"Todesspirale" in verschiedenen Editionen

  • In Rollenspielen gibt es ja gern eine "Todesspirale", d.h. je schwerer man schon verletzt ist, desto leichter wird es weiter verletzt zu werden, weil Verletzungen Abzüge mit sich bringen. D&D ist ja eine berühmte Ausnahme, wo man frisch, fromm und frei kämpft, bis dann bei 0 LP der örtliche Todesgott zumindest mal anklopft.

    Bei DSA eher nicht der Fall, aber interessanterweise ist das eine Regel wo jede Edition sich neu versucht:

    DSA1: Nichts, von kritischem Treffern in den Ausbau Regeln mal abgesehen.

    DSA1P: Trefferzonenensystem: Man hat zwar > 85 LE, aber drei mal in den linken Arm gepiekst und das wars mit dir.

    DSA2: Bei 4,5,6 auf dem TP Würfel wird W-(min(3,RS))+(AT+) abgezogen und auf AT/PA gleichmäßig verteilt. Ich kann mich nicht mehr erinnern wie lange das hält.

    DSA3: Optional: Bei 10/15/20 TP (nicht SP) gibts AT/PA Abzüge, eher moderat(10: AT od. PA -1; 15: AT u. PA -1; 20: AT u. PA -2), aber kumulativ. Bis zum Ende des Kampfes.

    DSA4: Wundensystem, mit fixem Schwellenwert bei deren Überschreitung bei einem Treffer Abzüge kommen. Mitigierbar durch hohe KO, omnipräsente Sonderfertigkeit und Talent. Kompliziertere Heilung

    DSA5: LE Schwellenwerte triggern Schmerz. Egal ob diese durch einen festen Angriff oder den Tod der Tausend Schnitte kamen.

    In meiner Erfahrung waren DSA2 und DSA4 eher auf der schlimmeren Seite, wobei ich das bei DSA2 praktisch nie gespielt habe und bei DSA4.1 praktisch immer.

    Wie sieht's denn bei euch mit sowas aus? Bringt euch das im Spiel einen gewissen Kick, stört euch die Buchhalterei? Hat bei euch praktisch jeder wenn nicht beim Start, dann kurz danach die ganze Palette an Ausgleichsmöglichkeiten um da nicht reinzugeraten (also eine Art "Steuer")? Irgendeine Variante aus der bunten DSA Geschichte die euch gut oder gar nicht gefielt? Hausregeln?

    Ich muss gestehen, dass es mir nicht so abgeht in den Systemen wo das nicht vorkommt oder in den Kampagnen wo man es geflissentlich ignoriert hat. Gerade wenn die LE Spanne eh niedrig ist. Gerade von hinter dem Spielleiterschirm war das mitunter recht viel Aufwand.

  • Ganz ehrlich, hat mich und andere nie interessiert. Wenn der Gegner auf meinen SC einprügelt und ich hoffe noch knapp mit dem Leben davonzukonmen, würde mit Abzügen diese Chance realistisch sinken.

    Was solls, ist doch nur eine Fleischwunde. ^^

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Hey,

    vielleicht möchtest du Ilaris mit aufnehmen? Ich stelle es unten mal vereinfacht in DSA5 Termen da (kannst auch gerne nochmal kürzen):

    Ilaris: Pro 1/8 LeP Verlust steigen die Erschwernisse 0/0/-2/-4/-6/-8/-10/-12. Zusätzlich kommt bei großem Lebensverlust auf einmal (2/8 der LeP oder mehr) Wundschmerz dazu, der dich für 2 Kampfrunden betäubt (handlungsunfähig), wenn du ihm nicht widerstehst. Außerdem drohen bei insgesamt 5/8 verlorenen Lebenspunkten die generelle Handlungsunfähigkeit (Zähigkeitsprobe). Außerdem gibt es eine Mechanik zum Bluten (Blutungen), die bei noch vorhandenen LeP zum dahinsiechenden Tod führen kann. (ILARIS:31,32)

    (Disclaimer: Ilaris hat in echt keine LeP sondern eine Wundenmechanik. Die erwähnung von 1/8 der LeP ist aber für DSA5 Spieler am einfachsten zu verstehen, ohne die Regeln zu lesen.)

    Ich denke, dass Todesspiralen das Spiel weniger Heldenhaft und dafür dreckiger machen. Außerdem beschleunigt dies Kämpfe stark und fördert Kampfvermeidung: Wir haben schon X verloren! Wir wollen nicht auf Y kommen, denn dann sind wir schon zu tief, um aus dem Todes-Strudel zu entkommen.

