Was lest ihr im Moment!?

  • "Rote Grütze mit Schuss" von Krischan Koch ist trotz des Titels, der vielleicht andere Assoziationen aufkommen lassen kann, ein Krimi, der in einem fiktiven kleinen Dorf mit mehr Schafen (600) als Einwohnern (176 - aber auch nur zu Beginn) angesiedelt ist.

    Der örtliche Polizist, seit Jahren bestrebt, die Kriminalitätsrate irgendwie als existierend auszuweisen, damit seine Dienststelle nicht eingestampft wird, findet sich überraschend mit einem Mord, oder auch zweien, konfrontiert und erhält Unterstützung einer Kieler Kommissarin.

    Als Leser kann man durchaus wichtige Hintergründe mit erlesen, die die beiden Polizisten erst noch herausfinden müssen, aber auch das wirft eher weitere Fragen auf und macht es spannend, als "Ach so war das - was lese ich nun weiter" auszulösen.

    Aber eigentlich geht es gar nicht um die Krimihandlung, oder nur auch, denn tatsächlich ist das für einen Krimi mit Leichen (und im Mähdrescher zerstückelt zu werden ist nun auch keine ganz unblutige Angelegenheit) recht humoristisch beschrieben und vor allem stehen die Dörfler und ihre dörflerischen Lebensweisen und Ansichten und Miteinander (teilweise recht umtriebig) im Vordergrund.

    Stilistisch finde ich das Buch nicht immer anstandslos (was mit, aber nicht nur, daran liegt, dass ich die verwendete Zeitform Präsens in Romanen nicht mag), alle Fäden und Fragen werden am Ende leider auch nicht anstandslos umfassend geklärt, aber insgesamt habe ich mich doch sehr gut unterhalten gefühlt.

    Nun habe ich gesehen, dass es der erste Band einer Reihe ist und es noch drei weitere Bände gibt - vielleicht kann ich die ja auch mal günstig auftun.

    Am Ende steht sogar der Titel im Kontext mit der Handlung.

  • "Das Buch ohne Staben" von Anonymus ausgelesen. Das hatte ich vor etwa anderthalb Jahren spontan aus einer Ramschkiste gezogen, keine Ahnung wieso, eigentlich mit der Überzeugung, dass das nichts für mich ist. Das war auch der Grund, warum es solange im Leseregal stand. Ich kann mich für blutige Gemetzel wie bei Tarantino nicht wirklich erwärmen, und Referenz zu Tarantino wurden schon im Aufdruck der Innenseite des Buchdeckels geschlagen.

    Ich habe es also gelesen, mehr, weil es endlich aus meinem Leseregal verschwinden soll. Und wurde ungemein überrascht. Nicht nur, dass die Handlung sehr wenig mit dem zu tun hat, was auf der Rückseite steht, war sie dazu noch deutlich vielschichtiger (recht viele Handlungsfäden) als erwartet, und dazu ungemein spannend geschrieben. Blutige Metzeleien gab es auch, waren aber weder so detailliert, noch so viele, wie befürchtet (Details gibt es dennoch), es gibt sogar so etwas ähnliches wie ein Happy End. Außerdem ist der stilistische Humor zuweilen ganz witzig, und die Pointe am Schluss irgendwo umwerfend komisch.

    Der deutsche Titel ist übrigens unglaublich dämlich und hat keinerlei Bezug zu irgendwas im Inhalt.


    HimigSohndesDulin : Für Interesse an einem ausführlicheren Austausch haben wir auch einen Phileasson-Thread.

  • Schattenkatze die "Das Buch..." Reihe ist super. Also find ich. Ich steh aber auch auf Tarantino und Gemetzel ;)

    Herrlich skurrile Charaktere (Elvis!) und der Humor deckt so ziemlich alle Facetten ab. Und The Bourbon Kid ist so badass :evil:

    Siehst reiten Du, jene neune? Die finster und verloren sind.

    Ash nazg durbatulûk, ash nazg gimbatul,

    ash nazg thrakatulûk agh burzum-ishi krimpatul.

