Das Schwert der Totengöttin (Katharina V. Haderer) – Ein Verriss

  • Das Schwert der Totengöttin (Katharina V. Haderer) – Ein Verriss

    Klappentext (zitiert von Amazon)

    Zitat

    „Als Sergent Erik Zejn degradiert und von der Hauptstadt ins Vorland versetzt wird, rechnet er mit Ereignislosigkeit und Langeweile. Doch dann erheben sich die Toten aus den Gräbern und greifen die Lebenden an.

    Zejn steht vor der größten Herausforderung seines Lebens: Er muss herausfinden, wie er die Toten für immer zurück unter die Erde schicken kann. Die Einzige, die mehr über die unheimlichen Vorgänge zu wissen scheint, ist die Kräuterhexe Mirage. Doch Zejn ist sich sicher, dass man ihr nicht trauen kann.

    In Wahrheit ist Mirage Alchemistin und versucht alles, um die Bedrohung aufzuhalten. Nur deshalb ist sie immer in der Nähe, wenn die Toten erwachen. Schnell beginnt die Bevölkerung zu glauben, dass sie für die Angriffe verantwortlich ist und wendet sich gegen sie. Wenn Mirage sich selbst retten will, muss sie ihre Unschuld beweisen und die Toten für immer zurück unter die Erde bringen.

    Weder Zejn noch Mirage ahnen, dass die Toten nicht ihre einzigen Feinde sind.“


    Dies hier ist ein Verriss, um dem Mangel an Verrissen zu begegnen, daher werde ich mich kurz fassen was die positiven Aspekte des Buches angeht:

    Es passiert viel, gibt viel Action, und man könnte sagen es ist spannend.

    Mirage hat eine durchaus interessante Hintergrundgeschichte, die recht gut angedeutet wird.

    Nun zu dem, was mich gestört hat, und das war eine Menge:

    Es gibt so einige Rechtschreib- und Grammatikschnitzer. Da ich das hier aus dem Gedächtnis schreibe (hatte das Buch aus der Bibliothek) kann ich keine Beispiele nennen, aber es waren eben doch deutlich zu viele Fehler für ein Buch, das immerhin im Knaur-Verlag erschienen ist.

    Ich lese auch Fanfics und im Eigenverlag erschienene Bücher, bin da also durchaus was gewohnt, aber ... das war doch deutlich über dem Limit.


    Der absolut schlimmste Fehler des Buches ist aber Erik Zejn.

    Das Problem ist nicht, dass er ein inkompetenter, doppelmoralischer, arroganter Versager ist – das Problem ist, dass der Autorin das offensichtlich nicht klar ist.

    Zejn (der übrigens in seinen eigenen Gedanken seinen Nachnamen verwendet, eine Entscheidung der Autorin die ich nicht ganz nachvollziehen konnte) wird degradiert – seiner eigenen Ansicht nach, und wohl auch der der Autorin nach zu Unrecht, in jedem Fall aber von einem Rivalen um die Gunst einer Frau, was die Sache fragwürdig erscheinen lässt – und der Stadtgarde eines Ortes am Rand der Zivilisation als Vorgesetzter aufgedrückt, nachdem sein Vorgänger auf der Dorfprostituierten verstorben ist.

    Zejn ist über die Zustände verständlicherweise entsetzt. Die Garde schiebt eine sehr ruhige Kugel, im Wesentlichen regiert Selbstjustiz, nachdem der nunmehr verstorbene Vorgesetzte wohl beschlossen hatte, dass er der Kriminalität ohnehin nicht Herr werden kann.

    So weit so gut, doch dann beginnt der Plot und geht die Charakterisierung den Bach runter.


    Mirages erster Auftritt besteht darin, dass sie auf dem Markt einkauft. Ein Taschendieb steckt die Hand in ihre Tasche.

    Woraufhin seine Hand prompt von Säure zersetzt wird.

