Leibeigenschaft im Mittelreich und andernorts

  • Ja, nur Leibeigne findest du im Bornland, und Sklaven im Süden - die Mehrheit im MR und HR sind "freie" Bürger.

    Nope. Freie Bürger stellen im Mittelreich nur ein Drittel der Gesamtbevölkerung:


    "Freie werden auch einfach als Reichsbürger bezeichnet. Etwa jeder dritte Mittelreicher ist solch ein Reichsbürger, darunter fast alle Stadtbewohner und ein kleiner Teil der Bauern. Im Horasreich sind es etwas mehr Freie, in Andergast deutlich weniger." (geographica Aventurica S. 15)

    Ja, nur verwecheslt da was wichtiges:

    "Oder zwei Drittel der Gesamtbevölkerung des MR sind Unfrei. Diese Unfreiheit ist weder mit alanf. Sklaverei noch mit nornischer Leibeigneschaft zu verwechseln, da die Unfreien keinen Personen zu eigen sind, sondern eher zu etwas gehören, wie z.B. einem Dorf oder einem Hof. Wichtigstes Merkmal der U. ist die Rechtsunfähigkeit, die ihnen verbietet, Land und Gut zu besitzen. Unfreie sind verpflichtet, dort zu leben, wo ihr Schutzherr es ihnen befielht; der dafür - und ihre Arbeitskraft - deren Rechte nach besten Wissen wahrnimmt.

    ... ... Eine letzte, ehrnevolle Form der Unfreiheit sei die des Knappen geannt, der bis zum Ritterschlag ebenfalls der Schutzherrschaft seines Ritters unterwofen ist. (Land-der-Schlösser-Box, S.26f)

    Ja, freie Bauern (oder Bürger ) sind hingegen voll rechtsfähig, dürfen u..a eine Ehe eingehen.

    Nur seitwann benötig eine Schwangerschaft ne Ehe? Dennoch wichtig: Kinder von Unfreien unterstehen ebenfalls dem Schutzherrn, nicht ihren Eltern!

    "Im mittelaventurischen Recht meint dieser Begriff die Freizügigkeit, also das Recht, seinen Wohnort zu verlassen und selber einen anderen zu wählen, und das Waffenrecht, also die grundsätzliche Berechtigung, Waffen zu tragen und im Reichsheer zu kämpfen. Außerdem genießen Freie die unschätzbare Rechtsfähigkeit, das Recht, selber vor einem Gericht zu klagen, eine Ehe einzugehen, einer Gilde oder Zunft beizutreten oder auch nur Geldgeschäfte zu tätigen und Grund- und Hausbesitz zu erwerben. Freie werden auch einfach als Reichsbürger bezeichnet. Etwa jeder dritte Mittelreicher ist solch ein Reichsbürger, darunter fast alle Stadtbewohner und ein kleiner Teil der Bauern. Im Horasreich sind es etwas mehr Freie, in Andergast deutlich weniger." (Geographica Aventurica S. 15)


    "Unfreiheit: Rechtlich ist damit natürlich das Fehlen der oben genannten Rechte gemeint. Wie ein unmündiges Kind haben Unfreie daher einen Schutzherren, fast immer den örtlichen Baron, der sie gegen Feinde, Hunger und Not verteidigen, ihnen einen passenden Ehegatten aussuchen, für sie vor Gericht auftreten und ihnen eine Beschäftigung und Unterkunft zuweisen muss. Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass sie keine Waffen tragen und kein Land besitzen dürfen, dort leben müssen, wo der Schutzherr sie ansiedelt, und das tun, was er für sie bestimmt." (GA 15)

    Hm, interessant (und vom Thema weg), im RSH8 geht's ins Detail ... wann rutschte die bornl. Leibeignenschafts in Mittelreich? ;)

    Da hab ich irgendwann was nicht mitbekommen. ^^ Und wie verhält sich dies mit dem Traviaglauben?