  • Zuletzt gelesen habe ich "The Abyss Surrounds Us" und "Edge of the Abyss" von Emily Skrutskie. Wurde mir empfohlen als "Pokemon meets Goodzilla meets Dystopian Near Future Pirates meets diverse YA coming of age" und... ja, der Satz trifft es eigentlich perfekt, wenn man den liest und denkt "Okay jetzt will ich das lesen" dann ist das Buch auch was für einen.

    Kurz zusammengefasst: In der nahen Zukunft haben Erderwärmung, Meeresspiegel etc. die politische und soziale Weltordnung über den Haufen geworden, Seefahrt wird ein wichtiger Faktor der die Welt zusammenhält und Piraterie ein großes Problem. Um das in den Griff zu bekommen landet man bei der absolut naheliegendsten Lösung: gigantische genmanipulierte Seemonster die von hochspezialisierten Trainern ausgebildet und kontrolliert werden und die wichtige Schiff begleiten und vor Piraten beschützen. Ja, die Prämisse ist komplett Banane aber alleine das Bild von hochhausgroßen Seemonstern die in Seeschlachten mit Pseudo-Laserpointern ferngesteuert Schiffe angreifen ist so grandios dass zumindest ich bereit bin dafür über viele Bananen hinweg zu sehen :D

    Also das ist jetzt alles keine große Kunst (ist AFAIK auch das Erstlingswerk der Autorin, dafür IMO schon sehr gelungen), hab beide Bände in jeweils unter 2 Tagen nebenher weggeschnupft aber hab mich dabei auch keine Sekunde gelangweilt, in einer Rezension wurde es als "effortlessly diverse" beschrieben und das trifft es sehr gut, es hat eine halb-asiatische Protagonistin, eine Cast mit vielen Frauen, nicht-weißen und auch nicht-hetero Charakteren ohne dass da jemals ein großes Aufheben oder so drum gemacht wird.

  • Ich habe jetzt angefangen Tad Williams' Otherland ein zweites Mal zu lesen. Vor 15 Jahren hatte es mich vollkommen begeistert, heute scheint es mich nicht mehr so zu packen. Liegt vermutlich daran, dass sich die Realität seinen technischen Vorstellung nähert.

    Auf Otherland gekommen bin ich durch Ready Player One von Ernest Cline, dem Buch, auf dem der gleichnamige Film basiert. Der Anfang war fantastisch und hat mir eine ganze Reihe Nerd-Orgasmen beschert, am Ende ließ es doch nach. Dennoch: wem der Film gefallen hat, der sollte in jedem Falls das Buch lesen - es ist deutlich besser.

    Huldvoll winkend

    ---Jan van Leyden

  • Zum Geburtstag gab es u.a. "Geister auf der Metroplitan Line" von Ben Aaranovich, den neusten Band aus der Peter Grant-Reihe. Der Band kommt mit 170 Seiten (und eher großzügig konzipierten Seiten) ungewohnt schmal daher, er läuft auch ohne den übergeordneten Handlungsbogen um den "Gesichtslosen".

    Davon abgesehen ist er (natürlich) flott zwischen Tür und Angel zu lesen und wie gehabt sehr amüsant im Wortwitz und der Handlung.

  • Für den Urlaub hab ich mir nach langen Gesuche "Gute Omen" von Pratchett & Neil Gaiman zugelegt, weil ich von Neil eine gute, bös-witzige Kurzgeschichte gelesen habe ... und zu Pratchett brauche ich wohl nichts sagen.

    Was ist bisher so auf den ersten 10-20 Seiten las gefällt mir.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Seit George MacDonald Fraser hat es nur ein Autor geschafft, ganz oben auf die Liste meiner Lieblingsautoren zu gelangen: Jasper Fforde. Ob nun die Reihe um Thursday Next (bei der der 7. Band in der deutschen Übersetzung seit Jahren überfällig ist) oder die Letzte Drachentöterin-Reihe.

