Hi!
Der Geist gibt ja bei seinem ersten Auftritt Hinweise auf den Verbleib der Sätze der Sinfonie; wie einfach hast Du das Deinen Helden gemacht?
Ich find leider meine Unterlagen momentan nicht, aber ich meine, ich habe mir damals einen Text vorgeschrieben, den ich dann vorgetragen habe, in dem diverse Ansatzpunkte waren - und meinen Spieler*innen dann die Möglichkeit gegeben, bezüglich bestimmter Sätze/Fragestellungen Proben zu würfeln, um mehr darüber zu erfahren. Wenn sie die richtigen Sätze auswählen, also ihre Spieler*innen-Denkarbeit geleistet haben, dann hing es nur noch von den Würfeln ab, wie viel ihnen das gebracht hat.
Und wie sollen die Helden darauf kommen? Es wird im Abenteuer kein Hinweis darauf gesetzt.
Sie haben gesucht. Waren ja schon in der richtigen Gegend. Wenn eine*r von ihnen sich sehr doll wundert, warum in der Urne von Montazzi nichts liegt, kannst du ja auf G&K würfeln lassen, ob Dorgando das Grab eines verehrten Intendanten schänden würde, wenn es noch andere Möglichkeiten gibt, die subjektiv weniger Leidensdruck erzeugen, weil der Name an der Urne schon lang nicht mehr lesbar ist und es sich daher nicht um eine so konkrete, fassbare Person handelt, an deren Boronsruhe man rumpfuscht.
Keine Ahnung, ob ich damit richtig liege, aber ich habe das Gefühl, du machst dir ein bisschen zu viele Sorgen. Meiner Erfahrung nach stellen sich sehr viele dieser Fragen im Abenteuer von den Spieler*innen so gar nicht. Die verwenden nicht Stunden darauf, sich ausgiebig vorzubereiten auf diese Situationen, daher fällt sehr sehr viel gar nicht auf, worüber du dir jetzt Gedanken machst. Ich kann verstehen, dass du möglichst gut vorbereitet sein willst, vor allem, weil es dein erstes größeres Abenteuer ist, aber: Tief durchatmen! Deine Spieler*innen werden sowieso Punkte finden, über die du vorher noch nicht nachgedacht hast, und sie werden ganz ganz viel übersehen, was dir vorher noch total wichtig erschien. Abenteuer leiten erfordert zwar gerade bei vielschichtigeren Abenteuern wie diesem hier auch viel Vorbereitung, aber das wichtigste ist immer noch, es den Spieler*innen hinterher vernünftig zu verkaufen. Dafür muss es im Großen und Ganzen eingebettet nicht immer komplett Sinn ergeben, die Spieler*innen haben nur einen kleinen Einblick und solange man überzeugend wirkt, klappt das
(Und es ist auch absolut kein Problem zu sagen "Okay, da ist das Abenteuereis etwas dünn unter den Füßen, please just roll with it", das habe ich gerade am Anfang als DM auch öfter mal gemacht. :D)
Und wie haben Deine Helden das Problem des Boron-Novizen gelöst? Ich meine, der wird die Helden nicht einfach irgendwelche Urnen oder Gräber eröffnen lassen. Und er kennt sie nicht, hat also auch keinen Grund, ihnen einfach eine Geister-Sinfonie-Geschichte zu glauben.
Denen fällt schon was ein. Ich hab mittlerweile oft nicht mal unbedingt eine Lösung für ein im Abenteuer nicht durch einen konkreten Weg gelöstes Problem im Kopf, meine Spieler*innen dürfen ja auch ein bisschen selbst denken
Bisherige Lösungen, die mir ad hoc einfallen:
- phextreue Dokumentenfälscherin hat ein paar Infos über den Boroni eingeholt, und dann einen wichtigen Brief eines "Freunds" gefälscht, den sie ihm dann überbracht hat, weil sie diesen Freund angeblich auch kennt, und der sofort Hilfe braucht
- ähnlicher Charakter, hat ein Dokument gefälscht, dass ihm die Durchsuchung erlaubt. Dazu gutes RP & ein paar Proben a la "Möchtest du das wirklich jetzt abklären lassen, lieber Boroni, wenn dieser Brief mit Siegel klar sagt, dass jetzt sofort diese Untersuchung durchgeführt werden muss? Du kannst dann ja gerne [Hohepriester] erklären, warum wir mit unseren Ergebnissen zu spät kommen..."
