Abenteuerformate im Wandel der Zeit

  • Ich würde gerne mal über Abenteuer-Layout und -Aufbau im Laufe der Zeit reden. Gerade weil sich momentan viel in dieser Richtung tut (seltsamerweise auch viel in der sonst eher konservativen OSR Szene) bin ich mal DSA spezifisch hier durchgegangen und fand's ganz interessant wie sich das entwickelt hat. Und dabei sind mir auch Sachen aufgefallen – und ich bin mir sicher noch lange nicht alles und ihr kommt sofort mit einen Haufen an Anmerkungen und "Features" daher. (In letzter Zeit geschehen Zeichen und Wunder, und mein DSA ist primär als Spieler, nach Jahrmillionen an meistern)

    DSA1 Basis

    Also, gehen wir's mal durch. Angefangen natürlich beim Urgestein, den DSA1 Basisabenteuern.

    Hier haben wir berühmten schwarzen Seitenbalken die ich sonst noch in keinem System gesehen habe und die Meisterinformationen hervorheben. Darin auch die Monsterbeschreibungen und -werte noch zu erkennen. D&D hatte hier eher im Fließtext eingebundene Kurzwerte ("Torkoschur: RK 4; TW 7; TP 42; #Att 3; w6/w6/w8 [...]"). Ab und zu dann auch mal zum aktuellen Abenteuerpunkt passende Bilder. Karten eher zusammengefasst im Mittelteil, die berühmten Pläne des Schicksals.

    DSA2 Ausbau/DSA2/DSA3

    Das ging dann erst mal so weiter in den vielen Ausbau-Abenteuern, auch bei DSA2 und DSA3. Ich glaube die Textdichte hat man relativ schnell etwas erhöht, aber mir fallen da keine substantiellen Änderungen des Formats auf Anhieb ein. Die Pläne verloren ihr Schicksal und wanderten eher ans Ende. Man hat sie wohl immer weniger aus den Klammern in der Mitte rausgelöst. Später gab es dann auch zunehmend Karten und Kartenteile im Laufe des Textes eingebunden.

    Eine Besonderheit die DSA auch schon häufig hatte, war der häufige Wechsel zwischen den drei Sektionstypen. In der Ur-Dungeon-Version ist das ja noch einfach. Du fängst mit der Vorlesebeschreibung an, dann kommen noch ein paar Teile die erst bei genauerem Schauen auffallen und dann im Meistertext die versteckten Sachen, Handlungstipps für NSCs und was sonst noch so vorkommen kann.

    Geht es aber um Handlungsstränge, nimmt das bald mal seltsame Züge an, da ohne irgendwelche Überschriften es von der Meisterinformation wieder zu den anderen Typen gehen kann. Kreist ein Monster in der Luft wird zuerst das beschrieben, dann eine Fallentscheidung ob man schießt oder schleicht, zu beiden Teilen dann wieder Vorlesetext usw.

    Allgemeine Information: Vor euch steht ein seltsamer Kobold mit langer Nase und feurigem Haar. Das muss der gewitzte Elcumub sein, von dem euch Alrik der Rübenbauer erzählt hat. Er spricht sofort zu euch

    Spezielle Information: "Seid mir gegrüsst!, mein Name ist Tsching Tschigas! Ich verkaufe diese wunderschönen Lederpanzer!"

    █ Meisterinformation: Das stimmt natürlich nicht. Gehen die Spieler auf seine Täuschung ein [...] Mit seinem richtigen Namen angesprochen ändert er schnell sein Lied!

    Spezielle Information: "Ah, das hat euch ein Erzdämon gesagt! Aber wie es so üblich ist, möchte ich euch nun von diesem Heiltrank einschenken, da ihr ja offensichtlich klüger als ein Kobold seid!"

    █ Meisterinformation: Das stimmt natürlich nicht – dass es ein Heiltrank ist, natürlich mögen manche Spieler mehr als Klugheit 15 haben.

