Rechte und Pflichten von Adeligen "fernab der Heimat"

  • Hallo zusammen.
    Ich habe jetzt verschiedene Schlagworte bei der Forensuche verwendet, aber nichts gefunden, was explizit zu meinem Anliegen passt. Wenn es dazu schon ein Thema gibt, dann bitte ich einfach nur um den Link, dann kann dieses Thema geschlossen werden :thumbup:.

    Nachdem in meiner Gruppe das Pferd meines albernischen Ritters von einem horasischen Wirt im wahrsten Sinne "verwurstet" wurde, weil mein Held aufgrund von Feenunfug die "Stellplatzgebühren" nicht nachzahlen konnte, ist mir bei meinem nächsten Charakter im adeligem Hintergrund daran gelegen, mich etwas sicherer in meinen Rechten und Pflichten zu bewegen, wenn ich mich außerhalb der heimatlichen Gefilde befinde.

    Zum Charakter an sich, ich spiele einen garetischen Baron (Adel III), der auf eine Queste auszieht, das lang verschollene Talismanschwert seines Hauses zu finden und zu bergen. Ich habe diesen Helden bereits vor 13 Jahren gespielt, damals noch als Baronet, der die Queste nicht zu einem Ende bringen konnte. Damals war das Ganze noch recht einfach, als Adeliger natürlich mit gewissen Privilegien, aber ohne "Macht und Einfluss". So war es einfacher, sich in eine Heldengruppe zu integrieren und trotz gewisser Privilegien weiter die üblichen Abenteureraufträge auf Heldenwerk-Abenteuerniveau mit anzunehmen.

    Aber die aventurische Geschichte dreht sich ja munter weiter, und so ist mein Held von damals nun eben selbst der Baron. Mit einem treuen und gewissenhaften Vogt, der sich daheim um die Tagesgeschäfte kümmert, will ich nun diese Queste zu einem Ende bringen. Um diesmal etwas besser "vorbereitet zu sein", wollte ich mir nun Tipps und Informationen einholen, in welchem Rechtsrahmen mein Held außerhalb seiner Baronie oder außerhalb der Grafschaft unterwegs ist.

    Konkret wären da zwei Beispiele zu nennen:
    • Konfrontation mit Adeligen von niederem Rang auf deren Grund und Boden. Als mein Held noch als Baronet unterwegs war, mussten wir in einem Abenteuer einem albernischen Popanz von Junker für Informationen Honig ums Maul schmieren. Als besonderes Zeichen der Demütigung verlangte der Junker von meinem musikalisch begabten Helden, dass dieser eine Heldenballade verfassen und im Junkterum verbreiten sollte. Wie kann nun ein Baron eine solche Konfrontation "standesgemäß" abwickeln - wie sehr zählt hier der Standesunterschied, wenn der Baron weitab von seinem Lehen ist? Wie kann man mit unverschämten Junkern und Edlen umgehen, so lange sie "Hausrecht" haben, und wo "handelsübliche" Helden ohne Adelshintergrund kuschen müssen, ob sie wollen oder nicht? So etwas wie "Fehde wegen Ehrbeschneidung" erscheint mir zu übertrieben und auch logistisch zwischen Albernia und Garetien eher schwierig :/.
    • standesgemäße Behandlung des Adeligen außerhalb des Mittelreiches. Um mal das Beispiel meines albernischen Ritters zu nehmen - wenn mein Baron außerhalb des Mittelreiches von einem Bürgerlichen über den Tisch gezogen oder ausgenommen wird, inwiefern kann er hier Recht einfordern? Kann man im Adelsstand für solche Fälle die örtliche Justiz bemühen oder bleibt man auch als Baron auf so einem Schaden sitzen? Im Mittelreich ist das ja einfach, so weit ich weiß hat da ja jeder Adelige das "Recht der leichten Hand", aber was kann ein vom Bürgerlichen geschädigter Adeliger im Horasreich, Bornland oder in Thorwal ausrichten?

    Ich würde mich über Hilfe und Input freuen - achja, und für die wahrscheinlich aufkommende Frage "Wenn der Held jetzt Baron ist, warum ist er dann nicht der Questgeber und heuert selbst Helden an, die die Waffe suchen sollen?" : Diese Queste ist traditionsreich und von rondrianischen Idealen und so - "Auf der Reise die Ehre Rondras und des Hauses mehren, ritterlich verhalten, nicht mehr nehmen als man zu Pferde transportieren kann", und so weiter. Deswegen ist er auch nicht mit Trossvolk unterwegs.