- Ablenkung, sowohl durch Feuer als auch durch Magie, genug, um den Boroni beschäftigt zu halten während die eher unscheinbaren Held*innen suchen
- Boroni konkret verzaubern/einschlafen lassen
- eine eher wenig göttergläubige Truppe hat den armen Kerl auch mal gefangen genommen, das hat dann auch entsprechende karmale Folgen gehabt, aber es hat geklappt
Insgesamt ist das Täuschen eines Boroni zwar höchst frevelhaft, aber er ist ja im Endeffekt nur ein Opfer der Umstände, die Held*innen tun das ja nicht aus Disrespekt gegenüber Boron, sondern um Vinsalt zu retten. Ein paar Nächte schlechten Schlaf haben sie sich je nach Hintertücke schon verdient, aber weitergehende Konsequenzen göttlicher Natur habe ich nie verhängt, das große Ganze ist Boron da durchaus bewusst..
Der Autor schlägt zudem vor, den Geist des Magiers auftreten zu lassen, wenn die Helden das Schriftstück gefunden haben; aber die sind ja nicht alleine. Besagter Novize ist zumindest vor Ort. Wie hast Du das dargestellt? Wilde Attacken des Geistes? Reaktion des Novizen und ggf. von Gardisten, die zu Hilfe eilen?
Hmm, hängt ein bisschen von der Gesamtstimmung ab, das hab ich vorher nie so ganz festgelegt - in welcher Verfassung der Boroni nach heldischer Einwirkung zB war. IdR würde ich den Geist aber zB mit Urnen oä schmeißen lassen, und spätestens, wenn die erste Boronsruhe endgültig geschändet ist (also, über die Suche der Held*innen hinaus, die ja hoffentlich doch eher respektvoll erfolgt :D), weil sich die Asche überall verteilt, wird er dann wohl die Garde hinzuziehen. Da kommt's dann drauf an, wie geschickt die Held*innen darin sind, sich aus der Angelegenheit rauszureden.
Erfolgreich war zB schon die Geschichte, dass es eben um die Stilllegung eben jenes Geistes geht, der da so frevelhaft letzte Ruhestätten schändet, damit so Situationen nicht noch mal auftreten können.
3. Kuslik/Halle der schönen Künste: Auch keine einfache Aufgabe; der Satz ist in dem gut bewachten Bild. Wie haben Deine Helden das gelöst? Hier ist der Vorschlag des Autors übrigens ziemlich gut, den Geist als Joker einzusetzen, wenn die Helden keine gute Idee haben; ein Kauf des Bildes wäre wahrscheinlich auch für meine Truppe der eindeutig bessere Weg als etwa ein Einbruch.
Magie, Bestechung, Ablenkung (Feuer? fEUER!!!), Kauf, Kampf. Glaube, das ist alles, was mir bisher untergekommen ist. Aber das ist wieder Denkarbeit, die ich meiner Truppe überlasse.
a. Trance: Trotz Amulett mit Psychostabilis beschreibt der Autor, dass die Musiker in der Sotteranea „wie in Trance“ spielen. Von der Musik scheint also eine solche Wirkung auszugehen. So auch in der Oper: Nicht nur die Musiker seien in Trance, so schreibt er, sondern auch das Publikum scheine sich in einer Art Dämmerzustand zu befinden.
Soso. Aber wieso trifft das nicht die Helden? Wenn die Musik eine solche Wirkung hat, dann dürften auch die Helden davon nicht verschont bleiben. Und sei es, dass man als Meister eine imaginäre Uhr ticken lässt, etwa: „Ihr merkt, dass die Musik eine XY-Wirkung auf Euch ausübt; wahrscheinlich bleibt Euch nicht allzu lange Zeit, in der ihr handeln könnt“. Und das dann individuell auswürfeln auf Magieresistenz. Und wenn die Zeit abgelaufen ist, dann fallen halt auch die Helden in Trance. Und Peng, sind wir bei Punkt 6. unten.
War das ein Thema bei Dir? Wenn ja, wie bist Du damit umgegangen? Wenn nein, findest Du nicht auch, dass sich hier ein Widerspruch zeigt: Alle sind in Trance, nur die Helden nicht? Finde ich erklärungsbedürftig.