    Der Schutzherr kann zwar entscheiden mit wem, wann und ob überhaupt oder den Bund bewilligen - aber erzwingen!?

    (Da steckt doch ein Gedankenfehler drinnen - ich stelle mir dies in der Traviamark vor ...)

    Wir kommen von Thema ab, aber wenn 2/3 der Bevölkerung Leibeigne sind, wie kann die Armee so "gross" sein?

    Wie kann nach jeder Katastrophe die Bevölkerung innerhalb weniger Jahre aufwachsen? Wieso hab ich das Gefühl das hier irdisch nicht aventurisch zu Ende gedacht wurde. Und deswegen solche irdischen Fragen nicht beantwortet wersen können.

    OK, Satis! Neues Thema muss her. Teilweise wird die Armee wohl wirklich aus den Reihen der Leibeigenen augestockt, wenn Not am Mensch ist. Die ist nicht überall gleich streng gehandhabt:

    "Die Grenzen zwischen Leibeigenen und Freibauern verschwimmen im Gebirge zunehmend und kein Baron käme angesichts der allenthalben drohenden Gefahren auf den Gedanken, seinen Untertanen das Tragen einer Waffe zu verbieten. Ähnlich verhält es sich mit den Jagdprivilegien, deren Einhaltung hierzulande weit offener gehandhabt wird als anderswo im Mittelreich. Wild ist zahlreich, und so duldet es der Adel meist stillschweigend, wenn die Bewohner der kleinen Dörfer und Waldbauernhöfe ihren Speisezettel mit Wildbret aufbessern." (Schild des Reiches S. 84)

    "Ein jeder Lehensnehmer hat die Pflicht, im Falle eines Krieges ein zuvor festgelegtes Quantum an Bewaffneten zur Verfügung zu stellen und dieses aus seinen eigenen Mitteln zu unterhalten. Er darf dazu in Übereinstimmung mit den ihm verliehenen Rechten seine Untertanen rekrutieren oder Söldner anheuern.[...]

    Die niederen Stände und die Unfreien haben nur dann das Recht, eine Waffe zu tragen, wenn ihnen dies durch ihren Herrn ausdrücklich gestattet ist, beispielsweise im Dienst einer Bauernmiliz zur Verteidigung einer Baronie oder als bewaffneter Schutz einer Warenlieferung. In diese Kategorien fallen auch die gemeinen Soldaten, die ihrem Waffen nur im Dienst ihres Herrn führen dürfen." (Aventurisches Arsenals S. 130)

  • Windweber 1. Juni 2021 um 09:30

    Hat das Label Universal hinzugefügt.
  • Aventurische Heere sind winzig, allerdings ist auch die Bevölkerungsdichte im Mittelreich eigentlich sehr gering (selbst für mittelalterliche Verhältnisse). Ich denke das passt ganz gut.

    Die einschränkenden Auswirkungen der Leibeigenschaft bzw. generell einer mittelalterlichen Gesellschaft werden von vielen Spielern wohl aus verschiedenen Gründen eher ignoriert, nur angeschnitten oder zumindest nicht konsequent ausgespielt, vielleicht auch weil man das bei generischem Fantasy auch eher weggelassen wird. Ist letztlich Geschmackssache wie man das machen will, ich finde das eigentlich ein spannendes Thema das es einem auch erlaubt tiefer in die Welt einzutauchen.

    Generell ist mein Eindruck das man das Mittelreich seit der G7 wieder mehr in einen mittelalterlichen Staat umgewandelt hat und viele Institutionen beseitigt oder geschwächt wurden. Das gefällt mir eigentlich ganz gut und passe mmn auch besser ins Gesamtbild.

