Aventurische Götterwelt und ihre Konzeption

  • Im Jahresendtaumel würde ich sagen:

    Der Geweihte ist ein oder der Weihnachtsmann oder bloß Knecht Ruprecht, aber keine Kaufhaus-Plattform im Internet. Die Verlässlichkeit ist ähnlich, deshalb ist die Verwendung der gleichen Regeln für "kommt das Päckchen oder kommt es nicht" auch in Ordnung. Die Erklärungen für "kommt nicht!" entlarven den Unterschied: im einen Fall liegt zwischen Bestellplattform, Zentrallager und Endkunde ein technischer Fehler vor, und es gibt auch ein Qualitätsmanagement, das diesen Fehler ergründen kann - das meine ich mit "wissenschaftlicher Herangehensweise". Im anderen Falle - wer weiß es genau? War man unartig, wurde der Wunschzettel verbaselt, ist der Nordpol zugeschneit, sind gerade andere Kinder bedürftiger? ...


    Wenn man hingegen annimmt, dass eine Liturgie nur eine übernatürliche Fähigkeit des Geweihten ist, zerstört man den Mythos vom Weihnachtsmann.

    Ja genau da empfinde ich genau anders.

    Wenn die Liturgie etwas ist, dass der Geweihte tut, verliert zwar das Liturgiewirken an Mystik, aber die Götter selbst gewinnen. Wenn die Liturgie nicht klappt und man kann sagen, dass wohl der Gweihte einen Fehler in der Ausführung gemacht hat, ist das verträglicher für das Spiel als wenn dies bedeutet, dass der Gott selbst gerade das Ansinnen des Priesters nicht billigt. Ebenso umgekehrt : Eine gelungene Liturgie, die der Geweihte vollbringt heißt nicht, dass der Gott dem Geweihten in der aktuellen Situation Recht gibt oder der Gott selbst Mist gebaut hat, wenn sich heraus stellt, dass die Liturgie an dieser Stelle eine eher blöde Idee war.

    Wenn Liturgien nicht in den Händen der Geweihten liegen, muss der SL den Gott jedesmal Stellung beziehen lassen. Und da werden auch immer Fehlentschedungen dabeisein, die den Gott lächerlich aussehen lassen und ein Versagen des Geweihten wird öfter als Versagen des Gottes empfunden.

    Wenn hingegen der Gott nur seine Geweihten aussucht (und zwar nach Potential, denn auch die Götter kennen nicht die Zukunft genau) und ihnen vertrauensvoll Mittel (Karma) in die Hand gibt, die diese dan im göttlichen Sinne eigenverantwortlich einsetzen müssen, dann ist ein unkluger/scheiternder/unmoralischer/irrender Geweihter einfach nur Jemand, der seinen Gott enttäuscht und den Hoffnungen nicht gerecht geworden ist. Der Gott bleibt von diesem Makel unberührt und so verehrungswürdig und entrückt wie zuvor.

  • E.C.D. Danke für die Erklärung ich glaube ich verstehe etwas besser was du meinst. Wenn ich dich richtig verstanden habe geht es vorallem um die Betrachtungsweise der Göttlichen Wirkung und weniger darum wie sich die Göttliche Wirkung zeigt.

    Der Punkt dieser vier annahmen von mir war übrigends nicht, dass sie abolut unumstösslich sind (ansonsten hätten wir ein echtes Problem) sondern eher dass es plausible Annahmen sind für zB einen Geweihten in Aventurien. Es ist also nur ein Paradoxon für einen Charakter in Aventurien. Der Punkt davon war aufzuzeigen, dass es viele möglichkeiten gibt dieses Paradoxon aufzulösen, nicht nur die dass den Göttern Moral egal ist. Es muss nur ein Problem mit irgendeinem dieser punkte geben um es aufzulösen (und wie jetzt mehrfach gesehen ist jeder dieser Punkte mehr oder weniger angreifbar, keiner ist felsenfest). Es ist also durchaus möglich in Aventurien sich über dieses Problem Gedanken gemacht zu haben und zB trotzdem einen Borongeweihten zu spielen der der Meinung ist, dass Boron Sklaverei nicht gut heisst.