    Am Ende ist's Geschmackssache. In DSA5 habe ich lange ohne Wunden geleitet. Mittlerweile spiele ich eher mit. Das Spiel ist dadurch - und daher kommt meine Einschätzung - weniger Heldenhaft geworden und dafür "realistischer"/"ernster". Vorher hätten Spieler mehr riskiert und mehr gewagt. Nun sind sie ab und zu sehr vorsichtig. Eine einfache Flucht, falls es mal doch nicht klappt, ist nicht immer drin.

    In Ilaris habe ich mit der Todesspirale gespielt und die DSA5-gewohnten Spieler sind damit erstmal überfordert gewesen, haben aber direkt Konsequenzen für den nächsten Kampf daraus gezogen. Generell war der Kampf dadurch deutlich schneller und jede Kampfrunde viel wichtiger. Einen Angriff einfach mal einzustecken, um dafür einen Zauber zu wirken, hätte fast zum Tod geführt, da der Wundschmerz reingekickt hat.

  • DSA4 war furchtbar in der Hinsicht. Viel zu hohe Abzüge, GS-Verlust für ohnehin meist ziemlich lahme Charaktere, unter Umständen Neuordnung der INI-Abfolge. Ein Riesenverwaltungsaufwand für einen Mechanismus, der eigentlich nichts gemacht hat, außer den Kampf leichter durch Zufall umkippen zu lassen. Dem ganzen die Krone aufgesetzt hat die, zum Glück optionale, Wundschmerz-Regel. Charaktere konnten durch einen Zufallstreffer einfach für mehrere KR umfallen. Und die Seite, der das zuerst passierte, wurde durch die Aktionsökonomie von DSA4.1 gnadenlos abgestraft.

    Ich bin ziemlich froh, dass das in DSA5 jetzt anders geregelt wurde. Es ist zwar immer noch Aufwand, aber immerhin wird der Kampf nicht mehr durch den ersten Krit entschieden. Außerdem gibt es eine Menge Möglichkeiten, Schmerzstufen zu ignorieren.

    Generell halte ich von Todesspiralen in heroischen Rollenspielen nicht viel. Wenn die Fiktion "dreckig" sein soll wie in Shadowrun, Night's Black Agents oder Blades in the Dark ist das in Ordnung. In DSA5 ist die Schmerzregel bereits mehr als genug.

  • Interessantes Thema.

    Finde generell, daß die Effekte von In-Game-Verletzungen stark beinflussen, wie sich die Charaktere im Kampf/ in Gefahr verhalten. Also sollte die "Verletzungshärte" dem gewünschten Spielgefühl des Systems/ der Spielrunde entsprechen.

    Spiele DSA5 mit Schmerz aber ohne Wundeffekte (Trefferzonen etc).

    Es erfordert ein Wenig Buchhaltung, die Schmerzstufen verschiedener Gegener korrekt nachzuhalten, aber ich finde es besser als "frühlingsfrisch oder tot" oder "der erste Wundeffekt lässt quasi den Verlierer schon feststellen" (wie z.B. in Shadowrun 1, wo jede Verletzungserschwernis den Mindestwurf bei einem "würfle mehrere W6 und zähle deine Erfolge" erhöht hat).

    Und wir Weltanschauer schon richtig angeführt hat, gibt es in DSA5 genug Möglichkeiten, einen "zähen Hund" zu spielen, der weniger Empfindlich ist - was für mich auch zur etwas heroischerer Fantasy passt.

    Schickt Advocaten, Armbrüste und Dukaten!

  • Ich denke bei DSA4 kam es auf das AP-Niveau der Charaktere an. Bei uns hat das Wunden-System sehr gut funktioniert und Kämpfe deutlich beschleunigt (was es ja auch sollte?!) Natürlich wird es volatiler wenn es schneller werden soll. Dadurch kann ein Kampf dann halt auch mal schneller ein Stück weit in die Binsen gehen. Meiner Erfahrung nach sind aber ja genau das die spannenden Kämpfe wo der "Hauptkämpfer" mal in der zweiten KR nen Pfeil ins Bein bekommt und dann da mit zwei Wunden iwie versucht zu überleben während der Rest der Gruppe auf einmal gefordert ist und alle anfangen an den Fingern zu knabbern.

    Das mit der Ini-Reihenfolge finde ich aber nun wirklich kein Hexenwerk. Liegt vielleicht daran das wir auch am Tisch mit nem Digitalen Spielbrett spielen und das ca. 1 Sekunde dauert den Token um 2 Ini nach links zu schieben...

