Der erste Charakter

  • Aber es geht doch auch darum das sich Neueinsteiger schon in der Erschaffung Gedanken darum machen, "wie verhält sich mein Charakter" bzw. "Wie spiele ich meinen Charakter".

    Alle Neueinsteiger, die ich erlebte, inklusive ich selbst, NEIN!

    Man sucht sich einfach schnell mal was aus oder bekommt einen Charakter vorgesetzt, einen Archetyp. Daraus entwickelt man, sofern man dabei bleibt, irgendwann im Laufe weiterer Abenteuer seinen Charakter, oder, was häufiger der Fall ist, man macht einen neuen.

    Für einen Anfänger ist es wohl, auch deswegen egal, ob man auswürfelt oder kauft.

    Meine Erfahrung mit Anfängern ist, dass sie meist überhaupt nicht wissen, was sie spielen wollen. Der erste Abend dient da meist als Einführung in die Welt und der Charakterwahl. Entweder hat der SL Charaktere vorbereitet, die dann an die Spieler verteilt werden, oder man würfelt gemeinsam Charaktere aus. Letzteres sorgt auf jeden Fall für einen individuellen Charakter und ist bei allen Rollenspielen mit schneller Charaktererschaffung zu empfehlen.


    Dadurch zu diesem Faden angestoßen:

    Als mir damals im Jahr 2000 vorgeschlagen/angeboten wurde ("Das würde dir bestimmt gefallen") in einer DSA-Gruppe mitzuspielen ("Wenn du das sagst .... Rollenspiel? Was genau ist das?") wurde mir ein "Mit Mantel, Schwert und Zauberstab" ausgeliehen und ich konnte mich etwas einlesen. Nicht, dass ich mit allem, was da so drin stand, etwas anfangen konnte, wie das funktionieren sollte - wohlgemerkt, mir wurde das Buch ausgeliehen, da kam keiner mit, mir etwas zu erklären oder zu erzählen. Ich habe mir Gedanken über einen Charakter machen können, ebenfalls alleine für mich, allein auf Grundlage von MSZ.

    Ich bekam Idee und Konzept, und dann kam auch der Tag, an dem sich zum ersten Mal alle getroffen hatten (ich kannte nicht alle), um die Charaktere auszuwürfeln (weitere Einführungen gab es für mich und die andere DSA-Erstkontakt-Spielerin nicht). Das Ergebnis war meine Streunerin, die ich heute immer noch spiele, oder wieder, je nach Betrachtungsweise, da sie zwischendurch auch mal immer wieder für Jahre im Ordner auf den nächsten Einsatz wartete aufgrund von Gruppenwechseln und -konstellationswechseln und anderen Charakteren, die auch mal gespielt werden wollten. EDIT: Immer noch einer meiner Lieblings-Charakteren, weshalb ich sie halt wieder spielen wollte und es mittlerweile wieder mache. EDIT Ende

    Ohne griffiges Konzept mit einer Idee, wie der Charakter so funktioniert, spiele ich heute noch nichts.

    Persönlich habe ich in keiner Gruppe erlebt - und ab und an waren schon Rollenspielneulinge in einer Gruppe dabei -, dass Spielern oder den Neulingen etwas vorgesetzt wurde, oder dies angeboten. Es hat jeder einen eigenen Charakter gemacht, nur war immer ein Spieler dabei, der Ahnung hatte, um zu beraten und zu helfen bei der Charaktererstellung, aber eine Idee, was man spielen möchte, musste schon jeder selber mitbringen.

    Das halte ich persönlich auch wichtig, man soll ja auch Spaß dran haben und im Optimalfall den Charakter Jahre spielen wollen.

    Daher wäre es mir keineswegs egal gewesen, wenn man mir einen Archetypen in die Hand gedrückt hatte. Ich hatte bei meinem ersten Charakter eine Konzeptidee, und das war danach nie anders. Ich weiß nicht, ob mir DSA Spaß gemacht hätte, wenn mir ein "Der ist für Dich" oder ein "Such Dir einen von den 2 oder 3 hier aus" unter die Nase gehalten worden wäre.

    Wie also lief es bei eurem Rollenspieleinstieg ab, war das gut oder schlecht für euch, und wie haltet ihr es seitdem bei anderen Erstkontaktlern?

