Das Problem bei Schießpulver sind Lore-technisch Mindergeister. Die erscheinen spontan und das Zeug explodiert unkontrolliert.
Schießpulver will man einfach OT nicht in Aventurien. Deshalb gibt es das nur bei den Kerrishitern und selbst da sind dann die Anwendungstechnologien nicht besonders beeindruckend.
Ich muss ehrlich sagen, ich fand den Verzicht auf Schießpulver schon immer extrem dumm, vor allem weil dadurch solche lächerlichen Ausweichlösungen wie Rotzen und Balestrinas entstanden sind. Aber ich hoffe das jetzt keine mechanischen Esel oder andere Roboter eingeführt werden.
Rotzen und Onager haben historische Vorbilder: Torsionsgeschütz – Wikipedia
Gerade die Römer setzten solche Torsionsgeshütze ein. Bei den "Handtorsionswaffen" stimmt es freilich, dass sie vermutlich realistisch nicht umsetzbar sind, aber die großen Geschütze funktionierten bestens und sind gerade durch ihre vergleichsweise geringe Größe (kurze Wufarme etc.) für Schiffe keine ganz abwegige Wahl als Kanonenersatz.
bleibt fraglich, warum man dann (zumindest in DSA5) Feuerwerksraketen kennt, und die auch recht verbreitet zu sein scheinen. Warum man die dann nicht als Streuwaffe gegen den Feind einsetzten kann (wie in China geschehen) konnte mir noch keiner erklären... (ist die Treibladung einer Rakete nicht ohnehin größer als die eines Vorderladers?)
"Feuerpulver
[...]
Die nötige alchimistische Grundlage für diese ebenso faszinierenden und sündhaft teuren wie erschreckenden und gefährlichen Darbietungen ist Feuerpulver, dessen Rezeptur von den wenigen Feuerwerkern Aventuriens eifersüchtig gehütet wird – neben ein paar Scharlatanen kennen manche Alchimisten der Zyklopeninseln und aus Mengbilla das Geheimnis um die Herstellung, ebenso einige Zwerge, die es anscheinend aber nicht für Feuerwerk, sondern zu unbekannten Zwecken verwenden. [...] Selbst kleine Feuerwerke kosten schnell mehrere Dutzend Dukaten, während anlässlich der Hochzeit des Alanfaner Granden Goldo Paligan ein vierstelliger Dukatenbetrag ‘verpulvert’ worden sein soll, zwei Gehilfen der Feuerwerker sowie ein Gast ums Leben kamen und mehrere Häuser niederbrannten. In der Tat ist Feuerpulver bei unsachgemäßer Verwendung sehr gefährlich. Nicht nur, dass es eine fatale Tendenz hat, sich unter Hitzeeinwirkung selbst zu entzünden, in seiner Umgebung bilden sich offenbar häufiger feurige Mindergeister, und zwar umso schneller, je größer die gelagerte Menge ist (je Tag und 5 Unzen bei einer 19 oder 20 auf dem W20); Laborbrände und verheerende Explosionen sind die Folge. Daher wird Feuerpulver entweder in wasserdichten, höchstens faustgroßen Behältnissen unter Wasser aufbewahrt oder aber erst kurz vor Gebrauch hergestellt; fertige Feuerwerkskörper sind übersät mit Schutzzeichen. Auf Grund der Gefahr sind Herstellung – die ohnehin unter Sicherheitsvorkehrungen erfolgen muss, um keinen Feuerwusel anzulocken – und Lagerung innerhalb von Städten oft verboten. Verunreinigte Zutaten oder falsch bemessene Dosierung lassen selbst fertige Feuerwerkskörper zu einer Katastrophe ausarten; im günstigsten Fall wird das Feuerpulver feucht und damit unbrauchbar. [...] Übrigens sind auch mehrere Proben auf Alchimie, Mechanik, Metallguss und andere Talente nicht ausreichend, einfach mal eben eine Hakenbüchse zu erfinden, geschweige denn Hinterlader (wie Revolver) oder gar automatische Schnellfeuerwaffen des irdischen 20. Jahrhunderts. In der aventurischen Kriegskunst hat sich Feuerpulver ohnehin als zu teuer und vor allem viel zu gefährlich herausgestellt, als dass es Verwendung findet, einmal davon abgesehen, dass dies von der Rondra-Kirche verachtet wird." (Wege der Alchimie S. 28; DSA 4.1)
Zusammengefasst: Für den militärischen Gebrauch ist aventurisches Feuerpulver zu teuer und aufwednig in der Herstellung, sowie in Lagerung und Transport, hat eine zu geringe Haltbarkeit und ist viel zu gefährlich für die eigenen Leute. Dazu kommt mal wieder die Rondrakirche, deren Ethik als aventurische "genfer Konvention" eine solche Eskallation in der Militärtechnik verhindert.
