Beiträge von Yogsothoth

    In den letzten dreizig Jahren hat sich die Einstellung zur Homosexualität ja wirklich massiv geändert. Das merkt man auch in Aventurien.

    Oh juppi! Dann muss ich endlich nicht mehr in meiner Freizeit in eine rückständige Welt abtauchen, sondern kann mich beruhigt innerhalb des vertrauten Zeitgeistes bewegen! Hoffentlich werden in Aventurien bald Smartphones erfunden, die vermisse ich jedesmal sehr.

    Entschuldigt die Ironie, ich will Dich v.a. nicht persönlich auf den Arm nehmen, Barbarossa Rotbart. Nur ist mir das Thema hier ein gewisses Anliegen: Ich mag gerade die Andersartigkeit von Phantasiewelten und finde es eher uninteressant, wenn dort zu offensichtlich aktuelle Strömungen eingebaut werden. Und wenn es noch pädagogisch wird, ist stimmungsmäßig bei mir Feierabend.

    Aber das steckt bei DSA von Anfang drin, "progressiv" sein wollen. Ich fand DSA immer trotzdem gut, nicht deswegen. Die satirischen Anflüge und modernen Anspielungen haben mir in meiner Anfangszeit (späte 80er/frühe 90er) sogar immer sehr gefallen. Aber ich kenne auch Leute, die mit DSA aufgehört haben, weil es ihnen zu brav bzw. politisch korrekt daher kommt.

    Speziell zum Thema: Ich bewege mich, glaube ich, nicht in einem extrem avantgardistischen Umfeld, trotzdem empfinde ich es als nichts Besonderes, auf Homosexuelle, ihren ganz normalen Alltag und auch ihre gesellschaftlichen Anliegen zu treffen. Auch kann man heutzutage, wenn man es darauf anlegt und einigermaßen tageslichttauglich ist, jedwede erdenkliche Ausschweifung haben, ohne dass irgendein Hahn danach kräht.

    Im 18. Jh. waren lesbische Vampire in der Literatur noch ein Aufreger und skandalös erotisch (Sheridan Le Fanu, Carmilla). Aber heute, wo soll man ein Rollenspiel ansiedeln, damit beim durchschnittlichen Mitteleuropäer ein Eindruck von "Verruchtheit" entsteht? In den 120 Tagen von Sodom des Marquis de Sade?

    Rollenspielerischer Reiz liegt für mich auch in Konfrontation mit abweichender, vielleicht gar bigotter Moral... daher gefallen mir z.B. patriarchalische Andergaster in meiner Gruppe ganz gut, wenn sie im Mittelreich "fremdeln" (oder umgekehrt).

    Viele Grüße,

    Yogsothoth

    Die Zwölfe zum Gruße,

    auch auf die Gefahr hin, dass es mittlerweile etwas "off Topic" ist, zum Thema H.P. Lovecraft und seiner literarischen und persönlichen Stärken und Schwächen kann ich wirklich die Lektüre seiner Biographie von Michel Houellebecq empfehlen, "Gegen die Welt, gegen das Leben" (Contre le monde, contre la vie). Ich glaube, es ist sogar Houellebecqs Erstlingswerk. Das Buch beschäftigt sich kritisch aber fair und sympathisch mit dem verschrobenen Autor.

    Zum Thema Geschlechterrollen muss ich ein positives Beispiel nennen: Dan Simmons "Hyperion"-Zyklus, den ich gerade mit großem Vergnügen gelesen habe. Es handelt sich um Science Fiction und nicht Fantasy. Die Hauptcharaktere sind bunt gemischt beiderlei Geschlechts und die zukünftige Gesellschaft, die sehr realistisch und fesselnd beschrieben wird, ist nur noch sehr am Rande mit Geschlechterfragen beschäftigt, was angesichts der drängenderen Frage von menschlich-technologischer Symbiose auch nachvollziehbar erscheint. Jedenfalls ist alles sehr überzeugend gezeichnet, ohne gewollt "progressiv" zu erscheinen. So etwas gefällt mir allemal besser, als moderne Ansichten zwanghaft in "mittelalterliche" Settings rückzuprojezieren. Die Hyperion-Romane haben übrigens viele andere Stärken, auf Geschlechterfragen bin ich dabei wirklich nur gekommen, weil ich die Diskussion hier parallel zum Lesen interessant fand.

