"Heißt nicht gut" ist ein wenig schwammig und erlaubt eine ganze Menge Auslegungen. Auch der profane ausgebildete Heiler "heißt nicht gut", wenn der Müller zur Dorfhexe geht, anstatt zu ihm. Andererseits wird er aber einen Verletzten zur Hexe schicken, wenn er selber so beschäftigt ist, das er einfach keine Zeit für die behandlung hat oder er weiß, das er die nächsten zwei Wochen nicht im Dorf ist.
Die praiotischen Grundsätze lassen unglaublich viele Varianten zu. Z.B. ein Praiosgeweihter, der im Namen der Gerechtigkeit daran arbeitet, das Männer Kinder bekommen können - was ihn zuerst in den Wahnsinn und dann zu abartigen Praktiken und Experimenten treibt. Ganz ohne Pakt und ohne seinen Moralkodex wirklich zu verletzen - es wäre sogar ein irrer, Leichenteile sammelnder Praiosserienmörder möglich, der immer noch seine Wunder wirken könnte. Der Schutz von Leben ist immerhin kein Praiosgebot und wenn er vorwiegend an Verbrechern herumschnippselt, dann betreffen seine Untaten nicht mal Unschuldige. Wenn der die Opfer gar aus dem Gefängnis holt, dann hatten sie vorher sogar einen echten, praioswohlgefälligen Prozess. Besonders perfide, wenn der Praiosgeweihte als Verteidiger auftritt und ernsthaft für den Täter arbeitet, sobald er aber verurteilt wird anfängt zu schneiden.
Ebenso bringt die Zeitmessung lustige bis verschrobene Praioswissenschaftler hervor, die entweder nach der perfekten "Götterzeit" forschen oder einfach alle göttergefälligen sechs Elemente in einem Zeitmesser vereinigt sehen wollen, also die ultimative Erz-Humus-Luft-Feuer-Eis und Wasseruhr bauen wollen - mit allen Konsequenzen. Wer allerdings nach der "Götterzeit" sucht und geistig umnachtigt tatsächlich am "Rad der Zeit" baut, hat sicher auch noch Zugriff auf volles Karma und alle Wundertaten, allerdings besitzt er dann vieleicht auch etwas, mit dem man die Zeit bis zum Äon der Griffonen zurückdrehen kann, wo Praios wahrhaft herrschte. Das dürfte Satinav nicht gefallen und würde das Ende der Gegenwart bedeuten - Praiso dagegen könnte erneut voll aufblühen. Ein schwieriger Konflikt unter Göttern und ein Endzeitszenario für das heutige Aventurien. Und immer noch alles ohne Magie, Dämonenschwemme und riesige Massenschlachten, die kaum zu spielleiten wären.
Denkbar wäre auch ein Priester, der nur runde Formen für Göttergefällig hält ( immerhin ist die Praiosscheibe rund ) und das bringt einen kauzigen Geweihten in einem kugelförmigen Haus hervor, der seine Wege nur in kreisförmigen Bahnen zurücklegt. Oder ein praiotischer Baumeister baut nach den "Himmelsgesetzen" einen sehr sehr einsturzgefährdeten Tempel, da er keine Säulen einbaut ( der Himmel hat auch keine ) und eben auch keine Ecken, sondern Kurven verwendet. Wie verhindert man den Menschenauflauf bei der Eröffnung eines Tempels, der beim zwölften Gongschlag sicher einstürzen wird, weil er so instabil ist?
Ein besonders intellektueller Geweihter könnte auch dahintersteigen, das Praios zwar Herrschaft und Hierarchie als Aspekt besitzt, aber nicht festgelegt ist, wer wann wie lange herrschen soll und wie festgelegt wird, wer diese Einteilung trifft. Also könnte er der Meinung sein, das nur das Los bestimmt, wer für eine bestimmte Zeit die Spitze der Herrscherpyramide und damit die Herrschaft inne hat. Auch diese Palette reicht vom harmlosen Trunkenbold im Gasthaus über den spinnerten und belächelten ältlichen Geweihten bis hin zum unglaublich charismatischen jungen Priester, der ein ganzes Dorf auf diese Art am Laufen hält, ohne gegen göttliche Gebote zu verstoßen.
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Ein ganz besonderer Antagonist im Sonnenornat wäre übrigens ein Priester, der einen Federkiel besitzt, mit dem er tatsächlich "Gesetze" verfassen und ändern kann - und zwar ganz elementare Gesetze wie die Schwerkraft oder das elementare Gleichgewicht. Das gilt zwar nur in einem kleinen, abenteuertauglichen Bereich, aber auch hier wird nicht gegen die Gebote Praios verstoßen, alle Gesetze fallen in seine Zuständigkeit und vieleicht kommt der geweihte Federkiel ja tatsächlich vom Sonnengot. Der darf sich selber ja kaum einmal auf der Welt einmischen - aber seinen Geweihten kann er schon ab und an unter die Arme greifen. Vor allem wenn er durch solche "Gesetzesänderungen" Phex eines auswischt, weil Gegenstände keine Schatten mehr werfen oder die Nacht einfach nicht finster wird.
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Das waren meine 50 cent. Bei allen Beispielen wurde auf Magie, Pakte und Dämonen verzichtet, die Geweihten dürften alle noch über Karma verfügen.