  • Sehe ich ähnlich. Was mich aber etwas wundert ist, dass im Wege der Helden (also im DSA4.1-Heldenerstellungsband, für alle, die es nicht wissen) der Beschreibung des Leibeigentums im Mittelreich sehr viel Platz eingeräumt wurde:

    "Für viele Landbewohner ist das Leben in einer Stadt ein unerfüllter Traum, was nicht zuletzt an der Tatsache liegt, dass Stadtluft frei macht: Wer es schafft, ein Jahr und einen Tag in einer Stadt zu verbringen, der ist nicht mehr länger Leibeigener, sondern ein freier Mann bzw. eine freie Frau." (WdH 40)

    "Der überwiegende Teil der mittelländischen Landbevölkerung lebt als Leibeigene oder arme Pachtbauern. Wer aus der Schutzherrschaft seines Leibadligen flieht, tut gut daran, sich nie wieder in der Nähe des heimischen Hofes blicken zu lassen. Nur wenn ein Unfreier sich (verbotenerweise) für die Reichsarmee verpflichten lässt, ist er nach fünfjähriger Dienstzeit frei. Gleiches gilt für den Fall, dass er (das Einverständnis des Herrn vorausgesetzt) als Kind in die Obhut der Kirche oder eines gildenmagischen Lehrmeisters gegeben wird oder aber ein Jahr und einen Tag lang in einer Stadt lebt." (WdH 41)

    "Die überwiegende Mehrheit der Aventurier lebt auf dem Lande, und von diesen sind etwa im Mittelreich vier Fünftel Leibeigene, die einen Großteil dessen, was sie der Scholle abtrotzen, an den Lehnsherrn abführen oder gleich als Knecht oder Magd Dienst am Herrenhof tun." (Wege der Helden S. 145)

    "Unfrei (–5 GP): Der Held ist erkennbar unfrei, d.h. ein an seine Scholle gebundener Leibeigener (im Mittelreich, Bornland, Nostria und Andergast, teilweise im Horasreich) oder der Besitz einer Person oder Institution (sprich: ein Sklave; in den Südlichen Stadtstaaten bzw. im Tulamidenland). [...] Für klassische mittelländische Leibeigene ist es möglich, im späteren Spielverlauf diesen Nachteil durch den Aufenthalt in einer Stadt (‘ein Jahr und einen Tag’) und Investition von 500 AP abzubauen," (WdH 272)

    Es wirkt auf mich, als hätte man von Redaktionsseite damals einen wesentlich höheren Anteil von Held*innen mit Leibeigenen-Hintergrund (also nicht unbedingt, dass sie selbst Leibeigene sind, sondern auch freigelassen oder entkommen) erwartet, hat als man in den Foren allgemein findet.

  • Ich denke eher damit wollte man den "Sinn" von "Helden" wieder in den Fordergrund stellen, der bereits vor Borbarad und JdF wohl oft in Frage gestellt wurde. Trotzdem fehlt mir für dieses große Reich eine ausgebildete Armee, würden die Orks erneut losziehen, wer würde sie aufhalten können (wenn wir die Verluste seit Borbarad, JdF und der Befreiung Tobriens heranziehen) ?

    Warum erheben sich nicht die Liebeignen?

    Weil sie tiefgläubig sind und akteptieren das sie zu diesem Los geboren wurden.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Für all diese Fragen liefert das europäische Mittelalter mehr oder weniger anschaulich die Antworten ;).

    Eine Hintergrundgeschichte als entlaufener Leibeigener ist eigentlich von sich auch sehr spannend, ich denke das wird halt nicht genommen weil die meisten Spieler frei und unabhängig sein wollen - auch ein Grund weshalb überdurchschnittliche Heldenfamilien von Orks abgeschlachtet wurden.

  • Leibeigene im MR werdne selten verfolgt ... müssen aber mit harten Strafen rechnen, wenn sie zurückkommen.

    Das irdische Mittelalter hatte nur einen (stummen) Gott - die Aventurier kennen über ZWÖLF, jeder weiß das es sie wirklich gibt.