  • Liturgien sind Erfindungen der Sterblichen - so vorgestellt im KKO, gleichzeit wurden die freien Wunder wieder abgeschafft.

    Wie die Sterblichen zu den Liturgie gekommen sind ist ein mystisches Rätsel ... aber wir haben mit den Zwergen und Trollen Völker die älter als die Menschen sind.

    Selbst DSA5 wie zuvor DSA4 hat mit den Widersprüchen des Göttlichen und Geweithen durch die vielen Anpassungen zu kämpfen. Gut, dies ist einer erlebbare Geschichte und kein logisches Puzzle, und daran sollten wir uns öfters erinnern.

    Die ersten Götter von D&D kamen komplett als Vorschläge aus der irdischen Mythologie inkl. den grossen Alten. ;)

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Wenn die Liturgie etwas ist, dass der Geweihte tut, verliert zwar das Liturgiewirken an Mystik, aber die Götter selbst gewinnen.

    Das ist die Gretchenfrage, die letztlich jede Runde für sich beantworten muss.

    Populäre Rollenspielsysteme (mir in Erinnerung v.a. Rolemaster) haben die "göttliche Magie" geprägt, also: Hergabe von Zauberkraft - aber eigenverantwortliche Nutzung. "Leitmagie" heißt das dort, was ich hier als Karmalzauberei tituliere. Die Vorteile sind offenkundig: ein Spieler verantwortet (wie sein Charakter) die Handlung absolut alleine, Gottheit und Spielleitung müssen sich dazu nicht wertend positionieren, die Spielleitung soll sich auch nicht wertend positionieren. Damit sind Spieler und Charakter wesentlich weniger der SL- und göttlichen Willkür ausgesetzt.

    Der Preis ist aber hoch: entweder kommt die Rechtfertigung und Nachbesprechung des Handelns im Nachgang - dann ist für den Spieler und seinen Charakter natürlich gar nichts gewonnen! Oder er ist tatsächlich ungebunden in seinem Handeln. Dann gewinnen die Götter ein dickes Pfund Freizeit - die Charaktere haben aber in meinen Augen auch keine relevante Beziehung mehr zu ihrem Energiespender. Sie könnten dann ebenso gut ein Akademiesiegel oder sonstiges magisches oder selbsterdachtes Zugehörigkeitszeichen tragen, das sie als Heiler, Kämpfer oder Veränderer ausweist - ein göttliches Symbol verkommt bei wirklich freischaffenden Trägern zur Farce. Und die Götter gewinnen dadurch - in meinen Augen durchaus nicht. Wenn es der Wunsch ist, die Gottheit im guten wie im schlechten von der Verantwortung für die Taten seiner Priesterschaft pauschal freizusprechen, spielt die Entität wohl gar keine Rolle - und das ist das schlimmste, was man über eine Religionsgemeinschaft sagen kann. Wenn man sich so entscheidet - wählt dann die Gottheit die Priester noch aus, oder wird sie auch von dieser Verantwortung freigesprochen? Immerhin: in der Zeremonie Ordination(DSA5) steht noch dabei, dass der Meister für den Gott über die Aufnahme oder Ablehnung eines Priesters entscheiden soll. Also... ist die Göttin am Ende doch für das Handeln ihrer Diener verantwortlich - und verzichtet nur auf eine Interventionsmöglichkeit? Dann wäre das Argument von Satinavian aber ausgehebelt. Es kommt mir auch sehr falsch vor, dass die Gottheit von dieser Verantwortung freigesprochen werden sollte.