    Yogsothoth

    Kaiserliche Hoheit,

    vielen Dank für die Aufklärung! Ja, das stimmt, wir haben die Talente "Feldherr" und "Gewaltmarsch" in unserem Spiel gar nicht berücksichtigt. Das macht etwas aus! Aber irgendwie erscheint der Orkhäuptling mir nach wie vor zu günstig, er hat ja noch eine Sonderregel, dass in einem gewissen Radius der Mutwert der Truppen erhöht wird, ähnlich wie bei "Feldherr".

    Auffällig finde ich dazu auch, dass in der älteren Auflage (ich habe das "Orkensturm"-Kampagnenbuch) die Orks punktemäßig teurer sind. War es vielleicht so, dass man aufgrund der Spielerfahrung die Schwarzpelze nachträglich aufwerten musste?

    Viele Grüße,

    Yogsothoth

    Die Zwölfe zum Gruße!

    Ich hoffe, mir kann hier jemand aus der Aventurien-Community helfen...

    Mit einem Freund habe ich neulich eine unserer ersten Partien Armalion gespielt, Angroschim gegen Ork-Brenner, und zwar nach den Listen im Armalion-Kompendium. Uns ist aufgestoßen, dass der Orkhäuptling extrem gute Werte hat und nur 73 Punkte kostet, während der Zwergenfeldherr bei einem schlechteren Profil deutlich teurer ist.

    Wie ist das zu erklären?

    Nur zur Klärung, damit niemand zu weit ausholen muss: Ich bin übrigens sonst sehr erfahren mit Tabletops aller Art, Fantasy und historisch, bin aber bei Armalion noch nicht so drin. Wir finden es allerdings bisher grundsätzlich ziemlich gut und daher ist mein Interesse auch für solche Punkte-Fragen geweckt.

    Viele Grüße,

    Yogsothoth

    Hallo!

    Eine Notwendigkeit zur Diskussion sehe ich eigentlich auch eher nicht, finde das Thema aber interessant, da ich offenbar einen ganz unterschiedlichen Blick auf Fantasy-Literatur habe. Speziell über ein oder zwei lapidare Aussagen in Stane Novis Post bin ich daher gestolpert und möchte, ergänzend und nicht etwa konfrontativ, einige Kommentare loswerden, die hoffentlich nicht zu "off Topic" sind.

    Ich würde Robert E. Howard nicht als "Trash" abtun. Wenn man sich schon ernsthaft mit Fantasy-Literatur beschäftigt, sollte man ihn zumindest als einen der großen Wegbereiter des Genres würdigen. In einem DSA-Forum mutet ein solches Urteil zudem etwas merkwürdig an, unser aller heißgeliebtes Hobby wird doch in Bildungsbürgerkreisen gern pauschal als "Trash" oder Ähnliches abgetan.

    Und es ergibt wenig Sinn, die Darstellung von Geschlechterrollen aus den frühen 30er Jahren an modernen Vorstellungen zu messen, es sei denn als literaturgeschichtliche Betrachtung einer Entwicklung.

    Im Sinne einer Kritik an gesellschaftspolitischen Einstellungen des Autors ist das jedenfalls grundsätzlich anachronistisch. Es ist so, wie sich über Lovecrafts Rassismus zu empören.

    Für mich ist "Progressivität" einfach ganz grundsätzlich keine Kategorie, die in irgendeiner Weise für meine Literaturauswahl oder meinen Literaturgeschmack relevant ist.

    Überhaupt sehe ich das mit der aktuellen gesellschaftlichen Begeisterung für "Identitätsfragen" aller Schattierungen (Gender, Minderheiten usw.) persönlich eher locker, ich lese gern Fantasy und Science Fiction als "Flucht aus der Realität" und nicht mit moralischem Eifer. Wenn ich Schilderungen so doof und plakativ finde, dass mir das ganze Buch nicht gefällt, lese ich eben etwas anderes. Das passiert aber recht selten, Marion Zimmer Bradley fand ich persönlich tatsächlich etwas zu betont "fraulich", daher habe ich nach "Die Nebel von Avalon" (Unilektüre) auch die Finger davon gelassen.