    Zwar wird es ausgelegt das Praios dem Adel die Herrschaft über den Nichtadel "schenkt", aber in einigen Ecken wie Weiden hört man eher auf Rondra, um Ochsenwasser stärker uaf Travia ... und überall gibt es Leibeigenschaften ...? Dabei gelten doch die Gebote der Götter vor dne weltlichen Gestzen ... müßte sich da der Schutzherr nicht vor den Willen Travias beugen (wie es in einer frechen Kurzgeschichte passierte) ?

    Hier trifft - erneut- irdisch-heutiges Denken auf aventurischen "Realismus" ... und das funktioniert nicht fehlerfrei.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Zwar wird es ausgelegt das Praios dem Adel die Herrschaft über den Nichtadel "schenkt", aber in einigen Ecken wie Weiden hört man eher auf Rondra, um Ochsenwasser stärker uaf Travia ... und überall gibt es Leibeigenschaften ...? Dabei gelten doch die Gebote der Götter vor dne weltlichen Gestzen ... müßte sich da der Schutzherr nicht vor den Willen Travias beugen (wie es in einer frechen Kurzgeschichte passierte) ?

    Gerade die Travia-Kirche ist eine wichtige Stütze (und kein Gegner) dieses Systems. Ebenso die Rondra-Kirche. Ein paar Textstellen zur Leibeigenschaft in den Augen der Kirchen:

    "Es entspricht nicht den zwölfgöttlichen Tugenden, unprovoziert Kinder, Invalide , Alte und andere Wehrlose anzugreifen. Hier ist allerdings die Grauzone sehr groß. Denn während die Ausbeutung Schwächerer offensichtlich toleriert wird (viele zwölfgöttertreue Länder kennen Sklaverei oder Leibeigenschaft), wäre das grundlose Abschlachten der eigenen Sklaven ohne Zweifel ein Frevel. Andererseits handelt ein Adliger im Rahmen der göttlichen Ordnung, wenn er seine Untertanen erheblich auspresst und gegebenenfalls auch hart bestraft. Denn immerhin bietet er ihnen dennoch einen gewissen Schutz. Erst wenn er sie regelrecht ausbluten lässt und sein Verhalten durchaus dämonischen Prinzipien wie Blutdurst, Grausamkeit oder grenzenloser Habgier zuzurechnen ist, wendet sich selbst die Kirche des Praios gegen solche missratene Herrschaft." (Wege der Götter S. 24)

    "Jede Kirche hat ihre ganz eigenen Vorstellungen von ehren- und frevelhaftem Verhalten. Und nicht selten sind diese untereinander widersprüchlich: So ist der Aufbruch eines Bauern in die weite Welt für den Aves-Geweihten eine lobenswerte Tat, für den Travia-Geweihten hingegen vielmehr verantwortungslos oder anrüchig, wenn nicht gar grober Ungehorsam, soweit es sich um einen Leibeigenen handelt." (WdG 23)

    "In den Augen der meisten zwölfgöttergläubigen Aventurier haben alle Wesen den Platz im Leben inne, den ihnen die Götter zugewiesen haben. Der Kaiser des Neuen Reiches ist also genauso von Praios erwählt zu herrschen, wie die Bäuerin auf der Scholle von den Göttern bestimmt wurde, das Feld zu bestellen. Ein Ausbrechen aus der Lebenssituation ist also nicht nur ein Verstoß gegen weltliche Gesetze, sondern wird auch von vielen Kirchen als Affront gesehen. [...] Die Leibeigenen sind im Feudalsystem vor allem durch ihren Lehnsherrn vor Willkür und Rechtlosigkeit geschützt Eine leibeigene Bäuerin, die an das Land ihres Herrn gebunden ist, hat also mehr Rechte und einen sichereren Status als die ‘Fahrenden’ und die umherziehenden Glücksritter und Söldner." (WdG 21)

