Wenn da der Nachteil die ganze Zeit nicht wirkt, sollte er später dann schon ordentlich zu spüren sein.
Das finde ich nicht gut. Das wäre so, als würde man sagen "nach dem langen Flachlandabenteuer schicke ich die Helden jetzt nur ins Gebierge, damit der Held mit der Höhenangst endlich mal in scheiß viele gefähre Situationen durch den Nachteil kommt".
Und wie setzt Du das um?
Mein geweihter Bannstrahler ist ein Held u.a. mit Verpflichtungen. In einem Abenteuer musste man in eine von Orks belagerte Stadt gelangen und dort einen geheimen Kult ausmerzen, um schließlich vor den Toren das Schicksal der Stadt in der Schlacht zu entscheiden.
Schon die Anreise brachte folgenreiche Probleme mit sich. Die Befehle waren klar: sich von lokalen Schmuggelrn heimlich in die Stadt schmuggeln lassen. Das Abenteuer begann deshalb gleich mal mit einer gebrochenen Prinzipientreue (Verstoß gegen Offensichtlichkeit etc.). Ganz zu schweigen davon, dass man nicht nur mit Abschaum arbeiten musste, sondern dem auch noch etwas schuldet.
In der Stadt hatte er in etwa die Anweisung "mit Fingerspitzengefühl vorzugehen und niemanden auf die Füsse zu treten", obwohl er eigentlich lieber den halben Wald niederbrennt, solange man wenigstens den dämonischen Baum miterwischt. Das hat sich schnell als äußerst schwierig herausgestellt und vor allem mich als Spieler dazu gezwungen, meinen Helden nicht so spielen zu können, wie ich es ohne den Nachteil getan hätte. Es war ein scharfer Hund an der kurzen Leine.
Irgendwann ist er dann doch über die Stränge geschlagen und hat angefangen auf der Suche nach den Kultisten, denen man auf die sanfte Weise nicht beikommen konnte und mit Hilfe der lokalen Bannstrahler (und in Überschreitung seiner Kompetenzen, Stadt war im Bannstrahl Kernland) den Wald grob abzuholzen. Dabei ist er etlichen Leuten auf die Füße getreten.
Wenig verwunderlich ging es dann als "Strafe" per Befehl in der Endschlacht samt der vorher zur Hilfe aufgewiegelten Gefolgsleute mitten in die Todeszone. Viele Tote, die auf seinen Helm gehen und nicht zu letzt der beinahe eigene Tod im Dienst der Pflicht (das habe ich als Konsequenz seiner üblichen Spielweise als Spieler auch in Kauf genommen).
Am Ende hat der kleine, unbeirrbare Haufen Fanatiker durch die stoische Befehlstreue eine entscheidene Rolle gespielt. Statt der eigentlich angemessenen Belohung (endlich die lange ersehnte Beförderung und noch wichtiger endlich mehr Macht, um holzen zu können ) , gab es eine Bestrafung, die nur hinsichtlich der herausragenden Leistungen relativ glimpflich ausfiel.
Unter dem Strich hatte ich von Anfang an Ärger, konnte in weiten Teilen des Abenteuers nicht so spielen, wie ich das gern getan hätte, musste sehr viel mehr Stiefel lecken als erträglich war und bin am Ende auch noch einmal mehr um die Endbelohnung gebracht worden. Entscheidungsfreiheit ist etwas anderes. Denoch würde ich in dem Abenteuer nichts anders machen.
In von eigenen Gnaden hatten wir ein Andergaster SC Duo aus hochadeligem Ritter (seinem Haus verpflichtet) und meinem druidischen Berater (ebenfalls dem Haus verpflichtet). Nur hatten wir völlig unterschiedliche Auflagen und Anweisungen. Der Ritter hat versucht seinen Verpflichtungen gerecht zu werden, während mein Held ihn (um den eigenen Verpflichtungen nach zu kommen) manipuliert hat und ihm häufig Knüppel zwischen die Beine geworfen hat. Der wirklich tragische Faktor war aber, dass die beiden eigentlich gute Freunde sind und häufig eine Entscheidung zwischen Loyalität und Freundschaft getroffen werden musste. Ohne Verpflichtungen wäre sehr vieles ganz anders gelaufen. Auch hier war deutlich zu spüren, dass man nicht voll Herr über seinen Held ist.
Die Magierin eines Mitspielers wird so gespielt als sei sie ihrem Nichtsnutzigen Bruder verpflichtet. Dieser taucht als NSC immer wieder mal auf und sorgt dann für reichlich Ärger (er zieht schlechte Dinge an, wie der S.haufen die Fliegen) und bringt seine Schwester immer wieder in präkere Situationen, gar nicht so selten blamiert er sie auch noch bis auf die Knochen und nutzt ihre Gutmütigkeit schamlos aus. Kurzgesagt: er ist ein ziemliches Ärgernis (aber er ist halt nicht nur Familie, sondern hatte nicht wie die Heldin das Glück eine tolle Magierausbildung zu bekommen "Held fühlt sich deshalb schuldig"). Hätte ich vorher gewusst, dass der Spieler so mit dem Bruder seiner Heldin umgeht, hätte er gerne die AP für den Nachteil haben können. Die AP hat er sich nämlich mehr als verdient.
Da sind nach meinem Empfinden zwei Punkte Abzug o.ä. die man "einfach" mit einem höheren Talentwert kompensieren kann oder die vielleicht sogar auf irgendwelche Dinge gehen, die für den Held gar nicht so entscheidend sind (z.B. der häßliche Waldläufer) weniger tiefgreifend. Wobei ich "Verrechnungen" (sehr beliebt in DSA 4 waren bei mir bspw. Regnachteile oder Gruppenunfähigkeiten) generell als "milde Nachteile" empfinde, weil sie die Spielweise kaum beeinflussen. Man wendet sie Regel konform an und die Sache ist abgegolten. Ganz im Gegensatz zu Verpflichtungen, Prinzipientreue etc. die sich deutlich mehr aufs Charakterspiel auswirken.