    Diese ist als Jugendbuch-Reihe angegeben, was ich aber wie auch die Reihe um Skulduggery Pleasant als unpassend ansehe, so primär Jugendbuch finde ich das nicht.

    Den dritten Band, "Das Auge des Zoltars" habe ich heute ausgelesen.

    Die gute Nachricht ist: Ich dachte, es wäre eine Trilogie, ist es aber nicht, sondern es geht weiter (und der Handlungsbogen dahin wird am Ende des Bandes begonnen).

    Die schlechte Nachricht ist: Es gibt zwar einen Arbeitstitel für den vierten (und bislang letzten) Band, aber mehr auch leider nicht (und Band 3 ist von 2013).

    Wie gehabt entwickelt sich die Handlung in den Ununited Kingdoms (allein solche Schöpfungen finde ich gut) weiter mit diversen kleinen Weltgestaltungs-Ausflügen, und die Wortspielereien sind wie immer toll (in meinen Augen), allein "Zauberbarisch" etwa. Die Gefahren werden immer größer, die Gegner und Herausforderungen mächtiger, Figuren sterben, und ganz am Ende zeigt sich, dass alles nur ein Vorspiel war, weil einige Fäden und Erwähnungen und Begebenheiten der früheren Bände durchaus unerwartete Wendungen nehmen.

  • Ich lese gerade Der letzte Wunsch von Andrzej Sapkowski. Hatte ich mir schon vor ein paar Jahren gekauft, aber nur "angelesen". Im Moment spiel ich gerade The Witcher 3 und hatte deshalb doch wieder Bock weiterzulesen. Es sind Kurzgeschichten die wenig bis gar nichts miteinander zu tun haben, bis auf die Tatsache, dass der Hexer Geralt von Riva der Protagonist ist. Alles etwas "flach". Aber sehr kurzweilig.

    Ich mache hier sauber.

  • Zum Geburtstag gab es u.a. "Geister auf der Metroplitan Line"

    steht bei mir auch ganz oben auf der "to read" liste.

    Habe grade Band 2 der Weitseher-Trilogie von Robin Hobb abgeschlossen und nun mit der grafic novel zu rivers of Londen #1 Body work(auf Englisch) als überbrücken bis Amazon Teil 3 liefert...

    Eis ist nicht Tot, es ist Erinnerung.
    Eis will keine Starre, es will Geduld und Warten.
    Eis zerstört nicht, es bewahrt.
    Kälte bringt nicht Schmerz, sie sucht Stärke.
    Kälte ist nicht Leid, sie gebiert Hoffnung.
    Kälte fordert kein Leben, sie prüft es.
    Sein Zorn jedoch, so entfacht
    ist Tod, ist Starre, ist Zerstörung.

    Seine Strafe: Schmerz, Leid und Verderben

    33% Powergamer 38% Buttkicker 75%Tactican 33% Specialist 79% Method Actor 75% Storyteller 46% Casual Gamer

  • Auch wenn die Bücher zur Phileasson Saga spitze sind, brauchte ich vor dem (aktuell) letzten Band mal eine kleine Pause.

    Darum lese ich zurzeit einen kleinen Sammelband mit verschiedenen Kurzgeschichten von H. P. Lovecraft. Zum einen entlehnen ja nicht wenige Autoren aus diesem Universum verschiedenste Dinge und zum anderen habe ich neulich einige Orkenspalter TV LPs zu Cthulhu gesehen. Da wollte ich mal reinschnuppern und mir selbst ein Bild machen.

  • Ich habe gestern nach einigen Stunden binge-reading Neil Gaimans "Norse Mythology" abgeschlossen und bin begeistert. Die Mythen wurden sehr passend aufbereitet, waren kurzweilig zu lesen und die Götter wurden mMn passend dargestellt, auch wenn (zugunsten des Leseflusses) viele Erklärungen, wer nun welcher Gott ist und weshalb er hier relevant wird, fehlen. Aber ansonsten ein sehr schönes Mythenbuch, welches zum Glück auf die ellenlangen Kampfbeschreibungen, wie sie in manchen Eddas zu finden sind, verzichtet.