  • Da ich mit DSA1 angefangen habe, war es damals ganz einfach. Der Held wurde ausgewürfelt und es wurde, wie meistens, ein Abenteurer (ich wollte eigentlich einen Elfen spielen). Und man spielte einfach drauf los. Der Charakter entwickelte sich dann fast von alleine.

    Bei einer Midgard-Runde, in der ich neben dem Spielleiter der einzige mit Rollenspielerfahrung war, lief es so ab, dass der SL den Spielern nach dem Auswürfeln der Werte gesagt hat, welche Abenteurertypen mit diesen Werten möglich sind, und sie wählen durften. Nach ein paar Abenden mit stark abgespeckten Regeln, hatten die Spieler dann genug Spielerfahrung, um mit vollen Regeln einen vollwertigen Charakter nach ihren Vorstellungen zu erschaffen. Aber selbst diese ersten Abenteurer waren trotzdem vollwertige Charaktere. Anhand der kurzen Beschreibung des jeweiligen Abenteurertyps und einer absoluten Freiheit, was die Kultur des Charakters angeht (wir spielten in der alten Welt unseres SL und nicht in der offiziellen Midgard-Welt), entstanden trotzdem echte Charaktere. Wie ich schon sagte, keiner der anderen Spieler hatte damals Rollenspiel erfahrung und überhaupt eine Idee, was für einen Charakter er spielen sollte.

    Ich weiß nicht, ob mir DSA Spaß gemacht hätte, wenn mir ein "Der ist für Dich" oder ein "Such Dir einen von den 2 oder 3 hier aus" unter die Nase gehalten worden wäre.

    Und genau das ist der Fehler vieler Einsteigerboxen, inklusive der zu DSA5. Nur wenige enthalten auch eine Charaktererschaffung. Dazu gehören u.a. die zu Pathfinder, Starfinder, Splittermond, D&D 5e (nur in der aktuellen Ausgabe; hat dafür aber keine vorgefertigten Charaktere) und Call of Cthulhu.

  • Ich fing als Meister an, damals, als mir ein GI in den Trümmern eine DSA Basisbox geschenkt hat. (Naja, fast.)

    Und wie Barbarossa Rotbart ja sagt, wir hatten ja damals nichts. Aventurien war noch voller Roboter und Dimensionstore, da war eine schlüssige, in der Heimatkultur verankerte Geschichte auch ein bisschen schwieriger – ein guter Prozentsatz der ersten Charaktere war per default aus Havena oder halt den nebulösen Zwergen- und Elfenlanden. Und wir waren jung, also jetzt a) lange her und b) eh nicht gerade die Idealzone für method acting und Stammbaumgenerierung.

    Also kann ich hier nur meine Perspektive als Spielleiter oder Spieler mit Vorerfahrung einbauen. Als letzteres, in einer neuen Runde, ist mir inzwischen lieber erst mal als NSC oder Schnellcharakter mitzumachen. Denn alles aventurische (oder gloranthanische/golarische/greyhawksche/synnibarsche...) ist eitel Schein und Trug, wenn Meister und Mitspieler anders agieren. Ja, rein von dem was einem gesagt wurde mag ein Magier/Ritter/Schelm passen (hah, gelogen, letzterer passt nie), aber ich persönlich fülle gerne Lücken und harmonisiere, da möchte ich potentiell neue Mitspieler erst mal kennen lernen.

    Aber wie gesagt, Permanentmeister, da ist man vielleicht ein bisschen gefälliger gestrickt.

    Bei meinen Gruppen variierte das stark was ich vorgeschlagen habe. Ich meine, wir kennen alle die Spieler die eh immer das gleiche Spielen, egal welches System. Da schauen wir dass wir eine Entsprechung finden. Bei einfacheren Settings und/oder Systemen kann man auch SpielerInnen Hausaufgaben geben, oder bei genügend Zeit ein längeres Gespräch machen.

    Was ich auch eine Zeit lang gemacht habe, als über Spielerbörsen sich einige Leute in nicht sicheren Lebensumständen gemeldet hatten – Kleinstadt, nach-Studium-Zeit, da bekam gefühlt jeder Jobangebote von weit weg oder Kinder – waren Kurzabenteuer zum Einstieg, damit man nicht mühsam die Spielerin in die bestehende Langkampagne reinbauen muss, nur damit dann 1 Monat später nach Wien zieht.

