Die einsame Kunst des Spielleitens

  • Ich kenne das Problem nur zu gut. Ich habe einen Spieler in der Gruppe, mit dem ich bei der Vorbereitung kollaboriere, das hilft schon mal ziemlich. Man erzählt nicht die ganze Story im Voraus natürlich, aber gerade bei der Erstellung von mechanischeren Elementen (Kampf-/Encounterdesign), wo das Problem mit den Lösungswegen auftritt, ist es enorm hilfreich.

  • Denn die einzelnen Spieler bereiten sich mittlerweile auch auf ein neues Abenteuer vor und sind während der Vorbereitungen im regen Kontakt mit dem Meister. So fühlt man dich nicht mehr so "alleine". Wir haben es verstanden eine Symbiose daraus zu machen.

    Geht das über Hintergrundgeschichte schreiben und Hinweise zur Charaktererstellung geben hinaus? Magst du da Beispiele nennen?

    Ob es über Hintergrundgeschichte und Hinweise zu Charaktererstellung hinaus geht? Hmmm ... Jein.

    Gerne mag ich Beispiele nennen.

    Da ich bei manchen Abenteuern (offizieller Plot ; aber auch mit einem selbstgeschriebenem Teil - Nebenplot oder Szenario) einen Helden vorher einen kleinen Happen Hintergrundinformation vorher zukommen lasse, bringt sich dieser mit eigenen Ideen und kreativen Szenen vor Beginn der Spieleabende ein. "So, lieber Held, ich verrate dir, dass wir ein Abenteuer im Bornland spielen werden. Vielleicht magst du dich ja gezielt darauf vorbereiten?" ODER "Wir werden auf Hexen stoßen und du solltest dir Gedanken dazu machen, wie dein Praiosgeweihter darauf reagiert." (Dem einen oder anderen gefällt es, wenn er auf eine solche schwere Situation nicht spontan reagieren muss ..."

    Und alle anderen Helden, sobald wir den Meisterwechsel haben, kommen sowieso auf mich zu, um ihre Hintergrundgeschichte aufzufrischen bzw. mir Angebote und Vorschläge zur weiteren Gestaltung ihres Helden zu machen. "Ich würde gerne diese Liturgie oder diesen Zauber lernen. Ist es möglich, dass du es in dein Abenteuer mit einwebst?" ODER "Ich möchte mir gerne meine Rüstung aufwerten. Haben wir dafür Zeit oder wirst du einen Meisterschmied erscheinen lassen?" Oft bleibt auf diese Fragen natürlich nur ein meisterlich, süffisantes Grinsen die einzige Antwort ... jedoch habe ich über die Jahre gelernt, dass ich gerne gebe, da ich selbst auch gerne fordere und nehme. Ich bin ein gönnender Meister, damit meine Helden nicht zu oft den meisterlichen "Würfeldreher" benötigen, sondern durch ihre Stärken, Artefakte etc. selbst die Aufgaben lösen ...

    Gesandter der Götter, Sohn des Jenseits, Bewahrer der Vergangenheit, Herr der Gegenwart und Herausforderer der Zukunft

  • Als ich einmal mit einem Spieler an der Entwicklung seiner Anfänger-SC beraten wollte, entstand zugleich der Hintergrund, und dieser brachte mich auf eine Idee, um eines kleines Abenteuer um sein Heimatdorf.

    Das geht aber nur wenn der SL sich mit dme Hintergrund der SCs rechtzeitig beschäftigt.

    Ich bin es übrigens nicht gewohnt, das jeder Spieler seinen SC fertig mitbringt, das war "immer" Gruppenarbeit, wo u.a. Ideen ausgetauscht und die Gruppe prakitsch vorbereitet wurde. Zudem kann sich der SL schon mal einen ersten Eindruck der Gruppenstärken machen etc.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Freiheiten und Zusammenarbeit bei der Heldenerschaffung sind hier doch nicht das Thema oder sehe ich das falsch?