  • "Professor Moriarty: The Hound of the D'Urbervills" von Kim Newman habe ich heute ausgelesen. Fand ich vom Sprachlevel recht fordernd, aber war ein Buch, das sonst so meinen Nerv erwischt hat: Zwar zusätzliche eine historischen Figuren, aber viele literarische Gestalten geben sich die Klinke in die Hand und als Leser ist man mit Fußnoten, was woher stammt, gut versorgt.

    Wie der Titel nahelegt, beschreibt das Buch, mehr als lose miteinander verbundenen einzelnen Geschichten als tatsächlicher Roman, einige kriminelle Taten des Professor Moriarty aus den Sherlock Holmes-Geschichten und Romane, aus der Ich-Perspektive des Colonel Sebastian "Basher" Moran, Soldat, Großwildjäger, Kriegsheld, Söldner, Mörder, und unverblümter Erzähler seiner eigenen Taten und unmoralischer Perspektiven wie der Moriartys. Dabei werden in den Titel (wie sich schon an der Titelgebenden erkennen lässt) wenn auch nicht immer in der Handlung bekannte Holmes-Geschichten abgewandelt.

    Die erste Geschichte, "A Volume in Vermillion", in der Moran - wie soll es anders sein - in Moriartys Dienste tritt, sein zweiter Mann wird und mit ihm oben in einem Haus zusammen lebt, hat mich dazu gebracht, mir Zane Greys "Riders of the prurpel sage" zuzulegen, da sich darauf bezogen wund mich interessiert, wie geschickt der Übergang tatsächlich ist.

    Im Grunde sind Moriarty und Moran die persiflierenden bösen Zwillinge von Holmes und Watson: wohnen in einem Haus zusammen, die Hausbesitzerin heißt Mrs. Halifax und ist Puffmutter, sie haben auch eine Straßengang zur Verfügung (neben natürlich ihrer Firma), Moriarty ist eine echte Denkmaschine, Moriarty hat auch Brüder, dessen einer extrem dünn ist und Mitglied in einem Club, in dem man extrem viel Lärm machen muss, Moran ist der Ich-Erzähler der Ereignisse, der denk Denkprozessen und Konklusionen Moriartys auch meist nicht folgen kann, Irene Adler ist für Moriarty "that bitch", Moriartys Hobby sind Wespen. Immer wieder gibt es auch kleine Bezüge zu Inhalten einiger Holmes-Geschichten, bis hin zum großen Finale am Reichenbach-Fall, so dass Holmes-halbwegs Kenner auf ihre Kosten kommen werden in den kleinen und großen Details

    Das Ende ist relativ offen gehalten, ich halte es wiederum für eindeutig genug, um der berühmten Geschichte ebenfalls einen ganz anderen Anstrich zu geben.

  • Habe jetzt neulich die 3 DSA Romane gelesen:

    Rabenbund/erbe

    Und Splitterdämmerung 1.

    Und muss sagen alle 3 Romane waren erstaunlich gut.

  • Ich habe "Die Memoiren des Sherlock Holmes" von Doyle beendet. Da sind unter anderem "Der griechische Dolmetscher" und "Das letzter Problem" enthalten. Beide haben mir noch viel mehr Bezüge, Übergänge und geschickte Verknüpfungen zu dem weiter oben erwähnten "Professor Moriarty" aufgezeigt, schon deshalb war es das wert.

    Mir ist aber auch aufgefallen, dass so einige Holmes-Geschichten auch exakt so ohne den großen Detektiv laufen, weil der da mit der Aufklärung eigentlich gar nichts mit zu tun hat. In "Das gelbe Gesicht" etwa oder "Der Angestellte des Börsenmaklers" (zwei Geschichten, die mir davon abgesehen sehr gut gefallen haben) läuft die Handlung und findet Abschluss und Auflösung auch ganz ohne einen schlüsseziehenden Detektiv (immerhin erlaubt erstere, dass er sich mal irren kann, und darum ging es ja eigentlich).