    Edith: Um noch bisschen auf die Fragen einzugehen. Ich bin da Spielleiter und Wir spielen mit einem Initiative-Brett und Digitaler Unterstützung (Maptool auch am Tisch) Das bedeutet jeder Kampfbeteiligte hat einen Token, der wird dann einfach, wenn sich seine INI ändert um die Felder verschoben. Jeder kann jederzeit sehen wer exakt wie viel Ini hat und wann er dran ist, wer wo steht etc. pp. Vielleicht ist das deswegen bei uns eigentlich überhaupt kein Problem. Wir spielen dementsprechend eigtl mehr oder weniger mit allen Regeln außer Ausdauer ;).

    Ich glaube beim Theater of Mind spielen würde ich zumindest die INI-Sache weglassen weil das zu viel durcheinander dann reinbringt.

    Edith 2: Außerdem gibts doch in DSA4.1 genau wie in DSA5 nen Haufen Mechanics Wunden zu ignorieren? Vorteil Eisern, Die Wunden ignorieren -Selbstbeherrschungsprobe etc. pp. Der Fall das ein professioneller Kämpfer von einer Anfangswunde ausm Kampf geworfen wird ist da doch eher theoretisch oder?

    2 Mal editiert, zuletzt von Tothtelar (15. Juni 2021 um 16:02)

  • Naja, das mit den Sachen kaufen um Wunden zu ignorieren war mitunter mein Hauptproblem mit DSA4, so als Symptom der allgemeinen Start-Optimierung. Ich find's sehr interessant was hier berichtet wird, gerade auch das mit dem Grimdark vs. Heroic.

    Ich fand ja immer, dass DSA da sehr interessant in der Mitte war. Von der Einstellung her eher heldenhafte Recken fördernd, aber doch bodenständig genug dass jetzt Goblins mit schartigen Säbeln auch gute Feinde bleiben können während einem Großteil der Karriere.

    Wo es durchaus kein masochistisches Erzählspiel sein muss, wenn die ganze Gruppe keine Krieger-/Magier-Elite hat.

    Wenn dann jeder Bergmanngladiator ist und mit Eisern und gemaxter Selbstbeherrschung startet ist das nicht so mein Aventurien. Ich find das ja auch sprechend: Wenn jeder lieber schlechte Eigenschaften ansammelt damit er die negativen Ausmaße der Wundmechanik vermeiden kann, mutt dat dann sein?

    An sich find' ich die Idee nicht mal so schlecht, etwas mehr Konsequenzen die nicht gleich der Tod sind -- auch für die Gegner natürlich, die ja auch nicht einen auf Monty Python's Schwarzen Ritter machen bis dass sie dann mal Boron begegnen.

    Ich denke, dass ich mit der DSA5 Regel besser zurechtkommen würde. Das ist sowohl mechanisch einfacher als auch nicht so zwingend den Spieler zur "Pain don't hurt" Sonderregel treibend.

  • Wenn dann jeder Bergmanngladiator ist und mit Eisern und gemaxter Selbstbeherrschung startet ist das nicht so mein Aventurien. Ich find das ja auch sprechend: Wenn jeder lieber schlechte Eigenschaften ansammelt damit er die negativen Ausmaße der Wundmechanik vermeiden kann, mutt dat dann sein?

    Gut formuliert.

    Dies war Teil der Entscheidung meiner Gruppe, DSA5 ohne Trefferzonen & Wunden zu spielen.

    Der andere Teil bestand aus dem erheblichen Würfelmehraufwand, der hier ganz gut geschildert wird.

    Mit den richtigen Hilfsmitteln und Erfahrung lässt sich der Zeitaufwand sicher aber auch reduzieren. Insgesamt bleibt es eben Geschmackssache.

    Schickt Advocaten, Armbrüste und Dukaten!

