Könnten gesellschaftskritische Elemente in meinen PnP missverstanden werden?

  • In meinem Spiel gibt es ein paar gesellschaftskritische Punkte, bei denen man Fertigkeitspunkte für etwas ausgeben kann, das eigentlich nicht wirklich etwas bringt.

    Z. B. wenn man sehr reich "ausschaut" zahlt man mehr und die Händler sind übertrieben höflich. Wenn man sehr arm "ausschaut" zahlt man weniger und wird freundschaftlich behandelt. Allerdings unterliegt das keinen Zwang, sondern ist lediglich das gesellschaftliche Verhalten, welches als üblich betrachtet wird.

  • Ist das nicht in jedem PnP so? Ich glaube zumindest in DSA gibt es auch eine Stelle, die genau besagt, dass z.B. Adel nicht nur ein Vorteil ist, eben weil Händler viel Geld erwarten und das einfache Volk nur das sagt was einen gut stimmen würd etc.

    Da aber nicht so wirklich was über dein PnP bekannt ist, kann ich auch nicht einschätzen inwiefern das gesellschaftskritisch sein soll oder ob es noch andere Fälle gibt.

  • Es ist zumindest Nonsens, dafür Fähigkeitspunkte auszugeben. Eine erfolgreiche Würfelprobe auf platonische Attraktion gibt dir Vorteil auf den Wurf, wie reich du ausschaust.

    Auch ein höheres Startgeld bringt nicht so viel. In allen drei Fällen kann man die Fertigkeitspunkte sinnvoller einsetzen.

  • Generell kann jeder Spieler Ungleichheiten als "ungerecht" auffassen.

    Wichtig ist, dass du deinen Spielerinnen/Spielern immer bewusst machst, dass auch du nur in eine "Rolle" schlüpfst und das NPC ja genau wie SC über Nachteile wie Persönlichkeitsschwächen wie Goldgier, Geiz und Sozialen Status verfügen und danach handeln.

    Wichtig ist, dass Spieler Ungleichheiten deinen Figuren und nicht dir anlasten. Das ist immer eine Frage der Kommunikation.

    Spieler haben alle ihr eigenes Gesellschaftsbild und kein Gesellschaftsbild ist zu 100% Deckungsgleich mit dem Anderer.

    Eine Person die sich bemüht alle Anderen um sich herum, unabhängig von einem Geschlecht zu bewerten und behandeln, weil das in ihrem Weltbild als "gerecht" gilt, wird die Gesellschaften von Andergast, Aranien und vor Allen, die der Orks als höchst ungerecht bewerten.

    Ein Spieler der in Armut aufgewachsen ist oder aktuell in Armut lebt, wird es besonders auffallen, wenn sein armer Charakter auf Grund des Sozialen Status übervorteilt wird.

    Missverständnisse sind völlig normal. Und es liegt ja an dir, als Meister, gesellschaftliche Auffälligkeiten, die ingame eine Rolle spielen, den Spielern mitzuteilen oder ihnen zumindest die Chance einzuräumen, dass die Charaktere verstehen was vor sich geht.

    Der Spieler eines reichen Charakters der "edle Kleidung" trägt und gerade beim Bader war, wird vielleicht missverstehen warum ein Händler ihm den Dolch 50% teurer anbietet, als dem ungewaschenen Streuner ein paar Minuten zuvor.

    Aber dann verlangt man "Menschenkenntnis (Motive erkennen)" und gibt sowohl Spieler als auch Charakter die Information: "Es gibt ingame nicht sowas wie 'den einen Listenpreis', dein Charakter sieht aus als könnte er es sich leisten übervorteilt zu werden, also versucht man ihn auch zu übervorteilen. Die meisten Wohlstehenden sehen es aber auch als guten Ton an diese höheren Preise zu zahlen und es wäre unter ihrem Stand um jeden "Heller" zu feilschen."

    Dann wirst du zwar nicht mehr missverstanden, aber es muss dir und deinen Spielern auch bewusst sein, dass es Leute gibt, denen sowas gefällt und Leute, die sowas als unfair betrachten. (Auch wenn sie es richtig verstanden haben.)

    Genauso gibt es Spieler, die es mehr oder weniger sinnvoll finden, in so etwas Punkte investieren zu können/sollen/müssen.

    Eigentlich sind solche Fähigkeiten in DSA5 z.B. ja such vorhanden:

    • CH
    • Gutaussehend
    • Überreden
    • Menschenkenntnis

    und alle anderen Talent unter der Gruppe "Gesellschaftstalente", heißen ja nicht grundlos "Gesellschaftstalente".