    So gut ich den Wunsch nach selbstbestimmter Machtausübung nachempfinden kann, ist er auf der karmalen Seite für mich ziemlich absurd. Selbst in nichtschwarzen Gilden funktioniert das so nicht - dann muss man bitte Schwarzmagier spielen (deren erklärtes Konzept trifft das nämlich genau!) oder eremitische Zaubertraditionen (Hexen, Druiden) oder Elfen, bei denen das Zaubern nur unaufgeregt in das gesamte Gebaren einfließt.

    Man muss ja nicht gleich - wie Satinavian das etwas polemisch darstellt - die Liturgie-Probe zur göttlichen Zustimmung oder Ablehnung "in der Sache" umdichten.

    "Dein Anliegen trug zu viel mitschwingenden Zweifel in sich.", "Du verhaspelst dich bei den überlieferten Worten", ...

    Die Magie-konforme Regelmechanik schützt den Spieler vor der SL-Willkür , aber anschließend kann sie durchaus als Kommunikationsproblem gewertet werden, ohne dass irgend jemandem ein Zacken aus der Krone fällt.

    Und greift man sich ein Vademecum erhält man ebenfalls einen Wink in Richtung Anrufung. Ich nahm einmal das hesindianische her, es ist von D.S.Richter,. Das betreffende Kapitel heißt zwar "Liturgisches Wirken im Namen der Alveransschlange", drinnen sind die Beschreibung der... Handlung und Liturgietexte jedoch Anrufung "O Hesinde..." und nicht Worte der Macht aus dem Träger des karmalen Funkens " im Namen der Weißen Herrin ..." So ist es auch im Ifirn-Vademecum. Das mag in anderen Vademeci anders sein... Dann stünde es in dieser Frage allenfalls unentschieden. :shy:

    Also... gàben die Priester nur vor, einen Draht zur Gottheit zu haben - und dass diese über das Gelingen (mit-)entscheidet???

    Zu letzt noch ein Nachtrag zur nachträglichen Sanktionierung.

    Wenn der Gott oder sein Odem in gewisser "präsent" ist beim Wirken der Liturgie, scheint die nachträgliche Rüge/Strafe für Verstöße gegen die Prinzipien unlogisch. Ganz so entlasse ich Priester aber nicht aus der Verantwortung für Ihr Handeln, die Liturgie ist a) ein Gemeinschaftswerk des Rufers und der Gottheit, b) ein Zugeständnis, das mit einer gewissen Zuverlässigkeit auch in fragwürdigen Situationen zugestanden wird und c) erschwert oder erleichtert, wenn die Gottheit besonders fern, unwillig oder einverstanden ist.

  • Wenn Liturgien nicht in den Händen der Geweihten liegen, muss der SL den Gott jedesmal Stellung beziehen lassen. Und da werden auch immer Fehlentschedungen dabeisein, die den Gott lächerlich aussehen lassen und ein Versagen des Geweihten wird öfter als Versagen des Gottes empfunden.

    Wieso denn?

    Wenn man das Gelingen oder Nichtgelingen einer Liturgie zum SL-Entscheid macht (was man ja tut, wenn Liturgien eben regeltechnisch nicht in den Händen der Geweihten bzw. deren Spieler liegen) dann wird die SL ja wohl wissen, ob das jetzt so eine richtig doofe Idee ist. Zumindest unmittelbar absehbar.

    Sollte sich Jahre später herausstellen, dass die Liturgie an dieser Stelle eine blöde Idee war ... tja. In einem Pantheon mit mehreren Gottheiten können selbige auch durchaus mal fehlbar sein.

    Überhaupt - was ist überhaupt ein Fehler? Vielleicht wollte die Gottheit ja den Tod dieses einen, bestimmten Geweihten.