    Du kannst keine Informationen herausgeben, wenn du den "einsamen" Teil des Meisters nicht zumindest in Teilen bereits bewältigt hast.

    Es geht dem Fadenersteller doch um den Teil bei dem kein Spieler etwas zu sagen oder zu wissen haben sollte, da es sonst Spannung und Überraschung verdirbt.

    Wie sehr sich Spieler gerne "spoilern" lassen mag ihnen überlassen sein.

    Aber an den Punkt zu wissen was du als Meister spoilern kannst, musst du ja auch erstmal gelangen.

    Nerdismus trifft auf Boomer trifft auf Flachwitz-Humor

    Ergebnis 'Ich'

  • Richtig, aber der SL erschafft ja ganz Aventurien, nicht nur das Abenteuer, und niemand kann voraussehen was die Spieler alles machen oder nciht machen. Aber vielleicht sehe ich diesen "Erzählvorgang", denn was anderes ist ein Abenteuer ja eigentlich nicht, anders, weil ich jahrelang schreibe - auch alleine. Das ist die gleiche Situation, den erst durch die Leser erfahre ich, ob der Stoff was taugt. Oder ein Koch ...

    Es läßt sich nicht ändern - und ich bin lieber Spieler, weil ich mich da völlig auf meine Figur konzentrieren kann, als der "Babysitter" der Helden und der Rest der Welt. Und ja, als ich mit dem meistern anfing (mußte), da ärgerte ich mich auch das die Spieler etwas übersahne oder anders machten. Aber man muß -mit der Zeit- lernen damit umzugehen, oder es lassen. Es gibt keinen anderen Weg ... außer jemand ist bereits auch regelmäßig diesen Part zu übernehmen (Hat aber auch Spoiler-Nachteile.)

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

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    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Nur mal kurz zum Thema "Spoilern": Es ist überhaupt nicht notwendig, dass es zwischen Spielleitung und Spielende ein großartiges Informationsgefälle gibt. Es gibt z.B. Mechaniken wie Compels in Fate oder Devil's Bargains in Blades in the Dark, die die Spielenden benutzen können, um Probleme und Komplikationen einzuführen. Und nach meinen Beobachtungen lieben Spieler_innen es, Probleme einzuführen, von denen sie zwar wissen, aber ihre Charaktere nicht. Diese Art von Offenheit kann man auch als SL praktizieren. Echt. Im Ernst.

  • Aber das sind doch nur kurzfristige Hindernisse in genau der Situation, dass hat doch mit dem Thema nichts zu tun. Das man in einer konkreten Aktion bzw. in oder nach einer Probe oder zum Beispiel einem Patzer gemeinsam schauen kann "hmmm, was bedeutet das jetzt genau?" hat doch nichts damit zu tun das der SL sich zuallererst mal ganz allein das Abenteuer ins Hirn schaffen muss.

  • Aber das sind doch nur kurzfristige Hindernisse in genau der Situation,

    Nein.

    das der SL sich zuallererst mal ganz allein das Abenteuer ins Hirn schaffen muss.

    Nein. Okay, hier mal nicht so einsilbig: Du musst nichts vorbereiten. Schon gar nicht "ein Abenteuer". Und wenn du etwas vorbereitest, musst du das nicht zwingend geheim halten.

  • Nur mal kurz zum Thema "Spoilern": Es ist überhaupt nicht notwendig, dass es zwischen Spielleitung und Spielende ein großartiges Informationsgefälle gibt. Es gibt z.B. Mechaniken wie Compels in Fate oder Devil's Bargains in Blades in the Dark, die die Spielenden benutzen können, um Probleme und Komplikationen einzuführen. Und nach meinen Beobachtungen lieben Spieler_innen es, Probleme einzuführen, von denen sie zwar wissen, aber ihre Charaktere nicht. Diese Art von Offenheit kann man auch als SL praktizieren. Echt. Im Ernst.