    Den sozialen Konflikt mehr von den Spielwerten, als von den Fähigkeiten des Spielers abhängig zu machen, finde ich persönlich einen guten "Meisterstil" und etwas an dem ich selbst nach 20 Jahren leiten, noch selber arbeite. (Mich wickeln heute noch oft Spieler um den Finger die eloquent und logisch diskutieren. Obwohl ihre Charakter das auf dem Papier überhaupt nicht beherrschen.)

    Argumentationsweise und Diskussionsgeschick zwischen Spieler und Charakter können sich stark unterscheiden. Spielleiter, die das in beide Richtungen berücksichtigen und stets einbinden, haben meine vollkommene Hochachtung.

    Physische Attraktivität ist genau das Selbe.

    1. Sowie ein Charakter eloquenter als sein Spieler oder weniger eloquent als sein Spieler sein kann. So kann der Charakter physisch attraktiver oder weniger attraktiv als sein Spieler sein.

    2. Sowie ein Charakter mal mehr mal weniger empfänglich für Argumente sein wird, so wird ein Charakter mal mehr und mal weniger, für physische Attraktivität eines Anderen, empfänglich sein.

    3. Die Punkte 1. und 2. gelten für SC und NSC gleichermaßen.

    Wie ein Regel-System gesellschaftliche und soziale Konflikte angeht, ist sehr unterschiedlich aber jedes Rollenspiel-System, dass ich kenne, trennt die soziale Kompetenz (inklusive Attraktivität) von Charakter und Spieler.

    Du solltest in deinem System deiner eigenen Intuition und deinem eigenen Geschmack folgen oder vielleicht in deiner Bubble eine Umfrage machen, wenn du dir nicht sicher bist.

    Nerdismus trifft auf Boomer trifft auf Flachwitz-Humor

    Ergebnis 'Ich'

    Edited 7 times, last by Sturmkind (October 26, 2024 at 12:37 AM).

  • Dies mag u.a. erklären wieso es eine strikte Kleiderordnung gab; so war nur den Adligen das tragen von Pelz erlaubt usw.

    Und nein, man war eher untergeben höflich zu solchen Reichen um keinen Ärger zu bekommen; der Adel stand über dem Händler!

    Jassu! (freundliche Begrüßung auf Ithasos)

    Pflicht des Historikers: Das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.
    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.
    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • In meinem Spiel gibt es ein paar gesellschaftskritische Punkte, bei denen man Fertigkeitspunkte für etwas ausgeben kann, das eigentlich nicht wirklich etwas bringt. (...)

    unterliegt das keinen Zwang, sondern ist lediglich das gesellschaftliche Verhalten, welches als üblich betrachtet wird.

    Warum sollte man Punkte für etwas ausgeben müssen, das sowieso der Normalfall "üblich" ist? Die Behandlung ist üblich, weil man meist so behandelt wird. Wäre es anders, wäre es nicht die übliche Behandlung.

    Punkte kostet es, wenn man nicht so aussieht (ist, benimmt was auch immer - von der Norm abweicht) wie es sein soll und man trotzdem auf die gewünschte Weise behandelt werden möchte (der ausgeraubte Händler im Kartoffelsack als ehrbarer Händler) oder aber wenn man so ist wie es erwartet wird und man eine andere Behandlung wünscht (z.B. der Adelige in guten Klamotten von den Gemeinen als Gleichrangiger wahrgenommen werden soll).

    Zum Thema in der Überschrift:

    In Rollenspielen findet man inzwischen meist irgendwelche Passagen, die deutlich machen, dass man natürlich nicht so spielen muss und es völlig in Ordnung ist, wenn alle gleich sind und das wird dann bei DSA sogar noch drei Mal wiederholt (damit sich bloß niemand beleidigt fühlt).

    In anderen Rollenspielen findet man hingegen gleich die Setzung das alle gleich sind und sowieso niemand irgendwie ausgegrenzt wird.

    Also ja, es gibt offensichtlich genug Personen die sich an solchen Dingen auch in einer fiktiven Welt stören.

  • wenn man sehr reich "ausschaut" zahlt man mehr und die Händler sind übertrieben höflich. Wenn man sehr arm "ausschaut" zahlt man weniger und wird freundschaftlich behandelt.

