Wenn die Fähigkeiten des Spielers nicht die des Charakters sind: die Immersion am Spieltisch

  • Für mich ist das Spiel eine Sammlung von Beschreibungen+

    - Für eine Kampfsituation kann man gut&gerne ein Szenario mit Zinnis/Blips aufstellen.

    - Ein Dungeon garf gut&gerne gemappt sein, Orte mit Bildern untermalt.

    - Für einen wichtigen NSC kann die SL gut&gerne ein Portrait hochhalten.

    - Für eine düstere Stimmung kann gut&gerne der Soundtrack "Das siebente Zeichen" laufen.

    Bei den Spieler-Charakteren geht es entsprechend weiter:

    Der Priester(-Spieler) darf gerne ein Amulett um den Hals tragen, der Thorwaler ein Hautbild und tüchtig fluchen, die Magierin stirnrunzeln, zeigefingerheben und gebildet parlieren, die Adlige mit direkter Rede in der dritten Person ihren Stand untermauern, der Barde mit Singsang und Versen das Umfeld reizen, der Nives gebroch greth nur sprek, die Hexe mit kratziger Stimme auf 60Jahre ohne nennensswerte Stimmübung hinweisen...

    Das alles kann, ich könnte auch sagen: sollte. Weil es insbesondere in der Summe das Spielgefühl deutlich beschwingt. Und neidvoll blicke ich, wenn ich ein Video sehe, wo davon vieles gelingt; bei uns wird von diesem Potpourri des "guten Rollenspiels" meistens nur ein kleiner Teil vollbracht - denn es ist eine erhebliche Anforderung an Vorbereitung, Talent, Konzentration, Selbstoffenbarung und vor allem: Übung.

    Es ist deshalb auch in Ordnung, wenn der Raum beschrieben wird, der Held in indirekter Sprache kommuniziert und folgerichtig alle medialen Parameter dem Kopfkino überantwortet werden.

    Beschreibung+ heißt: mehr ist mehr und weniger ist weniger, aber rein beschreibendes Spiel ist die akzeptable Plattform, auf der das große Theater aufbaut.

    Davon abzugrenzen sind Dinge, die nicht nichthelfen sondern stattdessen stören.

    Für mich ist das z.B. Musik mit (Fokus auf) englischen Texten, auch heitere Hobbitmusik in der Folterkammer, ein dummer Charakter mit einem vorlauten Spieler-Cleverle, ein Portrait mit dem richtigen Bart aber der falschen Plasma-Gun. Übrigens auch Spieler am WhatsAppen oder Handydaddeln, manchmal Witzelsucht - die Grenze zwischen ingame und outgame Störfaktoren ist durchaus fließend, weil ein Charakter den Witz rausgehauen haben *könnte* und weil das Smartphone den Charakterbogen ersetzen *könnte*.

    Im wesentlichen hat sich mein Kopfkino aber über die Jahre einen ziemlich dicken Panzer zugelegt. :evil:

  • Ich kann Nurmjo schon nachvollziehen. Sturmkind , ich habe es eher so heraus gelesen, dass es weniger auf die Tonlage der Stimme, als auf Ausdrucksweise und Wortwahl ankommt. Wenn ich eine Elfin vor augen habe, ist das letzte was ich von ihr zu hören erwarte eine prolletische Stammtischrede.

    Hauptsache spielen!

  • ch mag Gruppen lieber, in denen jeder spielen kann, was er gerne spielen möchte und was seinem persönlichen Charakter entspricht, als das spielen zu "müssen", was ich im Stande bin immersiv darstellen zu können.

    Absolut! Im Idealfall klappt aber beides. Das geht aber nur mit einiger Rollenspielerfahrung, man muss erst mal ausprobieren, welche Rollen einem liegen. Und das sollte man Anfängern auch gestatten. Und nicht sagen, du kannst das nicht, das ist zu schwer zu spielen.

    Ich finde das dies nur sekundär was mit Erfahrung zu tun hat.