    Ja kann man, braucht man aber die richtige Gruppe für. Wie bei allen hier angesprochen Zufallsmechaniken, die offen mit der Spielerschaft kommuniziert werden können.

    Die eine Gruppe mag es sowas vorher zu wissen, die andere Gruppe möchte lieber in die Komplikationen rein stolpern, ohne zu wissen ob dies nun wichtig ist oder nur ein Zufall der sie getroffen hat. (Nicht das der Zufall dann nicht wichtig werden kann.)

    Aber das sind doch nur kurzfristige Hindernisse in genau der Situation,

    Nein.

    das der SL sich zuallererst mal ganz allein das Abenteuer ins Hirn schaffen muss.

    Nein. Okay, hier mal nicht so einsilbig: Du musst nichts vorbereiten. Schon gar nicht "ein Abenteuer". Und wenn du etwas vorbereitest, musst du das nicht zwingend geheim halten.

    Da sich dieser Faden immer noch auf DSA bezieht würde ich da widersprechen.

    Fate oder auch Forbidden Lands sind im gesamten System darauf ausgelegt, das sich der Plot selber schreiben kann. DSA würde die Helden verbrennen wie ein Paktierer seine Jungfrauen. In einer lebendigen vorgefertigten Welt ist eine solche Umsetzung mit noch mehr Aufwand verbunden als die Vorbereitung einer Kampagne.

    Und wie oben schon gesagt es hängt vom Gruppenkonsens ab, wie man an die Vorbereitungen heran geht.

    Wenn die Spieler eine wunderbare vorbereitete Kampange erleben möchten, verlieren sie den Spaß am Spiel, wenn der Meister sie in jede Entscheidung und Zufallsbegegnung mit einbeziehen möchte.

    Nerdismus trifft auf Boomer trifft auf Flachwitz-Humor

    Ergebnis 'Ich'

  • DSA würde die Helden verbrennen wie ein Paktierer seine Jungfrauen. In einer lebendigen vorgefertigten Welt ist eine solche Umsetzung mit noch mehr Aufwand verbunden als die Vorbereitung einer Kampagne.

    DSA ist lange Zeit (auch) als Low-Prep-Spiel ohne umständliche Ausarbeitungen gespielt worden. Sogar von Redakteur_innen. Lies einfach mal die Kommentare von Thomas Römer im WdM. Viele Leute aus der "Old School" machen das bis heute so.

    In einer lebendigen vorgefertigten Welt ist eine solche Umsetzung mit noch mehr Aufwand verbunden als die Vorbereitung einer Kampagne.

    Weshalb?

    Und wie oben schon gesagt es hängt vom Gruppenkonsens ab, wie man an die Vorbereitungen heran geht.

    Nein, tatsächlich nicht. Das ist eine der Sachen, die die SL einfach diktieren kann, weil sie es ist, die sich die Arbeit macht. Take it or leave it.

  • DSA würde die Helden verbrennen wie ein Paktierer seine Jungfrauen. In einer lebendigen vorgefertigten Welt ist eine solche Umsetzung mit noch mehr Aufwand verbunden als die Vorbereitung einer Kampagne.

    DSA ist lange Zeit (auch) als Low-Prep-Spiel ohne umständliche Ausarbeitungen gespielt worden. Sogar von Redakteur_innen. Lies einfach mal die Kommentare von Thomas Römer im WdM. Viele Leute aus der "Old School" machen das bis heute so.

    Das nimmt keinen Bezug zu dem was ich geschrieben habe.

    Ja DSA ist sogar bis heute noch ein Low-Prep P&P, dass liegt aber schon immer daran das die offiziellen Abenteuer dem Meister sehr viel Vorbereitung abnehmen. Das war schon zu DSA1 Zeiten der Fall.

