Mit Dungeons and Dragons ist Splittermond eher weniger vergleichbar.
In Splittermond kann jeder, bis auf sehr wenige Ausnahmen, zumindest ein wenig Magie einsetzen. Selbst der Kämpfer hat in seinen Fertigkeiten ein paar Magieschulen aufgelistet.
Insgesamt ist man nicht an die anfangs gewählte Ausbildung gebunden, sondern kann sich bei Bedarf auch in eine andere Richtung entwickeln.
Bei Splittermond kann man die erhaltenen EP (bei einem Abenteuer von 3 Spielsitzungen werden als Richtwert 15 - 30 EP empfohlen) sofort in die Steigerung von Fertigkeiten, Attributen und den Erwerb von Meisterschaften (was in D&D ungefähr Talente sind) investieren. Hat man eine bestimmte Anzahl EP eingesetzt, steigt man in den nächsten Heldengrad auf. Je höher der Heldengrad ist, desto höher kann man seine Fertigkeiten und Attribute steigern.
Fertigkeiten spielen in Abenteuern eine Große Rolle, u.a. gibt es bereits im Grundregelwerk Subsysteme zu Sozialen Konflikten, Recherche, Überlandreisen oder der Herstellung von Gegenständen.
Probensystem
Wird bei Splittermond eine Probe abgelegt, würfet man 2W10 und addiert seinen Fertigkeitswert (der sich aus den Fertigkeitspunkten, 2 Attributen und sonstigen Modifikationen (z.B. Lichtverhältnisse, taktische Vorteile, Wundabzüge oder Meisterschaften) errechnet). Das Ergebnis muss den vom SL festgelegten Schwierigkeitsgrad erreichen oder übertreffen. Für jeweils 3 Punkte, die das probenergebnis über der schwierigkeit liegt, erhält man einen Erfolgsgrad. Je nach Situation kann man z.B. Mehr Distanz beim klettern zurücklegen, mehr Schaden im Kampf verursachen, angesagte Kampfmanöver einsetzen oder Zauber günstiger wirken (indem man weniger Fokus (= Magiepunkte) verbraucht).
Beispiel:
Ritter Cederion versucht, einen 3 Meter breiten Abgrund zu überspringen. Er hat 2 Punkte in der Fertigkeit "Athletik" (die neben Springen auch Dinge wie Kraftakt, Rennen oder Klettern umfasst), eine Stärke von 4 und eine Beweglichkeit von 3. Dadurch kommt er auf einen Wert von 9.
Der SL legt den Schwierigkeitsgrad auf 20 fest. Außerdem vergibt er aufgrund des regnerischen Wetters noch einen "leicht negativen Umstand", einen Malus in Höhe von -2.
Vor dem Sprung nimmt Cederion noch drei Meter Anlauf und erhält einen Bonus von +3.
Insgesamt hat Cederion also für diesen sprung einen Wert von 9 (Athletik) -2 (leicht negativer Umstand [Wetter]) +3 (Anlauf) = 10.
Cederions Spieler würfelt eine 12. Dadurch ergibt sich ein Gesamtergebnis von 10 (Wert für diesen Sprung) + 12 (Würfelergebnis) = 22. Damit liegt Cederions Probenergebnis über der geforderten Schwierigkeit, was bedeutet, dass er den Sprung geschafft hat.
Magie
Splittermond kennt keine "Zauber pro Tag", sondern man hat einen Vorrat an "Fokuspunkten", welche ähnlich wie die Astralenergie in DSA verbraucht werden und unterschiedlich schnell wieder regeneriert werden, je nachdem, auf welche Weise man sie verbraucht.
Zauber werden dadurch gelernt, dass man Punkte in verschiedene Magieschulen investiert, z.B. Heilungsmagie, Stärkungsmagie, Schicksalsmagie, Feuermagie, Windmagie oder Schattenmagie. Die investierten Punkte in die Magieschulen + 2 Attribute bilden den Fertigkeitswert der Magieschule. Möchte man einen Zauber wirken, legt man eine Probe auf seine entsprechende Magieschule ab und versucht, einen Zielwert (entweder durch den Zauber festgelegt oder ein Widerstandswert des Ziels (Verteidigung, Körperlicher Widerstand, Geistiger Widerstand)) zu erreichen.
Während man bei D&D einem "Arkanen" Zauberwirker aufgrund der Patzerwahrscheinlichkeit gar keine Rüstung anziehen sollte, kann man bei Splittermond selbst im schwersten Plattenpanzer noch immer zaubern.