    Da war's aber auch einfach, da war D&D 3 angesagt und das ist nicht so frontlastig wie post-1 DSA. Und halt auch tödlicher – gerade bei Anfängern. DSA ist da bedeutend knutschiger, da kann man auch mal ne A4 Seite hinrotzen ohne dass die Chancen hoh sind dass man die gleich verbrennen darf.

    Hängt also meiner Meinung nach stark von Spieler, System und Umständen ab. Ich möcht' hier keine Pauschalurteile fällen. Mal davon abgesehen, wir hatten alle nur ein erstes Mal, nur einen Datenpunkt. Ob das nicht auch anders gegangen wäre ist also eine recht müßige Überlegung. Die Leute die's beim ersten Mal ganz falsch gemacht haben und deswegen Rollenspiel gleich aufgegeben haben, lesen eh nicht mit.

    Was ich übrigens weder als Meister noch als Spieler mag, sind komplett vorgefertigte Charaktere. Immer ein guter "code smell" dass das System vielleicht doch etwas zu kompliziert ist. Und selbst wenn, dann lieber Templates/Archetypen, nix mit Namen und Vorgeschichte. Ist mir irgendwie zu Theater-artig sonst.

  • Was ich übrigens weder als Meister noch als Spieler mag, sind komplett vorgefertigte Charaktere. Immer ein guter "code smell" dass das System vielleicht doch etwas zu kompliziert ist. Und selbst wenn, dann lieber Templates/Archetypen, nix mit Namen und Vorgeschichte. Ist mir irgendwie zu Theater-artig sonst.

    Das muss nicht unbedingt der Fall sein. In den meisten Fällen ist es eher so, dass die Entwickler der Meinung waren, dass eine Charaktererschaffung für einen schnellen Einstieg nicht benötigt wird. Warhammer Fantasy hat z.B. eine sehr schnelle Charakteretrschaffung, hat aber nur vorgefertigte Charaktere mit vollständig ausgearbeiteten Hintergrund im Starter-Set. Bei Splittermond ist die Charaktererschaffung doch schon etwas komplexer, trotzdem enthält die Einsteigerbox eine abgespeckte Charaktererschaffung.

  • Mein erster Charakter war ein Magier. Weil Krieger, Zwerg und Elf schon vergeben waren. Der befreite Sylvana und zog ins Orkland.

    Danach erhielt einen Hintergrund und so wurde aus einer Spielfigur ein richtiger Charakter (Fasarer Magier nach DSA 2/Die Magie des Schwarzen Auges). Er erhielt später auch IN und FF, NG und JZ und wurde komplett neu ausgewürfelt (DSA 3/Götter, Magier und Geweihte).

    Von einem Zeitfrevel gezeichnet, zog er so dann letztlich gegen Borbarad...

    Aber am ersten Spieltag, dachte ich aber nie, dass ich den Charakter so lange spielen würde.

    Nach dem Wiedereinstieg in DSA 5 habe ich einige Professionen durchprobieren müssen, bis ich mit meiner Charakterwahl zufrieden war.

    Durch die neuen Regeln fühlen sich die Charaktere anders an. Am besten gefällt mir derzeit mein Tischrunden und FAB Charakter Balum Schmalzsieder, ein hügelzwergischer Metzger.

    Als wir mal Star Wars ausprobierten, ich kenne nur die alten Filme und den ersten neuen Star Wars (so schlecht, dass ich die Reihe nicht weiter verfolgt habe), bekamen wir ein paar Archetypen vorgesetzt - um die Regeln kennen zu lernen und um erste Schritte in der Spielwelt zu machen reichte das völlig aus. Und da habe ich mir auch erst nach der ersten Sitzung ein paar Gedanken um den Charakter gemacht. Genau so bei D&D. Haben wir auch vor einiger Zeit ausprobiert, ein Abenteuer mit Archetypen gezockt.

    Fazit: Wenn ich Regeln oder gar die Welt kaum kenne, kann ich mir keine vernünftigen Gedanken über den Charakter machen und nehme - orientierungslos - den Strohhalm Archetyp dankend an. Dieser Archetyp wird im Laufe des Spiels zum Charakter - nicht davor.

  • Hm...