    Aber das was du draus machen möchtest würde das für den jeweiligen Meister ändern. Und damit kontraproduktiv in meinen Augen.

    In einer lebendigen vorgefertigten Welt ist eine solche Umsetzung mit noch mehr Aufwand verbunden als die Vorbereitung einer Kampagne.

    Weshalb?

    Weil du ein wenig Kampangen Vorbereitung durch ein hohes Maß an Nachbereitung ersetzen würdest, würdest du mit völlig offenem Plot spielen.

    Glaube es mir, ich hab es 12 Jahre lang mit DSA gemacht...

    Wenn du es dem Zufall und dem Spiel am Abend die Entwicklung von Plot überlässt, schreibst du früher oder später einen völlig neuen Hintergrund, wie du an diesem kleinen Ausschnitt sehen kannst kann sich durch Zufall jede Menge verändern und du als Meister bist dann nunmal für die Auswirkungen verantwortlich. Da ist DSA nicht für geschaffen.

    Und wie oben schon gesagt es hängt vom Gruppenkonsens ab, wie man an die Vorbereitungen heran geht.

    Nein, tatsächlich nicht. Das ist eine der Sachen, die die SL einfach diktieren kann, weil sie es ist, die sich die Arbeit macht. Take it or leave it.

    Kann er, da hast du völlig Recht. Ist seine Spielerschaft von dieser Diktatur jedoch nicht angetan, sucht er sich früher oder später neue Spieler, da die alten einfach abgesprungen sind. Ist immer noch nur ein Hobby und kein Spieler würde in einer Gruppe verbleiben, in dem das spielen keinen Spaß macht.

    Nerdismus trifft auf Boomer trifft auf Flachwitz-Humor

    Ergebnis 'Ich'

  • Sturmkind

    Du wirfst da wild Sachen durcheinander, die nur sehr bedingt etwas miteinander zu tun haben.

    1. Low-Prep ist etwas anderes als "völlig offener Plot."

    2. "Völlig offener Plot" ist etwas anderes als Sandbox.

    3. Sandbox ist etwas anderes als "anything goes" und auch als "you can go anywhere".

    Kurz zum Punkt "offener Plot": Der OP sprach von seinen Erlebnissen beim Gestalten eigener Abenteuer. "Ergebnisoffenes Spiel" vs. "offiziellem Plot folgen" ist keine Debatte, die hier etwas zu suchen hat.

    Zum Punkt "Sandbox": Ich weiß nicht, wie du deine Sandbox gestaltet hast, das ist hier auch nicht Thema, aber bei einer Sandbox sind Reduktion und Fokus wichtig. Das betrifft übrigens auch die Nachbereitung. Wenn du unbedingt alles tracken willst, okay. Aber diesen Aufwand hast du dir gemacht, weil du es wolltest, und nicht, weil du es musstest.

    Zurück zum Thema: Es ging hier um zwei Dinge, die den OP stören. Nämlich zum einen, dass er glaubt, dass er viel alleine vorbereiten muss. Und zum anderen, dass er das Gefühl hat seine Vorbereitungen geheim halten zu müssen. Meine Argumente waren:

    Erstens, die SL muss wenig bis gar nichts vorbereiten. Beleg: Spielpraktiken von DSA-Redakteur_innen. Eigene Erfahrungen.

    Zweitens, man kann mit seinen Spieler_innen vollkommen offen sein. Beleg: Eigene Erfahrungen mit Spielen, in denen es diese Informations-Asymmetrie nicht bzw. nicht in dieser extremen Form gibt.

    Ich warte weiterhin auf Gegenargumente, die anders aussehen als "Bei DSA geht das halt irgendwie nicht." oder "Das kommt auf die Gruppe an." Weniger Allgemeinplätze und mehr Spezifika, bitte!