    "Besonders die Phex- und die Hesinde-Kirche regen natürlich eine Persönlichkeitsentwicklung und Ausbildung von Wissen an, während die Nandus-Kirche (und zumindest im Bereich der freien Wahl der Entscheidung die Aves-Kirche) auch die Bauern und einfachen Bürger zum Lesen, Schreiben und schließlich zum Denken bewegen will - und daher immer wieder in Konflikt mit dem Adel und konservativen Kirchenkreisen gerät. Die Kirchen von Efferd, Tsa und Rahja legen ebenfalls viel Wert auf das Recht jedes Menschen auf eine eigene Meinung. Vermutlich aber werden letzten Endes nur Tsa- oder Aves-Priester versuchen, Leibeigene davon zu überzeugen, die Sicherheit eines Lebens in Knechtschaft gegen die Unsicherheit der weiten Straße einzutauschen. Dagegen stehen die außerordentlich konservativen Kirchen des Praios, der Rondra, Travia, des Firun, der Peraine und des Ingerimm, die das zyklische Leben mit sozialer Sicherheit in der Gesellschaft predigen und Ausnahmen nur für von den Göttern Gesegnete gelten lassen." (ebd.)

    "Der Adel begrüßt es, dass die Travia-Kirche die Armen ruhig hält und nicht aufwiegelt." (WdG 67)

  • Der oberste Aventurische Gott steht doch gerade für die Praiosgefällige Ordnung zu der auch die Leibeigenschaft gehört. Im Endeffekt mehr oder weniger wie im Mittelalter in welchen die Monarchen auch „von Gottes Gnaden“ an der Spitze der Vasallenstruktur standen. Auch die Wechselwirkungen von weltlicher und kirchlicher Herrschsft sind ähnlich. Das passt alles nach dem Vorbild der MA wunderbar zusammen.


    Tatsächlich ist an einem Feudalsystem ja per se nichts schlechtes, dazu können wir davon ausgehen das durch die direktere Greifbarkeit der Götter und ihres Wirkens dieses auch mehr oder weniger idealisiert funktioniert. Wobei man natürlich sagen muss das für die mittelalterliche Bevölkerung ein strafender Gott, Wunder und dergleichen auch Real(er) und greifbar(er) waren als für uns heute.

    Wer will schon in einer chaotischen Dämokratie leben ;).

  • Wenn ich mal Zeit finde blättere ich in den Vadenecums.

    Im irsischen MA gab es nur einen Gott, auf den der Klerus und Adel zitierten und ihre Machtansprüche aufbauten; in Aventurien haben wir 12 -angeblich- gleichwertige Götter. Und das anderswo, u.a. Aranien, es auch anders geht. In Thorwal konnte Praios nie Fuss fassen, aber auch Albernia steht Efferd näher als Praios, trotzdem untersteht es dem weltlichen Adelssystem.

    Dies zeigt eher wie gut Rauls Trennung zwischen weltlicher und religiöser Herrschaft bis heute funktioniert!

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Der Adel und die Kirchen sind ja auch nicht eins, sondern bestehen mit Verflechtungen nebeneinander - wie im MA. In Thorwal dürfte es btw auch nur oder überwiegend Freibauern geben...

    Ob Praios eine Feudalordnung tatsächlich bevorzugt oder ob er einfach nur irgendeine Ordnung haben will ist ja OT gesehen durchaus offen. Solange es funktioniert macht es für die allermeisten Götter keinen grundsätzlichen Unterschied ob ihre Anhänger in einem Kaiserreich, einer Demokratie oder einer Diktatur leben. Von daher sehe ich auch nicht weshalb das Vorhandensein der Götter gegen ein Feudalsystem mit Leibeigenen sprechen sollte, zumal Praios als auch Rondra als zwei der weltlich einflussreichsten Kirchen das aktiv stützen.

    Man darf nicht unsere heutigen Moralvorstellungen zugrunde legen und auch nicht davon ausgehen das die Götter ja dessen Sinne „Gut“ sind.