    MfG,
    ~Davio

    Edited once, last by Davio: Frage etwas genauer formuliert (February 22, 2025 at 6:49 PM).

  • Über die Rechte des Adels auf ihrem eigenen Land (eigenes Lehen) gibt es ziemlich viele Infos, über den Adel abseits seines Herrschaftsgebietes bzw. wenigstens Reiches (z.B. Mittelreich für einen Albernier) gibt es wenige Infos und vieles ist vermutlich bewusst offen gelassen. So wie auch im allgemeinen Recht große weiße Flecken sind "Lokale Rechte unterscheiden sich stark", "nutze Rechtskunde" und hoffe, dass Du nicht irgendetwas falsch machst. Ein fieser Meister könnte da praktisch ständig reisende Helden (egal ob adelig oder nicht) reinreißen.

    Echte Rechte hat man im Ausland praktisch so gut wie keine (und bereits jenseits des eigenen Landes schrumpfen die schon erheblich). Die "Rechte" die einem zugestanden werden sind eher "Brauchtum" und "gute Sitte" als echte Rechte nach dem Prinzip "wir erwarten im Ausland als Adelige so behandelt zu werden, also behandeln wir ausländische Adelige so". Im Prinzip gilt das auch für die niedrigen Stände (Bürger, Händler, Zunftleute, Gilden...) - der mächtige Patizier ist jenseits seiner Stadtmauer rechtlich nicht mehr besonders gewichtig und die noch weniger gewichtigen Gemeinen umso weniger.

    Allgemein ist ein Adeliger auf seinem Land der "König" und kann sehr viel bestimmen. Von Auflagen für die Freien bis hin zur Rechtssprechung hat ihm keiner hinein zu reden (auch nicht der Lehnsherr, sofern der Fall nicht die Befugnisse übersteigt z.B. Halsgerichtsbarkeit für Niederadelige). Völlig falsch ist Dein Erlebnis mit dem Junker also erst einmal nicht.

    Allerdings und da kommt das große ABER verpflichtet der Adel natürlich zu einem bestimmten Verhalten (z.B. Wahrung der Etikette). Das ist nichts, dass man wirklich gerichtlich einfordern kann, aber solche Dinge nicht zu beachten schadet oft erheblich dem Ruf. Dann kommt natürlich auch das Gewicht des betroffenen Adeligen ins Spiel. Ein Baron kennt sicherlich viele Leute, bisweilen auch im Ausland und vielleicht gibt es gar Verwandschaft. Kurz gesagt pinkle ich einem an Bein, können weit mehr als nur einer sauer reagieren.

    Wir reden hier von einem Götter erwählten Stand, wo Dinge wie Ehre und Ansehen wenigstens ebenso harte Währung wie Rechte sind und da spürt ein kleines Licht jeden Luftzug und sich mit Höherrangigen anzulegen erzeugt oft mehr also nur einen Lufthauch. Vor allem kann man ja nicht wissen, wen der Fremde Gast kennt usw.

    Auch wenn der Lehnsherr wenig direkte Befugnisse hat, so kann er dennoch auf verschiedenste Weisen ordentlich Druck auf seine Gefolgsleute aufbauen. Wenn also der beleidigte Baron zum Baron (Chef vom Junker) geht und auf Augenhöhe redet, muss sich der Junker schon sehr sicher sein, dass ihm sein Lehnsherr die Stange hält. Sofern dieser nicht die Vorstellung des singenden Adeligen teilt (was natürlich nicht ausgeschlossen ist), wird sich das noch irgendwie rächen. Spätestens wenn mal ein Erbfall strittig wird u.ä. kommen so alte Geschichten dann gerne wieder aus der Schublade.

    Aber direkte Auswirkungen hat so ein Verhalten wie das vom Junker nicht. Sollte die Ehre beschnitten sein, könnte man in der Tat eine Forderung aussprechen, aber annehmen muss sie der andere nicht zwangsweise. In der Praxis dürfte oft die schiere Macht für klare Verhältnisse sorgen, weil das reisende Gefolge des Barons mehr als eine Herausforderung für die mickrigen Truppen eines Junkers darstellt (oft wohl kaum mehr als ein Büttel und vielleicht ein, zwei einfache Hilfsschergen). Das sich ein mächtigerer Gast "anständig" benimmt ist wiederum die andere Seite der Medaille von "Adel verpflichtet".