    Kaufabenteuer nehmen einem eigentlich ziemlich wenig ab. Anstatt dir etwas Eigenes auszudenken, musst du dir beim Kaufabenteuer fremde Ideen und Materialien aneignen und versuchen, nachzuvollziehen, wie das alles gedacht war. Das ist überhaupt nicht weniger Arbeit! Und auf die Gruppe musst du es trotzdem noch anpassen. Das Standard-DSA-Kaufabenteuer ist mit seinen sehr kleinteiligen Setzungen und festgelegten Szenenabfolgen auch das Gegenteil von Low-Prep, wo du dir genau diese Dinge sparst.

    Und wenn du meine eigenen Erfahrungen hören möchtest: Wenn ich ein Kaufabenteuer leiten will, dann lese ich es mir zuerst durch. Dann zerlege ich es in seine Elemente. Von denen werfe ich dann ca. die Hälfte weg. Aus dem Rest baue ich dann etwas zusammen, was zu meiner Gruppe passt. Allein der Kürzungsprozess dauert dabei meistens erheblich länger als das Design eines eigenen Szenarios.

    Einmal editiert, zuletzt von weltanschauer (17. Mai 2021 um 23:28)

  • Es ging hier um zwei Dinge, die den OP stören. Nämlich zum einen, dass er glaubt, dass er viel vorbereiten muss. Und zum anderen, dass er das Gefühl hat seine Vorbereitungen geheim halten zu müssen.

    Ich möchte das kurz etwas richtigstellen:

    Ich weiß, dass ich nicht viel vorbereiten muss. Ich habe auch schon mit ganz wenig Vorbereitung und 90% Improvisation gemeistert und ich habe auch Abenteuer schon sandboxartig vorbereitet und geleitet. Beides macht mir Spaß, aber eben auch das intensive Vorbereiten eines plotgetriebenen Abenteuers. Wir als Gruppe haben uns gerade auf diese Art von Spielweise geeinigt, die für uns alle eine neue Erfahrung sein wird. Und für mich ist das Neue eben, mich vor Beginn intensiv mit dem Abenteuer zu beschäftigen und gleichzeitig nur wenig mit meinen Spieler:innen teilen zu können. Diese wollen die Geschichte miterleben und daher vorher möglichst nicht mehr Informationen als ihre Charaktere. (Das finde ich völlig legitim.)

    Aber an den Punkt zu wissen was du als Meister spoilern kannst, musst du ja auch erstmal gelangen.

    Ja, das ist auch ein Aspekt, der mich in dem Zusammenhang beschäftigt.

    Und ja, als ich mit dem meistern anfing (mußte), da ärgerte ich mich auch das die Spieler etwas übersahne oder anders machten. Aber man muß -mit der Zeit- lernen damit umzugehen, oder es lassen.

    Damit habe ich gar kein Problem, das ist halt so beim Meistern. Aber ich habe dann schon das Bedürfnis, diese im Nachhinein (OT) offenzulegen. Rollenspiel bietet unendlich viele Möglichkeiten und es ist für mich als Spielleiter manchmal unbefriedigend, wenn dann nur eine von unendlich Möglichkeiten wirklich "ans Licht der Welt" kommt. Auch wenn es vielleicht die coolste/effektivste/berührendste/lustigste war. Alle Alternativen sitzen dann traurig in der Ecke meiner Fantasie, weil sie vermutlich niemals wahrgenommen werden werden - außer ich spreche sie OT aus. Das mache ich hin und wieder, aber eigentlich ist es für meine Spieler ja auch doof, da irrelevant für die Charaktere.

    Eine oder mehrere gruppenfremde Austauschpersonen wäre natürlich super, aber die sind ja nie so verbunden mit dem Geschehen wie die Spieler:innen.

    Von daher: Es geht mir hier nicht um richtig oder falsch, sondern um Vergewisserung, Inspiration und sicherlich auch ein bisschen "einfach mal drüber reden". :)

  • weltanschauer : das kannst du alles so machen, wie du beschreibst, musst du aber nicht.