    Die Anfangstage beim Schwarzen Auge waren eher zufällig. Der ältere Bruder eines Mitschülers suchte Novizen für seine Meisterschaft und fand sie in vier willigen Neunt- oder Zehntklässlern. Wir hatten, bis auf den Bruder des Meisters (vielleicht) keinen Plan und so wurde es Standardware: Magier, Halbelf, Jäger und bei mir der Krieger. Die Figuren wurden ausgewürfelt und dann ging es ab ins Orkland. Ohne überhaupt einen Schimmer von der Welt zu haben. Erst nach dem Orkenhort und dem Wechsel der Leitung an den jüngeren Bruder, arbeiteten wir uns nach und nach in die Welt ein, bauten die Rollen aus und änderten etwas am Hintergrund. Aus dem Jäger wurde ein Soldat, aus meinem Krieger nach Vollendung der zwölf Questen ein Rondrageweihter. Aber: Alle Mitspieler haben bis zum Ende der Tischrunde etwa acht Jahre später ihre allerersten Charaktere gespielt. Niemand hat gewechselt, wir haben sie einfach ausgearbeitet und uns unser Paralleluniversum erschaffen quasi.

    Für den Einstieg halte ich daher von Archetypen sehr viel, denn sie überfrachten den neuen Spieler nicht mit Informationen. Er gelangt sehr schnell in das Spielgeschehen und erlebt damit den Kern eines Rollenspiels. Wenn der erste Funke gesprungen ist, dann geht das meiste wahrscheinlich oft von alleine. Denn jeder möchte einfach für eine Weile immer mehr über die Welt wissen, in der er spielt, und seine Rolle darin ausdefinieren.

    Wenn ich für ein FAB (in Ermangelung einer Tischrunde) einen Charakter erstelle, dann natürlich nur noch auf Basis der über bald drei Jahrzehnte angeeigneten Kenntnisse zur Welt und den möglichen Figuren. Ohne Hintergrund und -gedanken zur Spielweise geht da keine Figur an den Start. Neben der Berechnung der Werte ist daher stets eine Hintergrundgeschichte Teil des Settings. Alles weitere ergibt sich dann im Spiel.

    "Wenn nicht zusammenstehen all jene, die noch verehren die Zwölf, werden Frevel und Unheiligkeit verhüllen das Licht für die Augen der Sterblichen."
    [Zweite Offenbarung von Balträa, 1019 BF]

    Lust auf ein Forenabenteuer? Dann schau mal rein:
    Namenloses Vergessen

  • Mein erster Held war ein dämlicher D&D-Magier. Dämlich weil der gnadenloser Meister jeden Erschaffungswurf zählen ließ - und so ein gemeiner Kerl war das mein "Rincewind" (so hätte ich ihn benannt, wenn ich die Scheibenwelt da gekannt hätte) das erste Abenteuer überleben ließ. Danach spielte ich nie wieder eine Magier.

    Hintergrundgeschichte? Bei D&D? ^^

    Das begann erst als wir mit D&D durch waren und mit DSA2 allmählcih uns nach Aventurien vorwagten.
    Aber erst die Spielhilfe in der Mantel, Schwert etc. Box brachte uns auf die Idee uns mit dem Leben unserer Helden tiefer auseinanderzusetzen.

    So wagte ich erstmals einen ungeduldigen Thorwaler zu erschaffen, also eine Figur mit Mängeln. Und daran hat sich bis heute nichts geändert; jedenfalls bei DSA. ;)

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Mein erster Rollenspiel Held war tatsächlich ein tapferer DSA Krieger, der zum Spielen für mich von meinen Schulfreunden damals erstellt wurde. Ohne Hintergrundwissen oder gar Regelwissen. Einzig Tabletop und allgemeines Fantasy-Wissen dienten als Referenz. So kam es dann, dass es zu einem schnellen Ableben auf dem Weg zum Schwarzen Keiler kam...nicht etwa durch grüne Orks! oder die völlig seltsamen pelzigen Orks...sonder durch Ignaz Phaero (sic!) den puniner Magier, der irgendwie etwas gegen den Sigmar-Glauben meines Kriegers hatte und irgendwas von diesen Zwölf und Rondra plapperte :/ .

    Nach dieser Einführung habe ich dann doch mal die Boxen und so gelesen und die Folgecharaktere wurden sagen wir differenzierter.

    "Pertinatia sapientiaque ad cognitionem cursus sunt."