    Letztendlich ist der internationale Adelsstand ein komplexes, aber empfindliches Netzwerk. Einem Spinnennetz gar nicht unähnlich, merkt man schnell wenn es irgendwo zappelt.

    Völlig unabhängig davon gibt es in DSA 5 auch etwas Crunch zu dem Thema (RW S. 338). Der Umgang eines Höherrangigen gestaltet sich als leichte Herausforderung. Einfach gesagt Ober sticht unter merkt man da ganz deutlich und sagt aus: "Ober kann Unter leicht beeinflussen".

    Um die Adelsrechte (und wie man die DSA 5 Regeln s.o. auffassen sollte) geht es auch im aktuellen Beitrag RE: Der Grafo von Monte Christo .

    Die umfangreichste Behandlung des Themas Adelsrechte findet man wWn S. 24 in der DSA 4 Spielhilfe Herz des Reiches "Vorrechte des Adels" (wobei das auch nur zwei Absätze sind, also nicht zu viel erwarten). Diese beziehen sich zwar aufs Mittelreich können aber im großen Umfang (Ausnahmen gibt es natürlich immer) als allgemeingültig für den ganzen feudalen Rest der Welt angenommen werden.

    Dort werden Rechte wie das von und zu, das Tragen von Waffen (wo das normale oft nicht mehr dürfen) oder das Recht nur durch Standespersonen wenigstens gleichen Ranges verurteilt zu werden behandelt. Wobei man auch hier ganz klar immer durch die regionale Brille schauen muss. Im Bornland kann man sicher fast überall nach dem ungeschriebenen Recht der leichten Hand freche Gemeine züchtigen, aber im Horasreich oder einer Reichstadt sollte man das besser nicht mehr tun. Je traditionsreicher das Reich "Altmodischer" desto eher kann man mit "großen Rechten" rechnen - insbesondere im Umgang mit Nichtadeligen.

    Edited 3 times, last by x76 (February 22, 2025 at 8:30 PM).

  • Letztendlich ist der internationale Adelsstand ein komplexes, aber empfindliches Netzwerk. Einem Spinnennetz gar nicht unähnlich, merkt man schnell wenn es irgendwo zappelt.

    Wenn man Parallelen zum irdischen Adel des Mittelalters ziehen kann, ist auch Verwandtschaft ein Teil dieses Spinnennetzes.

    Also hat der reisende Adlige über Blutsverwandtschaft oder Heirat irgendeine Verbindung zum lokalen Adligen? Dieser Aspekt könnte die ganze Geschichte noch weiter verkomplizieren.

    Kurz vorm Wahnsinn wird's nochmal lustig. 8o :thumbsup:


    Nicht die Taten machen einen Helden, sondern die Lieder, die man über ihn singt. (Wilhelm Auspitzer)

  • Adel ist in feudalen Reichen, namentlich besonders Horasreich und Mittelreich, mit einem gewissen Maß an Autorität und in jedem Fall Respekt verbunden, mit Rechten und Pflichten.
    Zahlt ein Adliger nicht seine Miete, weil er nicht wiederkommt, wird nicht sein (wertvolles) Pferd geschlachtet, weil ein paar Silberlinge ausstehen - man sucht eher den Adligen, denn wenn ein Adliger in Ort X verschwindet, könnte das für Ort X nachteilig sein. Auf jeden Fall hält man sich nicht sofort an ein mehrere hundert Dukaten teures Pferd - denn wenn der Adlige Pferdediebstahl anklagt, dürfte der Wort des Problem haben.

    Je höher der Rang, desto mehr Einfluss steht dahinter, und das sollten insbesondere nicht-Adlige wissen. Wenn da also nun ein amtierender Baron ankommt, zieht alles im Rang darunter höflich den Hut, besonders nicht-Adlige.
    Ein bisschen anders ist es, wenn Baron von X auf dem Land eines niederen Adligen außerhalb seiner Baronie steht, denn da hat der niedere Adlige als Lehnsherr natürlich mehr zu sagen. Aber auch ein Junker sollte sich überlegen, ob er einen Baron einer anderen Baronie ausnutzt und angesichts dessen Stand unangemessene Gegenleistung verlangt, oder gar eine Demütigung verlangt.
    Der Baron weiß, dass er zwar den nominell höheren Rang hat, aber auf Grund und Boden eines anderen auch seinerseits das richtige Benehmen auspackt (denn das muss er respektieren), und der Junker weiß, dass er den Baron auch nicht runtermacht.