    Kurz: Alles ist möglich, nichts muss.

    Gegenargumente können wir uns tatsächlich sparen, da wir uns hier über Erfahrungen und Tipps zur Kunst des Meisterns austauschen ;)

    Lebe lange und in Frieden mit dir und deinem Aventurien - vor oder hinter dem Schirm. :thumbsup:

    Gesandter der Götter, Sohn des Jenseits, Bewahrer der Vergangenheit, Herr der Gegenwart und Herausforderer der Zukunft

  • AikarBrazoragh

    Ich hatte eigentlich nur meine Beobachtung geteilt, dass es gar nicht notwendig so ist, dass die SL alles wissen muss und die Spielenden nichts. Eigentlich harmlos. Aber hey, wir sind hier im Orkenspalter, und da muss erstmal aus Prinzip und ohne gute Gründe widersprochen und der Gesprächsbeitrag des Gegenübers ins Absurde gezogen werden. So wurde eben in der Not ein Argument draus.

    Ich weiß, dass ich nicht viel vorbereiten muss. Ich habe auch schon mit ganz wenig Vorbereitung und 90% Improvisation gemeistert und ich habe auch Abenteuer schon sandboxartig vorbereitet und geleitet. Beides macht mir Spaß, aber eben auch das intensive Vorbereiten eines plotgetriebenen Abenteuers. Wir als Gruppe haben uns gerade auf diese Art von Spielweise geeinigt, die für uns alle eine neue Erfahrung sein wird. Und für mich ist das Neue eben, mich vor Beginn intensiv mit dem Abenteuer zu beschäftigen und gleichzeitig nur wenig mit meinen Spieler:innen teilen zu können. Diese wollen die Geschichte miterleben und daher vorher möglichst nicht mehr Informationen als ihre Charaktere. (Das finde ich völlig legitim.)

    Okay, das ändert die Sache natürlich. Ich würde an deiner Stelle trotzdem drüber nachdenken, ob du wirklich bis zum Vorzeichnen von Lösungswegen gehen willst. Meiner - und auch deiner - Erfahrung nach kommt man da häufig fruchtlos vom Hundertsten ins Tausendste.

    EDIT: Ich möchte dich auch nicht verschrecken, aber meine Erfahrung ist, dass man aus dem Austausch mit anderen SL häufig sehr schlechtes Feedback bekommt.

    Einmal editiert, zuletzt von weltanschauer (18. Mai 2021 um 00:15)

  • Du wirfst da wild Sachen durcheinander, die nur sehr bedingt etwas miteinander zu tun haben.

    1. Low-Prep ist etwas anderes als "völlig offener Plot."

    2. "Völlig offener Plot" ist etwas anderes als Sandbox.

    3. Sandbox ist etwas anderes als "anything goes" und auch als "you can go anywhere".

    Zu 1: Diese beiden Begriffe habe ich nicht durcheinander geworfen, sondern gegenüber gestellt. Nicht als 'absolut gegenteilig' zu einander, sondern nur im Kontext, dass du die These vertritts auch in DSA wäre es möglich einen "völlig offenen Plot" zu leiten und dennoch bei gleichem oder gering fügig mehr Aufwand in der Prep Phase. Das sehe ich nicht so.

    Zu 2: "Völlig offener Plot" kann aber nur in einer Sandbox zum spannungsbogen beitragen. Das Gegenteil zum sandboxing ist das railroading. Wie soll denn eine Railroad durch einen "völlig offenen Plot" funktionieren, da wüssten die Spieler beim Start doch schon wie es aus geht.

    Zu 3: Man kann eine kleine oder eine große Sandbox bauen. Aber innerhalb der Sandbox definiert sich sandboxing genau über diese "Open-World" Begriffe, die du ihr gerade absprichst.

    Kurz zum Punkt "offener Plot": Der OP sprach von seinen Erlebnissen beim Gestalten eigener Abenteuer.