    Das gilt umso mehr, wenn die Götter eigentlich beliebig sind, was Moralfragen angeht, und nur an bestimmte Elemente gebunden sind. (i.e. Praios mag Sonne, Dinge wie Ehrlichkeit sind ihm eigentlich egal und nur von den Gläubigen konstruiert.) Dann können sie nämlich auch mal einen Geweihten als Bauernopfer verwenden. Und diese Entscheidung kann dann auch gern mal den dummen Gläubigen, die sich die allermeisten Prinzipien ihrer Gottheit ja nur selbst ausgedacht haben, auch mal ganz unverständlich erscheinen.

  • Bei DSA3 war es noch so das freie Wunder der Geweithe von seinem Gott (SL) erbitten musste. Und ein -seltenes- grosses Wunder hätte theoretisch die Macht eines Gottes herabgerufen. Nur die Spieler kamen wohl mit dieser machtvollen Freiheit und dem widerwilligen SLgöttern nicht zurecht, also kehrte man nach DSA1 zurück und nahm zusätzlich das D&D-Stufenmodell für Klerikersprüche auf; seitdem sind Liturgien von Sterblichen geformte Wunder unter Anrufung an die Gottheit. Ob ein Wunder gelingt liegt allein beim Betenden, der Gott gab nur die KE.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

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    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Ich habe DSA3 so gelesen, als konnten dort Geweihte und Nichtgeweihte gleichermaßen um große Wunder bitten und werden eben erhört oder (fast immer) nicht. Die wirklich relevanten Geweihtenfähigkeiten waren nur die Mirakel.

  • Ich habe DSA3 so gelesen, als konnten dort Geweihte und Nichtgeweihte gleichermaßen um große Wunder bitten und werden eben erhört oder (fast immer) nicht. Die wirklich relevanten Geweihtenfähigkeiten waren nur die Mirakel.

    Spätestens in DSA5 ist das zumindest so...

    Zitat von DSA5 Regelwerk - S. 315 "Große Wunder"

    In den meisten Fällen geschieht dies bei einem Geweihten der entsprechenden Gottheit, doch es gibt auch Berichte, die besagen, dass ein ganz gewöhnlicher, aber gläubiger Bauernsohn von Peraine oder eine Ritterin von Rondra erhört wurde.

    Ach... und dieselbe Textstelle klärt damit übrigens auch vollkommen unstreitig, ob die Götter direkt auf Dere eingreifen können.

    Zitat von eben dort

    Das Mysterium von Kha – das Weltengesetz – zwingt die Götter dazu, meist von direkten Einmischungen in die Angelegenheiten der Sterblichen abzusehen. Dennoch kommt es hin und wieder vor, dass die Götter ihre Gläubigen erhören.

    Sie können.

    Ob sie denn auch persönlich erscheinen können, bleibt RAW ungewiss - aber auch vollkommen nebensächlich.

    Meine persönliche Meinung: wie könnten sie es nicht können und wer könnte einen sich-mit-dem-Namen-seiner-Gottheit-zierenden Avatar oder eine göttliche Projektion oder Illusion mit der Realitätsdichte ∞ von der "wahren" Gottheit unterscheiden?

    Wie groß ihre Macht ist, bleibt ebenfalls RAW ungewiss und bedeutungslos.

    Ob die Menschen nur glauben, dass Havena von Efferd überflutet wurde oder ob er einen Schmetterling zur rechten Zeit den rechten Flügelschlag machen ließ oder ob er ein Seebenen der Stärke 7 auslöste ist doch für Aventurierer und Spieltischbenutzer vollkommen egal - oder warum nicht?

    (Ich schreibe lieber hier, der sehr ähnliche Faden "Göttermacht auf Dere - ja oder nein?" ist mir zu anstrengend.)

  • Zum Moralkodex: Ist der auch von Menschen geschaffen?

    Tja, das ist die große Frage.

    Mir wäre es lieber, wenn nicht - Leute, die sich ihren Moralkodex selbst ausdenken kann ich auch im realen Leben haben, dazu brauch ich kein Fantasy - aber die Konstruktion der Welt legt diesen Schluss nahe.