    Im Horasreich ist es ähnlich. Da ist es dann ein ausländischer Baron, der in einem anderen Land noch etwas weniger zu sagen hat. Aber er ist dennoch ein Adliger und als solcher hat er Rechte und Pflichten, muss aber auch seinerseits die Rechte und Pflichten respektieren.

    Anders wird es in Reichen, die entweder anderen Strukturen unterliegen (Tulamidenlande, die auch ihre Form von Adel haben, aber schon etwas anders funktionieren in einigen Belangen), oder gar keine haben (den Barbaren in Barbarenland interessiert ein Adelsrang überhaupt nicht, da kann man nichts einfordern oder bekommen).

    Dieses Thema geht in der Ausrichtung auch ein bisschen in die Richtung: Rechte von Adligen Kindern

  • Zahlt ein Adliger nicht seine Miete, weil er nicht wiederkommt, wird nicht sein (wertvolles) Pferd geschlachtet, weil ein paar Silberlinge ausstehen - man sucht eher den Adligen, denn wenn ein Adliger in Ort X verschwindet, könnte das für Ort X nachteilig sein. Auf jeden Fall hält man sich nicht sofort an ein mehrere hundert Dukaten teures Pferd - denn wenn der Adlige Pferdediebstahl anklagt, dürfte der Wort des Problem haben.

    In meinem Aventurien wäre der Wirt ohne richterliches Urteil auch näher am Strang als der Adelige in Bedrängnis. Der Wirt sollte auf jeden Fall den Dienstweg einhalten und seine Kosten einklagen, was sich schwierig gestaltet, da (siehe anderer Beitrag) ein Adeliger üblicherweise nur von Adeligen gleichen Ranges (und das vermutlich auch nur Anwesenheit) verurteilt werden kann. Es reicht also nicht zum Dorfrichter oder Junker zu gehen, sondern man muss schon wenigstens an den Baron heran treten (wegen des hohes Wertes/Schwere s.u. vermutlich sowieso notwendig, da dies die Kompetenz des Niederadels übersteigen dürfte).

    Vermutlich würde man anhand des hohen Wertes der Sache (Pferde sind zudem nicht nur wertvoll, sondern Diebstahl etc. von diesen Sachen werden auch vielerorts besonders hart bestraft), wohl Verwandte o.ä. des Eigners ausfindig machen und von denen das fehlende Geld einfordern. Wenn sich auch dann niemand finden lässt, wird das Tier wohl eher vom lokalen Herrscher ausgelöst, als eine Schlachtung angeordnet. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob in Aventurien Pferde überhaupt ohne besondere Not oder Umstände geschlachtet werden (schwerer Rahjafrevel). Der Aufwand lohnt sich auch für die Kläger, denn ein Pferd verursacht hohe Kosten und der Schaden liegt auf jeden Fall im Dukatenbereich, wahrscheinlich sogar im mehrstelligen Bereich). Da kommt man bereits in Bereiche von Verbrechen bis Schwerverbrechen "juristisch gewichtig".

    Also hat der reisende Adlige über Blutsverwandtschaft oder Heirat irgendeine Verbindung zum lokalen Adligen? Dieser Aspekt könnte die ganze Geschichte noch weiter verkomplizieren.

    Auf jeden Fall, wobei Familie oft deutlich weiter zu sehen ist, als die nächsten Verwandten (Vasallenverhältnisse, langjährige Bündnisparnter, Immankumpels, Ordens- und Logenmitgliedschaften...). Gerade in Stufe 4 (Barone, Grafen etc. -> in DSA 4 und früher waren das noch Hochadelige, in DSA 5 Stufe Adel [also zwischen Nieder- und Hochadel]) wird die Luft schon dünner und es gibt nicht mehr so viele Fische im internationalen Teich.

    Kann man im Adelsstand für solche Fälle die örtliche Justiz bemühen oder bleibt man auch als Baron auf so einem Schaden sitzen? Im Mittelreich ist das ja einfach, so weit ich weiß hat da ja jeder Adelige das "Recht der leichten Hand", aber was kann ein vom Bürgerlichen geschädigter Adeliger im Horasreich, Bornland oder in Thorwal ausrichten?