  • Mein erster P&P Charakter war der Namenspatron dieses Accounts hier. Ein junger naiver und eifriger Gardist aus Greifenfurt. Er ging mit Freunden auf Abenteuerreise und fand schließlich sein Ende aufgrund "that's what my character would do." Aber mal im positiven Sinne. Trotz dem schnellen Ende hab ich mich da in DSA (Der Welt UND den Regeln) verschaut und seitdem hab ich mich auch zum Rules Shepard und mittlerweile auch zum SL gemausert. Beim ersten Char gabs halt noch kaum RP, backstory oder geskillte "nicht relevante" Talente, mittlerweile gibts Nachteile und hochgeschraubte Talente die sleten bis gar nicht zur Anwendung kommen.

  • Auch mein erster Charakter war ein DSA1-"Abenteurer", von dem ich noch nicht einmal den Namen in Erinnerung behalten habe. Der zweite war dann ein Magier, den ich deutlich länger gespielt habe.

    Parallel dazu entstand ein D&D-Elf. Das waren aber alles Charaktere, die absolut gar keinen "Hintergrund" hatten. Wir wussten damals gar nicht, was das sein soll, ein "Hintergrund", und wozu man das brauchen könnte. Und dann erst wuchsen wir so langsam rein. Meinen ersten Midgard-Charakter habe ich immerhin dann schon viel gezielter danach ausgesucht, was ich sein wollte.

    Als wir dann auf MERS umgestiegen sind und ich Spielleiter war, habe ich mich tatsächlich mit dem einen oder anderen Spieler zusammengesetzt und gemeinsam den Hintergrund erarbeitet, der dann sogar teilweise in die Abenteuer mit einfloss. Das war geradezu revolutionär. :D

  • Wir wussten damals gar nicht, was das sein soll, ein "Hintergrund", und wozu man das brauchen könnte.

    Mir war nichts Erwähnenswertes über DSA und Rollenspiel und Charaktere erzählt worden (jedenfalls nichts, an das ich mich erinnern könnte). Meine Streunerin war Findelkind, weil ich mir das so vorstellte und ich das wichtig fand für die Entwicklung, wie nun ist, nicht aus Faulheit meinerseits (ich wusste ja nichts von Hintergründen) und hatte durchaus in der Lebensgeschichte eine wichtige Bezugsperson. Hintergrund habe ich skizziert und sogar eine anderthalbseitige Hinergrundgeschichte aus ihrer Sicht geschrieben, weil ich Spaß dran hatte. Nicht weil ich annahm, dass das für irgendwas wichtig sein könnte.

    (Ich war auch schon in der zweiten Hälfte meiner Zwanziger, als ich mit DSA und Rollenspiel begann.)

    Ich hatte keine Ahnung von der Welt Aventurien, als der SL beim Auswürfeln der Werte sagte, Hauptgottheit sei Phex, habe ich mir das brav notiert, ohne zu wissen, was es mit Phex auf sich hat.

    Solche Dinge habe ich mir im Laufe der nächsten Monate selber erarbeitet durch ausleihen von Hintergrundbüchern und Gespräche mit den Mitspielern.

  • Ich kann jetzt nur mal für mich als "Neueinsteiger" 2020 und für meine Gruppe Neulinge 2021 sprechen:

    Mein erster Charakter war der Zwerg Romoxosch aus der Einsteigerbox "Drachenritter". Im Grunde deswegen, weil er noch übrig war und ich mit einem Zwerg etwas anfangen konnte.

    Nach den ersten beiden Spielrunden habe ich mich etwas eingelesen - Almanach, Regelwerk, Regelwiki etc. Einen groben Hintergrund hatte Romoxosch, Sohn des Dwarosch schon.

    Erst als ich wirklich im Spiel "drinnen" war und Aventurien für mich langsam ein stimmiges Bild bot, hat sich im Spiel auch der "Charakter" meines Zwerges herauskristallisiert. Wie wollte ich ihn spielen? Wo waren seine Stärken und Schwächen, vielleicht auch Eigenheiten? Was ist überhaupt sein Ziel? Daraus entwickelte sich dann nach und nach ein Hintergrund, den ich im Laufe unserer Runden immer weiter ausgebaut habe - für mich und die Mitspieler*innen.