Wo jedoch bei D&D ein Zauberpatzer "nur" bedeutet, dass man den Zauber verschwendet hat (was außerden nur für Arkane Zauberwirker von Belang ist), erleiden Magier in Splittermond häufig Schaden in Form von verlorenen Lebenspunkten und Zuständen wie "benommen", "Erschöpft" "Blutend" oder sogar "Sterbend".
Priester erhalten bei Zauberpatzern neben Zuständen wie "Erschöpft", "Benommen" und "Angsterfüllt" oft den Zustand "Glaubenskrise", der Proben zum Zauberwirken erschwert. Dafür verlieren sie beim Zauberpatzer keine Lebenspunkte.
Im Kampf unterscheidet sich Splittermond am deutlichsten von D&D:
Während man in D&D Runde für Runde in einer zu Beginn festgelegten initiativreihenfolge dran ist, setzt man bei Splittermond auf ein sogenanntes "Ticksystem":
Zu Beginn bestimmt man mithilfe der Formel "Initiative - 1W6", auf welchem Feld der Tickleiste man beginnt.
Die meisten Wesen in Lorakis haben 5 Leisten ("Gesundheitsstufen"), die jeweils einen bestimmten Wert an Lebenspunkten aufweisen. Verliert man alle Lebenspunkte einer Gesundheitsstufe, wird der weitere Schaden in die nächste Gesundheitsstufe eingetragen. Meistens ergeben sich daraus Abzüge, die im Normalfall von 0 (erste Leiste, "unverletzt") über -2 (dritte Leiste, "verletzt") bis hin zu -8 ( fünfte Leiste, "Todgeweiht") reichen. Diese Mali gelten als Abzüge auf alle Proben und die Geschwindigkeit, außerdem wird dieser Malus auf die Initiative addiert. Ein Charakter mit Wahrnehmung 8, Geschwindigkeit 6 und initiative 7 hat bei einem Wundabzug von -2 Werte von: Wahrnehmung 6, Geschwindigkeit 4 und Initiative 9.
Beispiel für einen Kampf:
Cederion und Keira treffen in einer Gasse auf 2 mit Dolchen bewaffnete Ganoven. Keira und die Ganoven haben ihre Waffen bereits gezogen (Die Ganoven warteten auf Opfer zum überfallen, Keira ist durch ihre Arbeit als Protectorin (= eine Art Leibwächterin) besonders in Gassen stets auf der Hut), Cederion hält zunächst lediglich seinen Schild bereit, während sein Schwert noch in der Scheide steckt.
Cederion hat eine Initiative von 9 und würfelt mit dem W6 eine 2. Dadurch startet er auf Tick 7 (Initiative 9 - Würfelergebnis 2)
Keira hat eine Initiative von 6 und würfelt auf dem W6 eine 4. Dadurch startet sie auf Tick 2 (Initiative 6 - Würfelergebnis 4)
Der erste Ganove hat eine Initiative von 4 und würfelt mit dem W6 eine 2. Dadurch startet er auf Tick 2. (Initiative 4 - Würfelergebnis 2)
Der zweite Ganove hat eine Initiative von 4 und würfelt mit dem W6 eine 5. Dadurch startet er auf Tick -1. (Initiative 4 - Würfelergebnis 5)
Da Keira und der erste Ganove den Kampf auf demselben Tickfeld beginnen, wird geschaut, wer die höhere Intuition (eines der acht Attribute in Splittermond) hat. Keira hat eine Intuition von 4, während der Ganove lediglich eine Intuition von 3 hat. Somit handelt Keira vor dem Ganoven.
Ganove 2 (zur Zeit auf Tick -1) sagt an, dass er sich mithilfe der Aktion "Laufen" 7 Meter auf Cederion zubewegen möchte. Bei "Laufen" handelt es sich um eine kontinuierliche Aktion von 5 Ticks Dauer, sodass der Ganove in Tick 4 die angesagte Distanz komplett zurückgelegt hat. Sein Marker wird nun von Tick -1 auf Tick 4 gesetzt.
Keira (Zur Zeit auf Tick 2) sagt an, dass sie sich zunächst "Bereit hält": Sollte sich einer ihrer Gegner so bewegen, dass sie ihn mit einer "freien Bewegung" (bis zu zwei Meter ohne zusätzlichen Tickaufwand vor einer Aktion, die keine Bewegungshandlung ist, bewegen) erreichen kann, wird sie sich zu jenem Gegner bewegen und ihn angreifen. Sie setzt ihren Marker von Tick 2 auf das "Bereithalten"-Feld.