  • "In weiten Teilen Aventuriens herrscht der Glaube an das zwölfgöttliche Pantheon in verschiedenen Spielarten vor. Diese Regionen reichen vom Norden (Bornland, Svelltland, Nostria und Andergast) über Zentralaventurien (Mittelreich, Horasreich, Tulamidenlande) bis in den Süden (südlichen Stadtstaaten). Während die Gesellschaft in den nördlichen Regionen (mit Ausnahme Thorwals und des Svelltlands) meist als Feudalgesellschaft in Stände gegliedert und die Leibeigenschaft der ländlichen Bevölkerung üblich ist, wird in den eher tulamidisch geprägten südlichen Bereichen die Sklaverei praktiziert." (WdG 20)

    Diese Stelle könnte man vielleicht sogar derart missverstehen, dass es im Mittelreich, Horasreich und den Tulamidenlanden weder Sklaverei noch Leibeigenschaft gibt, da er Aventurien zunchächs in drei, dann aber in zwei Teile teilt. :/ Aber ja: Thorwal hat keine Leibeigenschaft. Lediglich in Neu-Hjaldingard gibt es eine Form von Zwangsarbeit: Die Treller. Diese Institution ist aber streng zeitlich begrenzt und die Treller werden deutlich besser behandelt als die meisten Leibeigenen oder Sklaven. Und für die meisten Thorwaler ist selbst das seltsam.

  • Und dürften eine Neusetzung sein; für ein Volk das jede Art von Sklaverei ablehnt.

    Im MA gingen Klerus und Kaiserrum Hand in Hand, ohne diese Zusammenarbeit wäre Kaiser Karl kaum möglich gewesen.

    So etwas gibt es beinahe nur in AlAnfa.

    Ansonsten halten sich die Kirchen aus weltlichen Entscheidungen heraus. Im MA dagegen war der Adel lange vom Klerus abhängig, Klosterschulen etc.

    Da sehe ich die Trennung unter Raul deutlicher.

    Kommen wir zum Problem: Wieviel vom Hintergrund ist in Abenteuern wiederzufinden ... wenn es nicht gerade abenteuerrelevant ist so gut wie gar nicht. Deswegen war ich über die Leibeigenen im MR so überrascht.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Hm, interessant (und vom Thema weg), im RSH8 geht's ins Detail ... wann rutschte die bornl. Leibeignenschafts in Mittelreich? ;)

    Da hab ich irgendwann was nicht mitbekommen. ^^ Und wie verhält sich dies mit dem Traviaglauben?

    [...]

    In Aventurien- Völker, Mythen, Kreaturen aus dem DSA1 Ausbauset steht im Bezug auf das Mittelreich sogar noch was von Sklaverei...und das ist afaik die erste offizielle Aventurienbeschreibung:

    Das Mittelreich ist ein Agrarstaat. Etwa achtzig Prozent der

    Bevölkerung arbeitet auf dem Lande und produzieren gerade

    genug, um sich, den Landadel und die Einwohner der im

    Mittelreich vergleichsweise häufigen Städte zu ernähren. Die

    wichtigste soziale Einheit der Landbevölkerung ist die Familie,

    in der bis zu vier Generationen gemeinsam leben und

    arbeiten. Das Leben der aventurischen Bauern ist hart, und

    große Reichtümer sind nicht zu erwerben, denn viele Belastungen

    lasten schwer auf ihnen.

    Das Gesellschaftssystem des Mittelreiches unterteilt die niederen

    Schichten der Bevölkerung (Bauern und Handwerker)

    in drei große Gruppen. An der untersten Stufe der sozialen

    Leiter befinden sich die Sklaven, deren Besitz nach geltendem

    Recht zwar verboten ist, die aber praktisch ein wichtiger

    Faktor im Leben Aventuriens sind. Trotz ihrer Rechtlosigkeit

    führen diese Sklaven, die hauptsächlich von reichen Kaufleuten

    und Adligen als Hausbedienstete gehalten werden, meistens

    ein Leben, von dem die eigentlich höhergestellte Bevölkerungsschicht

    der Leibeigenen nur träumen kann. Zwar ist

    Sklaven nach den herrschenden Gebräuchen jeder persönliche

    Besitz verwehrt, aber ihre Herren sorgen durchweg gut

    für ihren lebenden Besitz und stellen ihm ausreichend Nahrung

    und Kleidung zur Verfügung. Zwar laufen die Sklaven

    immer Gefahr, bei einem Fehler gepeitscht oder gar getötet

    zu werden, aber viel anders ist die Situation der Leibeigenen

    auch nicht, und zumindest entgehen die Sklaven dem langsamen

    Ausbluten durch Steuern und andere Abgaben.