    Dann hat er diese vorher dennoch ALLEINE gestaltet und ist nur bereits über den Punkt hinaus, der Thema dieses Fadens ist.

    Wenn du dir den Einstiegspost nochmal durchliest ging es Jakomo nämlich, um den "einsamen" Job der Plotcreation, die Prep-Phase.

    Ich glaube was man den Spielern dann über diese Prep-Phase beim Spieleabend (oder auch davor) erzählen kann, wegt jeder Spielleiter für sich persönlich ab. Aber spätestens am Spieltisch folgt dann (hoffentlich) ja ohnehin die Belohnung, in Form eines gelungenen Abends.

    Aber an den Punkt zu wissen was du als Meister spoilern kannst, musst du ja auch erstmal gelangen.

    Ja, das ist auch ein Aspekt, der mich in dem Zusammenhang beschäftigt.

    Ich kann dir nur Tipps geben, die du bestimmt schon zig mal gehört hast:

    1. Nimm dir genug Zeit - fange nicht erst kurz vor dem Abend mit Vorbereitung an, plane immer mehr Zeit zum Vorbereiten ein als es dauern "sollte", damit du a) dich selber beim schreiben weniger stresst und b) Zeit für Pausen hast, sollte dich die "einsame Kunst" dann doch mal stressen.
    2. Bleib am Plot - egal ob nun Sandbox, Open-World, oder Railroad man lässt der Kreativität schnell mal freie Bahn und vergisst dann das eigentliche Ziel aus dem Auge. Deine Mission ist die Geschichte, Verknüpfungen und Freiräume schaffen sich die Spieler schon selber und können von dir improvisiert werden.
    3. Hol dir Inspiration bei deinen Spielern - du kannst vielleicht die Vorbereitungen nicht mit ihnen besprechen, aber du kannst dir nach jeder Sitzung Feedback einholen, was sie gerne als nächstes erleben würden und dieses Feedback dann als Quelle zum weiteren oder nächsten Plot nutzen. Somit werden auch die Spieler teil deiner Vorbereitungen.

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  • Das nach dem Abenteuer darüber gesprochen wird, u.a. die Bilder und Karten, ist hingegen völlig normal.

    Machte selbst T. Finn bei seinem Live-Cthulhu, wobei gerade das auch mich interessierte.

    Zeigt mir als SL das die Spieler Interesse zeigen.

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  • Ich gehe darüber hinaus.

    Ich frage meine Spieler nach den meisten Sitzungen.

    Was sind die kurzfristigen Ziele deines Helden, haben die Erlebnisse diese verändert? Was würdest du dir als Spieler wünschen, das noch passiert?

    Z.z. verzichte ich auf diese Art von Feedback, da ich ja DSA1 Plot nach DSA5 spiele und recht nah beim schreiben an den Originalen bleiben möchte.

    (Begegnungen mit Heiligen Wesen und Riesenlindwürmern inklusive, Orkland-Kampange ich grüße dich!)

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    Ergebnis 'Ich'

  • Die Einsamkeit der Vorbereitung genieße ich wie das Lesen eines guten Buches.

    Anstatt dir etwas Eigenes auszudenken, musst du dir beim Kaufabenteuer fremde Ideen und Materialien aneignen und versuchen, nachzuvollziehen, wie das alles gedacht war. Das ist überhaupt nicht weniger Arbeit! Und auf die Gruppe musst du es trotzdem noch anpassen.

    Damit wird das Kaufabenteuer zu MEINER Geschichte für MEINE Helden.

    Am Ende bleibt fast nur noch die Grundstruktur der Idee. Ich bin pingelig was Namen, Stimmungen und Plots angeht. Also viel Arbeit, der ich mich im stillen Kämmerlein liebevoll widme.

