Wenn ich nicht aus der SIcht einer Figur schreiben soll, was mache ich dann?
Eigentlich haben ja schon einige etwas dazu gesagt. Es ist wie ein Setting-Band. Aber wenn du noch etwas mehr Struktur haben willst, dann orientiere dich einfach an Pitch, Expose, Design Manual (auch wenn du es niemanden zuschicken willst). Aber es schadet nicht, schon mal in den Kategorien zu arbeiten
- In dem Pitch fasst du die Grundidee in drei bis sechs Sätzen zusammen. Was macht das Setting einzigartig und wodurch ist es ungewöhnlich.
- Im Expose beschreibst du das Fundament, das das Setting trägt und einen Überblick. Das Expose sollte unter 2 Seiten lang sein.
- Das Design Manual ist die eigentliche Beschreibung. Primär geht es darum, welche Konsequenzen ergeben sich aus den Punkten des Fundamentes. Welche Gesetze gelten für das Setting. Welche Fraktionen und Parteien ergeben sich daraus, welche Kulturen und Strukturen. Dann kann man bei einigen Sachen schon etwas mehr ins Detail gehen, und einige Gegenden und Kulturen beschreiben. Am besten du machst erst einmal ein Inhaltsverzeichnis/Überschriften, um zu sehen, was du beschreiben willst.
Aber um mal ein Gedankenspiel zu wagen – ich will nicht sagen, das du dein Konzept anpassen sollst! Ich will nur zeigen, wie man ein paar Sachen ableitet.
Vor langer Zeit gab es runde, ordentliche Welten. Und von diesen Welten gab es ordentliche, viereckige karten, die man manchmal noch findet. Dann gab es eine Katastrophe von kosmischen Ausmaß, Welten sind kollidiert, einige Welten sind zerstört und vergessen worden.
Der Zusammenstoß der Welten war kein physikalische Zusammenstoß, sondern die Welten sind zusammengefallen und die Dimensionen verdreht worden. Regional, soweit der Blick reicht, scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Aber alles was darüber hinaus geht ist nicht-euklidisch und verbogen. Um es anders zu sagen, wenn man von dem Ort A eine Tagesreise nach Norden und dann eine Tagesreise nach Osten reist, erreicht man Ort B. Wenn man von A einen Tag nach Osten und dann einen Tag nach Norden reist, erreicht man C. B und C liegen nicht im entferntesten beieinander. Der sicherste Weg von B nach C sind vier Tagesreisen. Kartografie hat sich zu einer eher abstrakten Wissenschaft entwickelt.
Daraus ergeben sich einige Konsequenzen, die man ableiten kann:
- Es gibt klassische Karten, aber Wegbeschreibungen. Vielleicht etwas wie die Traumpfade der australischen Aborigines, Weglieder.
- Reisen ist gefährlich, wenn man vom Weg abkommt, dann verirrt man sich wirklich. Es ist unmöglich der Sonne und der ungefähren Richtung zu folgen, um nach Hause zu kommen.
- Da der Weg gefährlich ist, haben sich Händler organisiert, um meisten mit Karawanen zu reisen. Ich finde den Gedanken naheliegend, das es eine starke Händler & Navigatoren-Gilde gibt, die Karawanen organisieren, Wegbeschreibungen und Weglieder sammelt. Und die dafür sorgt, das es befestigte Straßen gibt und deutliche Wegmarker.
- Es gibt Wegliedsagas, die jahrelange Reisen im Detail beschreiben.
- Da es keine Grenzen gibt, würde ich eher vermuten, das es eher Verbunde von Stadtstaaten gibt, als große Imperien. Und es gibt hier schon einmal eine Konfliktlinie mit der Handelsgilde, die ja von den jeweiligen Herrschern fordert, das sie die Straßen unterhalten und auch Städte boykottieren kann.
- Überseehandel ist nicht möglich. Sobald man die Küste aus den Augen verliert, befährt man einen potentiell, grenzlosen Ozean – ohne einen Zielhafen bestimmen zu können.
Auf der anderen Seite können sich die Meeresströme anpassen und Kulturen, die permanent auf dem Meer leben, sind gut denkbar. Erdsee, Tharun oder Glorantha haben entsprechende Vorbilder.
- Magische Gegenstände, die verfolgen, wie man sich bewegt hat, oder die eine Navigation im allgemeinen ermöglichen sind so wertvoll wie eine kleine Stadt.
- Es kann Ort geben, die man sehr leicht aus vielen Richtungen erreicht, andere findet man nur sehr schwer und sind abgelegen.
Da es höhere Dimensionen gibt, liegt es nahe, das dort Lebewesen existieren, die Multidimensional sind. Zum Beispiel Elementarherren und ähnliches. Natürlich ist Flatland von Abbott eine gute Anregung zu den Fertigkeiten von multidimensional Lebewesen.
- Sie können an mehreren Orten gleichzeitig sein und jeweiligen unabhängig agieren.
- Da der Anteil des Wesen im dreidimensional Raum winzig ist, kann es dort auch nicht ernsthaft verletzt werden (Höhere Dimensionen haben immer ein größeres "Volumen").
- Es kann die Form wechseln verschwinden und wieder erscheinen.
- Die Wahrnehmung erstreckt sich auch über Mauern, in Taschen usw.
- Die Schwerkraft spielt keine Rolle. Wichtig ist nur der Schnittpunkt zwischen dem Wesen und dem Dreidimensionalen Raum. Für den Beobachtet sieht es aus, als ob es fliegt oder in der Luft stehen bleibt.
- Ich frag mich, wie ein Leichnam eines solchen multidimensionalen Wesen aus sieht. Ich habe kilometerhohe Bögen von Materie vor meinen Augen, die seit der großen Katastrophe in der Luft stehen. Die im Raum verschwinden und neu aus dem Nichts auftauchen …
Gibt es Götter und ist es gerade ihre Qualität, das sie ausserhalb des physikalischen Raum existieren. In weit haben sie mit der Apokalypse zu tun, waren einige der Götter der Auslöser der Katastrophe. Welche Gesetze gelten für sie.
Das war jetzt nur ein kleinen Beispiel, bei der ich on the fly, wie man aus einem Punkt des Settings weitere Ideen entwickeln kann. Und aus ihnen ergibt sich ja dann auch mehr …
Wußte gar nciht das alle DSA-Romane in den 70er geschrieben wurden.
Es ist nicht die Frage, wie das fertige Produkt aus sieht, sondern wie es entwickelt wird. Welche Storytelling-Tools der Autor benutzt.
Ich will nicht sagen, das eine Methode besser ist als die andere. Storytelling hat halt seit den Achtzigern (vor allem in den USA) eine rasante Entwicklung gemacht. Inzwischen ist es häufig so, das man bei einer neuen Figur erst einmal eine Karteikarte raus holt und dort eine kurze Beschreibung macht. Das man sein Charakterzüge-Modell benutzt, um die Motivationen fest zu halten. Und dann die Verknüpfungen zu anderen Figuren entwickelt. Das merkt man z.B. bei A Song of Ice and Fire. Und letztendlich führt es dazu, das eine Figur nicht mehr ein Held ist, sondern das sie sterben kann. Das ist nicht nur Effekthascherei, sondern hat auch einen Hintergrund.
Eine ähnliche Entwicklung gibt es ja auch bei Rollenspiele wie Burning Whee, Beyond the Wall und Dungeon World.
Und bei einem pitch für einen Verlag oder Publisher wird inzwischen deutlich davon abgeraten, mit der Story und einem Charakter anzufangen.