  • Das Problem am Wundsystem ist halt, dass es das Problem des DSA4-Kampfsystems, das es lösen wollte, nur noch schlimmer gemacht hat. Das Problem war ja, dass der DSA4-Kampf sehr defensiv ausgerichtet war. Es war denkbar einfach, sich hinter einer fetten Rüstung und einer hohen Parade (im Idealfall mit dem Schild) zu verstecken. Jede offensive Handlung war mit - gefühlt oder tatsächlich - enormen Tradeoffs bei der Defensive verbunden. Schon sich in einer KR auf den Gegner zuzubewegen und anzugreifen hieß, komplett auf die Parade zu verzichten. Und selbst, sich nur auf den Gegner zuzubewegen und nicht anzugreifen bedeutete einen Malus von 4 auf die PA. Wobei man auch eher von "kriechen" als von "bewegen" sprechen müsste, denn aufgrund der BE waren gerüstete Kämpfer_innen meist lahm wie eine Schildkröte. Manöver, die den Kampf hätten verkürzen können, kamen mit einem potentiellen PA-Abzug bei Misslingen daher. Dementsprechend... gemächlich waren auch die Kämpfe.

    Das Wundsystem sollte dieses Problem lösen, indem es den Schaden, der doch noch durchkam, durch potentielle Sekundäreffekte gefährlicher machen sollte. Der Effekt war dann aber das Gegenteil: Die Spieler_innen setzten noch mehr auf Defensive. "Eisern" war Pflichtkauf (wie oben schon erwähnt), hohe Selbstbeherrschung sowieso, und ungerüstet in den Kampf zu ziehen wurde zum faktischen Selbstmord.

    DSA5 hat das mE viel besser gelöst: Offensives Verhalten und Bewegung im Kampf werden nicht mehr mit Tradeoffs bestraft und die Effektivität der Defensive wurde weit nach unten geschraubt. Außerdem wurde die Aktionsökonomie durch Mehrfachverteidigungen viel robuster. Dementsprechend wurde auch das Pendant zu Wunden enorm entschärft.

    2 Mal editiert, zuletzt von weltanschauer (15. Juni 2021 um 18:53)

  • Die Computerspiele haben es auch gut gelöst - sie haben es ignoriert! ;)

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • DSA4: Wundensystem, mit fixem Schwellenwert bei deren Überschreitung bei einem Treffer Abzüge kommen. Mitigierbar durch hohe KO, omnipräsente Sonderfertigkeit und Talent. Kompliziertere Heilung

    Es gibt noch optional die Schmerz-Regel (noch nie mit gespielt). 4.1 führte eine niedrige Wundschwelle ein, die in 4.0 höher war (wir spielen tatsächlich mit der von 4.-0, finden wir "heldenhafter", dafür gibt es in der Tat eher selten regeltechnische Wunden. Das TZM (spielen wir nicht mit) hat andere Auswirkungen bei Wunden als das normale Wundensystem (das recht einfach gestaltet ist).

    Abzüge durch niedrige LeP und/oder AuP gibt es als optionale Regel. Mit diesen Abzügen spielen wir, allerdings haben wir da als Hausregel fixe Schwellwerte eingeführt (die originalen sind nicht an festen Werten festgemacht).

    Ich finde das recht einfach umsetzbar. Wann man Abzüge durch niedrige LeP bekommt, weiß man das (und wie viel), weil das hoffentlich auf dem Bogen steht. Daher: Stört mich nicht, mir LeP bei einem Treffer abzuziehen (ein Hoch auf einen Schmierzettel), empfinde ich nicht als viel Buchhalterei (das finde ich bei White Wolf störender. weil es mit mehr Wundstufen mehr Würfelabzüge gibt, und diese Abzüge muss man bei den vielen Würfeln im Kopf behalten - da wird nicht nur von den festen Werten einfach etwas abgezogen).

    In Rollenspielen gibt es ja gern eine "Todesspirale", d.h. je schwerer man schon verletzt ist, desto leichter wird es weiter verletzt zu werden, weil Verletzungen Abzüge mit sich bringen.

    7te See, 1. Edition, kommt da auch recht einfach und pflegeleicht daher: Es gibt Fleischwunden (die machen nicht viel, außer die nächste Verwundungsprobe zu erschweren und damit schneller auf eine Dramatische Wunde zuzuarbeiten) und Dramatische Wunden. Hat man so viele Dramatische Wunden, wie man Punkte in Attribut Entschlossenheit (das kann von 1-5 reichen, wobei 1 unterdurchschnittlich ist und 5 schon selten gut) hat, bringen etwaige gewürfelte 10er keine zusätzliche Werte für eine Probe. Hat man so viele Dramatische Wunden, wie Entschlossenheit x2, ist man kampfunfähig.

    Nicht tot, man kann im Kampf oder bei sonstigen Aktivitäten nicht sterben, und wenn eine explodierende Villa auf den Kopf fällt (ich schreibe aus IT-Erfahrung^^). Tot ist ein Charakter nur, wenn er eben kampfunfähig ist und jemand anders die Absicht ankündigt und umsetzt, die Figur zu töten.