    Es gibt Spieler die von Anfang an eine "Charakterstimme" oder "IT-Sprechweise" einbauen.

    Ich kann Nurmjo schon nachvollziehen. Sturmkind , ich habe es eher so heraus gelesen, dass es weniger auf die Tonlage der Stimme, als auf Ausdrucksweise und Wortwahl ankommt. Wenn ich eine Elfin vor augen habe, ist das letzte was ich von ihr zu hören erwarte eine prolletische Stammtischrede.

    Das man etwas darauf achten sollte das es z.B. "den 12en zum Gruße" und nicht: "Hi Alter, was geht?" heißt kann ich nachvollziehen.

    Aber selbst das ist mir im Prinzip wurscht...

    Der Charakter kennt "Hi" als Begrüßung nicht, sagt der Spieler also "Hi" hat der Charakter für mich "Guten Morgen" oder "Grüße dich/Euch" gesagt.

    Alles KANN, nichts MUSS!

    Einigen Spielern fällt es eben schwer aus ihrer Mundart herauszukommen oder sie möchten es patou nicht. Das macht sie in meinen Augen aber nicht automatisch zu schlechteren Rollenspielern, sondern nur zu Rollenspielern mit eigenem Spielstil. Ob mir dieser Stil dann zusagt ist wieder eine andere Frage.

    Wenn mich der Aranische Händler von Andreas anquatscht mit: "Jo Digga, vertickst du mir dieses Krasse Mutamulett, das um deinen Halsbaumelt? Ich mach dir besten Preis, ich bin der ober Checker was Artefakte angeht!" Ist das sicher nicht meine Art DSA zu spielen aber ich würde dem Spieler trotzdem nicht sagen:

    "Du musst versuchen, aventurischer zu klingen. Versuche es mal demnächst so: [...]"

    Wenn Andreas so Rollenspiel spielen möchte, kann ich nichts machen, außer zu fragen ob das allen gefällt und wenn kein Widerspruch vorliegt, zu sehen dass ich das Weite suche.

    Ich mag Leute nicht, die dann denken Rollenspiel-Polizei mimen zu dürfen.

    Nerdismus trifft auf Boomer trifft auf Flachwitz-Humor

    Ergebnis 'Ich'

  • Ich mag Leute nicht, die dann denken Rollenspiel-Polizei mimen zu dürfen.

    Wenn dann bitte Rollenspielpolizei™ 😉.

    Ich denke es gibt nicht die eine einzige richtige Art Rollenspiel zu betreiben, jede Gruppe muss so spielen wie es ihr Spaß macht. Das heißt ja nicht das mir jedes Art zu spielen gefallen muss. Ich hab auch schon Gruppen verlassen wo mir die Art nicht gefiel.

  • Charakterbeschreibungen in der ersten Sitzung zelebrieren wir auch sehr ausführlich. Gut, die ganzen Details gehen irgendwann natürlich wieder gedanklich verschütt, weil am Tisch eben wenn nur sehr selten noch mal auf Haarfarbe sich bezogen wird (in FABs geht so etwas dagegen recht gut, ab und an dieses oder jenes Detail mit einfließen zu lassen), aber auf Größe z.B. wiederum kann man sich hier und da auch im Spiel beziehen, in Relation zu anderen Figuren oder Objekten, die gerade von Belang sein mögen (weil auffällt, dass eine gewisse Größensymmetrie herrschte bei den ursprünglichen 4 Charakteren, so dass OT festgestellt wurde, dass sie in der Beziehung wie die Daltons sind^^). Auch Charisma wird bei Beschreibungen bei uns mit einbezogen, nicht über nennen des Wertes, sondern durch Umschreibung.