    Es gab dann über 20 Basis- und gut 100 Ausbau-Abenteuer, alle weitgehend mit diesem Schema. Dann hat man wohl eine neuere Version von Quark Express gekauft:

    DSA4 ab ca. A109

    Und DSA4 kam auch bei den Abenteuern zum Vorschein. Allgemeine und spezielle Informationen wurden vereint, und die "Meisterinformation" war das normale, der Vorlesetext wurde nun gesondert hervorgehoben (mit einem einfachen dünnen Rahmen). Übrigens auch als "Zum Vorlesen oder Nacherzählen". Letzteres sollte IMHO mehr passieren, aber weichen wir nicht zu sehr ab...

    Statistik-Blöcke für die meisten Gegner sind immer noch da enthalten wo man sie braucht. Generell wird aber mit viel mehr Überschriften und -ebenen gearbeitet. Das kam schon vor dem Layout-Wechsel mehr, aber spätestens hier war eine detailliertere Strukturierung üblich, vier Ebenen davon durchaus üblich. Meiner Meinung nach einer der wichtigsten Sprünge für die Nutzbarkeit als Meister, macht das Finden der aktuellen Sektion und die Navigation bei Fallunterscheidungen einfacher.

    Auch wenn ich nicht der größte Fan von der Überschriften-Schriftart (Mason) bin, gerade mit ihren Kapitälchen. Sieht arg nach Diablo aus. Und naja, die DSA4 Seitenbalken fand' ich auch schon immer etwas zu verspielt.

    DSA5

    Aber es hört ja niemand auf meine Layout-Askese. So haben wir bei DSA5 alles in Farbe und bunt. Schmale Boxenrahmen gibt's auch nicht mehr, wir haben jetzt diese graphischen Elemente als Grenzmarker. Die NSC Boxen sind jetzt immer noch auf der gleichen Seite, aber nicht mehr als Blöcke inline, sind ja auch jetzt viel größer, auch ohne den graphischen Schnickschnack. Dazu gibt's auch noch mindestens drei Formate für weitere Informationen (grau, grau mit Meistermaske, Pergamente).

    Sonst vom Aufbau eher das bewährte DSA, wie mir scheint. Aber bis auf ein Beta-Abenteuer hatte ich noch kein vorgefertigtes bei DSA5 in Nutzung (und die Betas waren ja noch im DSA4-Format).

    So, wie sieht's bei euch aus? Noch Neuerungen der Formatierung in den verschiedenen Versionen die ich vergessen habe? Nostalgie für den Meisterinfo-Balken? Sonstige Vorlieben und Abneigungen die gerade Ersteller von Homebrew-Abenteuern bedenken sollten?

    Einmal editiert, zuletzt von mhd (11. Januar 2022 um 23:08)

  • Kleine Anmerkung: Bereits die Classic D&D-Abenteuer umrahmten die Vorlesetexte, darunter folgten die (oft längeren) DM-Informationen; DSA kopierte nur den unteren Trennbalken.

    Ich fand die Karten in der Mitte zum Herausnehmen praktisch, während man bei größeren Dungeon bei D&D (u.a. B2) mal die Vorder- oder Hinterseite aufklappen mußte.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Schattenkatze 11. Januar 2022 um 22:07

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Ja, ein Kopierer war auch damals schon praktisch. Innen- bzw. Coverseite findet man halt auch schnell, da ist ein Anhang nicht immer so einfach.

    Und ja, D&D fing natürlich wie mit so vielen auch mit den Vorlesetexten an - heisst im Englischen deswegen auch gerne einfach nur "box text". Nicht bei den anfänglichen Abenteuern, das tauchte "erst" 1979 auf bei denen.

    Da ein Großteil eines Abenteuers nun mal "Meistertext" ist, wohingegen Vorlesetext (hoffentlich) eher von geringerer Länge ist, macht die besondere Auszeichnung des letzteren natürlich mehr Sinn. Auch wenn ich eine gewisse Nostalgie zu schwarzen Balken habe, dem Sprung hin und her zwischen den drei Ebenen vermisse ich nicht. Wie gesagt, wenn jede Sektion ein Raum ist, geht das noch gut.