    Leibeigene sind Bauern, die an ein bestimmtes Stück Land gebunden

    sind, das sie nur mit ausdrücklicher Genehmigung

    ihres Lehnsherrn verlassen dürfen. Im täglichen Leben verläuft

    die Existenz des typischen Leibeigenen hart am Rande

    des Bettlerstandes. Nicht nur ist er verpflichtet, zwei Tage in

    der Woche auf den Gütern seines Herrn zu arbeiten – was

    seinem eigenen kleinen Acker gewiß nichts nützt; dazu kommen

    noch die Abgaben, die er von seiner kargen Ernte zahlen

    muß: 50 Prozent an den Lehnsherrn und 10 Prozent an die

    Priesterschaft seines Gottes, der von seinem Herrn für ihn

    bestimmt wird.

    Die verbleibenden vierzig Prozent der Ernte sind kaum genug,

    die im allgemeinen sehr kinderreichen Bauernfamilien durchzubringen.

    Daher ist nicht nur die Kindersterblichkeit in diesem

    Stand recht hoch, es erreichen auch immer häufiger Berichte

    die Gelehrten, nach denen leibeigene Bauern gezwungen sind,

    ihre Kinder in die Sklaverei zu verkaufen. Ob diese Berichte

    auch bei der kaiserlichen Bürokratie eingehen, ist nicht festzustellen;

    Maßnahmen werden jedenfalls keine ergriffen....( S30, Aventurien- Völker, Mythen, Kreaturen)

    Edith meint, da steht sogar noch was von hoher Kindersterblichkeit..da gabs noch keine heilkräftige Luft

  • Argh ... jetzt kommst du mit antiken Porzellan. Kaum etwas von 1985 hat die folgenden Jahren überlebt, oder nicht genau in dem hesindegefälligen Wortlaut.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Pfff, zeigt mir ein Abenteuer oder Roman, wo erkennbar ist das über die Hälfte der Bevölkerung aus Leibeignen bestehen soll.
    Ja, Bauern ... kenne ich als Kind aus der fränkischen Schweiz ... ^^

    Das muß wirklich ein Thema sein das ich gezielt überlesen (wollte); so steht schon im Lexikon auf der ganzen Seite 158f (- 1/4 Bild vom Sklavenmakrt zu Fasar) etwas dazu. Hier gehört die L. zur Herrschaftsstruktur der nördl. aventurischen Reiche: MR, Bornland, Nostria/Andergast.

    Huh, die L. geht auf die Besielung durch den Güldenländer zurück, als Aventurien noch eine Strafkolonie (für Schwerverbrecher) war.

    Im Bosp. Reich sahen sich manche Freie gezwungen sich einem Adligen unteruordnen, weil sie ihre Pflichten nicht mehr erfüllen/bezahlen konnten., u.a. Kriegsabgaben.

    Der L. unterliegt der Erbuntertänigkeit. Als Besitzgut kann der Adlige jeden seiner "Unfreien" frei veräußern, verheiraten, verkaufen oder deportieren. So geschehne bei der Besidelung des Bornlandes durch die Theaterritter. Die Freilassung eines L. ist nicht überall erlaubt, spziell Bornland, dank der Adelsversammlung 156 vor Hal.

    Pflicbten des Adels: Gebieten ihm, den Hörigen seinen Schutz, eine Gerichtsbarkeit und dne für ihren Lebensunterhalt notwendigen Anteil am bewirtsch. Besitz zu erlassen. Eine besondere Art der "Fürsorge", u.a. auch an einigen Orten im MR, ist das "Recht der ersten Nacht"; hierbei ersetzt der Adlige den Ehemann /frau in der Hochzeitsnacht. Nett.