Die Frage hat sich bei mir nie gestellt. Spontan würde ich es über das Bewusstsein der Wirkung und konsekutiven inneren Widerstand regeln:
Bei den Held*innen besteht innerer Widerstand gegen die Wirkung, sie wissen, worauf sie sich gefasst machen müssen. Ein gewisser Bestandteil der Wirkung der Musik selbst scheint ja in der Freiwilligkeit der Hingabe zu liegen, die man bei den Besucher*innen der Oper größtenteils voraussetzen kann. Wenn du magst, kannst du die Held*innen ja zwischendurch auch Proben (abhängig vom System, ich habe in 4.1 & 5 & einem Hausregelmix basierend auf 3 geleitet, irgendein Talentwert findet sich schon) ablegen lassen, ob die Wirkung nicht doch etwas stärker wird und eine*r von ihnen den Eindruck macht, abzudriften... Nichts, was sich nicht mit einer beherzten Ohrfeige oder kaltem Wasser im Gesicht lösen lässt, aber genug, um ihnen ein bisschen Druck zu machen.
b. Wie sieht die Lösung in der Oper aus? Ich tue mich schwer mit den Lösungsvorschlägen des Autors, eine Sphärenruptur in der Oper abzuwenden: Bei der Szene in der Sotteranea beschreibt er, dass es zu einer Sphärenruptur auch komme, wenn die Helden versuchen, die Musiker aus ihrer Trance zu wecken, ihnen die Instrumente zu entreißen oder einen SILENTIUM zu sprechen; er betont, dass solche „unkontrollierten“ Versuche, das Ritual zu beenden, zu der Ruptur führen.
Die nicht-richtigen Musikinstrumente haben verstärkende Wirkung, sofern die richtigen Musikinstrumente alle ihren Dienst tun. Wenn die Held*innen alle nicht-relevanten Musikinstrumente ausschalten, wird die Kraft der Musik-Magie schon mal schwächer und etwaiges Eingreifen der Held*innen einfacher.
Ich habe die Größe des Risses übrigens durch Lautstärke von Musik dargestellt. Je näher das Versagen, desto lauter die Musik. Hatte bei ein paar Runden das Glück, dass wir nicht auf Nachbarn achten mussten, und habe dann mit voller Lautstärke dafür gesorgt, dass meine Spieler*innen sich auch kaum noch verständigen konnten, wenn sie zu viele Fehler hintereinander gemacht haben, das hat ordentlich an ihren Nerven gekratzt, war aber ein echt cooles Erlebnis
Ich erinnere mich an folgende Lösungen:
- die coolste Lösung, die ich bisher hatte: Ein Meister-Barde, der die Aufführung Stück für Stück an sich gerissen und in eine richtige Richtung gelenkt hat. Hat für ihn sehr viele Proben gebraucht, weil er quasi Stück für Stück die einzelnen Musiker*innen "umgespielt" hat, was durch die anderen Held*innen unterstützt wurde, in dem sie im richtigen Augenblick für Ablenkung gesorgt haben. Alles immer vor dem Hintergrund der möglichen Ruptur und lauter werdender Musik, wenn seine Probe nicht gut genug ist oä.
- Magie, um den Dirigenten unter die eigene Kontrolle zu bringen und das Stück von dort aus in die richtige Richtung zu leiten
- den Dirigenten wie im Abenteuer vorgeschlagen ersetzen
Für mich ist die Absicht desjenigen, der die Aufführung leitet, der springende Punkt bei ihrem Ergebnis.
6. Scheitern: Worauf ich als Meister-in-Ausbildung wohl am wenigsten vorbereitet bin, ist ein Scheitern der Gruppe. Was mache ich, wenn meine Gruppe keine stimmige Lösung findet? Hier steht ja u.a. auch die Gefahr im Raum, dass die Helden sterben könnten. Und auch wenn ich der Meinung bin, dass das bei DSA absolut möglich sein muss, zwingend sogar, möchte ich ungerne bei meiner ersten Leitung, Helden über den Deister gehen lassen.
