eine gewisse Vorbereitungszeit und einen Recherche-Aufwand. Aber die
Redaktion sollte meiner Ansicht nach besser zwischen spielrelevanten und eher
beiläufigen Spielinfos unterscheiden. Meine Deutschlehrerin hätte jedenfalls bei den meisten
Seiten der Heldenwerk-ABs den Korrekturvermerk „STRAFFEN!!“ an den Rand gekritzelt.
Die Infos müssten generell in der Reihe viel mehr eingedampft und auf den
Gebrauch am Spieltisch ausgerichtet werden.
Hierzu ein Beispiel aus dem „Federfall“:
Ich denke jeder SL weiss, wie ein Basar aussieht, was es dort für Gerüche und Sinneseindrücke
gibt. Auch was bei einem Fest in einer solchen Region für Speisen aufgetischt
werden, kann ich mir notfalls spontan aus den Fingern saugen. Äusserlichkeiten
von Personen, die nicht für den Handlungsverlauf relevant sind, brauche ich in
dem Text ebenfalls nicht unbedingt. Das alles sind keine SPIELRELEVANTEN Infos.
Schön, dass sie im Text stehen, aber sie nehmen den wirklich wichtigen Infos
Platz weg. Wenn dann in den Rezensionen und Foren immer zu lesen ist, dass
„dies und das ja leider nicht mehr aufgenommen werden konnte, da die Seiten-
und Zeichenzahl begrenzt sei“, dann ist das für mich kein Argument, sondern
eine Aufforderung an die Redaktion besser auszubalancieren, welche Infos
wirklich notwendig und wie sie zu präsentieren sind. Alles „Überflüssige“
rausstreichen, sollte bei diesem Konzept die oberste Devise sein, damit
Wichtiges seinen Platz in dem Heft findet.
Dem jeweiligen Autor des ABs kann man diese Defizite der
Reihe nicht wirklich anlasten, da jeder Verfasser natürlich versucht, seine
Idee so wort- und bildreich wie möglich zu vermitteln. Hier ist die
Redaktion gefragt, die entsprechende Vorgaben zu machen und die Manuskripte aufzubereiten
bzw. in der x-ten Korrekturschleife entsprechend durch die Mangel zu nehmen.
Auch sollte bei der Planung eines solchen Abenteuers berücksichtigt werden, welche
Infos der Spielleiter sich über andere Kanäle wie leicht beschaffen kann. Nehmen
wir hierzu ein Beispiel aus dem „Federfall“: Die Ortschaft Omlad war bisher ja nicht unbedingt Hotspot oder ständiger Handlungsort
von Abenteuern und die wenigen Infos, die es in „Herz des Reiches“ oder im WIKI
gibt, gehen auch nicht unbedingt in die Tiefe. Für einen Spielleiter ist genau
das aber ein Risiko, wenn man seine Gruppe nicht an der total kurzen Leine
durch den Plot führen will. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich meine Heldengruppe nach wenigen Minuten im Basar von Omlad in die erstbeste Seitenstrasse
verziehen wird und dann auf Stadterkundung geht... hoppla!! Was mache ich dann?
Kurzfristige spontane Erzählungen und Stimmungseindrücke lassen sich ja
problemlos aus dem Hut zaubern, aber sich zu einer bisher weitgehend
unbeschriebenen Ortschaft alle möglichen Szenarien aus dem Hut zu zaubern ist genauso
anstrengend und heikel wie sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten.
Wenn es schon
Omlad sein muss, dann würde ich einen Stadtplan oder eine doch etwas
detailliertere Stadtbeschreibung erwarten. Nicht die blumigen, aber etwas
banalen Stimmungsbilder, die der Text in der Ortsbeschreibung (S. 5f.) liefert
(genau solche Stimmungsbilder kann ich als SL auch spontan improvisieren). Wenn ich nun recherchiere, wo es evtl. Pläne und Karten zu Omlad gibt, erfahre ich aus dem WIKI, dass es tatsächlich einen Stadtplan zu geben
scheint... und zwar in „Der Mondkaiser“. Ein Blick in den eBook-Store von
Ulisses zeigt mir allerdings, dass das Buch nicht als PDF angeboten und auch im
F-Shop nicht verkauft wird. Also bleibt nur der teure Bieterwettkampf über bekannte
Online-Flohmärkte. Der pixelige Stadtplan, der auf Dere-Globus verfügbar ist, bleibt
ohne Erläuterungen und Quellenangabe (ist das der Plan aus dem „Mondkaiser“?).
Den betreuenden Redakteuren müsste eigentlich klar sein,
dass der SL hier bei der Recherche nach wenigen Klicks in einer frustrierenden
Sackgasse landet. Absolut
unnötig! Und wenn
dann wieder das Argument vorgeschoben wird, dass ja die Zeichen- und
Seitenzahl begrenzt ist... s.o. den Punkt „Straffung“ des Fliesstextes! Wieso wird
nicht auf der Ulisses-Produktseite ein Link zu einem markierten SL-Bereich eingefügt,
an dem die entsprechenden Daten/Dokumente, die im Heft keinen Platz mehr
gefunden haben, als Download angeboten werden?
Fazit: Statt prosaischer Textabschnitte erwarte ich als Spielleiter
von einem solchen Abenteuerband
1. soviele Infos wie möglich (zumindest alle Infos, die
nötig sind)
2. möglichst „knackig“ und knapp (Stichpunkte) aber trotzdem
3. möglichst übersichtlich (gerne als Tabelle, Diagramm,
Grafik)
präsentiert zu bekommen. Daraus passende Stimmungen zu generieren
(mittels blumiger und beschreibender Darstellung der Szenerie, Illustrationen,
Geräusche usw.) ist MEIN mehr oder weniger spontaner Job am Spieltisch. Die
teils prosaischen Ausführungen in den Hintergrund- und Ortsbeschreibungen der
Heldenwerk-Reihe fressen viel Platz und machen das Ganze eher träge für den
Einsatz am Spieltisch.
Ich werde das AB bei einer unserer nächsten Runde leiten und bin angesichts
der klaren Struktur und des übersichtlichen Verlaufs ziemlich sicher, dass es
gut funktionieren wird. Die obigen Kritikpunkte beziehen sich daher auch
weniger auf konkrete Inhalte des "Federfalls", als vielmehr die noch fehlende redaktionelle Arbeit hinter dem Band und der daraus resultierende Recherche-Stau bzw. die Mehrarbeit für mich als SL.