    Meist kann jeder Freie die Justiz bemühen (ggf. mit einem Fürsprecher, Anwalt o.ä.), dazu muss man kein Adeliger sein. Zumindest in den Feudallanden kann man damit rechnen, dass das Wort eines Adeligen besonders schwer wiegt und je höher der Rang desto gewichtiger. Bei Adeliger gegen Gemeiner stehen die Chancen meist zu Gunsten des Adeligen (man ist im wahrsten Sinn des Wortes mehr wert). Im Ausland (dort wo Adel kaum bekannt ist oder gar abgelehnt wird) hat man kaum Vorteile durch den Adelsstand (im besten Fall ist man ein "wichtiger Fremder").

    Das Recht der leichten Hand ist wie gesagt kein Recht, sondern nur Brauchtum (ungeschriebenes Gesetz). Da sollte man schon aufpassen, wen und wo man züchtigt. Wobei das sowieso eher eine Maßnahme für kleinere Verfehlungen ist, wie "nicht ordentlich gegrüßt" "doof angeschaut" "Becher versehentlich auf den Herrn verschüttet" o.ä. und nicht für ein geschlachtetes Pferd oder andere schwere Tatbestände.

    Edited 2 times, last by x76 (February 23, 2025 at 11:02 AM).

  • Nachdem in meiner Gruppe das Pferd meines albernischen Ritters von einem horasischen Wirt im wahrsten Sinne "verwurstet" wurde, weil mein Held aufgrund von Feenunfug die "Stellplatzgebühren" nicht nachzahlen konnte, ist mir bei meinem nächsten Charakter im adeligem Hintergrund daran gelegen, mich etwas sicherer in meinen Rechten und Pflichten zu bewegen, wenn ich mich außerhalb der heimatlichen Gefilde befinde.

    Das ist, als würde man einen Lamborghini verschrotten, der zu lange im Halteverbot gestanden hat, um über den Schrottpreis die Parkgebühren zu bezahlen... Vor allem, wenn es sich bei dem Pferd um ein Schlachtross gehandelt hat mit einem Stammbaum länger als der mancher Dynastien...

    Wie bei vielem krankt DSA ein wenig daran, dass so viele unterschiedliche Settings und Ideen auf so engem Raum existieren und miteinander vermischt werden: klassisches Feudalwesen mit Standesgefüge und Lehensfolge, frühmoderne Nationalstaatsideen und Beamtenstaaten, modernes Geldwesen und Ehrgesellschaft, dazu real existierende Götter und ein erforschbarer göttlicher Wille und das alles interpretiert von modernen, demokratisch geprägten Menschen...

    Eine "richtige" Antwort wird es daher kaum geben und vieles wird eurem persönlichen Spielgefühl und Gruppenabsprache oder Meisterwille/Meisterwillkür unterworfen sein.

    Das "Mittelalter" (schwieriger Begriff, ich weiß) war von persönlichen Abhängigkeiten geprägt, nicht so sehr von staatlichen Institutionen. Der Treueeid des Vasalls gegenüber seinem Lehensherr verpflichtete beide gegenseitig und persönlich auf die Ehre; gleichzeitig waren damit aber handfeste rechtliche Regeln verknüpft. Heeresfolge ja, aber nur für eine begrenzte Anzahl an Tagen. Alles, was darüber hinausging, musste der Lehensherr in klingender Münze oder entsprechenden Privilegien bezahlen. Wenn er es nicht tat, konnte sich der Untergebene ohne Ehrverlust vom Kriegszug zurückziehen. Verlor er seine Ehre durch anderes Verhalten war er aber ganz einfach unten durch.

