Fortsetzung aus dem Forum Archiv
Letzter Text
Ich bezieh mich jetzt einfach mal auf diverse Aussagen, die in den letzten Posts seit meinem letzten Post gemacht wurden.
Aus der Erkenntnis, dass man soziale Regeln brauch, um zusammenleben zu können, muss noch lange keine Religion entstehen. (Es kann aber ein Faktor sein.) Ein religiöses Weltbild entsteht erst aus der Erkenntnis, dass der Mensch nicht allein physikalisch determiniert ist, sondern einen Transzendenzbezug hat. Religion kann man nicht auf Regeln und Gesetze beschränken. Religion bzw. Weltanschauung betrifft den Menschen in seiner Existenz. Sie befasst sich nicht nur mit der Frage \"Was soll ich tun?\", sondern auch mit \"Was ist der Mensch?\". Diese beiden Fragen hängen natürlich eng zusammen.
Der Monotheismus des Judentums war tatsächlich etwas Neues. In anderen Kulturen oder Völkern gab es nur den Polytheismus, bei dem es aber durchaus öfter vorkam, dass es einen oberen Gott gab. Aber es gab ansonsten keine Religion, die gesagt hat: \"Es existiert nur ein Gott!\" Dabei muss man natürlich sagen, dass dies auch eine Entwicklung durchgemacht hat. Im AT (Alten Testament) findet man in einigen Büchern noch Spuren des Polytheismus wenn z.B. von GÖTTERsöhnen gesprochen wird oder so.
Es wurde auch die Unterdrückung anderer Ansichten angesprochen, weil man glaubte, die alleinige Wahrheit in Händen zu halten. Diese Unterdrückungen waren, so musste die kath. Kirche einsehen, nicht mit dem christlichen Menschenbild vereinbar. Nach diesem Menschenbild ist der Mensch frei und kann auch nur aus freiem Willen glauben. Erzwungener Glaube ist kein Glaube. Bis zum II. Vatikanischen Konzil (60er Jahre) wollte die kath. Kirche jedoch nicht die Religionsfreiheit als Menschenrecht anerkennen. Sie pochte auf das \"Recht der Wahrheit\" und verkannte dabei, dass das Recht des Menschen ein viel höheres Gut darstellt, auch wenn die Kirche tatsächlich die einzige Wahrheit haben sollte. Im II. Vaticanum jedoch vollzog die Kirche hier eine Wende vom Recht der Wahrheit zum Recht des Menschen und fordert sogar das Menschenrecht der Religionsfreiheit.
Deltka:
Die Bibel (v.a. das AT) ist noch stärker als der Koran eine Ansammlung vieler philosophischer Strömungen. Allein in den ersten 5 Büchern Moses gibt es mindestens 4 Autoren bzw. Redaktoren, die diese Bücher so zusammengestellt haben. Diese \"Autoren\" haben verschiedene Intentionen, die aus verschiedenen Erfahrungen in verschiedenen Zeiten und auch Kulturen resultieren. Es gibt also quasi nicht DIE Theologie des AT, sondern verschiedene Theologien. Und mit manchen dieser Theologien hab ich meine Probleme. Aber wenn Gott Krieg schickt, um sein Volk zu strafen muss man sich fragen, in welcher Zeit der Text geschrieben wurde. Dass Böses (das die Israeliten getan haben) mit Bösem (das Gott schickt) vergolten wird, war die natürlichste Sache der Welt, zumal Gott und die Israeliten einen Bund geschlossen haben, den die Israeliten als erstes brachen. Damit hat Gott nun mal das Recht, in dieser Weise einzugreifen (ich spreche aus damaliger Sicht). Erst viel später kam man auf die Idee, dass Gott nicht wirklich das Leid des Menschen will, auch wenn dieser Böses tut. Dies führt zu der Idee vom barmherzigen Gott, der sich im \"Neuen Bund\" in Jesus Christus ausdrückt.
Mit dieser Vielheit und Uneinheitlichkeit der Bibel muss glaube ich jeder Probleme haben, und es ist auch jedem selbst überlassen, wie er damit umgeht. Aber man kann ruhig mal hinter diese Uneinheitlichkeit fragen. Da gibt es einiges drüber zu lesen. Damit könnte man Bibliotheken füllen. (Und diese Literatur ist natürlich genauso uneinheitlich.) ;o>
Jetzt muss ich zwei Dingen noch ganz kurz widersprechen: Der Islam ist ganz sicher nicht aus dem Christentum entstanden, da der Islam Jesus nicht als den Christus ansieht, sondern als einen unter vielen Propheten. Wäre er aus dem Christentum entstanden, so wäre Jesus im Islam auch der Christus, da gerade dies das Besondere am Christentum ist. Jedoch ist der Islam mit dem Judentum und den Christentum \"verwandt\".
Die zweite Sache ist die, dass letzteres keineswegs ungern gehört wird, sondern immer wieder betont wird. Diese drei Religionen gehören zu den sog. abrahamiden (oder so ähnlich) Religionen, d.h. sie gehen auf Abraham als Stammvater zurück. Und gerade der Dialog unter diesen Religionen wurde in den letzten drei Jahrzehnten immer stärker vorangetrieben. Es wird mit Freuide wahrgenommen, dass diese Religionen sehr viel gemeinsam haben.
Hillus
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Bringt jemand die Leute dazu, zu denken, dass sie denken, so lieben sie ihn. Bringt er die Leute aber wirklich zum denken, so hassen sie ihn.