Wer an den Würfeln drehen will, sollte in der Situation nicht würfeln. Würfel machen nur dann Sinn, wenn sie die Komponente des Ungewissen enthalten. Stehen die erwünschten Ergebnisse fest, dann würfele ich eben nicht mehr, ich beschreibe nur noch. Der Würfel ist die Möglichkeit dem SL die Verantwortung über den Ausgang einer Situation zu nehmen und dem Spieler eine Ermächtigung in Form seiner Spielwerte zu erlauben, die das Ereignis an welchem beide Personen teilnehmen, beeinflusst. Wenn der SL hinter einem Schirm die Würfel dreht, um etwas zu ändern oder zu verschleiern, dann ist dies eigentlich nur ein Akt der Täuschung, der wohlmeinend die Spannung des Spielers mittels Kunstgriff steigern soll, aber letztlich belanglos ist.
Ich bin kein Freund der gedrehten Würfel, wenn man sich auf ein Würfeln einigt. In dem Moment in dem ich die Würfel drehe und damit den Zufall ohnehin in meine Richtung winke, brauche ich die Würfel nicht mehr - außer zur genannten Scharade, die offenbar aber von vielen Spielern gerne gespielt wird. Ich selbst also bin dagegen, würde mich aber nicht einmal klar bei einem Spielstil verorten, die Einteilungen sind mir deutlich zu grob (und auch zu wenig sinnvoll).
Spannend finde ich den Aspekt der Selbsttäuschung. Ich als Spieler würde mir doch sehr schwer tun noch beim Würfeln Spannung zu empfinden, wenn ich wüsste, dass der SL nur das würfeln "simuliert". Ich würde daher vermutlich schnell auf die transparente Haltung wechseln und ein reines Erzählspiel fokussieren. Aber mir ist auch bewusst, dass dieser Schritt gefühlt ein großer ist, denn über Erfolg oder Misserfolg seiner Figur direkt zu entscheiden und das ohne eine zwischengelagerte Instanz der Würfel, die im Zweifel die Legitimation des - oftmals scheinbar gefälschten - Zufalls haben, ist schon eine große Verantwortung. Man wird dadurch deutlich mehr zu Akteur und zum Handelnden als man es in der Situation ist, in der man nur den SL die Geschichte erzählen lässt und sich ab und an der Illusion hingibt, dass dieser würfelt.
Bedenklich finde ich daran auch die Verantwortung, die der SL hat, denn sein Handeln ist ja nicht transparent. An dem einen Tag dreht er die gewürfelte 1 des Drachen weg, am nächsten Tag lässt er den Oger mit dem kritischen Hammerschlag den Helden in zwei Hälften spalten, weil es ihm jetzt in die Geschichte passt? Mir erscheint das sehr viel Druck auf der Leistung des Spielleiters und auch sehr viel Verantwortung für Situationen, in denen er ja eigentlich genau diese Entscheidungen nicht treffen wollte.