    Alle späteren Charaktere wurden natürlich anders entwickelt: Ich habe mir davor sehr viele Gedanken gemacht, woher und wieso sie kommen und da sind und irgendetwas machen. Aber auch hier ergeben sich manchmal im RP nochmals zusätzliche Hintergründe, welche die Figur noch weiter ausbauen und noch mehr Tiefe geben. Einen ausführlichen Hintergrund hätte ich beim ersten Spiel und Charakter aber nicht hinbekommen - einfach weil mir der Hintergrund zu Aventurien komplett fehlte.


    Eine sehr ähnliche Erfahrung mache ich gerade in der Tischrunde, die wir seit einigen Monaten spielen: Ich habe hier mit 3 Anfängern begonnen, eine Runde zu leiten. Ich habe zwar vorab mit allen dreien einen Abend für die Heldengenerierung genutzt, um ihnen eine Figur geben zu können, die sie auch wirklich spielen wollen. Einen wirklich tiefen Hintergrund hatte aber keiner der drei - es war einfach zu überfordernd zu Beginn.

    Nun sind wir an dem Punkt, dass wir spätestens im Februar wohl an die Sonnenküste reisen. Einer der Helden stammt laut Vita von dort. Allzu viel mehr gibt es hierzu aber leider noch nicht. Nun fuchst sich der Spieler aber gerade stark in die Regionalspielhilfe der Sonnenküste und erarbeitet einen sehr ausführlichen Hintergrund.

    Ich glaube, dass vor allem beim allerersten Charakter der Hintergrund oft auf der Strecke bleibt - man kennt die Spielwelt nicht und weiß auch noch gar nicht, ob diese einem überhaupt gefällt. Wie soll man ohne all den Hintergrundinformationen eine wirklich interessante Story stricken für den eigenen Charakter? Das kommt denke ich nach und nach - und sobald man die Spielwelt als seine Leidenschaft erkannt hat, ist auch die Motivation da, um einen ausführichen Hintergrund zu erstellen und sich einzulesen.

  • Kurz?

    Ich habe mit jedem meiner letzten Anfängergruppe besprochen, versucht mit ihnem einen groben Hintergrund zu erschaffen. Bei einem Spieler bot der Hintergrund am Ende einen Abenteueraufhänger an - zu seinem Heimatort - der leider nie umgesetzt wurde.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich im Wohnheim war und der damalige Spielleiter uns das Basisregelbuch von DSA-3 gezeigt hat.

    Darin waren folgende Archetypen zu spielen:

    Krieger, Zwerg, Elf, Magier, Streuner, Novadi, Moha, Söldner. (Hoffe habe keinen vergessen)

    Darin stand auch, welche Charakterzüge der jeweilige Typ hat usw.

    Ich sag da die Thorwaler und auch als ich weitergeblättert habe um mir die anderen Typen anzusehen, so war schon auf den ersten Blick mir klar: mein erster Char wird ein Thorwaler :D

    Aber wieso weshalb warum keine Ahnung :D

    Noch Heute ist der Thorwaler mein Favorit, auch wenn ich langsam aber sicher anfange, auch mal in andere Richtungen zu sehen.

    Der Spielleiter hatte uns freie Auswahl gegeben. Auch war er nicht streng wenn jemand einen Fehler gemacht hat, so wie unser Zwerg, der vor den Toren einer Stadt mit seinem Kriegshammer versucht hat, Gräben auszuheben um diese der Stadt zu verkaufen :D

  • Wie also lief es bei eurem Rollenspieleinstieg ab, war das gut oder schlecht für euch, und wie haltet ihr es seitdem bei anderen Erstkontaktlern?

    Hast Du daran auch noch Erinnerungen? Wie Du als Neueinsteiger gedanklich zu Deinem ersten Charakter kamst, der ja nicht nur Thorwaler war, sondern ein bestimmter Thorwaler?

  • Hast Du daran auch noch Erinnerungen? Wie Du als Neueinsteiger gedanklich zu Deinem ersten Charakter kamst, der ja nicht nur Thorwaler war, sondern ein bestimmter Thorwaler?

    Da ich keine bestimmten Thorwaler kannte: nein.

    Der Einstieg bei uns war sehr simpel. Keiner von uns hatte je sich Gedanken gemacht und hat eher den Charakter genommen, der für einen selbst am geeignetsten erschien weil sie zu einen selbst passte.

    An einen bestimmten Thorwaler, Krieger, Magier, Elf hat sich keiner Gedanken gemacht.