Während Donnerpulver und Vulkansand durchaus gegenüber natürlichen offenen Flammen empfindlich sind und mit großer Vorsicht gehandhabt werden müssen, ist die Anfälligeit für mindere Feuerteufel nicht außergewöhnlich hoch. Die Ursache ist wohl darin zu suchen, dass beide Substanzen völlig ohne Zauberei hergestellt werden und dementsprechend auch völlig frei von magischer Kraft sind. Etwas anderes ist jedoch die Nähe von anderen Quellen ungebundener Astralenergie: Wenn Schießpulver in die Nähe von Kraflinien oder mißlungenen Zaubern gelangt, kann es zufällig zur Manifestation von Feuerwuseln und anschließender gewaltiger Explosion kommen.
Myranisches Arsenal. Hat auch nicht ganz ein Dutzend Seiten zu Feuerwaffen mit Regeln etc. Und natürlich einen recht vernünftigen Absatz darüber, dass die Spielrunde selber entscheiden soll, wie verbreitet die Dinger sind.
Römische Torsionsgeschütze können keine Schiffe in 500 Meter Ditanz versenken, das ist völliger DSA Unsinn um Kanonen zu ersetzen, mit den historischen Torsionsgeschützen haben die Kugeln (!) schießenden DSA Rotzen nicht viel zu tun.
Display MoreÜbrigens:
"Nur weil etwas irdisch funktioniert, muss es aventurisch noch lange nicht ebenfalls eine entsprechende Wirkung haben, und beim Ausprobieren irdischer Verfahren kann es aventurisch wieder gravierende, völlig andere Auswirkungen haben. Aus Holzkohle, Schwefel und Salpeter entsteht in Aventurien also nicht zwangsläufig Schießpulver. Die wichtigste Regel im Umgang mit der irdischen Schulchemie lautet: Die aventurische Alchimie ist eine magische Wissenschaft und basiert auf Sympathetik und Affinitäten. [...] Aus diesen beiden Gründen können einfallsreiche Spieler einerseits erfolgreich sein bei der Herstellung chemischer Stoffe mit Hilfe ihrer irdischen Kenntnis, sie können aber genauso katastrophal scheitern, weil die Verbindung von Holzkohle, Schwefel und Salpeter zufälligerweise eine starke Anziehungskraft auf Mindergeister, insbesondere Feuerlinge und Flammbolde ausübt. Die aventurische Alchimie ist nicht irdisch berechenbar." (WdA 24f)
Und aventurisches Feuerpulver ist kein Schwarz- oder Schießpulver, wie man schon an den Zutaten sieht:"Rezeptur: unter anderem Synärethikon, Phosphor, zermahlene Steine aus Drachenmägen, getrocknete Feuersalamander oder Sprengwurz, Rubinstaub, Mineral von Feuer- und Efferdsmoos, Pyrit; viel Einsatz von Feuer und Hitze während der Herstellung." (WdA 29)
Es sieht auch anders aus:
"Merkmale: stets warmes Pulver, in allen Farben des Feuers schillernd" (ebd.)
Das Zeug hat auch Eigenschaften, die denen von Thermit ähneln."Eine weniger bekannte Anwendungsmöglichkeit ist das Entzünden einer großen Handvoll angehäuften Feuerpulvers. Richtig dosiert und positioniert, brennt es in einer grellendweißen, bis zu einem Schritt hohen Stichflamme ab und entwickelt dabei eine derart große Hitze, dass es kopfgroße Löcher selbst in Stahl schmilzt und hitzeempfindliche Gegenstände noch in mehreren Schritt Entfernung in Flammen aufgehen" (WdA 28)
Jupp, Aventurien kennt kein Schießpulver und benutzt für Feuerwerke was völlig anderes, hochmagisches. Myranor hat Schießpulver, das auch so genannt wird, sogar verschiedene Varianten davon.
