Erfahrungen mit DSA fair?

  • Hallo alle zusammen,

    das offizielle Generierungssystem wird von meiner Gruppe als sehr unausgewogen angesehen. Insbesondere die Eigenschaftsmodifikatoren von Herkunft (eigentlich Rasse, aber ich mag das Wort nicht.) und Kultur sind sehr viel billiger als später in der Generierung oder später im Spiel. Natürlich gibt es immer das Argument, dass es rollenspielerisch wichtiger ist, einen stimmigen Charakter zu haben, aber vom Start weg anderen Charakteren um 1000 bis 1500 AP hinterher zu hinken, ist doch sehr hart. (Besonders, wenn deren Charaktere ebenfalls stimmig, aber eben z.B. aus Thorwal sind.)

    Verschiedene Ansätze einen gewissen Ausgleich zu schaffen, waren nicht konsensfähig. Auch weil immer nur einzelne Aspekte herausgegriffen, bzw. abgemildert wurden. Jetzt habe ich mir DSA fair (Der Verweis zeigt auf ein ZIP-Archiv mit Openoffice-Dokumenten) angesehen, und bin ziemlich angetan.

    Daher meine Frage: Hat jemand von euch schon Erfahrungen mit DSA fair gemacht?

    TIA

    Scheffnow

  • Zunächst einmal: nein, ich habe keine Erfahrungen mit DSA fair - ich finde die offiziellen Regeln im wesentlichen schon ausgewogen.

    Natürlich bringen einige Rassen recht nette Boni (Thorwaler: 3 Attribute +1 - die Talentboni betrachte ich jetzt einmal als vernachlässigbar, da die durch Kultur ausgeglichen werden können, und zudem Talente in niedrigen Bereichen nicht so AP intensiv sind). Dies bringt natürlich einen guten Vorteil gegenüber anderen, aber man darf nicht die Nachteile vergessen. Neben offensichtlichen Dingen (Jähzorn 5 und MR einen Punkt niedriger als Mittelreicher) sind da die nicht auf den ersten Blick ersichtlichen. Durch den automatischen Nachteil Jähzorn aht der Thorwaler schon einmal einen Nachteil weniger, aus dem er GP ziehen kann. Zudem kostet die Rasse Thorwaler 5 GP - 5GP, die man eventuell woanders gebrauchen könnte.

    Wenn wir für ein Beispiel zum Vergleich einen Mittelreicher oder Tulamiden nehmen, so kann der durch den Nachteil "Niedirige Magieresistenz 1" (2 GP), "Jähzorn 6" (9GP) und 5 weiteren GP (Summe: 16 GP) sich für zwei Attribute den Vorteil "außergewöhnliche Eigenschaft" (2 x 8GP) kaufen und damit auch zwei 15er Startwerte erhalten. Das ist zwar einer weniger, als dem Thorwaler theoretisch möglich ist, aber dafür kann der Mittelreicher frei wählen, welche beiden Attribute das sind.

    Eine wirkliche Benachteiligung (bzw. Bevorteilung) sehe ich da nicht wirklich.

  • Hallo,

    vorweg: Ich habe auch keine Erfahrungen mit "DSA fair" gemacht.

    Mein Vorposter hat ja schon ein bisschen rumgerechnet, ich hingegen möchte eine andere Perpektive auf die ganze Problematik anbieten:

    Ich teile die Meinung, dass - rein gefühlsmäßig - die DSA-Regeln (ob überarbeitet oder nicht), nicht ausgewogen sind, was das Kosten-Effekt-Verhältnis mancher Fähigkeiten, Talente, "Rassen" usw. angeht. Allerdings möchte ich an dieser stelle die Notwendigkeit und die Machbarkeit einer solchen "Ausgewogenheit" in Frage stellen.