  • Nicht gerade heimelig hier

    MYSTERIÖSE ORTE, Anthologie

    Verlag der Schatten


    13 Kurzgeschichten und ein Gedicht über Orte, die deutlich – und noch deutlicher – anders sind, als sie eigentlich sein sollten.

    Achtung: Es ist nicht ganz auszuschließen, dass man nach Lesen dieses Bandes zu erhöhter Schreckhaftigkeit tendiert und eventuell auch dazu übergehen wird, an einstmals für sicher befundenen Orten unspezifische Geräusche zu hören und am äußersten Rand des Blickfelds plötzliche Bewegungen wahrzunehmen.

    Die gute Nachricht: Das vergeht wieder.

    Die weniger gute: Weil einfach alles irgendwann wieder vergeht.

    Zumindest ist dies weitverbreitet wissenschaftlicher Kanon. Allerdings ist fraglich, ob Wissenschaftler auch wirklich schon unter jede in dunkle Keller führende, laut knarrende und ächzende Treppe geschaut haben. Und stets auch wieder von dort zurück kamen, um von ihren Beobachtungen berichten zu können…

    Doch versuchen wir es wieder etwas sachlicher.

    Lokalität ist also der große Oberbegriff, unter dem sich die in diesem Band publizierte Belletristik versammelt. Es sind Orte mit ganz spezieller Charakteristik, die die Handlungsstätten der hier niedergeschriebenen Geschichten und des Gedichts darstellen. Der Titel dieses Bandes lässt ahnen, in welche Richtung es gehen wird. Und tatsächlich: Es wird nicht unbedingt immer gruselig, in jedem Fall aber unheimlich, mysteriös. Denn ganz gleich, ob es sich bei dem Ort der Handlung um eine archäologische Ausgrabungsstätte handelt, um eine verfallene Ruine, einen stillgelegten Vergnügungspark, ein altehrwürdiges, lange schon verlassenes Luxushotel oder gar um eine Bohrinsel, einen Zug, ein komplettes Dorf auf einer Insel – allen diesen Orten ist gemein, dass sie anscheinend für ungewöhnlich lange Zeit menschenleer waren. Und wie das mit solchen vereinsamten Orten manchmal eben so ist, könnte es wirklich gute Gründe dafür geben, ihnen auch weiterhin fern zu bleiben.

    Aber Mensch wäre nicht Mensch, würde er nicht so häufig den mehr oder minder deutlich lesbaren Warnhinweis vor solchen Orten ignorieren.

    Und so eröffnet sich dem Leser mit diesem Band ein bunter, abwechslungsreicher Reigen mit Geschichten, welche man im Idealfall auch nicht etwa in der überfüllten U-Bahn sondern wirklich lieber an ruhigen, einsamen Orten liest um in den Genuss des vollen Programms zu kommen, inklusive den Gänsehautmomenten und dem bei gehetztem Kichern einsetzenden Nachdenken über die Ursachen verschiedener nächtlicher Geräusche, wie etwa dem bis gerade eben ganz sicher noch nie zuvor vernommenen Knackgeräusch in dieser Wand dort oder dem schrittgleichen Knarren von der zum Schlafzimmer hinauf führenden Treppe. Brrr…

    Sie kommt vor in diesem Band: Die klassische, tragische Geistergeschichte um eine zu erlösende Seele; ebenso findet sich der gute, alte Familienfluch, den es endlich auf einem alten Anwesen zu brechen gilt; die Clique neugieriger Jugendlicher ist dabei, die sich wegen einer Mutprobe auf unheilvolles Gelände wagt und dort den ultimativen, absolut tödlichen Horror erfährt; Rachsucht über den Tod hinaus lauert mancherorts; aber auch weniger ätherisches sondern eher an verschiedene wissenschaftliche Grenzbereiche angelehnte Phantastik kommt vor, welche sich unter anderem durch Sprünge durch Raum und Zeit äußert, und sogar in den Nicht-Raum, in die Nicht-Zeit, ins buchstäbliche Nichts also führt ein Weg, und dieser ist selbstverständlich Einbahnstraße…

    Auch für diese Rezension gilt dass ich nicht für alle Geschichten, die es verdient hätten, die erforderliche Zeit aufbringen kann um mich mit ihnen hier zu befassen und ich mich somit auf diese beschränken muss, die meinen ganz persönlichen Geschmack am meisten treffen. Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, und somit mögen die Bestenlisten anderer Leser völlig zu Recht gänzlich anders aussehen.