    Allerdings sollte für so etwas in der Gruppe Konsens vorherrschen. Mich zumindest bringt es doch für den Moment etwas aus dem Spieltakt, wenn die Gewandtheit einer Raubkatze und die Ausstrahlung und das Aussehen, mit dem man jedem laut OT-Beschreibung IT jeden mit Leichtigkeit um den Finger wickeln kann, sich gerade über Durchschnitt bewegen und geringer sind als die Werte anderer Charaktere (für die derartiges nicht beschrieben wurde, da ja noch wertetechnisch Spielraum nach oben ist).

    Von Bildern bin ich keine große Freundin. Ein Bild zeigen nach einer ausführlichen Beschreibung: Ja, gut, kann man machen, muss man nicht für mich. Ein Bild anstelle einer Beschreibung und nur aufzählen, was alles vielleicht anders ist als auf dem Bild, das mag ich nicht so. Das stört nicht meine Immersion (es ist ja nur ein kurzer Moment), aber ich persönlich finde persönliche Beschreibungen statt ein Bild (womöglich einer bekannten Person des öffentlichen leben, oder mit moderner Frisur und/oder Kleidung) einfach ansprechender, und aussagekräftiger, und das zeigt auch, dass man als Spieler tatsächlich ein Bild vor Augen hat, statt "mein Haus", "mein Auto", etc. auf den Tisch zu legen.

    (Dafür ändert sich das Aussehen einer Figur in meinem Innenkino nicht, weil sich die Figur anders verhält, als ich es erwarten würde - schmutzig kommt sie bei mir aus der tagelangen Moorreise, nicht, wenn man sich wie ein Arsch benimmt. Es gibt ja auch elegant gekleidete Ekelpakete oder schlechtes Benehmen in Seidenkleidung.)

    Ich persönlich finde es auch großartig, wenn jemand Dialekte oder Akzente oder auch nur ein richtig rund rollendes R bei der Aussprache von eigenem SC oder NSC hinkriegt, aber das schaffen nur die wenigsten. Ich scheitere schon an dem R, von irgendwelchen Akzenten ganz zu schweigen. Daher erwarte ich das von niemanden zu können, und es stört mich nicht als Spielerin, wenn nur OT erwähnt wird, dass mit Akzent gesprochen wird. Ich freue mich, wenn es jemand macht.

    Als ich in der 7G zwei Hauptcharaktere führte, habe ich sie von der Betonung her versucht unterschiedlich zu sprechen, um nicht immer hinzufügen zu müssen, wer von beiden gerade spricht. Ich vermute, dass mir das recht gut gelungen ist, weil niemand in den nächsten Jahren fragte, wer das von beiden sagt.

    Ich achte auf möglichst passende Wortwahlen. Und ja, es stört mich als Spielerin , wenn z.B. von Vakuum gesprochen wird, Anglizismen genutzt werden (die sind ganz böse für mich^^ - was dazu führt, dass sehr bald IT kein "Okay" mehr gesagt wird, außer, es ist mal ausnahmsweise ein Waldmensch mit "oké" dabei, das wird dann von Spielerseite (das auch früher mal meine sein konnte) gerne mit OT-Spaß an der Freud verwendet) und Worte oder irdisch modernes Wissens verwendet wird, was in der jeweiligen Rollenspiel-Welt oder Zeitalter, in dem gerade gespielt wird, so nicht existiert oder (noch) nicht bekannt ist. Aber auch das würde ich nicht als "stört mich in der Immersion" bezeichnen, der Film läuft weiter.

    Es kann mir allerdings eine Szene auf der meiner gefühlten Ebene ruinieren, wenn andere so ganz und gar anders auf das reagieren, was passiert, oder womöglich auch eine ganz andere Vorstellung davon haben (kann ja auch sein). Wenn man vor einer Heilserscheinung steht, sollte man nicht irgendwelche IT Grundsatzdiskussionen mit dieser Heilserscheinung anfangen. Dann läuft der Film in meinen Innenkino weiter, aber mein eigenes Gefühl für die Szene ist den Bach runter gegangen.