Ich meine, das Wurst-Case-Szenario wäre, es kommt zu der Ruptur und allerlei Dämonenzeugs kommt durch den Riss, der zugleich zahlreiche der in der Oper anwesenden verschlingen wird. Chaos. Tot. Und ein Unheil, das kaum auf die Oper begrenzt wäre. Umgehen könnte ich das eigentlich nur, indem ich es einfach nicht dazu kommen lasse, sondern ein „Glück-gehabt“ Szenario daraus mache. Der Riss wird immer größer, es verschwinden auch viele Menschen darin, Musiker, vielleicht der CCC-NPC, Teile des Publikum, aber als die Musik endet, schließt er sich auch wieder ebenso schnell.
Scheitern lassen ist nicht einfach. Ich töte keine Held*innen (endgültig), ohne dass es mit den Spieler*innen abgesprochen ist oder sie bewusst Wagnisse eingehen, bei denen klar ist/sein sollte, dass sie ihr Leben riskieren. Von einigen meiner Leute habe ich eine Blanko-Erlaubnis, ihre Held*innen zu töten, wenn es passt ("Ich werde dich hassen, aber ich weiß halt, dass du das cool machen würdest - und meinen Char nicht einfach so umbringst"), bei anderen weiß ich, dass das Umbringen ihrer Held*innen mit viel Verlust an Spielspaß verbunden wäre. Mag ich persönlich nicht, DMs, deren, äh, schlüssige Leitungsfähigkeit ich vertraue, dürfen meine Chars immer killen, aber wenn es einem meiner Spieler*innen so sehr den Spaß verdirbt, dann nehme ich darauf Rücksicht. Fingerspitzengefühl und im Zweifel ein bisschen göttliche Intervention, immerhin versuchen die da gerade, dämonisches Treiben zu verhindern.
Du kannst dir überlegen, ob du ihnen jemanden zur Seite stellst, der ggf hilfreiche Tipps geben kann - etwas deus ex machina geplant, weil der Char quasi in jeder Situation den entsprechenden Hinweis geben könnte, aber das müssen die Held*innen ja nicht wissen.
Ich hab aber die Erfahrung gemacht, dass mit ein paar Proben & den Spieler*innen durchaus mal Zeit geben, um zu diskutieren und vorläufig zu scheitern, jede Truppe irgendwann zu einer Lösung kommt. Ruhe bewahren und die Spieler*innen wissend anlächeln, wenn sie verzweifeln. Solange sie das Gefühl haben, dass es ganz normal ist, dass sie gerade nicht weiter wissen, werden sie weiter nach einer Lösung suchen - die vertrauen schon drauf, dass du ihnen genügend Hinweise gibst. Und wenn sie gar nicht weiter kommen und es auf die Motivation zu schlagen scheint, dann gibt es immer viele Möglichkeiten, in die richtige Richtung zu schubsen. Und sei es nur die berüchtigte "...Und jetzt würfelt bitte alle mal auf Klugheit"-Anweisung ist.
(Falls alles schief geht: Scheitern lassen. Ruptur rupturiert. Leute verschwinden darin. Und du hast bis zum nächsten Abend Zeit dir Anregungen & Ideen zu holen, wie die Held*innen das ganze wieder retten können. Manchmal brechen Abenteuer komplett aus und es geht halt einfach wirklich nicht so weiter, wie es in den Eventualitäten des*der Autor*in abgedeckt ist. Call it a day, und ab da wird dann improvisiert. Oft findet sich auch ein anderes Abenteuer, auf dessen Grundlage man dann weiterspielen kann/dessen Idee man klauen kann, um einen funktionierenden zweiten Teil präsentieren zu können.)
Insgesamt:
Tief durchatmen! Das wird!
Du hast dir schon ungefähr hundertmal mehr Gedanken gemacht als ich vor meinem ersten Abenteuer, und rund doppelt so viele Gedanken zu den Hintergründen dieses Abenteuers an sich. Ich hatte auch schon Held*innen, die Teile des Abenteuers komplett falsch verstanden haben, aber dann zum richtigen Ergebnis gekommen sind, oder sie haben einfach akzeptiert, dass aus ihrer Held*innen-Sicht irgendwas keinen Sinn ergibt, weil die dämonische Welt so krude und bösartig ist, dass sie gar nicht verstehen wollen, was dahinter steht.
Ich wünsch dir ganz viel Spaß!
LG
Finn