    Aber z.B. Tolkiens steife edwardianische Vision von Mittelerde als reaktionäre Utopie von Klassengesellschaft, Germanentümelei und Sittenstrenge (Der Herr der Ringe ist ja geradezu vollkommen weltfremd-sexfrei) finde ich genau deshalb ansprechend, weil es eben überhaupt gar nichts mit dem aktuellen Zeitgeist zu tun hat. Und dass Conan die Frauen grundsätzlich als Beute betrachtet, passt doch hervorragend zu der Schilderung dieser archaischen Welt und ist ein phänomenaler Kontrast zu Tolkien, der sogar auch noch etwas später schrieb als Howard.

    Für einen Texaner der 30er Jahre war Howard bestimmt auffällig wenig puritanisch, genau wie er erstaunlich wenig rassistisch war, im Vergleich zum amerikanischen Zeitgenossen Lovecraft. Und wenn man ehrlich ist auch im Vergleich zu Tolkien...

    Nur meine zwei Heller...

    Viele Grüße,

    Yogsothoth

    @Pack-master:

    Danke nochmal für den Hinweis, ich werde darauf achten, dass die Helden zunächst v.a. mit einzelnen Versatzstücken volkstümlichen Aberglaubens hinkommen müssen. Das Gute daran ist, dass hier das "Heldenwissen" leicht in eine entsprechende Richtung gelenkt werden kann, da das "Spielerwissen" v.a. auf Klassikern à la Bram Stoker beruht.

    @Kernaun:

    Ein "unverfluchter" Erzvampir des Namenlosen wäre ja eine übermächtige, fast unzerstörbare Kreatur, ein erschreckender Gedanke!

    Goltron: Hervorragende Idee!

    Hallo!

    Ich habe leider nicht viele Informationen zu Vampiren in Aventurien vorliegen (außer, dass es sich um von den Göttern verfluchte Wesen handelt). Wie kann man einen Vampir am besten besiegen bzw. vernichten/erlösen?

    Viele Grüße,


    Yogsothoth

    Ich habe gerade einige ältere DSA-Sachen gelesen, die ich noch nicht kannte. "Der Scharlatan" und "Der Göttergleiche" von Ulrich Kiesow und "Das Auge des Morgens" von Thomas Finn (Hörbuch). Es hat mir alles sehr gut gefallen, demnächst lese ich den Klassiker "Das Zerbrochene Rad" von Kiesow.

    Hallo!

    Ich kann mir Piraten im Sinne von anarchischen Rebellen durchaus mit heldenhaften Zügen vorstellen, als plündernde Kriminelle eher nicht. Historisch fand ich sie, als tendenziell feige Bedrohung für Schwächere, tendenziell sogar schon immer eher ekelhaft. Wobei Ausnahmen natürlich die Regel bestätigen. Klaus Störtebeker oder Francis Drake lassen sich sicherlich auch als "Underdogs" im Kampf gegen eine Übermacht interpretieren.

    Auf DSA bezogen ist es vielleicht eine allgemeinere Frage, wo die Grenzen heldenhaften Verhaltens liegen. Mir erschien DSA im Vergleich zu anderen Rollenspielen immer als tendenziell "moralisch", irgendwo steht ja sogar explizit, dass die Spielercharaktere "Helden" heißen, weil sie immer die Guten sind. Also eben keine Chaosmagier oder Dunkelelfen zulässig sind, wie in anderen Systemen.

    Gerade deshalb erschien mir El Harkir so schwierig einzuordnen, einerseits kommt er sehr heldenhaft rüber, andererseits scheitert er an den -gerade bei DSA- relativ hohen Anforderungen, die man an heldenhafte Charaktere normalerweise stellt.

    Schattenkatze: Du hast natürlich recht, die Interpretation am Spieltisch ist jedem selbst überlassen. Aber mich interessiert schon sehr, wie andere Aventurieninteressierte den guten Mann einschätzen.

    P.S.: Mir war nicht ganz klar, dass Al'Anfa klar als "böser Gegenspieler" gesetzt war. Ist das heute ähnlich? Das ist wahrscheinlich eher etwas für einen eigenen Thread...

    Gruß,


    Yogsothoth

    Spoiler anzeigen

    Ich bezog mich darauf, dass er Darion Paligan, als unbewaffneten Gefangenen, den er entführt hatte, grausam geblendet und in die Sklaverei verkauft hat. Auch wenn man alanfanische Sklavenhalter für böse hält, würde bei DSA doch sicherlich von "Helden" anderes Verhalten erwartet, oder? Ich war jedenfalls ziemlich überrascht, als ich als Meister kürzlich diese Tatsache las. Als Spieler in den 90ern wurde El Harkir unserer Runde nämlich eher als romantischer Korsar (eher heldisch) vorgestellt.