    (Nachdem es eben bei manchen Gottheiten implizit, bei anderen explizit problemlos möglich ist, dass sich ein geweihter Charakter sehr erzdämonengefällig verhält, aber dennoch kein Paktierer ist sondern sein Karma von der Gottheit kriegt. Gegen deren Moralkodex in anderen Gebieten er verstößt, aber in seiner eigenen Kultur ist das Verhalten total okay - und die Gottheit findet das offenbar auch.)

    Ist außer mir schon mal jemandem aufgefallen, dass die Erzdämonen, angeblich Kreaturen des Chaos, in ihren Kernaspekten irgendwie konsistenter sind als die Götter?

    Phex findet Geldgier manchmal okay, manchmal verwerflich, und irgendwie weiß man es nie so genau und vielleicht ist ihm der nächtliche Kampf gegen Echsenwesen auch wichtiger als solcher Kleinkram - die Götter sind sowieso unergründlich.

    Tasfarelel findet Geldgier immer toll, da weiß man wenigstens, woran man ist.

  • Mir wäre es lieber, wenn nicht

    Mir auch; denn die "Übergabe des Moralkodex' in sterbl. Hände" hätte weit reichende Konsequenzen. Zunächst einmal, dass nicht mehr als die Existenz der Götter bekannt ist. Erste Unsicherheiten würden bereits bei der Aufgabenteilung auftreten. Und das Karma- Chaos wäre umso gewaltiger. Nicht zu reden von Identitätskrisen bei Geweihten und Gläubigen. Wer ist der "Arbeitsgeber"?

    Für mein Aventurien setze ich voraus, dass der Moralkodex (und die Karma-Regulierung) das Wesen und die Ideale der Gottheiten widerspiegelt.

    Bei den Erzdämonen bin ich überfragt.

  • Hin und wieder - also im Sinne des Metaplots, bzw. wie der Autor es gerade braucht; eine Aussage die wenig hilfreich für SL und Spieler ist. Das die Götter ihre "verdrahteten" Geweihten erhören - ob sie sofort regieren können ist was anderes - sollte selbstverständlich sein.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • *Nachblättern verschiebt* Bei DSA 5 gibt es eine Optionale Regel, nach welcher Liturgien (?) immer gelingen, also keine Patzer möglich sind.

    Das ist bei DSA 4 meines Wissens immer so.

    Also, die Unmöglichkeit von Patzern. Dass gar nix passiert ist schon mal möglich, aber es passiert nie das Falsche. Eine Rondrageweihte, die sich nach dem Anstimmen von Thalionmels Schlachtgesang mit dem Rondrakamm ins den Fuß piekst und stolpert, weil sie auf die Liturgie eine Doppelzwanzig gewürfelt hat, wäre ja nun auch irgendwie albern.

    (Wie ist denn da der Normalfall in DSA 5? Wenn die Tsageweihte beim Geburtssegen patzt ist das Baby anfälliger für dämonische Einflüsterungen als es ohne Segen gewesen wäre? Wenn der Perainegeweihte beim Segnen der Felder schlecht würfelt, gibt es statt Saatsegen einen Hagelsturm? Das, äh, finde ich wenig stimmig.)

  • In diesem Thread werden soviele Probleme aufgeworfen, dass diese nur miteinander kollidieren können. Es werden Wunschvorstellungen, "So fühlt sich das richtig an", RAW, Fluff, und Spekulationen in einen Haufen geworfen, den man nicht mal mit einer langen Bambusstange berühren möchte.

    Außerweltlich sind die Götter ein Erzählelement und Orientierungsmechanismus. Sie sind die Einzigen, die die inneren Sphären vor der 7. Sphäre schützen. Daher stehen sie in erster Linie für die Ordnung und sind Gegenspieler der Dämonen, die das Chaos repräsentieren. Götter sind erstmal nicht "gut", sie handeln nach unserer modernen Weltsicht durchaus unmoralisch (siehe Havena, Arivor, Phex' Hang zum Betrug und Diebstahl).