    Ebenso öffnet reich sein (und so aussehen) Türen und Möglichkeiten, ohne dadurch draufzuzahlen. Wer arm ist und so ausschaut wird erst gar nicht eingelassen oder für voll genommen. Arm sein muss nicht vorteilhaft sein und reich nicht nachteilig. Es kommt drauf an, in welcher Gesellschaft man sich bewegt. Arme Personen finden mehr Toleranz unter ihresgleichen und kommen schlechter in besseren Schichten an. Reiche können je nach Gesellschaftsschicht auch besser oder schlechter wegkommen.
    Im Grunde sollte aber reich sein und darin Punkte versenkt zu haben auch Vorteile haben.

  • Die SO wurde in der Horasreich-Box (DSA3) sehr detalliert dargestellt; "Reichtum" (hoher SO) setzte dort auch an der perswönl. Ansehen; heißt wer "Reich" ist hat sich auch so zu benehmen, gibt dementsprechend Geld aus, macht regelmäßig Feiern, kleidet sich entsprechend usw. Wer einen hohen SO hat, sich aber auf einen niedrigeren bwegt (wegen Geiz?) wird irgendwann als Sonderling abgestempelt; umgekehrt geht gar nicht ...

    Wir haben "heute" das "Problem" das Filme, Romane und FRPGs zwar in einer MIttelalterlichen Welt spielen, aber diese unsere heutigen "Werltansichten" darstellen sollen, genauso gut könnten wir dann auch Mönche an PCs setzen lassen, und ein Mauerer arbeitet mit Laser ... das Mittelalter hatte nadere Weltansichten, wie auch die Zeit zwischen 1700-1800. Oder Filme der 80er Jahre. Ob "moderne" Ansichten in ein SPiel gehören - oder ausgelassen werden sollten, muß jeder für sich entscheiden.
    ABER: Fantasy ist fiktion, auch wenn es auf reale (?) Zeiten und Personen inspiriert wurde (Hust, die Wikinger würden die Darstellung der Thorwaler tolerieren!); und natürlich leben Fiktionen von Klischees (der gute Cowboy und der böse Indianer - gibt es dank Karl May bei uns nicht).
    (Bei AD&D gab es kurzzeitig (um 1980) für die Woman weniger KK, weil man von der "Realität" aus (wäre D&D um 1950-60 herausgekommen hätte sie wengier Intelligenz bekommen!). Ein ganz schwieriges Thema heute, weil es nicht sachlich diskutiert wird; aber dafür haben wir ja eine Frauenquote ... alos mehr weibliche NSCs bitteschön. ;)

    PS: Du kannst es heute - eigentlich schon immer - nie allen Recht machen. Also versuche es erst gar nicht. Höre auf Personen in deinem Umfeld die du kennst.

    (Ich habe mal paar Gedanken dazu beigesteuert: RE: zakkarus)

    Jassu! (freundliche Begrüßung auf Ithasos)

    Pflicht des Historikers: Das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.
    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.
    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

    Edited once, last by zakkarus (October 27, 2024 at 12:01 PM).

  • orkenspalter October 27, 2024 at 11:47 AM

    Added the label Pen and Paper Rollenspiel
  • Wer reich aussieht, hat auch doch auch Geld in das Aussehen gesteckt? Wer reich aussieht, wird reich behandelt. Kleider machen Leute, und bis sich zeigt, dass das Säckel leer ist, kann man man bei jenen, die reich beeindruckend finden, daraus Vorteile ziehen (Hochstapler halt, das macht man, um Vorteile daraus zu ziehen).

  • Wer reich aussieht, wird reich behandelt.

    Es ist zumindest keine offizielle Regel, dass man andere Vorteile daraus zieht, als dass man übermäßig höflich angesprochen wird.

    Wenn dann würde man andere Vorteile eher aus der Etikette der gehobenen Gesellschaft ziehen. Und ja, es gibt bei mir Etikette der gehobenen Gesellschaft, Etikette der Mittelschicht und Etikette der Unterschicht.

    Etikette kostet aber je Punkt, jeweils nur 1 Fertigkeitspunkt.

  • Warum sollte man Punkte für etwas ausgeben müssen, das sowieso der Normalfall "üblich" ist? Die Behandlung ist üblich, weil man meist so behandelt wird. Wäre es anders, wäre es nicht die übliche Behandlung.

    Das mit dem üblich bezieht sich auf die entsprechende Ausstrahlung, wegen welcher man reicher oder weniger reich wahrgenommen wird.

    Es werden also nicht alle gleich behandelt, sondern ungleich. Wobei es vorteilhafter ist, nicht so reich wahrgenommen zu werden. Der einzige Aspekt, warum man Fertigkeitspunkte ausgibt, um reicher zu wirken, könnte ein Rollenspielerischer Aspekt sein.