    Wenn jemand den Gesellschaftstiger spielt, das selber aber gar nicht kann, dann frage ich mich, ob das wirklich auf Dauer Spaß macht, aber das muss man selber wissen, und bei uns am Tisch wird dann OT souffliert und eventuell durch eine Probe nachgeholfen. Man muss eben nicht in jedem Fall das können, was der Charakter kann, auch nicht auf der gesellschaftlichen Ebene, es ist jedoch schön, es zu versuchen, und den Rest müssen wir uns dann halt mit dazu denken.

    Ich mag Leute nicht, die dann denken Rollenspiel-Polizei mimen zu dürfen.

    Ich denke, auf so etwas OT hinzuweisen, dass es solche Begriffe in Aventurien nicht gibt, ist kein Auftritt der Rollenspielpolizei. Hinweise und Vorschläge sind ja an sich nichts Schlechtes, ebenso, wie es legitim ist, sachlich darzulegen, dass das selber nicht gefällt und ob sich bitte darauf geeinigt werden kann, auf so etwas zu verzichten.

  • Das Thema hatten wir auch an unserem letzten Spieltermin. Der Konsens war, dass man als Spieler seine "Gaben" gerne nutzen kann, um das Rollenspiel zu bereichern.

    Sei es weil man einen passenden Dialekt oder Sprache beherrscht, seine Stimme passend verstellen kann oder Nachteile (wie z.B. Sprachfehler, unangenehme Stimme) gut umsetzen kann.

    Wenn man es nicht kann, gibt es sowieso keine Alternative. Man kann schließlich nur, was man kann. Wobei ich von erfahrenen DSA Spielern durchaus erwarte, dass sie die aventurischen Gegenstücke verwenden z.B. "den Zwölfen zum Gruße" statt "Grüß Gott". Auch frei gewählte und gut am Spieltisch darstellbare Nachteile sollte der Spieler meiner Meinung nach auch sprachlich umsetzen. Wenn ein Spieler den Nachteil "Dutzer" wählt, dann sollte der Held auch nicht mit einem "Sie" ankommen.

    Ich bin aber nicht der Ansicht, dass

    Der Charakter kennt "Hi" als Begrüßung nicht, sagt der Spieler also "Hi" hat der Charakter für mich "Guten Morgen" oder "Grüße dich/Euch" gesagt.

    man in Aventurien keine gängigen Sprachformulierungen kennt. Niemand weiß, wie die aventurischen Sprachen wirklich sind. Sicher ist jedoch, dass Garethi beispielsweise kein Mittelalterdeutsch ist.


    Mittelalterdeutsch ist für mich wie ein Dialekt oder beispielsweise Jugendsprache durchaus Aventurisch und eine Möglichkeit die Regionalität zu Unterstreichen. Veraltete Sprache nutzen nicht die Aventurier (also kein: jeder der Garethi spricht, spricht Mittelalter). Als SL würde ich die Sprache nur für "historische" NSC (z.B. Zeitreisende aus der Vergangenheit, Langelebige, Unsterbliche), alte Bücher u.ä. nutzen (damit für die Spieler klar wird, dass man hier mit "alten Zeugs" zu tun hat). Mittelalterlich spricht man aber nicht einmal in rückständigen Landen wie Andergast.

    Wobei sie teilweise auch zum modernen Slang gehört (z.B. Bosparanowörter im Südaventurischen Garethi). Auch die Sprache des aranischen Händlers ist für Gareths Meilersgrund und ähnliche Orte durchaus stimmig.

    Den Fall das wirkliches sprachliches Unvermögen aufs Rollenspiel (nicht nur DSA) trifft, hatte ich zum Glück nie. Über "was wäre wenn?" habe ich nie nachgedacht, aber ich denke ich würde wohl individuell eine Entscheidung treffen. Hauptkriterium wäre aber vermutlich wie immer "Macht es Spaß in der Runde oder nicht?".