    Folgende Stories – in nicht wertender Reihenfolge gelistet – sagen mir am meisten zu.

    DAS DACHZIMMER IM KOPF, von Daniel Huster

    Zwei Erzählebenen, die wie auf einer einzelnen Spur fahrende Züge aufeinander zurasen, dazu zwei Protagonisten, die bei dem was sie tun vollkommen glaubhaft und echt wirken. Sehr schön ebenfalls, wie der Autor mit der Energieanzeige des Laptops als Metapher auf die Endlichkeit der Dinge verweist und mit ihr wie mit einer runterzählenden Uhr Stress erzeugt und auch den Leser unter Druck setzt. (Drei, zwei, eins.) Eigentlich mag ich ja keine Geschichten in denen Schriftsteller als Protagonisten vorkommen. (Und jetzt ist Schluss?) Aber diese hier ist anders. (Stirn abwischen.) Ganz anders sogar. (Und ja, jetzt ist Schluss.)

    DIE MEERJUNGFRAU (Ruben Brüstle)

    Eine Bohrinsel in der Nordsee. Bei Erreichen ist sie menschenleer, niemand weit und breit zu sehen. Einzig anhand eines aufgefundenen Tagebuchs kann der Leser sich Vorstellungen darüber machen, was sich hier schauriges zugetragen haben dürfte.

    HEIM DER KATZEN (Johannes Harstick)

    Ein altes, verlassenes Haus am Rand der Ortschaft, Gerüchte von schlimmen Menschenexperimenten gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. Und ein wirklich armer Kerl, der jetzt, in der Neuzeit, bei Einbruch der Abenddämmerung in genau dieses Haus hinein muss…

    Eine dieser Geschichten, die Leuten ohne Angst vor Dunkelheit eine solche durchaus begreiflich machen können. Dabei gibt es natürlich kaum vernünftige Gründe, Dunkelheit zu fürchten. Es sollten eher jene Dinge sein, die sich in solcher Dunkelheit befinden könnten, welche zu fürchten sind.

    Ich muss gestehen, dass ich seit dem Lesen dieser Geschichte eine Überempfindlichkeit an Füßen und Waden entwickelt habe; selbst ein leichter Luftzug, der meine Knöchel wie ein Hauch umspielt, wenn ich mich nachts mal ins Badezimmer begebe, lässt mich oftmals zusammenzucken und hektisch den Boden um mich herum absuchen. Sollte ich dabei jemals schnelle, klopfende Geräusche vernehmen, wie sie etwa klingen könnten, wenn jemand – eher etwas – auf seinen Ellenbogen eilig durch die Dunkelheit auf mich zukrabbelt, werde ich mich schreiend umdrehen und rennen, ganz egal wohin, nur weg.

    Die folgenden Geschichten nun sind für mich nicht nur aufgrund ihrer Seitenzahl die Schwergewichte dieses Bandes.

    Beide Stories sind ziemlich nah an 100.000 Zeichen dran und somit um ein mehrfaches größer als die anderen Geschichten. Ihre Autoren belegen eindrucksvoll und überzeugend, dass sie ihr Handwerk beherrschen, denn sie nutzen geschickt jede zusätzliche Zeile, um ihren Stories mehr Farbe, mehr Gestalt und somit mehr Leben zu verleihen, so dass das Lesen dieser Geschichten aufgrund der großen Ausdruckskraft ihrer Autoren zu einem durchaus genussvollen belletristischen Ereignis wird.