  • Alle Formate haben was für sich - wenn der Autor die Struktur zu nutzen weiß. Der Umstieg, der mit DSA 4 vollzogen wurde, war sicher zeitgemäß. Doch die Bleiwüste nahm da erst so richtig Fahrt auf. Ich erinnere mich noch mit Schaudern an so manche DSA-4-Abenteuer, in welchen fast gänzlich auf Zwischenüberschriften verzichtet wurde, so dass sich manche Unterkapitel über bis zu zwei Seiten erstreckten. Besonders schlimm war das in manchen Anthologie-Abenteuern. DSA 5 hingegen ist oftmals wieder genauso platzverschwenderisch wie DSA 1, wobei für mich besonders die überbordenden Werte-Kästen ein Ärgernis sind. Die nehmen häufig fast eine ganze Spalte ein, was in Anbetracht der Tatsache, dass es sich meist um generische Stadtwachen, Räuber, Orks ...... handelt, recht seltsam anmutet. Oft täte es auch ein Verweis auf die generischen Gegner-Werte aus dem GRW (lösen das nicht fast alle anderen populären Systeme so?).

  • Alle Formate haben was für sich - wenn der Autor die Struktur zu nutzen weiß. Der Umstieg, der mit DSA 4 vollzogen wurde, war sicher zeitgemäß. Doch die Bleiwüste nahm da erst so richtig Fahrt auf.

    Ja, das scheint allgemein ein Feature von DSA Abenteuern zu sein. Der Beschreibungs- und Anleitungstext zieht sich gerne in die Länge, wenn man da nicht gut strukturiert nimmt das überhand. Ein bisschen mehr zurechtstutzen des Textes würde helfen, aber vielleicht ist das auch beabsichtigt damit die DSA Abenteuer auch den Bedarf der seufzenden Meister die das so gerne spielen würden, aber nie dazu kommen deckt. Liest sich dann ganz nett am Stück, aber schlechter zu referenzieren.

    Oft täte es auch ein Verweis auf die generischen Gegner-Werte aus dem GRW (lösen das nicht fast alle anderen populären Systeme so?).

    Puh, ich denke nicht dass das viel helfen würde. Zum einen, setzt DSA5 überhaupt voraus dass man das Bestiarium besitzt? Die Abenteuer scheinen ja dazu zu neigen, dass man nur das Grundbuch braucht und den Almanach, alles andere ist dann evtl. rein-dupliziert, inklusive Gegner und Sonderfertigkeiten.

    Und bei ausformulierten NSCs – also nicht generischen Monstern – gibt es eh keine Vorlage. Wenn man dann also schon Zarbastus den Magier rein-"blockt" kann man das auch mit dessen beschworenen Hesthot machen.

    Da sieht man dann bei anderen populären Systemen auch so. Geht es eh kurz (wie viele OSR Systeme), dann ist es gerne mal drin, die drei Zeilen hat man. Ist alles generisch, dann gibt's eher Verweise drauf – D&D 5E macht das, wobei neue Monster und NSCs im Anhang landen.

    Pathfinder ist eine gemischte Situation, hat ja auch recht enorme statblocks, die sind auch in der neuen Edition immer noch im laufenden Text wenn es sich um die meisten NSCs oder abgewandelte Monster handelt. Standard-Monster sind im Monsterhandbuch, ganz wichtige NSCs bekommen auch Platz im Anhang. Savage Worlds macht das zumindest bei deren Pathfinder Adaption auch so. Beides recht vergleichbar mit DSA5 was das Volumen der benötigten Werte betrifft.

    Wenn's also alles im Abenteuer sein muss ist Anhang oder Verwendungsort wohl die große Geschmacksfrage. Und dadurch eigentlich auch relevant fürs Thema, um solche Details geht's mir auch. Die moderne Technik spaltet das noch einmal: Bei PDFs ist es zum einen ein bisschen schwieriger den Anhang zur schnellen Referenz zu haben (Lesezeichen/Finger drin), zum anderen kann ich's evtl. gleich ausdrucken oder als separates Dokument/Fenster haben. Mit Virtual Tabletops hat man seine NSCs gesammelt "vor sich", da sind sie im Abenteuertext eher überflüssig.