Speziell zur Alchimie des Donnerpulvers im MyrAr:
Das Feuer ergreift Besitz vom affinen Schwefel, der in helle Flammen ausbricht und somit die Kohle zum Glühen bringt. Diese Glut bringt den Salpeter zum Brennen und da er sowohl dem Feuer als auch der Luft affin ist, tritt nun aus ihm ein heftiger Wind hervor, der dann die Kugel in schnelle Bewegung versetzt. Darob hängt die Kraft des Pulvers allein von der des Salpeters ab, denn Schwefel und Kohle dienen allein als erster und zweiter Zünder.
"Trotz intensiver Forschungen ist es den Mechanici und Alchimisten des Horasreichs noch nicht gelungen festzustellen, aus welchem Material die Schradoker Zwerge die verdrillten Seilbündel – die Kraftquelle der Torsionswaffen – eigentlich fertigen. Eines ist auf jeden Fall sicher: Es handelt sich um ein tierisches, nicht faseriges Material, nicht jedoch um Seile aus Hanf o.ä.. Vermutet werden Sehnen oder Gedärme vom Tatzelwurm oder vom Wühlschrat, und eine alchimistische Nachbehandlung des Materials scheint wahrscheinlich." (Aventurisches Arsenal S. 43; DSA4)
Die Bündel dieser aventurischen Waffen sind also aus einem (vermutlich alchemisch verarbeitetem) Material, das es so irdisch nicht gibt. Das macht die vielen aventurischen Torsionswaffen möglich. Dafür sind Feuerwaffen in Aventurien nur sehr schwer möglich. In dieser Welt gibt es halt andere Naturgesetze. Was irdisch funktioniert, muss in Aventurien nicht funktionieren und was aventurisch funktioniert, muss irdisch nicht funktionieren. Man nehme nur die Magie und die Tiere (wie Tatzelwurm und Wülschrat ), die die irdische Evolution nie hervorgebracht hätte. Wer sich an so etwas stört, ist in einem Fantasysetting in meinen Augen schlecht aufgehoben. Die Macher von Aventurien haben diese Entscheidung getroffen, wer es nicht mag, kann es anders hausregeln, aber mir gefällt es gut. Ich finde es richtig so und so ist es "mein" Aventurien.
Naja ich hab ja nichts dagegen wenn auf Schießpulver verzichtet wird und das mit einer fantastisch-magischen, aber wenigstens halbwegs nachvollziehbaren Erklärung, begründet werden kann. Aber das man dann völlig absurde Physik eingeführt wird um Kanonen, Pistolen und Gewehre über die Hintertür doch noch einführen zu können, ist halt finde ich eine der schwachsinnigsten Besonderheiten des Settings. Wieso nicht einfach Schwarzpulver erlauben und fertig.
So sehr ich es auch mag das Thema Schwarzpulverwaffen mal wieder ausgiebig durchzudiskutieren,
Das Torions-Prinzip ist keine "absurde", sondern ganz normale Physik und wurde auch für große Belagerungsgeschütze wie die Palintona benutzt, die auch gegen Mauern eingesetzt wurde. Unsere irdischen Materialien setzen der Einsetzbarkeit freilich gewisse Grenzen. Aber aventurisch gibt es einfach besseres. So, wie es auch andere Materialien mit für irdische Augen wundersamen Eigenschaften gibt. Endurium, Koboldseide, Iryanleder, Gwen Petryl... Die Liste lässt sich beliebig erweitern. Warum man jetzt ausgerechnet an speziell gegerbten Tatzelwurm- oder Wühlschratdärmen mehr Anstoß nehmen sollte, müsste man mir erklären. Dass aventurische Torsionswaffen leistungsfähiger sind als irdische und es mehr Möglichkeiten gibt, einfach bedingt durch einen besseren Rohstoff, finde ich weit weniger absurd als die physikalisch tatsächlich absurde Flugfähigkeit von Kaiserdrachen und Hippogriffen mit einem simplen "intuitive Magie halt" abzutun. Und dabei vergisst man, nebenbei bemerkt Greifen und Greifenkatzen, die es mit Magie nicht so haben. Die Funktionalität der Torsionswaffen ist dagegen doch hoch elegant gelöst, nicht wahr?