    Beide Geschichten im einzelnen:

    GRAND HOTEL (Julia Annina Jorges)

    Der Harzburger Hof, seit Jahren leerstehendes Luxushotel bei Bad Harzburg, soll endlich wiedereröffnet werden und eine Architektin macht sich daran, Grundstück und Gebäudezustand für ein Gutachten zu dokumentieren. Dabei häufen sich so nach und nach die Anhaltspunkte, dass irgendetwas hier mit diesem Gebäude ganz und gar nicht in Ordnung ist, verdichten sich schließlich die Hinweise zu einem sehr konkreten Bedrohungsszenario, in dessen Finale es um Leben und Tod geht…

    Diese Geschichte hat sehr viel von jenem gewissen Etwas, welches dafür sorgt, dass man sich auch Jahre später noch gut und vor allem gerne an sie erinnern wird.

    Was sie neben den phantastischen Elementen, die in einem Band wie diesem eigentlich auch ziemlich sicher kommen müssen, zu einer wirklich phantastischen, zu einer tollen Story werden lässt sind vor allem die vielen Einzelheiten, die ich mit großer Begeisterung aufnehmen konnte.

    Der Hintergrund dieser Geschichte ist real, das Gebäude des Harzburger Hofs, welches tatsächlich über Jahrzehnte hinweg ein Nobelhotel und sogar ein Spielcasino beherbergte, wurde erst vor kurzem, in der zweiten Jahreshälfte 2017, endgültig dem Erdboden gleichgemacht; unter anderem deshalb, weil es nach wiederholten Bränden in neuerer Zeit als einsturzgefährdet galt.

    Die Autorin liefert mit dieser Story hier eine phantastische Erklärung dafür, was zu den Bränden in den letzten Jahren geführt haben könnte und warum die bisherigen Versuche, den Betrieb wieder aufzunehmen, scheiterten. Es würde innerhalb einer phantastischen Welt auf phantastische Weise wirklich gut passen. So entstehen Mythen.

    Man merkt dieser Geschichte die sehr gründliche Recherche und auch die umfassenden Ortskenntnisse, das ausgiebige Hintergrundwissen der Autorin an. Die Schilderungen wirken allesamt sehr authentisch und erzeugen beim Leser schnell die Gewissheit, dass da jemand genau weiß wovon er schreibt. Man fühlt sich beim Lesen von kundiger Führung an die Hand genommen, die Beschreibungen erzeugen beinahe greifbare Substanz, fast meint man wirklich da zu sein und durch die Räume und Gänge zu gehen; es verkommt dabei nie zu einer trockenen Aufzählung von Historie, Inventar oder dem nüchternen Schildern eines Bauplans sondern bleibt stets lebendig erzählt, wird so miterlebbar. Vor allem geschieht dies alles elegant nebenher, ist nicht erzählerischer Mittelpunkt sondern dient, ebenso wie die gleichfalls sehr gelungene Zeichnung der in der Geschichte vorkommenden Figuren und deren Beziehungen zueinander, der Schaffung einer Atmosphäre, die erstmal Normalität vermittelt, welche mit Fortschreiten der Geschichte, dem sich anhäufenden Wissen bei Protagonistin und Leser aber mehr und mehr als trügerisch erkannt wird, da immer weitere und immer beunruhigendere Details aufgedeckt werden, die letztlich jene sogenannte Normalität aufbrechen und irreparabel beschädigen.

    Wirklich starke Geschichte, ein großes Vergnügen – nicht gerade für die Protagonistin, sehr wohl aber für die Leser.

    NACH UNS DAS NICHTS (Tobias Habenicht)