    3 Mal editiert, zuletzt von x76 (22. Februar 2022 um 12:05)

  • Mal zusammengefasst meine Sichtweise:

    Problem 1: Spieler verkörpert den Charakter schlecht.

    1. Ursache: Spieler fehlt Übung/Talent

    Beispiel: Nicht gerade redegewandter Spieler spielt einen Casanova mit Betören 16.

    2. Ursache: Trennung von Spieler&Charakterwissen nicht vorhanden, Fähigkeiten und Nachteile werden ignoriert.

    Beispiel: Feigling mit MU 8 geht immer vorran wenns brenzlig wird.

    Lösung zu 1.: Üben, abhandeln über Proben

    Lösung zu 2.: Probleme besprechen und ggf. anderen Charakter wählen

    Problem 2: Gegenüber hat Vorstellungsprobleme

    Beispiel: Spieler spricht mit Männerstimme eine weibl. Rolle usw. Mitspieler hat damit ein Problem

    Da kann man nichts verbessern oder abstellen. Sollte die Runde Probleme haben, muss sie sich irgendwie einigen (Stichwort Rollenspielvertrag).

  • Niemand weiß, wie die aventurischen Sprachen wirklich sind. Sicher ist jedoch, dass Garethi beispielsweise kein Mittelalterdeutsch ist.

    Natürlich nicht. Mittelaltermarktsprech ist auch nicht das, was im Mittelalter gesprochen wurde, sondern nur der Versuch, es für moderne Ohren erfahrbar zu machen.

    Der Versuch, moderne Jugendsprache in mittelalterliche Fantasywelten als dortigen "Slang" einzubringen ... ist in der Krege-Übersetzung vom Herrn der Ringe schon gescheitert ... zumindest kenne ich wenige, die diese Übersetzung der älteren vorziehen.

    Davon halte ich also nicht viel. Moderne Jugendsprache, Gangsta-Sprech und was es sonst noch alles gibt, ist im Bewusstsein heutiger Menschen nun einmal untrennbar mit diesen Kulturen verknüpft. Anwendungsmöglichkeiten dafür sehe ich in Aventurien nur sehr begrenzt. (Je nach Gruppe mag man einen Ork sprechen lassen wie einen Gangsta-Rapper, damit die Spieler die gleiche emotionale Reaktion an den Tag legen wie ihre kultivierten Chars aus dem Mittelreich. Aber ich glaube, für mich würde das doch die Immersion empfindlich stören. Man kann jemanden auch ungehobelt wirken lassen, ohne auf neuzeitliche Klischees zurückzugreifen.)

    Natürlich ist das Ersetzen moderner Fremdwörter nur begrenzt möglich - mir jedenfalls fällt für viele gar keine deutsche Entsprechung ein, mit der man genau dasselbe ausdrücken könnte. Aber im Wesentlichen reicht ja das Vermeiden von Anglizismen die sich für das eigene Sprachgefühl eben moderner anfühlen als der Rest der modernen Sprache.


    Ob es Andreas vom Stammtisch schwer fällt, eine Elfe zu spielen, weil er ein Mann ist und die Elfe eine Frau? Nun ja. :/

    Das Deutsche ist zwar eine stark gegenderte Sprache, in der wie Mark Twain einmal spöttisch bemerkte, eine Steckrübe absurderweise weiblicher ist als ein Weib, aber im Gegensatz beispielsweise zum Japanischen weist man mit der eigenen wörtlichen Rede nicht auf sein Geschlecht hin. Daher wüsste ich nicht, warum man die Wortwahl da anpassen sollte.

    Andreas vom Stammtisch würde auch das Spielen eines männlichen Elfen schwerfallen. Das vielleicht sogar noch mehr, weil es von ihm verlangen würde, nicht aus der Haut zu fahren, wenn der Elf für eine Elfe gehalten wird. (Nichts stört die Immersion mehr, als wenn alle so tun, als wäre Andreas mit dem Fünfuhrbart ein graziler Elf, den man beinahe für eine Frau halten könnte ... und er sich dann darüber in höchst unelfischer Weise ereifert.)