    Manchmal halte ich es aber nicht aus und lege dann doch offen, was noch hätte passieren können, was ich improvisieren musste oder welche

    Das gehört für mich grundsätzlich dazu. Denn mich interessiert die Meinung der Spieler zu meinen o.g. Veränderungen. Das sollte aber erst nach Abschluss des Abenteuers stattfinden, wenn die Würfel verstaut sind.

  • Ich teile die Sicht auf die Vorbereitungs-Aspekte mit Redneck Sidekick :

    solange ich in der eigenen Blase den Gang der Dinge erfinde oder erforsche, bin ich ziemlich glücklich.

    In Phase zwei, dem berühmten Zusammentreffen eines Plans mit der Wirklichkeit werde ich häufiger heftig ernüchtert. Zusammenhänge, Anspielungen, gebaute Brücken, Fragen zum tief Eintauchen werden von den Spielern nicht gesehen oder - so fühlt es sich häufig an - nicht einmal gewollt. Das finde ich dann sehr frustrierend. Ich beiße die Zähne zusammen und predige mir selbst, dass die ingame-Fragestellung XYZ kein Selbstzweck ist. Aber natürlich ist sie eine kreative Schöpfung, sogar wenn ich sie aus einem Abenteuer erlesen habe und nur im Geiste durchdringen musste. Nur die Vorlese-Passage, die mir selbst fremd blieb, schenke ich wirklich leichten Herzens weg.

    Wenn es in dieser Phase allerdings gut läuft, ist es das erhoffte Sahnehäubchen auf meine planenden Phantastereien - und der einzige Lohn des Spielleiters!

    Ein Wort über den Spieler, das Spielen am Rande: wegen dieser unendlich breiten Kluft zwischen frustrierter und zungeschnalzender Spielleitung halte ich es für die phexverdammte Pflicht der Spieler, angebotene Elemente nicht mit den Füßen zu treten. Leider keine Selbstverständlichkeit. Beinahe meint man zu hören es sei cool, den offensichtlichen Pfad nicht einzuschlagen

    Phase drei ist bei mir seit vielen Jahren die Nachbesprechung des Spielabends mit einem Spieler. Einst war das der (andere) Raucher, mit dem ich meine Nachbesprechungs- und Zigarettennachhol-Bedürfnisse "auf dem Weg zum Auto" stillte (10min.-2Std.); inzwischen (nach aufhören und umsteigen) ist es eher der (andere) S-Bahn-Fahrer, mit dem ich mich "auf dem Weg zum Bahnhof" (15min-30min) austausche.

    Das ist mir aus zwei Gründen eine liebgewonnene Angewohnheit geworden. Gerade wenn es nicht gut lief, ist der Austausch mit der ganzen Gruppe leicht einmal eine gegenseitige Schuldzuweisung: "... das alles habt Ihr übersehen und nicht bedacht" vs "Das haben wir zwar gesehen, aber das war total unplausibel!". Vergleichsweise unemotional kann man das im Zweiergespräch aufarbeiten. Man erfährt mitunter, wo Logikbrüche, Langeweile und Leichtgläubigkeit die Gruppe vom Kurs bzw. vom konstruktiven Voranspielen abbringen.

    Ganz ungeniert gewähre ich wenigstens in der Situation einen Rückblick auf verpasste Chancen - natürlich ohne Preisgabe der Informationen, die man mit einer erwarteten Lösungsstrategie hätte erlangen können. Ich brauche das Feedback auch, weil ich arg häufig das Auffassungsvermögen meiner Spielrunde überschätze.

    In solchen Situation kann sogar, wenn es nicht so geplant rund lief, Klarheit und Zufriedenheit erlangt werden.

    Aber insgesamt kann meistern ein ziemlich frustrierendes und einsames Geschäft sein, da stimme ich zu.

    Weitaus lieber bin ich ein stets anspielbarer und nachsichtiger Spieler. Ich glaube, dass ich das auch besser kann.