    Vermutlich die allermeisten haben irgendwann schonmal die Erfahrung gemacht, dass ihnen ihr Webbrowser mittels eines Fehlers 404 mitteilt, die gewünschte Verbindung zu der vielleicht lange schon nicht mehr aufgesuchten Website könne nicht hergestellt werden; und oftmals bewahrheitet sich die bei solchem Ereignis sofort aufkommende Ahnung: Diese Website ist deshalb unauffindbar weil sie nicht mehr existiert. Auch kennen wir die manchmal große Geduld erfordernden Phasen – etwa wenn die Datenübertragung nicht verlässlich im gewohnt hohen Tempo sondern sehr deutlich langsamer stattfindet – in denen wir am Bildschirm zusehen können bzw. müssen, wie sich dort so nach und nach etwas aufbaut, Grafikelement für Grafikelement geradezu träge kriechend seinen Platz findet, für lange Zeit nichts wirklich sinnvolles angezeigt wird, das ganze lediglich wie ein sich manchmal monströs anmutender, hinkender Schritt zwischen einem Vorher und einem Nachher von was auch immer darbietet, wir mit den Fingern unruhig auf dem Tisch zu trommeln beginnen, während wir aus einer Schachtel kommend das klägliche Miauen von Schrödingers Katze zu vernehmen meinen, bis dann endlich die Darstellung am Bildschirm so steht wie sie sein sollte und der Rechner wieder bereit ist, auf irgendwelche Eingaben von uns zu reagieren.

    Was nun, wenn es sich mit der Wirklichkeit, der greifbaren und erlebbaren Realität außerhalb von Bits und Bytes also, ganz ähnlich verhielte? Wenn jenes Phänomen, welches wir als Realität bezeichnen, nun so langsam aber sicher vor allem aufgrund der in den letzten Jahrzehnten so sprunghaft und exponentiell angehäuften Erkenntnisse, die die Menschheit ansammelte, an die Grenzen des Darstellbaren geraten ist, der Cache-Speicher des Erlebbaren mittlerweile seine Kapazität erreicht hat und die Wirklichkeit dazu übergeht, immer öfter Teilbereiche dieser Realität nachzuladen und andere Teilbereiche, welche schon länger irgendwie ungenutzt waren, also nicht mehr erlebt wurden, aus dem sie bis dahin schnell wieder verfügbar machen könnenden Cache gelöscht werden und fortan ebenfalls bei Wiedergebrauch nachgeladen werden müssen – so sie dann denn noch wiederzufinden sind und deren erneuter Aufruf keine 404 produziert…

    Tobias Habenicht hat sich über solche, hier von mir nur als Annäherung und dazu unzureichend verbildlichte Dinge Gedanken gemacht und liefert als Produkt solcher Gedankengänge mit NACH UNS DAS NICHTS eine überaus packende Story über eine keinesfalls harmonische Gruppe von Freelancern, welche – von nicht all zu genau erwähnten Auftraggebern finanziert – weltweit äußerst beunruhigenden Vorgängen auf der Spur ist. Was als globale Forschungsreise beginnt, während der an den verschiedensten mysteriösen Orten Daten erhoben und Tests durchgeführt werden, gestaltet sich mit jeder weiteren erreichten Station immer mehr zu einem wahren Horrortrip mit nicht mehr bestimmbarem Zielort… »wo alles möglich ist.«

    Das Ding saß, und zwar die ganze Story, von Anfang bis Ende.


    Fazit:

    Ein ordentlicher Band, der den meisten Freunden dieses Genres gut gefallen dürfte. Abwechslungsreiche Beiträge von Autoren, die mehr als bloß lesbar schreiben können, herausgegeben von einem passend zum Verlagsnamen anonym im Dunkeln befindlichen Team welcher Art und Gattung auch immer.

    Kaufempfehlung? Aber klar doch. Für mich persönlich sind im Nachhinein betrachtet bereits die beiden vor allem stilistisch bärenstarken Beinahe-Novellen von Julia Annina Jorges und Tobias Habenicht Rechtfertigung genug für den Erwerb dieses Buchs.

  • Ja, hab mir auch mal wieder nen neues Buch gekauft: Gauntlgrym von der Niewinter Reihe. Autor: R.A. Salvatore. Hauptfigur ist mal wieder der Dunkelelf Drizzt Do'urden. Ich bin also mal gespannt, hab die Dunkelelfen Reihe seinerzeit verschlungen, auch was danach so kam im Eiswindtal.

    Bösartiges, grausames, hinterhältiges und völkermordendes übermächtiges Wesen.



    Auch als Spielleiter bekannt.