    Es war eher so: Char raussuchen, Werte auswürfeln, Inventar vom Spielleiter bekommen, Abenteuer starten.

    Ob das jetzt gut oder schlecht ist als Start sei mal dahingestellt aber wir alle hatten unseren Spaß :D

  • Mein allererster Charakter wurde in Grundzügen so geschaffen wie ich heute noch (langfristigere, für OneShots gilt das nicht) Charaktere erstelle:

    In einer an DSA angelehnten Eigenbau Kampagne habe ich einen Ork gespielt. Warum ein Ork? Weil ich Lust darauf hatte, ziemlich simpel. Einen der Kämpfen konnte und Groß war, nicht weil Orks immer kämpfen können und groß sind sondern weil...naja, erster Charakter, da läuft es gefühlt in 99% aller Fälle auf groß und Kampf hinaus. Da wir alle Anfänger waren (außer SL) hatten wir quasi auch alle Klischees, Elf mit Bogen, Ork für Nahkampf (und den dritten weiß ich nicht mehr *hüstel*). Was sind Orks, Klischeehaft, nicht? An Kunst, Kultur und anderen interessiert. Also war mein Ork an Kunst, Kultur und anderen interessiert, weil ich Klischees schlicht und ergreifend nicht mag. Mein Ork konnte kämpfen weil er dazu prädestiniert war, nicht einfach nur weil er ein Ork war. Er war relativ dumm weil das Regelsystem vorsah das er entweder Klug oder Kämpferisch sein konnte und ich mich auf das kämpferische konzentriert habe, aber er war nicht dumm weil er ein Ork war. Und auch mit relativ geringer Intelligenz kann man sich für Bücher, Kunst, etc pp. interessieren ohne dafür ein tieferes Verständnis zu haben. Das führte dann zu Szenen in denen er hat keine Ahnung hatte wie man Mau-Mau spielt und es mit Schach verwechselte, gleichzeitig aber auch 10 Bücher mit sich herum schleppte obwohl er mit einem bereits überfordert war (offensichtlich keines welches die Regeln von Mau-Mau oder Schach erklärte ^^). Aber nein, Hilfe was sich anbieten würde oder so etwas hatte ich dort noch nicht wirklich bekommen, was auch zu absurd verschenkten Punkten führte, was wiederum leicht zu frust führte als kompletter Anfänger (heute ist es eher normal dem Char auch etwas zu geben was Null passt, z.B. ohne jedes Charisma auf betören zu gehen, einfach nur weil ich es kann!). Das habe ich dann umso mehr bei meinem zweiten Charakter (der im Profil) bekommen, der sich am Ork orentierte (und der nur deswegen auch orkisch spricht ^^), nur sehr viel besser abgestimmt und tiefgehender (vor allem aber sehr viel klüger) als dieser.

    Und so läuft das eigentlich heute noch.

    Würde man mich Fragen wie man bei Anfängern bei der Charerstellung vorgehen sollte würde ich sagen:

    lass sie machen was sie wollen, meistens kommen die Leute ja nicht komplett von Null an sondern schon mit einer ungefähren Vorstellung was da abgeht und was sie spielen wollen, nur erkläre ihnen auch was für Skills im Normalfall wichtig sind und wo sie unnötig Punkte für nichts verschenken. Gerade am Anfang kann das nervig sein (so auf die Art "ach, ich soll wohl doch nicht spielen wie ich will?!"), im Normalfall merken die Leute dann aber nach relativ kurzer Zeit das es tatsächlich komplett verschwendete Punkte gewesen wären. Für einen absoluten Anfänger gibt es, meines Empfindens nach, wirklich nichts schlimmeres als sich zu verskillen und daher nutzlos zu fühlen. Am zweitschlimmsten ist es allerdings nicht spielen zu können was man spielen will.

    "Der Tod eines Menschen: das ist eine Katastrophe. Hunderttausend Tote: das ist eine Statistik!"

    Kurt Tucholsky

  • Mein allererster Rollenspiel-Char entstand für DSA3 als ich etwa Mitte 20 war.

    Der Charbogen ist auch physisch noch vorhanden, aber wurde nicht mehr gespielt seit ich jene Gruppe nach 1-2 Jahren verließ. Ich meine, das "Godefrey" sich immer noch an eine Planke krallt und auf seine Rettung aus dem untergegangenen Schiff im Perlenmeer wartet.