    Zunächst die "Machbarkeit": Was bedeuten denn "ausgewogen" und "fair" im Sinne eines P&P-RPG-Regelwerkes?
    Beide Begriffe sind in diesem Kontext sehr schwierig zu definieren, da man schnell Gefahr läuft, "Äpfel mit Birnen zu vergleichen" - oder "Kürschnern" mit einem "Auge des Limbus" - Zaubers. Der Punkt ist, um bei dem Thorwaler-Beispiel zu bleiben, dass besagter Thorwaler schon einen rechnerischen Vorteil hat, aber nicht unbedingt einen spielerischen. Vergleichen wir einen thorwaler Dieb mit einem mittelländer Dieb: Welcher der beiden Diebe wird seiner "Haupttätigkeit", dem Stehlen, wohl besser nachgehen können? Der Unterschied in Körperkraft und Konstitution wird darauf wohl keine Antwort geben, rechnerisch wäre es in diesem Fall sogar potentiell der mittelreicher Dieb, da er mehr GP zur verfügung hatte, die er in seine Spezialisierung stecken konnte.

    Das Stichwort "Spezialisierung" bringt mich nun zu der zweiten Frage: Muss es denn überhaupt "ausgewogen" sein?
    Sieht man davon ab, dass die hier angesprochene "Ausgewogenheit" in den meisten Fällen auf rein subjektiven Eindrücken basiert, da man das, wofür die Talente, Attribute, Zauber, usw. stehen, an sich aufgrund ihrer Verschiedenheit in ihrer Natur und Wirkung garnicht wirklich gut "objektiv" vergleichen kann, und daher eben diese "Ausgewogenheit" eher als Illusion verstanden werden kann, so möchte ich behaupten, dass ein Spiel wie DSA garnicht "ausgewogen" sein muss.
    Den ersten Grund für diesen Standpunkt sehe ich ganz einfach im Spielziel: In einem Spiel, in welchem die Spieler gegeneinander spielen, macht es natürlich Sinn, für "objektiv" ausgewogene Startbedingungen zu sorgen, in einem Spiel, wo man aber miteinander spielt, wie in diesem Fall gegeben, möchte ich anregen, die Motivation zu überdenken, die einen dazu führen könnte, nach einem "ausgeglicheneren" Spielsystem zu suchen.
    Der zweite Grund knüpft an den ersten an: Eben weil man zusammen spielt und nicht gegeneinander, kann man oft einen Charakter generieren, der allen anderen Charakteren in der Gruppe wertemäßig zwar unterlegen ist, auf den die Gruppe aber dennoch angewiesen ist, um so manche Hindernisse zu bewältigen und bestimmte Aufgaben zu lösen, weil ggf. kein anderer Charakter dessen Spezialgebiet abdeckt. In dem Fall ist es also ganz egal, "wie gut" man ist, solange man in "seinem" Gebiet (oder mehreren solchen) den einzigen bewanderten Charakter in der Gruppe darstellt, steht man sozusagen eh "ohne Konkurrenz" dar.

    DSA versucht meiner Einschätzung nach, ein möglichst "realistisches" Spielgefühl zu erzeugen. Davon ausgehend, würde mir eine "ausgewogene" Gruppe an Spielercharakteren sehr gezwungen, ja geradewegs künstlich vorkommen, da auch mir auch in der "realen" sozialen Welt die Ausgangsbedingungen verschiedener Menschen sehr unterschiedlich vorkommen. Mit anderen Worten: Die Welt ist nicht fair! Wieso muss es DSA sein, wo die soziale Unfairness einem doch geradewegs in Gesicht springt? Magier, Adelige, Elfen...

    Alles bisher von mir geschriebene einmal dahingestellt: Das DSA-System ist auf der Metaebene sogar viel "fairer" als die soziale Wirklichkeit, da jeder Spieler auf dieselben Vorteile zugreifen kann, wie jeder andere Spieler auch. Die Entscheidung, nicht immer das Regeloptimum zu spielen, ist also potentiell eine ganz bewusste - und Thorwaler sind da noch weit vom Regeloptimum entfernt.

    PL: I cast a fireball at the orcs.[br]GM: But you'll get caught in the blast![br]PL: So, I have an amulet of fire protection. I'll be fine.[br]GM: What about the other players?[br]PL: Oh yeah... Do I get experience for killing them too?[br][br]out of: "The Munchkin's Guide to Power Gaming"