Ganove 1 (Zur Zeit auf Tick 2) sagt an, dass er sich mithilfe der Aktion "Laufen" 5 Meter auf Cederion zubewegen möchte. Bei Laufen handelt es sich um
eine kontinuierliche aktion von 5 Ticks Dauer, sodass der Ganove in Tick 7 die angesagte Distanz komplett zurückgelegt hat. Sein Marker wird nun
von Tick 2 auf Tick 7 gesetzt. Da sich Cederion zur Zeit ebenfalls auf Tick 7 befindet, wird der Ganove hinter Cederion eingereiht.
Ganove 2 (Zur Zeit auf Tick 4) beendet nun seine in Tick -1 begonnene "Laufen"-Aktion und steht nun neben Cederion.
Gleichzeitig steht er damit aber auch 2 Meter entfernt von Keira. Dadurch setzt Keira ihren Marker vom "Bereithalten"-Feld auf Tick 4 - vor den Marker von Ganove 2. Dann positioniert sie sich mit ihrer freien Bewegung von maximal 2 Metern so, dass sie neben Ganove 2 steht. Danach folgt ihr Angriff: 2W10+ den Wert in ihrer Waffe (in ihrem Fall 14). Mit ihrem Wurfergebnis von 8 erreicht sie insgesamt eine 22. Die Verteidigung des Ganoven liegt bei 17, sodass sie ihn nicht nur trifft, sondern auch einen Erfolgsgrad erzielt, da sie 5 Punkte über der verteidigung liegt und man pro 3 volle Punkte über der Schwierigkeit einen Erfolgsgrad erzielt. Diesen Erfolgsgrad kann sie z.B. durch das freie Manöver "Wuchtangriff" in zusätzlichen Schaden umwandeln (hätte sie vor dem Angriff ein ihr bekanntes Meisterschaftsmanöver (z.B. "Verteidigungswirbel", "Umreißen", "Verwirrung" oder "Ausfall") angesagt, hätte sie den erzielten Erfolgsgrad für dieses Manöver einsetzen müssen. Freie Manöver können nach dem Angriffswurf eingesetzt werden).
Ganove 2 möchte versuchen, den Angriff durch eine "Aktive Abwehr" (bei welcher er seinen Verteidigungswert erhöht) abzuschwächen (sodass Keira z.B. nicht ihren Erfolgsgrad nutzen kann) oder möglicherweise ganz zu negieren. Eine solche "sofortige Reaktion" kann auch dann durchgeführt werden, wenn gerade ein anderer Kampfbeteiligter am Zug ist. Ganove 2 setzt seinen Marker somit von Tick 4 auf Tick 7 (sowohl hinter Cederion als auch hinter Ganove 1, welche beide vorher auf Tick 7 standen). Da er den Angriff mit dem Dolch parieren will, würfelt er eine Probe auf seine Waffenfertigkeit mit Wert 9 (Der sich bei ihm aus den Attributen Intuition (3) und Beweglichkeit (4) sowie den Punkten in der Fertigkeit Klingenwaffen (2) zusammensetzt). Er würfelt eine 11, sodass sein Ergebnis 20 beträgt. Die Schwierigkeit für eine Aktive Abwehr liegt bei 15, wodurch er 5 Punkte über der Schwierigkeit liegt, was einen Erfolgsgrad bedeutet. Eine gelungene Aktive Abwehr erhöht die Verteidigung gegen diesen Angriff um 1 +1 pro Erfolgsgrad, in diesem Fall erhält Ganove 2 einen Bonus von +2 (1 Punkt für erreichen der Schwierigkeit +1 für einen erzielten Erfolgsgrad). Dadurch erhöht sich seine Verteidigung von 17 auf 19. Keira liegt mit ihrem Ergebnis von 22 jedoch immernoch genau 3 Punkte über der "neuen" Verteidigung des Ganoven, sodass sie immernoch einen Erfolgsgrad mit ihrem Angriff erzielt. Sie würfelt nun den Schaden ihrer Waffe aus, inklusive des zusätzlichen Punkts durch ihren erzielten Erfolgsgrad und verursacht insgesamt 9 Punkte Schaden. Da Ganove 2 keine Rüstung hat, die den Schaden reduziert (allerdings gibt es auch Waffen mit dem Merkmal "Durchdringung", die eine vorhandene Schadensreduktion wieder aufheben können), erleidet er 9 Punkte Schaden. Da er nur 6 Lebenspunkte pro Gesundheitsstufe hat, erhält er nun einen Wundabzug von -1 (er verliert alle 6 Lebenspunkte der Gesundheitsstufe "unverletzt" und 3 weitere Lebenspunkte auf der darunterliegenden Gesundheitsstufe "Angeschlagen"). Nach der Durchführung des Angriffs rückt Keira so viele Ticks vor, wie die Waffengeschwindigkeit ihrer Waffe beträgt (in ihrem Fall 7). Dadurch rückt sie von Tick 4 auf Tick 11.