    Götter sind also per se keine moralischen Instanzen. Moral ist ein soziales Regelwerk, gemacht von Menschen - für Menschen, und regional verschieden. Sie lehnen die Moral an den Aspekten der Götter an. Im AGö wird zwar der Begriff "Moralkodex" verwendet, doch ist dieser gleichzusetzen mit den Aspekten, z.B. "Schwertmeisterschaft" hat nichts mit Moral zu tun, sehr wohl aber mit dem Aspekt der Rondra, "Feuerbann" Effert ist ähnlich gelagert. Diese Aspekte sollen die gesellschaftlichen Strukturen stabilisieren - und einige Aspekte werden weniger befolgt, wenn eben ein Gott recht vorherrschend in einer Region ist (Travia in Andergast - Rahjagefälliges ist dort weniger gern gesehen).

    Was wesentlich wichtiger ist, dass der SL (die größte moralische Instanz in der Gruppenspielwelt) amoralisches Handeln eines SC oder NPC auf lange Zeit als nicht richtig und nicht belohnend darstellt, bzw. moralisches Handeln durchaus entlohnt.

  • Was wesentlich wichtiger ist, dass der SL (die größte moralische Instanz in der Gruppenspielwelt) amoralisches Handeln eines SC oder NPC auf lange Zeit als nicht richtig und nicht belohnend darstellt, bzw. moralisches Handeln durchaus entlohnt.

    Eben das wäre aber durchaus einfacher, wenn man es mit der entsprechenden Gottheit begründen könnte.

    Wenn in einer Welt, in der Götter beweisbar existieren, dann aber trotzdem nicht Rondra dafür verantwortlich ist, dass der edle Ritter nie von seinen mit allen schmutzigen Tricks kämpfenden Gegnern besiegt wird, sondern das eben halt so ist, ohne, dass Rondra sich dafür interessiert, mag das noch halbwegs tolerierbar sein ...

    Hat aber der sklavenhandelnde Phexgeweihte irgendwie immer Pech, weil die SL eingreift ... aber trotzdem Karma, weil sklavenhandelnde NSC-Phexgeweihte ja auch Karma haben und Phex es offenbar okay findet ... dann finde ich das irgendwie absurd.

    Da pass ich dann lieber die Götter der Gruppenmoral an und dreh allen sklavenhandelnden Phexgeweihten den Karmahahn ab. Auch den NSC.

  • Was wesentlich wichtiger ist, dass der SL (die größte moralische Instanz in der Gruppenspielwelt) amoralisches Handeln eines SC oder NPC auf lange Zeit als nicht richtig und nicht belohnend darstellt, bzw. moralisches Handeln durchaus entlohnt.

    Finde ich nicht. Geweihte können gern an der Karmaregeneration merken, ob ihr Verhalten passend oder unpassend zum Gott ist. Moralisch/nicht moralisch würde ich aber generell nie zum Kriterium machen. Gutes Handeln soll seine eigene Belohnung sein, nicht vom Kosmos vergütet werden. Den Unterschied zwischen göttergefälligem und moralischem Handeln mag man bei einer Travia (Gastfreundschaft, Treue, Herdfeuer, Familie use.) weniger merken als bei einem Bylmaresh ( Diebstahl, Disziplin, Geheimnisse, Gift, Heimlichkeit, Heimtücke, Intrigen, List, Lüge, Schutz, Spinnentiere, Stärke, Täuschung, Unausweichlichkeit, Wehrhaftigkeit), aber er ist absolut entscheidend. Was den Göttern gefällt ist nicht automatisch moralisch und umgekehrt. Moralisches Handeln braucht aber keine Eingriffe/ keine sich nicht aus der Sache ergebende Reaktion der Spielwelt. Die Spielwelt ist keine moralische Instanz, die eingreift.