    Ich finde, zumindest das sollte man dem Adel dort, war er anerkannt wird, zugestehen: ein ausgeprägtes Ehrgefühl, das bindet und verpflichtet, sowohl nach oben als auch nach unten. Die Adligen sind "eine Klasse für sich", eine Klasse, die durch Wirtschaftsbeziehungen, vor allem aber durch persönliche, familiäre, politische Beziehungen untereinander geprägt ist. Man trifft sich auf Turnieren, in der Adelsversammlung, auf Wallfahrt, die Kinder gehen in die selbe Kriegerakademie oder Magierakademie, man besucht Bälle, heiratet untereinander, trifft Absprachen, geht Allianzen ein, etc. Man ist unter sich, man kennt sich, kennt die Usancen und Gepflogenheiten der selben Schicht und Klasse. Man versteht sich als die von den Göttern eingesetzte Elite, die den Auftrag hat, göttergefällig zu herrschen, gerecht zu walten, die Schwachen zu schützen und den Oberen Gehorsam zu schulden, wie man selbst Gehorsam einfordert. Dieses Bewusstsein sollte "die Adligen" untereinander bereits binden. Nein, natürlich wird der Baron nicht mal ohne weiteres zum Horaskaiser vorgelassen aber wird empfangen werden und er wird nach seinem Stand und seiner Ehre empfangen werden statt wie anderes fahrendes Volk mal eben an der Tür abgewiesen zu werden.

    Ein (niederer) Adliger, der aus welchen Gründen auch immer unhöflich (=unhöfisch = nicht der feinen und erwarteten Sitte am Hofe entsprechend) einen anderen, fremden Adligen abweist, verletzt nicht nur dessen Ehre, er verletzt auch seine eigene Ehre und wenn das rauskommt, dann ist er unter Umständen sozial ruiniert, zumindest hat er aber einen schwereren Stand. Denn was sollen denn die anderen Barone und Baroninnen denken, wenn da einer herkommt und "einem der ihren" (und das ist dein SC erstmal: er ist ein Angehöriger dieser sozialen Schicht, diesen Standes, ganz gleich wo er herkommt: er ist ein Mann von Ehre und Adel und auserwählt von den Göttern für diese Position) die Ehre abschneidet? Was soll der Lehensherr denken, auf den dieses ehrlose Verhalten zurückfällt? "Hoppla, mein Junker bekommt aber ganz schön Allüren, was der da für unverschämte Forderungen an diesen Edelmann stellt. Dem werde ich aber mal genauer auf die Finger schauen, nicht, dass mir so ein Verhalten noch Schule macht..."

    Klar, vielleicht stach besagten Junker der Hafer und er war einer der jungen Wilden, der sich ein wenig austoben wollte (und offenbar keine höfische Schule vermittelt bekommen hat, die auch traviagefälliges Verhalten lehrt) aber dann hätte es deinem Baronet auch gut zu Gesicht gestanden, dieses unverschämte Verlangen entrüstet oder höflich von sich zu weisen. "Wie ein Bänkelsänger soll ich für Euch eine Ballade vortragen? Haltet ihr das meinem Stande angemessen?" Etwas anderes wäre es, wenn besagter Junker mit Schmeichelei verstanden hätte, deinem Charakter die Zusage zu entlocken: "Ach, ein Lied, vorgetragen von einem Manne Eures Standes und Eures Könnens, das wäre mir größtes Lob und Lohn zugleich." Krieger-Poeten die mit Schwert und Worten gleichermaßen umgehen konnten, waren allzeits berühmt und geehrt.

    Soll heißen, jenseits von Gesetzen und Regeln ist die persönliche EhreTM das, worauf es beim Adligen ankommt: ohne sie, ist er nichts! Die Ehre, eines Adligen anzuzweifeln heißt, den Willen Praios selbst anzuzweifeln. Und wenn ein Adliger Schulden macht, weil er sein Pferd nicht auslösen kann, dann stellt er einen Schuldschein aus und der Wirt wird den in Ehren halten und in der Taverne über der Theke anbringen und allen Gästen salbungsvoll erzählen, dass das die Unterschrift eines echten Adligen ist, jawohl, von altem Geschlecht und noblem Blut und der bestätigt, dass er ihm 12 Dukaten 3 Silbertaler schuldet, jawohl, Alrik, so wahr ich hier stehe! Und irgendwann, wenn es der Taverne finanziell schlecht geht, wird vielleicht der Sohn des Wirts mit dem Schuldschein ausziehen und nach ein paar Abenteuern auf der Burg des Barons, jetzt in Ehren ergraut, auftauchen und sagen: "mein Herr! Ihr schuldet meinem Vater Geld, ich bin hier um es zu holen," und alle werden eine tolle Geschichte zu erzählen haben. Geld war früher vor allem auch eine soziale Währung und Schulden wurden oft über Generationen weitervererbt, weil das soziale Machtmittel, das die Schulden verliehen, viel mehr wert war als der reine Geldwert.

    wie sehr zählt hier der Standesunterschied, wenn der Baron weitab von seinem Lehen ist? Wie kann man mit unverschämten Junkern und Edlen umgehen, so lange sie "Hausrecht" haben, und wo "handelsübliche" Helden ohne Adelshintergrund kuschen müssen, ob sie wollen oder nicht?