    Sobald ein L. seinem Herrn der Rücken kehrt gitl er/sie als vogelfrei! Wem es nicht gelingt ein Jahr in einer Stadt durchzzuhalten, und so ein frier Bürger ird, rottet sich zu Banden - wie die Walsachpiraten - zusammen.

    Nur der Adel darf L. "besitzen", bei Sklaven (aus dem achazischen Zhlaah Vrehhg = kleiner nackter Deiner) kann jeder sich einen kaufen.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • "Recht der ersten Nacht"

    Das ist so eins von den Dingen, wo ich mich frage, was die Autoren da gerade geraucht hatten.

    Zwei Leibeigene heiraten, der Eid wird karmal gesegnet (glaube, der gewöhnliche Eidsegen hält auch ein Jahr oder so, aber ganz sicherlich bis zur Hochzeitsnacht ...) der Adlige vergewaltigt die Frau (oder den Mann, je nach Vorliebe ...), wer kriegt das Mal des Frevlers für den Bruch des Traviabunds? Tja, ich würde sagen, fairerweise dann ja wohl der Adlige.

    Jetzt könnte man sagen: "Dann werden die Ehen von Leibeigenen eben nicht karmal gesegnet" ... kann man machen, aber ob die Traviakirche das so lustig findet, wenn man ihr sagt, sie soll gefälligst keine Leibeigenenehen segnen, damit der Herr beim Vergewaltigen kein Mal des Frevlers kassiert?

    Entweder Aventurien ist anders als in den Büchern beschrieben, oder es laufen seeehr viele Leute mit einem Mal des Frevlers rum. Da man das den Leuten ja nicht ansieht, ist das natürlich durchaus möglich.

    Ob das allerdings die Absicht der Autoren war?

  • Zitat von "Der Inquisitor", S.13 Kasten rechts

    Ein 'ius primaenocüs', also das Recht der ersten Nacht nach der Eheschließung, gibt es in Aventurien nicht (außer vielleicht in einigen hinterwäldlerischen Gegenden des Bornlandes).

  • Möglich das erneut etwas aus dem sogenannten MA aufgegriffen wurde und ohne aventurisch zu denken eingefügt wurde.

    Das MA kann nur für die Menschen, Rittertum, etc. herangezogen werden.

    Und da Aventurien sich weit im Spätma befindet, sind MA völlig haltlos.

    Was die erste Nacht angeht, bereits zum Zeitpunkt des Textes eine Seltenheit - und sagt viel über den Schutzherrn aus.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Windweber 4. Juni 2021 um 08:55

    Hat den Titel des Themas von „Leibeigenschaft im Mittelreich“ zu „Leibeigenschaft im Mittelreich und andernorts“ geändert.
  • "Immer wieder einmal wird über das den Bronnjaren angeblich seit alters her zustehende 'Recht der ersten Nacht' geraunt. Meist aber wissen die Travia- und Peraine-Geweihten ein solches Sinnen abzuwehren. (Andererseits: Wann immer der Graf ein Auge auf die Stallmagd wirft oder die Barnonin Gefallen am Pferdeknecht findet - wer würde sie daran hindern können und wollen?" (Land des schwarzen Bären S. 42)

    Schon interessant, zu sehen, wie verschieden dies doch dargestellt wird, ohne einfach eine Darstellung zu unterlassen und diesen Quatsch aus den Hintergrundbeschreibungen zu streichen. Sexuelle Gewalt und sexueller Zwang sind in Aventurien doch ganz klar etwas Böses. Gut, es gibt den Gott Levthan und die Hexen mit ihrem Levthans Feuer, aber die folgen ihrer eigenen Moral. Und wo ist die Rondra-Kirche hier? Wo ist da der Schutz der Schwachen?