    Grundsätzlich finde ich es begrüßenswert, wenn man versucht, sich beim Rollenspiel auch einmal in Leute hineinzuversetzen, die ganz anders denken, auch wenn es dann vielleicht nicht immer so gut funktioniert.

    Wenn der Totalpazifist einen Rondrageweihten spielt, der glühend kommunistisch eingestellte Student einen Ritter vom alten Schlag mit entsprechend Standesbewusstsein (dafür ohne Lesen und Schreiben), und Andreas vom Stammtisch, der an selbigem gern über linksgrünversiffte Ökos lästert eine Waldelfe ... und wenn sich alle redlich bemühen das Denken und Sprechen ihrer Helden richtig darzustellen ... dann lernen sie dabei vielleicht sogar noch was.

    Nerven tut's nur, wenn sie sich eben nicht bemühen.

  • Nerven tut's nur, wenn sie sich eben nicht bemühen.

    Genau.

    Viele kennen es. Man investiert viel Zeit und Geduld in einen Char, spielt ihm, man hat Spaß.

    Ob jetzt jemand einen Char spielt der seinem Geschlecht spielt wie er es in "echt" ist oder nicht, ist doch zweitrangig.

    Es muss kein 2 Meter Kerl mit Vollbart und tiefer Stimme so tun, wie wenn er eine junge Elfe wäre. Das was er mit ihr macht (ich meinte wie er sie spielt) ist doch wesentlich wichtiger als die Art, wie jemand in einem Dialog mit jemand anderen redet, egal ob mit einem anderen Spieler Spielintern oder mit einem NPC vom Spielleiter.

  • Es muss kein 2 Meter Kerl mit Vollbart und tiefer Stimme so tun, wie wenn er eine junge Elfe wäre. Das was er mit ihr macht (ich meinte wie er sie spielt) ist doch wesentlich wichtiger als die Art, wie jemand in einem Dialog mit jemand anderen redet, egal ob mit einem anderen Spieler Spielintern oder mit einem NPC vom Spielleiter.

    Warum denke ich gerade an Bud Spencer in 4 Fäuste gegen Rio (Stichwort Walderdbeere...)?

  • Bei der Abendpause von KIKa läuft ja dieses neridge NERDs vs. Benrd das Brot, wo auch die typische Rollenspielgruppe dargestellt wird, übergewichtig, mit Sprachfehlern, dümmlich - und ER spielt eine Elfe!!

    Angucken wer es noch nicht kennt; RPGs ist ab 6:36 Minute: Bernd das Brot - Nachtschleife Nerds [720p nativ] - YouTube

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Warum denke ich gerade an Bud Spencer in 4 Fäuste gegen Rio (Stichwort Walderdbeere...)?

    Ich denke mal du weißt worauf ich hinaus will ;)

    Mich selbst interessiert die Stimme nicht sonderlich. Hauptsache ich verstehe es.

    In meiner Gruppe hatten wir einen Zwerg, gespielt von jemanden aus dem Allgäu. Er hat nicht gesprochen wie ein Zwerg es tat, vor allem weil ich als Thorwaler ihm gerne "Erdnuckel" genannt hab. Wir hatten da eine Spielsituation, wo er selbst etwas entdeckt hat, und er sollte es uns mitteilen. Glaube es ging um eine alte Zwergische Inschrift.

    Naja. Wegen seinem schweren allgäuer Dialekt konnte man ihm kaum verstehen XD

    Uns war wichtig, dass wir als Spieler verstanden haben, worum es ginge.

    Egal ob jemand jetzt Zwergisch oder Bayerisch geredet hat

  • Des wör een Twerg aus den Nordwäldscher Höhen, de habn son gomischen Dialekt.

    Niemand verlangt das ein Elf-Spieler oder der SL alle aventurische Dialekte sprechen kann, noch wissen wir wie sie sich anhören könnten.

