Aventurische Subjektivitätskritik

  • Liebe Orks,

    Mein Charakter ein selemitischer Hexer ist derzeit in Rakshazar unterwegs und wurde nun zum ersten mal mit Wahlmonarchien und -Aristokratien in kontakt gekommen. Die Staatsform scheint der Erbmonarchie signifikant überlegen und würde insbesondere mit Hinblick auf Magieanwender, welche er von Natur aus dem einfachen Volk überlegen und von Satuaria auserwählt hält sinn machen, da bei einer Herrschaft der Besten bei gerechter Auswahl entsprechend immer ein Magieanwender Herrschen würde. Kurioserweise ist in dem Stadtstaat Shahana wo wir uns derzeit aufhalten Magieanwendung und sogar Magische Begabung verboten zugleich Herrscht jedoch ein positives Menschenbild vor, welches den Menschen als von Natur aus gut annimmt zugleich gibt es jedoch strenge Gesetze und ein Strafsystem, welches (außer für Magier) auf rehabilitation ausgelegt ist. Sargon (mein Char) ist ein meisterlicher seelenheilkundiger und ist der Überzeugung, dass solche Umerziehungslager die Menschen in ihnen nicht zu mündigen Gesellschaftsmitgliedern machen sondern zu willenlosen Sklaven der gesellschaftlichen Norm, welchen jede Fähigkeit zu kritischen denken aberzogen wurde. Das gilt begrenzter auch für alle anderen Formen institutioneller Bildung. Ich denke diese Einstellung passt auch ganz gut zu Satuaria und Hexen generell.

    Zumindest den Staatstheoretischen Teil halte ich für Aventurien für nicht weit hergeholt.

    Die Kritik am Disziplinarapparat fußt jedoch auf meiner intensiven Foucault Lektüre. Ich bin mir nicht sicher in wieweit in Aventurien oder dem Riesland kritische Perspektiven auf Subjektivität bestehen, welche man benötigen würde um eine solche Kritik zu formulieren.

    Zum einen würde ich daher gerne um Input bitten, ob man das irgendwie anders begründen könnte, zum anderen würde mich interessieren, was für Werte man in Philosophie HK Seele und Staatskunst ein aventurischer Charakter wohl haben müsste, um sie zu formulieren. Falls ihr vor aufklärerische Beispiele für Kritiken an Subjektivität (sowohl im SInne des Subjekts als Untertan als auch als handelndes/erkennendes Subjekt) würde ich mich freuen wenn ihr mir da was empfehlen könnt.

  • Firl Gorbas 16. April 2021 um 13:15

    Hat den Titel des Themas von „Aventurische Subjektiovitätskritik“ zu „Aventurische Subjektivitätskritik“ geändert.
  • Hi DSA-Philosoph!

    Hab jetzt nicht gerade viel Ahnung von Foucault, aber vielleicht passt da das Gedankengut revolutionärer Tsajünger ganz gut dazu - vielleicht auch die sehr individualistischen Phexgläubigen oder Hesinde-Freigeister wie Ilaristen. Yesatan von Eslamsgrunds "Wider Fron und Lehen" könnte er vielleicht irgendwie im Umfeld der Silem-Horas-Bib in die Finger bekommen haben, oder von ihm angeregte Flugblätter Aufständischer.

  • Wie ist dein Character zur Einstellung gekommen dass jede Person ein mündiges Mitglied der Gesellschaft sein sollte?

  • "Der Tsa-Kult und auch die wandelbare Hesinde-Kirche, ohnehin Brutstätten ketzerischer Ansichten und freidenkerischer Sekten, kennen Vertreter der verbotenen Demokratie, eine von der angenommenen Gleichheit aller Menschen (seltener: aller beseelten Lebewesen) vor den Göttern ausgehende Staatsphilosophie, die das Glück der Menschen in der Selbstbestimmung sieht. Während der einflussreiche Bund der Freidenker (Verbrüderung, Gleichheit und Freiheit im Weltgesetz) aus dem Lieblichen Feld gerade noch geduldet wird, wurde die Sekte von Ilaris (Zurückweisung von Götterfurcht; über Verstandeskraft zu einem Begreifen der Welt und der Göttlichkeit gelangen) vor über 200 Jahren verboten und mit unnachgiebiger Härte ausgelöscht - ihr Gedankengut führt aber bis heute immer wieder zum Aufflackern neuer Gruppen von Ilaristen. Die Kirche der Peraine kennt die mittelreichischen Ackerteiler, denen zufolge Saatgut, Ackerflächen und Getreidefelder niemandem gehören und die schon mal mit Waffen eine Umverteilung an die Ärmsten fordern." (Wege der Götter S. 148)

    EDIT

    Firl Gorbas  Ridetianer  @austerlitz

    Zu Phex heißt es:

    "Die meisten Tempel stimmen darin überein, dass die wünschenswerte Gesellschaftsordnung sehr freiheitlich ist und jedem Sterblichen die Möglichkeit geben sollte, nach seinen Fähigkeiten Glück und Erfolg zu erstreben. Hoher Wert wird auf die individuelle Handlungsfreiheit gelegt. Für die radikaleren Denker sind alle von geborenen Adligen ersonnenen Gesetze nichtig. Absolut bindend sind nur Absprachen, die der Einzelne freiwillig und wissend eingeht (wie Handelsverträge), und die Ordnungen von Gruppen, denen er sich aus freiem Willen angeschlossen hat. Gerade daher ist es wichtig, immer den freien Willen zu stärken und den wahren Kern hinter Aberglauben, Annahmen, Konventionen und (Selbst-) Täuschungen zu erkennen. Eine solche Einstellung in den meist von Geburtsprivilegien und ererbten Vorrechten geprägten Ländern herbeizuführen ist das heimliche Ziel der politischeren Tempel und steht damit den feudalistischen Ansichten von Adel und Praios-Kirche entgegen." (WdG111)