    Hallo!

    Danke für die Einschätzung! Offenbar steht El Harkir eher auf der guten Seite. Allerdings frage ich mich, ob er nicht persönlich zu grausam ist, um als "Held" durchzugehen (ich halte mich extra vage, um nicht zu spoilern).

    Viele Grüße,

    Yogsothoth

    Hallo!

    Ich beschäftige mich (irdisch) gerade etwas mit dem Thema Piraterie... das färbt natürlich auch auf Überlegungen zu Aventurien ab.

    Zum Beispiel stellte ich mir diese Frage: Ist der aventurische Pirat El Harkir eher als Held oder eher als Schurke zu sehen? Oder als neutrale Figur?

    Was denkt Ihr?


    Gruß,


    Yogsothoth

    Hallo Schattenkatze!

    Ich werde zunächst einmal abwarten, wie sich die Sache entwickelt. Wahrscheinlich wird zunächst einmal die "Kriegsmüdigkeit" einen gewissen Zweifel an Rondra bzw. den Idealen des Rittertums aufkommen lassen, ob es dann bis zu, Wechsel ins Söldnerwesen kommt, wird sich zeigen.

    Die Treue zu Lehnsherrn und Reich ist momentan nicht beeinträchtigt. Das hat mit dem Hauptproblem der Heldin tatsächlich nicht so viel zu tun, sie stellt ja nicht schlagartig ihre gesamte Weltsicht in Frage.

    Ich muss mit der Spielerin aber auf jeden Fall noch einmal in Ruhe sprechen, bevor es bei uns in Aventurien weitergeht.

    Viele Grüße,

    Yogsothoth

    Die Zwölfe zum Gruße!

    Vielen Dank, liebe Foristen, für Eure weiteren Hinweise und guten Ratschläge. In der Zwischenzeit haben wir wieder eine längere Spiel-Session gehabt und die besagte Heldin hat sich zunächst gegen einen Zweifel an ihrer Lehnstreue (oder gar einen Bruch der Lehnspflicht) entschieden. Sie möchte gern Jähzorn betonen, um ihre gelegentlich in kalte Wut umschlagende Verzweiflung abzubilden. Jetzt überlege ich, in wie weit sich dies mit rondrianischen Überzeugungen und Tugenden verträgt. Spezifisch mit ihrer bislang vorhandenen starken Prinzipientreue.

    Mir schwebt auch eine hauptsächlich rollenspielerische Darstellung vor. Aber danke für den Hinweis auf das "Wegkaufen" und ggf. Tauschen von Vor- und Nachteilen.

    Schattenkatze: Die Desillusionierung bezieht sich tatsächlich darauf, dass die landadlige, ritterlich erzogene Weidener Schildmaid voll glühendem Eifer mit ihrem Ritter in den Orkensturm zog, dieser aber, nach besonders vorbildlich ehrenhaftem Vorgehen, nun verstümmelt und kaum noch kampftauglich ist. Zudem sind engere Bekannte von den Schwarzpelzen gefoltert und geopfert worden.

    Die ursprünglich recht hohe Arroganz ist tatsächlich früher bereits abgesenkt worden, da die gute Frau einmal einem minderen Götterwunder beiwohnen durfte, das Sie ein wenig Demut gelehrt hat.

    ich verstehe, dass ein Religionswechsel zu Kor eine krasse Kurve wäre. Allerdings hat früher in den 90ern (DSA2 ) mein Spielleiter einmal einen meiner eigenen Helden wegen "unrondrianischer" Kampftricks vom Krieger zum Söldner zwangsumgestuft...

    Wäre demnach im aktuellen Fall, wenn sich regelmäßiger gewaltsamer Jähzorn manifestieren sollte, vielleicht ein Wechsel von der tugendhaften Ritterlaufbahn in die Söldnerschiene vorstellbar oder gar ratsam?

    Mir gefällt alternativ aber der rollenspielerisch dargestellte Schwenk zu "pragmatischer" Kampfweise (möglichst Überzahl herstellen usw.) sehr gut, da ich denke, dass dies schlichtweg die Erfahrungen einer abgehärteten Veteranin abbildet. Sehe ich das richtig, dass in einem solchen Fall nicht unbedingt ein Nachlassen der allgemeinen Rondra-Gläubigkeit unterstellt werden muss?

    Viele Grüße,


    Yogsothoth