    Vergessen sollten wir nicht das recht früh auf dem Heldenbogen ein Feld für das Heldenbildchen freigelassen wurde - damit die anderen Spieler eien Ahnung erhielten wie der Heldfigur (gegenüber des Originals) aussehen sollte.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Vergessen sollten wir nicht das recht früh auf dem Heldenbogen ein Feld für das Heldenbildchen freigelassen wurde - damit die anderen Spieler eien Ahnung erhielten wie der Heldfigur (gegenüber des Originals) aussehen sollte.

    Freilich ergab sich da das Problem, dass man den Vorteil gutaussehend dann für einen Charakter nur haben konnte, wenn man gut im Zeichnen war. ;)

    (Meine Helden hätten da alle den Nachteil unansehnlich ...)

  • Konvention oder Convention?

    Beim Thema Anglizismen fällt mir eine alte AD&D-Runde ein;

    wie findet Ihr die Idee, Englisch als Orkisch zu verwenden?

    Hier geht es weiter, sobald Ihr Euch eine Meinung gebildet habt...

    Die AD&D-Gruppe hatte eine selbstgebaute Langzeit-Kampagne mit, zwischen, unter und gegen Orks gespielt. Die Verabredung lautete: wer orkisch spricht, benutzt dafür Englisch, wessen Charakter kein Orkisch beherrscht, ignoriert das Englische. Für mich als DSA-(und-Kiesow)-Kind war das natürlich zunächst das nackte Grauen, aber hey: das hat gut funktioniert.

    Und bei DSA läuft das auch kein Stück anders: denn schon mit den ersten lateinisch entlehnten Zauberformeln wurde Bosperano=Latein als Bildungssprache der beiden Kaiserreiche gesetzt.

    Wenn man darüber nachdenkt, ist fast alles eine Frage der Konvention. Und da liegt der Hase im Pfeffer:

    Konvention (Ausschnitt aus dem wikipedia.de): „ein Gefühl für die gemeinsamen Interessen, das die Mitglieder einer Gesellschaft gegenseitig zum Ausdruck bringen, und welches sie veranlasst, ihr Verhalten durch gewisse Regeln zu ordnen“

    Friktion gibt es also, wenn die Gruppenmitglieder unterschiedliche Ansichten zu Sprachgebrauch oder gleich: "gutem Rollenspiel"TM haben.

    Und vielleicht ist es gar nicht "gut" gespielt, wenn der Vogt am Tisch geradewegs so klingt, wie ein Landvogt im Tell des Wiener Burgtheaters.

    Sondern: wenn jeder Spieler über ein gegen andere Spielstile resilientes Kopfkino verfügt.

    Vielleicht hat AndreasTM beruflich tagsüber mit wechsellaunigen Promis zu tun und will am Abend einfach gar nicht freundlich säuseln.

    Vielleicht möchte er gerne die Sau rauslassen und sich mit 'ner goilen Battle-Elb-Bitch durch Schlachtenreihen und Orkgruben schnetzeln.

    Sebastian hingegen hört sich tagsüber Fack-ju-Göhte-Blagen an, und sehnt den Abend mit einer kultivierten Sprachbeflissenheit herbei.

    Idealerweise können sie trotzdem zusammen spielen - aber keine Frage: je bunter die Vorstellungen sind (und vielleicht bleiben), umso bedrohter ist der Verbleib in der Immersion.

    Man gewöhnt sich aber an so vielem und gleicht sich einander an - das müsste gehen.

    Für mich wäre das noch kein Grund, eine RPG-Runde zu verlassen.

  • Englisch als Orkisch? Klingt so lange gut, bis man auf eine andere Ingame-Fremdsprache trifft, und die dann nicht darstellen kann, weil mal ehrlich: Wie viele Leute beherrschen mehr als eine Fremdsprache auf Konversationsniveau?