    Wege der Götter ordnet ihm unter anderem folgende Aspekte zu: Eigenverantwortlichkeit, Freiheit, Individuum

    Zu Nandus heißt es:

    "Menschenbild: Nur, wer nach Erkenntnis strebt, kann sich über die dumpfe Masse erheben. Die Möglichkeit dazu hat (fast) jeder; wer sie nicht nutzt, ist selbst Schuld, wenn Schlauere und Tatkräftigere ihn manipulieren." (WdG 91)

    "In keinem Reich wird die Lehre des Nandus wirklich gerne gesehen, da in ihr die Herrschaft der Fähigsten gepredigt wird - und das sind nicht zwingend die Angehörigen des Adels. Zudem ist die NandusKirche der Meinung, dass eine religiöse Erfahrung nur dem Individuum möglich ist und dass man sie sich erarbeiten kann, also weder auf göttliche Gnade noch auf die Verkündigung durch Priester angewiesen ist. Geweihte können und sollen also nur Lehrer und Wegbegleiter sein, was natürlich die Kirchen mit expliziter Hierarchie vehement bestreiten. Auch die Volksbildung, der sich die Brüder und Schwestern verschrieben haben, wird nicht überall geduldet. Nicht zuletzt werden den Geweihten intensive Verbindungen zum Bund der Freidenker (einer libertären Loge des Horasreichs) nachgesagt." (WdG 92)

    "Erleuchtung für Andere: Hilf den Menschen, ihre Dummheit zu überwinden. Ermuntere sie, nach Weisheit und Erleuchtung zu streben. Lehre sie gemäß ihrer Möglichkeiten und ihrer erlangten Weisheit." (WdG94)

    In diesem Dunstkreis kann ich mir solche Ideen auch vorstellen.

    Einmal editiert, zuletzt von Gast (16. April 2021 um 17:37)

  • Wie ist dein Character zur Einstellung gekommen dass jede Person ein mündiges Mitglied der Gesellschaft sein sollte?

    Zu Beginn war der Charakter sehr Satuaria und Satinav gläubig. Zusätzlich ist er hellseherisch begabt. Seine Visionen haben ihm aber nie sichere Outcomes gezeigt, sondern nur Ereignisse, auf die vielfältig reagiert werden kann.Da Hexen ja eher einer Emotionalen Logik folgen stellt das ein Problem dar: tue ich was ich will oder tue ich was nötig ist um zu erreichen was ich will. Insofern hält Sargon an sich nicht viel von der typisch hexischen impulsiven Emotionalität.

    Wichtig ist ebenfalls, dass sich aus einer hexischen Perspektive immer wieder beobachten lässt, dass hexen sich durch ihr verhalten nicht gut in die Gesellschaft einfügen, in welcher sie leben, was man natürlich auch mitbekommt. Hexen stehen ständig vor der Entscheidung: Folge ich der hexischen Erziehung oder den normen der Gesellschaft in der ich lebe. Aufgrund der historisch teils tödlichen Reaktionen auf eine emotionale Entscheidung kann man die Entscheidung eigentlich nur rational treffen. Emotionen können nur Ziele liefern. Insofern steht er nicht nur den gesellschaftlichen Normen der Normalbevölkerung, sondern auch den hexischen kritisch gegenüber. Das hat sich im laufe des Abenteuerlebens beim Kontakt mit fremden Kulturen nur verstärkt. Denkt man ein bisschen darüber nach, wird einem eventuell klar, dass dieses Problem nicht nur Hexen betrifft, sondern jeden Menschen und zwar auch als Entscheidung zwischen Werten und Normen der gleichen Kultur, welche miteinander im Konflikt stehen. Fanatiker, welche blind einer Ideologie (Bannstrahler) folgen sind ja für Hexen eine reale Gefahr. und wenn man von Bannstrahlern auf alle Fanatiker abstrahiert ist das einzige Mittel gegen Fanatismus das hinterfragen der eigenen Werte und Normen.

  • Da ist zu Phex zu sagen:

    "Die Einstellung der Kirche zur ‘absoluten Wahrheit’ ist sehr ambivalent - man kann sie nicht lehren, nur den Weg weisen, sie selbst zu finden.[...] Jeder Geweihte muss für sich selbst jedes Mal neu die Frage beantworten, ob sich Erpressung, Entführung, Ausbeutung,Tempeldiebstahl und in manchen Fällen sogar Mord mit den Lehren des Listenreichen verbinden lassen. Einzelne Tempel behalten sich natürlich vor, ihrer Meinung nach 'geschäftsschädigende' Geweihte vor Ort nicht zu dulden oder gar gegen sie vorzugehen, sodass so mancher Handelskrieg in Wahrheit um die Vorherrschaft von Ethik und Moral geführt wurde." (WdG 111)

    Hm... Phex ist die Frage, Hesinde die Recherche, beide gebären Nandus - die Antwort und der wiederum die Handlungskonsequenzen - Rohal und Borbarad. :/ Da lässt sich schon eine nette Philosophische Sekte basteln. :thumbsup:

  • Wenn er die gesellschaftlichen Normen ablehnt, lehnt der dann auch die Einteilung der Gesellschaft in die Stände der Adeligen, Freien und Unfreien ab?