    Es gibt keine Lebenspunkte oder sonstige Wundlevel und damit in keine Weise Abzüge auf irgend etwas, außer, dass die 10er keine weiteren Probenverbesserungen generieren.

  • Das Problem am Wundsystem ist halt, dass es das Problem des DSA4-Kampfsystems, das es lösen wollte, nur noch schlimmer gemacht hat. Das Problem war ja, dass der DSA4-Kampf sehr defensiv ausgerichtet war. Es war denkbar einfach, sich hinter einer fetten Rüstung und einer hohen Parade (im Idealfall mit dem Schild) zu verstecken. Jede offensive Handlung war mit - gefühlt oder tatsächlich - enormen Tradeoffs bei der Defensive verbunden. Schon sich in einer KR auf den Gegner zuzubewegen und anzugreifen hieß, komplett auf die Parade zu verzichten. Und selbst, sich nur auf den Gegner zuzubewegen und nicht anzugreifen bedeutete einen Malus von 4 auf die PA. Wobei man auch eher von "kriechen" als von "bewegen" sprechen müsste, denn aufgrund der BE waren gerüstete Kämpfer_innen meist lahm wie eine Schildkröte. Manöver, die den Kampf hätten verkürzen können, kamen mit einem potentiellen PA-Abzug bei Misslingen daher. Dementsprechend... gemächlich waren auch die Kämpfe.

    Das Wundsystem sollte dieses Problem lösen, indem es den Schaden, der doch noch durchkam, durch potentielle Sekundäreffekte gefährlicher machen sollte. Der Effekt war dann aber das Gegenteil: Die Spieler_innen setzten noch mehr auf Defensive. "Eisern" war Pflichtkauf (wie oben schon erwähnt), hohe Selbstbeherrschung sowieso, und ungerüstet in den Kampf zu ziehen wurde zum faktischen Selbstmord.

    DSA5 hat das mE viel besser gelöst: Offensives Verhalten und Bewegung im Kampf werden nicht mehr mit Tradeoffs bestraft und die Effektivität der Defensive wurde weit nach unten geschraubt. Außerdem wurde die Aktionsökonomie durch Mehrfachverteidigungen viel robuster. Dementsprechend wurde auch das Pendant zu Wunden enorm entschärft.

    Das stimmt nur wenn man den Kampf auf ein 1vs1 herunterbricht und alle anderen Faktoren über Bord wirft. Hoher RS bedeutet in den meisten fällen auch hohe BE, was in den meisten Abenteuern sehr hinderlich ist (oder sein sollte), da man ja durch die Wildnis läuft oder auf oder in Gebäuden herum turnt. Zweitens haben Gruppen üblicherweise auch leicht gerüstete Semi- bis Nichtkämpfer, und die Aufgabe der "Vollkämpfer" ist es halt auch diese zu beschützen. Wer sich als Krieger o.ä. hinter seinem Schild und Rüstung versteckt während der Magier oder Geweihte abgemurkst wird hat versagt. Drittens hilft eine hohe Parade nicht gegen Überzahl. Als Heldengruppe kommt man aber öfters mal in Situationen in welcher man in Unterzahl ist, und da ist es wichtig schnell Schaden anrichten zu können um Gegner auszuschalten. Viertens ist es in Kampfsituationen selbst ohne Unterzahl oft wichtig schnell irgendwo hin zu kommen und die Gegner auszuschalten die im Weg stehen. Man kann zwar aus einer hohen Defensive durch Binden oder Meisterparade auch eine hohe Attacke generieren, das funktioniert aber nur wenn einen der Gegner auch angreift und trifft.

    Die Wunden machen die Kämpfe spannender und schneller und sind in meinen Augen ein wichtiger Faktor im Spiel. Wovon ich persönlich auch nichts halte sind die optionalen Wundschmerz und Wundvermeidungs Regeln und es stimmt das so gut wie jeder Charakter mit Eisern daher kommt. Insgesamt bereichern die Wunden trotzdem das Spiel.

    Was allerdings durchaus stimmt ist das das Kampfsystem Bewegung bestraft. Wieso man z.B. einen Abzug für Attackieren nach Bewegen bekommt ist absolut unverständlich (wie spielen deshalb ohne diesen), denn wer bewegt und angreift hat ja sowieso schon den riesigen Nachteil auf seine PA zu verzichten.

    Einmal editiert, zuletzt von Goltron (6. September 2021 um 10:00)