Cederion möchte versuchen, sich aus dem Kampf zu lösen, da er in der Nähe beider Ganoven steht, seine Waffe allerdings noch nicht gezogen hat. Er wählt als Aktion "Aus dem Kampf lösen", eine sofortige Aktion von 5 Ticks Dauer. Gelingt ihm eine Akrobatik-Probe gegen den Geistigen Widerstand (ein weiterer Widerstandswert), kann er sich bis zu 2 Meter von seinem Gegner entfernen, ohne Gelegenheitsangriffe zu provozieren. Bei seiner Akrobatik-Probe erreicht er jedoch nur ein Ergebnis von 10, was unter dem Geistigen Widerstand des Ganoven liegt, und die Probe scheitert. Cederion rückt 5 Ticks weiter auf Tick 12, bleibt aber ansonsten (räumlich gesehen), wo er ist.
Ganove 1 erreicht nun in Tick 7 Cederion und attackiert ihn mit seinem Dolch. Er erzielt eine 22, was genau Cederions Verteidigung entspricht. Cederion entscheidet sich, mithilfe seines einsatzbereiten Schildes zu parieren. Dazu legt er eine Probe auf die Attribute Intuition+Stärke+seine höchste Kampffertigkeit (in seinem Fall "Klingenwaffen") ab und erreicht insgesamt eine 20. Dadurch, dass er 5 Punkte über der Schwierigkeit von 15 liegt, erhält er 1 Punkt für die gelungene Probe +1 Punkt für einen Erfolgsgrad. Da sein Schild außerdem noch über das Merkmal "Defensiv 2" verfügt, erhält er einen weitern Bonus von 2 Punkten. Seine Verteidigung beträgt nun insgesamt 22+1 (gelungene Aktive abwehr) +1 (1 EG) +2 (Schildmerkmal Defensiv 2) = 26. Da der Angriffswurf von Ganove 1 nur bei 22 lag, wurde der Angriff komplett abgewehrt. Cederion rückt weitere 3 Ticks auf Tick 15 weiter, der Ganove 1 rückt von Tick 7 die Waffengeschwindigkeit seines Dolchs auf Tick 13 vor. (Dadurch, dass Cederion durch die Aktive Abwehr 3 Ticks gebraucht hat, kann Ganove 1 ihn ein weiteres Mal attackieren, bevor Cederion noch einmal versuchen kann, sich aus dem Kampf zu lösen).
An dieser Stelle möchte ich nun das Kampfbeispiel abbrechen, aber ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass Kämpfe in Splittermond eine andere Herangehensweise benötigen als Dungeons and Dragons:
- Schilde bieten nicht nur einen passiven Bonus auf die Verteidigung, sondern man kann mit ihnen durch die Nutzung der aktiven Abwehr auch tatsächlich "blocken", ebenso wie man mit Waffen parieren oder durch die Fertigkeit Akrobatik "ausweichen" kann.
- Einige Rüstungen reduzieren den Schaden, viele geben Boni auf den Verteidigungswert
- Eine aktive Abwehr ist mitnichten ein "Selbstläufer", manchmal entscheidet man sich auch dagegen, um zu verhindern, dass der Gegner einen in die Defensive drängt und man vor lauter Abwehr nicht mehr selbst handeln kann.
- Verlorene Lebenspunkte ziehen häufig Wundabzüge mit sich, die die Effektivität sowohl innerhalb als auch außerhalb des Kampfes spürbar einschränken können
- Durch Meisterschaften kann man neue Manöver freischalten, Mali durch Umstände senken/aufheben oder bekannte Aktionen mit anderen Fertigkeiten durchführen (z.B. Gibt es eine Meisterschaft, mit der man sich durch eine Probe auf die entsprechende Fertigkeit, in der die Meisterschaft erworben wurde, (statt der Akrobatik-Probe) aus dem Kampf lösen)
- Gelegenheitsangriffe sind keine "Gratisangriffe", sondern benötigen die normale Waffengeschwindigkeit.
Splittermond hat sich bei mir als Stammsystem gegen Konkurrenten wie Pathfinder 2 durchgesetzt und mir gefallen sowohl die Regeln als auch das Setting. Im Moment fiebere ich vor allem weiteren Regionalbänden entgegen, bin aber auch schon auf neue Regelerweiterungen gespannt (so ist z.B. neben der neuen Einsteigerbox noch ein Heft zur "Geisterwelt" in Arbeit).