    Die Erinnerung ist dunkel und von vielen nachfolgenden Chars überschattet, aber ich meine, das ich mit dem Spielleiter zusammen diesen Char nach meinen groben Vorstellungen zusammengebaut hatte. Ich kannte die Welt Aventurien aus den "Jahr des Greifen"-Romanen, aber hatte keine Ahnung von den Regeln.

    Seitdem hab ich verschiedene Einstiege in neue RPG-Welten erlebt.

    Am zweithäufigsten bastle ich mir nach den Regeln (oder den EinsteigerRegeln) einen Char mit einfachem Char-Konzept. Söldner oder Kämpfer gehen fast immer.

    Am häufigsten und am liebsten wähle ich aus vorgefertigten Chars einen für das erste Abenteuer aus, lerne so die Welt und die Regeln kennen und baue danach einen maßgeschneiderten für weitere Abenteuer/Kampagnen.

    Auswürfeln hasse ich wegen meinem Würfelglück. (Ich hab probehalber mal in Roll20 die 6x4 W6 für die D&D5-Attribute gewürfelt. Die Hälfte der Würfel waren 1er. Ungelogen.) Deswegen fange ich keine Systeme an, in denen der Char ausgewürfelt wird.

    in den letzten Jahren hab ich zunehmend Systeme kennengelernt, die so einfach waren, das man einen Char in einer halben Stunde basteln kann. Bei denen haben wir dann meist am Beginn der Runde die Zeit für die Char-Generierung während bzw. parallel zur Welt/Regel-Einführung genutzt.

    Für mich behaupte ich, das ich inzwischen so viele Systeme/Welten/Regeln und dementsprechend viele Chars bespielt habe und darauf genug Erfahrung gezogen habe, um unabhängig vom RPG-Systems "Standard"-Char-Konzepte parat zu haben. Ich kann auf ein, zwei Stichworte hin ein spielbares Char-Konzept hinhauen, natürlich ohne Feinheiten, und das dann nach den Regeln mit Zahlen auffüllen.

    Kurz vorm Wahnsinn wird's nochmal lustig. 8o :thumbsup:


    Nicht die Taten machen einen Helden, sondern die Lieder, die man über ihn singt. (Wilhelm Auspitzer)

  • Der Charbogen ist auch physisch noch vorhanden, aber wurde nicht mehr gespielt seit ich jene Gruppe nach 1-2 Jahren verließ

    Sei froh dass du den Charbogen noch hast.

    Ich habe meinen Thorwaler zu einer für mich sehr schweren Zeit weggeschmissen.

    Bei uns gab es ein "letztes" Abenteuer. Aber ich weiß nicht mehr genau worum es ging. Also es gab einen Abschluss bei uns. Mein Thorwaler war dann irgendwo im Mittelreich. Ich weiß nur noch, dass ich mich verabschiedet habe von der Gruppe (da unser Spielleiter mit seiner Ausbildung beendet war). Ich glaube mein Thorwaler aber ging in Richtung von Thorwal.

  • Ich hatte zu Beginn meiner Rollenspielkarriere (mit 12 Jahren) direkt den Spielleiterposten übernommen. Ganz einfach, weil ich der Käufer und Besitzer der DSA-Basis-Box gewesen bin. Schnell eine handvoll Freunde zusammengetrommelt und losgelegt. Es dauerte dann viele Jahre, bis auch ich mir einen Spieler-Charakter erstellt hatte, da dürfte ich so 15 oder 16 Jahre alt gewesen sein. Das war noch mit dem 3er-Regelwerk, ein Weißmagier aus der Schwert & Stab zu Beilunk, Mitglied der Pfeile des Lichts. An den Namen kann ich mich ebenfalls noch erinnern, da ich ihn später als NSC in einer Runde auftauchen ließ: Weynandt Mathuss.

    Die damalige Runde war allerdings nicht von Dauer. Wir hatten Der Wolf von Winhall gespielt und ein Abenteuer im Bornland (Der Zorn des Bären?) zumindest begonnen, ehe der SL mangels Muse wieder abgetreten ist und ich als SL übernahm. Dann folgten einige Jahre DSA- und später auch generelle Rollenspiel-Pause, sodass wieder ganz viel Zeit verging, ehe ich mich (vor ca. 9 Jahren) erneut daran machen konnte, einen SC für eigene Zwecke zu basteln. :)