    Hier gilt, meines Erachtens nach: der Baron ist ein Baron und damit Angehöriger a) des Adels und b) des Baronierangs. Als Adliger gebührt ihm die Behandlung eines Adligen. Ist der Rang des Barons dem Gastgeber bekannt (oder kann er ihn mit bekannten Rängen vergleichen), dann gebührt ihm die Behandlung eines Adligen in dem Ausmaß, der einem Baron (oder eines ihm ebenbürtigen Rangs) eben gebührt. Ist ein bisschen wie mit dem Völkerrecht: man erschießt keine Soldaten, die sich ergeben, weil sonst erschießt ja auch der Feind die eigenen Soldaten, wenn die sich ergeben. Das Verhalten des Gastgebers fällt ja in erster Linie auf ihn zurück, auf seine Person, auf seine Ehre und sein soziales Standing. Und wenn sich das verbreitet (und das wird sich verbreiten), dann wird er ganz schnell feststellen, dass sich ihm eben keine Türen mehr öffnen und ihm kein Nachtlager zuteil wird, wenn er auf Reisen ist und ihm seine Standesgenossen aus dem Weg gehen. Er beleidigt nicht nur deinen Baron, er beleidigt die göttliche Ordnung selbst und wer will schon mit so einem etwas zu tun haben?

    Wenn besagter Junker oder Edlen daran liegt, deinen Baron bewusst antagonisieren zu wollen durch sein Verhalten, dann ist dein Baron dazu gehalten, diese Ehrabschneidung entsprechend zu unterbinden. Das kann von "wer Travias Gesetze so missachtet, mit dem wollen wir nichts zu tun haben" reichen, über "hütet Eure Zunge, wenn Ihr nicht meine Lanze kosten wollt," bis zu "Hundsfott, elendiger!" Batsch, batsch.

    Alle, die deinem Helden gleichrangig sind, würden vollstes Verständnis dafür haben. Adlig sein ist keine Einbahnstraße. Wer sich nicht benimmt wie ein Adliger, blamiert sich in den Augen der anderen Adligen.

    standesgemäße Behandlung des Adeligen außerhalb des Mittelreiches. Um mal das Beispiel meines albernischen Ritters zu nehmen - wenn mein Baron außerhalb des Mittelreiches von einem Bürgerlichen über den Tisch gezogen oder ausgenommen wird, inwiefern kann er hier Recht einfordern? Kann man im Adelsstand für solche Fälle die örtliche Justiz bemühen oder bleibt man auch als Baron auf so einem Schaden sitzen?

    Auch hier, ein Adliger ist erstmal ein Adliger. Das ist ein Recht seiner Person, das er überallhin mitnimmt, wo die Rechte (Vorrechte, Privilegien) des Adels anerkannt werden. Wenn ein Bürgerlicher meint, einen Adligen über den Tisch zu ziehen - nun, zum einen müsste das schon ein besonderer Bürgerlicher sein. Die Ständegesellschaft ist weit verbreitet und welcher Bürgerliche würde sich schon an einem Adligen vergreifen, wenn besagter Bürgerlicher genau weiß, wie die Adligen in seiner Umgebung mit so jemanden umgehen würden?

    Jetzt kann natürlich einer pfiffig sein - sowas kommt ja immer gut an - und es versuchen aber dann ist die Frage auch wieder: vor welchem Gericht will denn der Bürgerliche Recht bekommen? Der Adlige hat ein Ehrenwort - was hat denn dem der Bürger entgegenzusetzen? Der Adlige geht zu seinem Peer und sagt dem: "Der Bürger Alricio hat sich mir gegenüber ungebührlich benommen" und dann sagt der: "Was? Das Schwein! Wie kann er es wagen!" Das ändert sich natürlich, wenn man in einer republikanisch geprägten Stadt unterwegs ist, wo das Bürgertum scharf über seine Priviliegien wacht - aber dein Adliger hat ja auch seine Privilegien und die werden in der Regel auch anerkannt. Und dann sagt der Baron mit seinem Ehrenwort aus, dass der Wirt ihn über den Tisch gezogen hat und der stammelt: "Ja, aber..." und wird zu zwanzig Stockschlägen und eine Nacht am Pranger verurteilt.