    Wenn ein SL (wie viele) eher heldenhafte Gruppen leiten will, soll er das einfach OT mit den Spielern klären. Die meisten Spieler wollen eh heldenhafte Charaktere darstellen und fühlen sich mit Schurken nicht wohl.

    Außerdem ist der SL nicht die moralische OT Instanz der Gruppe.

    2 Mal editiert, zuletzt von Satinavian (30. Dezember 2021 um 14:20)

  • Außerdem ist der SL nicht die moralische OT Instanz der Gruppe.

    Das mag offiziell nicht so sein, meistens läuft es aber darauf raus, dass sich Mitspieler nicht zuständig fühlen, amoralisches Verhalten zu ahnden, weil der SL ja die Führungsposition hat. Das wird aber vor allem im Hinblick auf asoziale Spieler wichtig, was man sowieso OT klären muss. Hat also mit diesem Thema nix zu tun.


    Davon ab: Man muss moralisch richtiges Verhalten belohnen, wenn man Helden spielen will. Ich glaube zwar nicht, dass Aventurien "realistisch" aussehen müsste wie die Welt von Game of Thrones, aber es ist unstrittig so, dass anständiges Verhalten in der Realität eher ein Handicap ist, und nur in Ausnahmefällen konsistent zum Erfolg führt. Ganz besonders dann, wenn der Rest der Kultur nicht richtig handelt.

    Wenn man eine Gruppe hat, die beim Anblick des vom Abenteuer nur als Hintergrundrauschen gedachten Sklavenmarkts sofort beschließt, alle Sklaven zu befreien, dann muss man die Dinge ein bisschen drehen, damit nicht dauernd alle sterben. Ergo: Gutes Verhalten muss schon belohnt werden, um überhaupt möglich zu sein.

    Eine Gruppe aus moralisch neutralen Glücksrittern, die nur auf den eigenen finanziellen Erfolg aus ist, braucht dagegen eher selten SL-Gnade, kann sie doch vor allen Bedrohungen ohne großes Überlegen einfach fliehen.

    Ob mans jetzt SL-Gnade nennt, oder Belohnung bleibt sich gleich.

  • Das ist ein pessimistisches Bild von den Spielern !

    Wenn Spieler sich IT oder OT gegenseitig nicht regulieren und IT unmoralisch nach allen aventurischen Kulturmaßstäben (bzgl. wählbarer Kulturen) agieren, hätte ich keine Lust, den Kindergärtner für sie zu spielen. Aber die Menschen sind unterschiedlich, man erfährt die ganze Pallette von OT aggressiv bis IT höchst dankbar, wenn man IT Grenzüberschreitungen der IT Gefährten moniert.

  • Das ist ein pessimistisches Bild von den Spielern !

    Hm? Welchen Beitrag meinst du da jetzt?

    Ich habe ja wohlgemerkt nicht gesagt, dass man die Spieler für gutes Verhalten belohnen muss, damit sie's tun. Man muss es ihnen aber ermöglichen.

    Und darf ihnen nicht sagen: "Tja, leider war der Sklavenmarkt nur als Lokalkolorit gedacht. Ihr habt zwar wirklich viel nachgedacht und einen guten Plan entwickelt um die Sklaven zu befreien, aber es ging halt trotzdem schief. Macht euch mal neue Charaktere."

    Persönlich finde ich es eben praktischer, wenn ich bei Bedarf mal einen unwahrscheinlichen Zufall einbauen und mit den Göttern erklären kann, als wenn ich mich nur auf SL-Mogelmöglichkeiten verlassen muss um gutherzigen SC den Hintern zu retten.


    Wenn du auf das RL-Verhalten von Spielern anspielst: Das habe ich nicht einmal, sondern mehrmals so beobachtet.Das ist kein Pessimismus, das ist Erfahrung. Eigentlich ist es Optimismus, dass ich von einem Bystander-Effekt ausgehe und nicht von genereller ethischer Apathie.