    Ziemlich grausam, falls es Absicht war, könnte man meinen. Das wäre ja ein guter Grund, aus dem Zejn etwas gegen Mirage haben könnte.

    Aber nein. Zejn lässt dem Dieb die Hand abhacken, wie es das Gesetz vorschreibt, und kommt sich noch grandios gnädig dabei vor, dass er die ohnehin zerstörte Hand abhacken lässt.

    So weit, so gut. Die beiden schenken sich nichts, was ihre Grausamkeit angeht.

    An diesem Punkt beschließt Zejn allerdings, dass Mirage eine böse Hexe ist, und für alles Übel verantwortlich sein muss. Warum? Plot lo vult!

    Er hat absolut keinen Grund dazu. Alchemie ist bekannt. Magie ist bekannt – Zejn hat selbst eine magische Begabung, wie man sehr viel später erfährt.

    Für abergläubische Furcht gibt es also keinen Grund. Mirages einziges Verbrechen ist das Praktizieren von Alchemie ohne Lizenz.

    Ohne Spoilern zu wollen: Zejn schadet mit seinem Vorurteil sehr vielen Leuten erheblich. Die Reue kommt spät und hält sich in Grenzen.


    Ich kann nur mutmaßen, wie Zejn wirken sollte.

    Vermutlich sollte er das „Lawful“ Gegenstück zu Mirages „Chaotic“ sein, um mal mit D&D Begriffen zu sprechen. Vermutlich soll das für Konflikt sorgen, bevor die beiden dann vorhersehbarerweise ein Paar werden. (Passierte im ersten Band nicht, ist aber wohl in der Zukunft zu erwarten ...)

    Das Problem dabei: Er ist nicht konsequent. Er lässt Dieben die Hand abhacken, weil das Gesetz es so vorsieht. Es stellt sich aber später heraus, dass er seine magische Begabung versteckt – auch nicht gerade legal, wenn ich das richtig im Kopf habe. Und in Bezug auf Mirage folgt er ganz seinem emotionalen Vorurteil, anstatt sich strikt an das Gesetz zu halten.

    Und damit … funktioniert der vermutlich angestrebte Charakter-Archetyp nicht mehr. Jemanden, der sich immer an das Gesetz hält, auch dann, wenn es zu seinem Nachteil ist, kann man respektieren. Jemanden, der für sich selbst gerne mal eine Ausnahme macht, und nur von anderen völlige Gesetzestreue verlangt … nicht.

    Es ist nicht so, dass die Autorin ihn von aller Schuld freispricht, offenbar war vorgesehen, dass er einen Fehler macht. Das Dumme ist nur: Er hat keinen nachvollziehbaren Grund für den Fehler, und wirkt dadurch wie ein verantwortungsloser Volltrottel, der seine Degradierung mehr als verdient hat.

    Anderen mag es nicht so gehen, aber ich lese Bücher der Charaktere wegen, und mir hat dieser Typ das ganze Buch verdorben.

  • Artemis500 : Danke für deine Einschätzung. So schön und treffend formuliert, dass ich nicht viel machen kann als nicken. Das Buch schwebt - was sonst selten geschieht - in der Lesepause. Positiv ist mir eine Szene ("Geburt") in Erinnerung geblieben, weil sie (nach 0815-Skeletten/ Zombies) die erste gruselige Stelle und Überraschung ist. Ich saß da, wusste, was kommt. Hoffte, es würde nicht passieren.

    Hauptcharaktere blieben vielleicht besser in Vergessenheit. Arme Kollegen. Dass keiner versucht gegen Zejn zu protestieren.

    Wieder liest sich der Klappentext angenehmer als das Buch.

    Ich seufze, blättere eine Seite weiter. Gutes mitnehmen.

  • Gut dass sich jemand an Verrisse wagt. Ich hab ja vor einiger zeit mal geschrieben, dass die Welt mehr davon braucht. Sonst gibts ja nichts was einen vor miesen Büchern warnt.

    Make Rondra Badass again!