    Kann man in einer Kampagne machen, in der Orkisch die einzige auftauchende Fremdsprache ist, das ist aber gerade in Aventurien sehr unüblich. Zudem klingt Englisch auch nicht wie Orkisch. (Da muss ich wieder auf Tolkien verweisen, der darauf geachtet hat, dass seine Elbensprachen sehr schön klingen, und das was die Orks sprechen halt ... nicht.)

    Vielleicht möchte er gerne die Sau rauslassen und sich mit 'ner goilen Battle-Elb-Bitch durch Schlachtenreihen und Orkgruben schnetzeln.

    Joah. Das ist dann halt nicht mein DSA.

    Wenn einer keinen Bock hat, kultiviert zu sprechen, würde ich mich durchaus drauf einlassen ab und zu mal als Gruppe eine Thorwaler Otta zu spielen die ganz barbarisch und unkultiviert Al'Anfaner verkloppt.

    Aber die "Battle-Elb-Bitch" kann er woanders spielen. Da wäre meine Schmerzgrenze erreicht und ich würde mich schlichtweg weigern.

  • Joah. Das ist dann halt nicht mein DSA.

    ... die "Battle-Elb-Bitch" kann er woanders spielen. Da wäre meine Schmerzgrenze erreicht und ich würde mich schlichtweg weigern.

    Ich persönlich sehe es recht mühelos nach, wenn jmd. sich Legolas und Tauriel zum Vorbild nimmt und nicht Thranduil oder Galadriel.

    Das sind halt interindividuelle Unterschiede in den Grenzsetzungen - was ja die eigentliche Frage von Schattenkatze war.

  • Im Verhalten sehe ich tatsächlich eine deutliche Grenze der Vorstellungskraft, nicht in der Sprache.

    Daher bin ich auch raus, wenn sich Charaktere nicht wie DSA-Charaktere verhalten. Man kann über die Gesinnung einer Gruppe im Vorfeld sprechen,

    aber (in) eine(r) Gruppe mordender Schurken zu spielen, macht mir keinen Spaß und passt nicht zu (meinem) DSA.

  • wie findet Ihr die Idee, Englisch als Orkisch zu verwenden?

    Ehrlich gesagt nicht viel. Was hat man denn davon? Es ist ja verständlich für einen Gutteil der Spieler, also jetzt auch nicht wirklich ein Chiffre am Tisch. Und der Klang hat für mich jetzt auch nichts stereotyp "Orkisches". Bleibt also eher ein Zeichen für "Ich sprech jetzt grade 'was anderes", und ob das die Assoziationen die sonst bei Englisch geweckt werden bzw. den mentalen, mitunter "flow"-brechenden Aufwand der Übersetzung wert sind, wag' ich stark zu bezweifeln.

    Es gab vor Urzeiten mal ein paar Drow-Larper die Französisch als Drow redeten. Passt noch marginal besser (v.a. da auch seltener), aber war auch schon immer etwas seltsam.

    Interessant dass oben mal "okay" erwähnt wurde. Klar, offensichtlicher moderner Anglizismus, aber andererseits auch so verbreitet dass seine Rolle eher die eines Verzögerungslautes ist, d.h. es wird häufig gebräucht wie "ähm" oder "tja".

    Ich selbst neige nicht so dazu, und oft fällt es mir auch nicht auf. Aber wenn es das tut, dann kommt das oft stark in den Vordergrund beim Zuhören. Wie allgemein wenn einem ein bestimmtes Element der Sprache des Gegenübers auffällt – ich kannte mal einen Meister der praktisch jede wörtliche rede mit "Nun" anfing.

    Aber diese Kleinigkeiten finde ich für am Tisch ausgesprochene Sprachkritik schon immer etwas zu pedantisch um sie selber zu äussern. Wenn ein Mitspieler ganze Floskeln sagt die arg modern sind nehme ich da schon mal drauf Bezug, aber weniger diese kleinen "Tics".

    Seid ihr da anders? Und wenn, dann sofort oder als Post-Sitzungs-Sprachkritik?