  • Es werden also nicht alle gleich behandelt, sondern ungleich. Wobei es vorteilhafter ist, nicht so reich wahrgenommen zu werden. Der einzige Aspekt, warum man Fertigkeitspunkte ausgibt, um reicher zu wirken, könnte ein Rollenspielerischer Aspekt sein.

    Wenn es in deinem System besser ist, als arm wahrgenommen zu werden denn als Reich, dann sollte "arm aussehen" was kosten, nicht "reich aussehen". Und wenn das wirklich alle Preise betrifft, sollten die Fertigkeitskosten für "arm aussehen" sogar sehr hoch sein.


    Soviel zum Balancing.

    Was das gesellschaftskritische Zeug angeht : Ja, ich denke nicht, dass die meisten Spieler feste Spielregeln, die Aussagen, dass Leute, die wie Bettler aussehen generell freundlicher und zuvorkommender behandelt werden als Leute, die Wie Großbürger oder Alige aussehen, besonders mögen werden. Die meisten werden das einfach nur seltsam und immersionsstörend finden.

    Aber wenn es dir darum geht, dein Spiel bewußt nutzen zu wollen, um Gesellschaftskritik und politische Ansichten zu verbreiten - vergiß es. Die wenigsten Menschen wollen Geld und Freizeit opfern, um sich von Jemandem, den sie nicht kennen, irgendwelche Predigten anzuhören. So ein Zeug macht dein Spiel generell unattraktiver und kommerziell weniger erfolgreich. Nicht umsonst müssen verschiedenste Parteien ein Haufen Geld bezahlen, um ihre Botschaft an den Mann zu bringen.

    Edited once, last by Satinavian (November 17, 2024 at 11:39 AM).

  • Für was für Spieler soll dein Spiel überhaupt sein ?

    Und was soll überhaupt der Zweck der Regel sein ? Ich meine, was macht die Regel denn ?

    "Ich spiele einen Höfling, der gern in feinster Seidenkleidung durch die Straßen läuft, Aber weil ich keine Punkte in "reich aussehen " stecke, sondern lieber in Etikette, behandeln mich die Leute generell freundlich statt nur aufgesetzt höflich und ich bekomme überall gute Preise. Und weil meine Etikette entsprechend höher ist, komme ich sogar noch besser an."

    Das ist im Moment, was die Regel tendentiell macht. Das könntest du jetzt anfangen, mit irgendwelchen Beschränkungen und Ausnahmen zu flicken, aber mir ist auch völlig unklar, war überhaupt dein Ziel mit der Regel ist. Im Moment scheint sie einfach nur generell schädlich ohne Mehrwehrt zu sein.

    Edited once, last by Satinavian (November 17, 2024 at 11:53 AM).

  • Und was soll überhaupt der Zweck der Regel sein ?

    Die eine Regel ist ein Gag. Alle anderen Regeln haben ihren Sinn.


    Für was für Spieler soll dein Spiel überhaupt sein ?

    Für Spieler, die ein komplexes Spiel im Fantasy-Setting mögen und denen es nicht wichtig ist, dass alles total realistisch ist. Alles in allem habe ich keine bestimmte Zielgruppe, außer Erwachsenen.

  • Und was soll überhaupt der Zweck der Regel sein ?

    Die eine Regel ist ein Gag. Alle anderen Regeln haben ihren Sinn.

    Schreibe keine Gag-Regeln in ein Regelbuch. Ich weiß, es gibt erfolgreiche humoristische RPGs, wie "Toon" und "Paranoia" und äh, dann wird es schon eher eng. Nahezu alle anderen humoristischen RPGs sind regelarm, kostenlos und taugen nur für One-Shots. Über einen Witz lacht man einmal, eine Regel benutzt man längerfristig.

  • Die eine Regel ist ein Gag. Alle anderen Regeln haben ihren Sinn.

    Da diesen Gag sicher kein Leser eines Regelwerkes versteht (ich verstehe auch nicht was daran der Gag ist), gehen die Leser bestimmt von einem Fehler aus. Da hat wohl der Autor arm und reich verwechselt, als er die Regel geschrieben hat, Vor- und Nachteil verwechselt u.ä.

    Für mich wäre das kein Gag, sondern einfach ein Fehler, den man offensichtlich nicht vor der Veröffentlichung entdeckt hat. Das trübt dann den Qualitätseindruck des RPGs. DSA ist da leider ein typisches Beispiel und man kann inzwischen sagen "kaufe nie eine Erstauflage" (außer zur Wertanlage vielleicht), denn sie strotzt nur so von Fehlern aller Art.