  • Und bei ausformulierten NSCs – also nicht generischen Monstern – gibt es eh keine Vorlage. Wenn man dann also schon Zarbastus den Magier rein-"blockt" kann man das auch mit dessen beschworenen Hesthot machen.

    Schon richtig, aber ich meine explizit generische NSC-Werte, wie eben Räuber, Stadtwache, Bürger usw usf. Die sind im GRW alle vorhanden und werden für gewöhnlich auch nicht modifiziert (anders als in den früheren Editionen). Trotzdem werden die jedes mal wieder abgedruckt, was dann eine halbe Spalte in Anspruch nimmt. Da fänd ich's besser, wenn es einfach hieße: Für die Werte der Stadtwache, siehe GRW, S. X. Hauptmann Alrik verfügt über 10 LeP mehr und hat eine AT von 13.

  • Machte D&D früher (1e und 2e) ähnlich; neue Monster am Ende vorgestellt, die Bekannten nur die LEs etc. Bei höherstufigen wird bereits das Monsterbuch vorrauagesetzt1, was bei den vielen Kreaturen in einem typischen Abenteuer klar ist. ^^

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Schon richtig, aber ich meine explizit generische NSC-Werte, wie eben Räuber, Stadtwache, Bürger usw usf. Die sind im GRW alle vorhanden und werden für gewöhnlich auch nicht modifiziert (anders als in den früheren Editionen). Trotzdem werden die jedes mal wieder abgedruckt, was dann eine halbe Spalte in Anspruch nimmt. Da fänd ich's besser, wenn es einfach hieße: Für die Werte der Stadtwache, siehe GRW, S. X. Hauptmann Alrik verfügt über 10 LeP mehr und hat eine AT von 13.

    Ist das tatsächlich so?

    Ich kenne nur Autorenkollegen, die wann immer möglich auf GRW/Almanach verweisen, wenn es irgend geht.

    "Die Kinder des 23. Ingerimm"

    Blog zum Projekt

    Produktseite im Scriptorium (Kurzgeschichtenanthologie)

    Produktseite im Scriptorium (Spielhilfe)

    Link zum Orkenspalterdownload der Kurzgeschichten-Anthologie

    Link zum Orkenspalterdownload der Spielhilfe

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  • Ich kenne nur Autorenkollegen, die wann immer möglich auf GRW/Almanach verweisen, wenn es irgend geht.

    Das ist auch mein Eindruck, nur nicht, wenn es um NSC-Werte geht (bei Tieren wird es allerdings manchmal schon gemacht). Ich fänd's gut, wenn man das bei allen generischen Figuren so machen würde. Mehr Raum für Plot, was ja gerade im Kurz-AB-Format manchmal ein bisschen zu kurz kommt.

  • Schon richtig, aber ich meine explizit generische NSC-Werte, wie eben Räuber, Stadtwache, Bürger usw usf. Die sind im GRW alle vorhanden und werden für gewöhnlich auch nicht modifiziert (anders als in den früheren Editionen). Trotzdem werden die jedes mal wieder abgedruckt, was dann eine halbe Spalte in Anspruch nimmt. Da fänd ich's besser, wenn es einfach hieße: Für die Werte der Stadtwache, siehe GRW, S. X. Hauptmann Alrik verfügt über 10 LeP mehr und hat eine AT von 13.

    Ist das tatsächlich so?

    Ich kenne nur Autorenkollegen, die wann immer möglich auf GRW/Almanach verweisen, wenn es irgend geht.

    Irritierenderweise werden in vergleichsweise vielen DSA5-Abenteuer Wertekästen von Monstern, die auch im Almanach stehen, angegeben- sogar mit Werten, die von denen im Almanach abweichen.

    Kleiner Spoiler Theaterritter

    Beispielsweise von den Trollen in die Silberne Wehr.

    Kleiner Spoiler Zeichen der Macht

    Selbst für die Orks in diesem Abenteuer gibt es einen eigenen Wertekasten. Mit anderen Werten, die ein gutes Stück schwächer als die im Almanach sind.

    Einmal editiert, zuletzt von Elbenstern (16. Januar 2022 um 17:04)