Es ist aus theologischer Perspektive für die Daseinsberechtigung für Religion und auch für den Glauben an Gott (je nachdem wie der Begriff Gott definiert wird) nicht notwendig (Ergänzung Traumweber: ...ihn zu beweisen)
Lorion: du hast es
hier nicht mit Theologen zu tun und musst dich wohl damit abfinden,
dass wir folgerichtig auch nicht als solche argumentieren (können).
Allerdings bin ich der Meinung, dass man zuerst einmal die folgenden
Begriffe voneinander trennen sollte:
1. Gott
2. Religion
3. Kirche
4. Theologie
ad 1 Gott: es gibt
sicher so viele Versuche 'Gott' zu definieren, wie es Menschen gibt,
und natürlich haben christliche Theologen einen ganz anderen Begriff
davon als der gewöhnliche Kirchgänger oder ein Atheist oder ein
Animist.
Zuerst einmal:
diskutieren wir hier über einen christlichen Gott? (Nebenbei: eine
absurde Idee, ein/e Wesenheit/Prinzip als allumfassend zu denken und
es gleichzeitig zu reduzieren auf eine bestimmte Religion)
Die Frage die sich
mir stellt: wozu brauchen die Menschen überhaupt noch einen Gott? Wie
bereits wiederholt angesprochen wurde, erfüllt das 'Prinzip Gott'
eine ganz bestimmte Funktion, nämlich die, dem Menschen die Angst
vor dem zu nehmen, was außerhalb seiner Kontrolle/seines
Verständnisses ist und ihm außerdem den Sinn seines Seins zu
begründen. Je weiter nun aber 'Gott' abstrahiert wird, wie Lorion
es andeutet (ich kenne den Stand der theologischen Diskussion nicht,
gehe aber davon aus, dass sie sich weit von dem alten Mann mit Bart
wie wir ihn aus der Kunst kennen entfernt hat), umso irrelevanter
wird er im Alltag der Menschen. Ein Gott, der nur noch ein abstraktes
Prinzip ist – warum sollte der sich um die Anliegen der Menschen
kümmern? Wenn er aber nur noch der 'Schöpfer', also
'Der-der-die-Ursache-alles-Seienden-ist, dann ist der Versuch eines
Gottesbeweises nur etwas für Philosophen und nichts für den Alltag.
ad 2 Religion:
Religionen erklären uns zum einen die Entstehung der Welt, eine
Aufgabe, die inzwischen von anderen Wissenschaftszweigen
zufriedenstellender erfüllt wird (vorausgesetzt, man kann mit
Leerstellen leben ).
Die zweite Funktion
von Religion ist, Regeln für das Miteinander aufzustellen. Diese
Aufgabe kann ohne Verluste die Ethik übernehmen, mit dem feinen
Unterschied, dass die Ethik ihre Regeln begründen muss, während die
Religion sich darauf zurückziehen kann zu behaupten, dass Gott es so
will (und verflixt, jeder Gott will es anders! ).
ad 3 Kirche: Nicht
jede Religion kennt eine institutionalisierte Kirche. Nehmen wir also
der Einfachheit halber die uns allen noch am ehesten vertraute
christliche Kirche. Deren Aufgabe ist es, die von Gott aufgestellten
Regeln zu vermitteln und für deren Einhaltung zu sorgen. Außerdem
sehen ihre Priester sich als Mittler zwischen Gott und den Menschen;
sie leiten die Sorgen/Hoffnungen/Wünsche der Gläubigen „nach
oben“ weiter, und geben den „von oben“ erteilten Segen/Schutz an die
Menschen weiter. Ihre Autorität beruht allein auf 'Gottes Willen',
kann also nicht angezweifelt werden.
Sicher ist es auch
ein Problem der christlichen Kirche, dass der Bereich der Seelsorge
heute durchaus von Psychologen/Sozialarbeitern übernommen werden
kann und kaum noch einer wirklich an einen 'Gott im Himmel, der meine
Sorgen hört' glaubt (siehe ad 1) und die christliche Morallehre in vielen
Teilen als überholt wahrgenommen wird.
Die Kirche steht vor der
undankbaren Wahl, eine völlig vergeistigte Ansammlung weniger
Theologen zu sein, die sich entweder über das Wesen und den Willen Gottes unterhalten und die
sich um die modernen Zeiten wenig scheren (Johannes Paul II oder
Benedict XVI scheinen mir typische Vertreter dieser Richtung zu
sein), oder sich als mit beiden Beinen auf dem Boden stehende
„Sozialarbeiter Gottes“ betrachten (Befreiungstheologie, oder -
man wird sehen - auch Franziskus I).
Beides unter einen Hut zu bringen
wird schwierig, die innerkirchlichen Dispute beweisen das.
Ad 4 Theologie (ich
rede jetzt mal von der christlichen): ob man die Theologie in eine
Reihe mit den anderen Wissenschaften stellen kann? Sicher zählt sie
zu den Geisteswissenschaften, bei den Naturwissenschaften würde ich
sie ganz gewiss nicht einordnen. Man muss sich klar machen, dass
Theologie zu einem Gegenstand forscht, dessen Existenz höflich
formuliert nicht gesichert ist und auch in Zukunft niemals gesichert
sein wird.
Sicher hat die
Theologie ihre Daseinsberechtigung, indem sie z.B. Quellenforschung,
Exegese und Hermeneutik biblischer Texte betreibt, philosophische
Fragen diskutiert etc.
Wenn Theologie aber
dazu dient, Moral- und andere Vorstellungen einer Kirche, die den
Anspruch auf Deutungshoheit qua göttlichen Ratschlusses erhebt, zu
begründen, dann würde ich ihr die Wissenschaftlichkeit wenn nicht
ganz absprechen, so doch zumindest ihre wissenschaftliche Neutralität
in Zweifel ziehen.
Bestimmt habe ich
noch was vergessen, das Thema ist – gelinde gesagt – komplex