    Bei den Thorwalern dürfte dein Baron (mit reisenden Gefährten) als Krieger und Anführer gesehen werden und als solcher, weitgereist, auf einer Queste nach einem legendären Schwert, ist es nur selbstverständlich, dass er beim Jarl einquartiert und an dessen Tafel sitzt, weil ja alle die Neuigkeiten aus fernen Ländern und den Beginn einer guten Saga zu schätzen wissen.

    Bei den Tulamiden könnte die Bewirtung durchaus eher transaktionen Charakter haben, das gehört halt dazu. Bei fremden Völkern entscheidet häufig das Auftreten und die Wehrfähigkeit, ob man in die Kategorie "Gast" oder "Opfer" fällt, da gilt Stammes- oder Faustrecht.

    Das alles natürlich nur, wenn das Gegenüber nicht aktiv feindlich gegen deinen Baron ist. Aber ich glaube, darum geht es bei deiner Frage nicht.

    Und was die Rechtsprechung gegenüber Angehörigen des niederen Standes anbelangt, die nicht den Baron persönlich angehen: warum sollte er sich da einmischen? Dafür gibt es (lokale) Regeln, die er nicht kennen dürfte, Absprachen, Verträge, Schwüre, von denen er keine Ahnung. Wenn ihn nicht zwei Streitparteien um ein Urteil bitten (was durchaus vorkommen kann, dann spart man sich den langen Weg in die Stadt zum Gericht und der Vogt verlangt ja auch noch die Gerichtsgebühr, etc. und außerdem ist er ja von Praios persönlich in den Adelsstand berufen), dann sollte er sich nicht anmaßen darüber zu entscheiden, wem die Kuh jetzt gehört oder ob die Benegunde den Refareon bestohlen hat oder ob es doch nicht umgekehrt war...

    Kommunizieren allein reicht nicht - man muss auch verstanden werden.

  • Puh... vielen herzlichen Dank für den ganzen Input. Das hilft mir schon einmal weiter es auszugestalten, wie mein Charakter in entsprechenden Situationen agieren kann und sollte.

    Und ein besonderer Dank für den Hinweis, dass unnötiges Rossmetzgern im Prinzip ein Rahja-Frevel ist... unser Spielleiter ist in den meisten Fällen recht frugal was pekuniäre Vergütung in Abenteuern angeht, vielleicht kann ich daraus was schustern, dass ich zumindest einen "Ersatzgaul" bekomme :D

  • vielleicht kann ich daraus was schustern, dass ich zumindest einen "Ersatzgaul" bekomme :D

    Vermutlich können wir Dir eher zur stillen Teilhaberschaft an einem Wirtshaus gratulieren. Den entstandenen Schaden kann der Wirt vermutlich selbst dann nicht ausgleichen, wenn man die geschuldeten Gebühren abzieht. So fließt dann wohl monatlich etwas Geld aufs Konto des Helden, bis die Schuld beglichen ist. :)

    Während der Wirt den Göttern dankt, so glimpflich davon gekommen zu sein. Er könnte mit etwas Pech genauso gut schon am Galgen baumeln...

  • Es ist auch eine Möglichkeit, mit Deinem SL darüber zu reden, wie ihr euch jeweils Aventurien, Adelsstrukturen und Hierarchien vorstellt und den Umgang mit Adligen, auf SC- wie NSC-Seite.
    Vermutlich fände es ein NSC-Baron (und damit der dahinterstehende SL ) auch nicht gut, wenn er gedemütigt, sich an seinem Besitz vergangen und er allgemein nicht wie eine Person seines Standes behandelt wird.
    Wenn mit einem Ritter solcherart umgesprungen wird und dem Sohn eines Barons - ist dann ein Baron so gesehen tatsächlich auf der sicheren Seite, dass ihm nicht auch ähnliches widerfahren kann? Bevor also auf nun noch höheren Rang zu setzen, um IT davor gefeit zu sein (was eben auch schon beim Ritter so sein sollte), mag OT darüber reden und zu klären, wo da Vorstellungen und Erwartungshaltungen liegen, vielleicht noch zielführender sein.