[Willkür] - was bedeutet das?

  • Im Thread "Darf's noch ein bißchen Willkür sein" besteht ein Dissens, welchen Wert das Wort "Willkür" in sich trägt.

    Allgemein, lexikal und für Rollenspieler im Speziellen.

    Meine Sicht auf die Dinge ist:

    • Die häufig negativ gemeinte Verwendung im Sinne von "selbstherrlich, despektierlich, ohne oder gar gegen die Regeln" ist angelehnt an einer negativ gemeinten Bedeutung, z.B. bei der Beurteilung von politischem Handeln oder Rechtsausübung. (#Willkürherrschaft, willkürliches Gerichtsurteil).
    • Die eigentliche Bedeutung ist neutraler und beinhaltet: "ohne äußeren Zwang" (Regeln, Gestze) - aber nicht "gegen die Interessen anderer".

    Der Duden ist in meinem Haushalt das Maß der Dinge in Rechtschreibung, für Definitionen gibt es ausführlichere Quellen als seine 1-Satz-Erklärungen, und in denen werden die allgemeine und die abgeleitete Verwendung beide abgebildet.

  • Guck mal zu meinen links, da gibt es ein nettes Zitat zum Thema Recht.

    Frag dein Word welches sinnverwandte Wort es gibt; die Antworten werden dir nicht gefallen 😉

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Ich habe in Deine Links geguckt.

    Moment.

    Willkür, zusammengesetzt aus Wille und kühren oder wählen, wird gewöhnlich eine Handlungsweise genannt, welche nicht aus Gründen, sondern blos aus einer sinnlichen, von irgend einem Triebe herrührenden, also vernunftlosen Art der Bestimmung hervorgeht, wie sie auch den Thieren eigen [734] ist. Der vernünftigen, auf Erkenntniß und Überzeugung beruhenden Willkür ist nur der Mensch fähig.

    Das ist doch fabelhaft beschrieben.

    Wären wir also Menschen, gäbe es eine "auf Erkenntnis und Überzeugung beruhende Willkür".

    Zitat von Brockhaus

    In rechtswissenschaftlicher Bedeutung ist Willkür dem Natürlichen an sich Nothwendigen entgegengesetzt und das durch menschliche Anordnung bestimmte, wie gewisse Rechte, daher auch manche Gesetzbücher Willküren heißen und das positive Recht Handlung der willkürlichen Gerichtsbarkeit (d.h. nicht processualischen) kennt. Man spricht aber auch von Willkür und Willkürherrschaft im Gegensatze zur Herrschaft der Gesetze und meint dann damit, was den letztern zuwiderläuft oder nicht dadurch gerechtfertigt werden kann, was also mit Unsicherheit des Rechtszustandes übereinkommt.

    Also: ursprünglich ist eine "Willkür" im juristischen Sinne die "Lizenz zum Selbstentscheiden".

    Dem zweiten Satz folgend ist es auch: im Gegensatz zur Herrschaft der Gesetze, und meint damit: was den letzteren zuwiderläuft oder nicht dadurch gerechtfertigt werden kann.

    Ich sehe mich nicht widerlegt.

    "Willkür" wird auch gerne, am ehesten wohl in einer Position der Ohnmacht, zur Entwertung einer Handlungsweise verwendet.

    Dass das bei staatstragenden Prinzipien Sinn macht ist unbenommen.

    Es macht das Wort aber nicht zu einem Schimpfwort, dass man es als solches verwenden kann und manchmal auch muss.

    tbc: zweiten link von zakkarus bearbeiten

  • http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Willk%C3%BCr

    Prolbme ist nur, was bedeutet dieses Wort heute ...

    Niemand würde heute einen Marschall in den Stall schicken um die Pferde zu füttern. ^^

    Oder seine Tochter als Magd Magd - Zeno.org

    Schöne Ergänzung: http://www.zeno.org/Pierer-1857/A/Willk%C3%BCr

    Ja, und so sieht es heute aus; Duden | Willkür | Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Zitat von Immanuel Kant

    Das Begehrungsvermögen nach Begriffen, sofern der Bestimmungsgrund desselben zur Handlung in ihm selbst, nicht in dem Objekte angetroffen wird, heißt ein Vermögen, nach Belieben zu tun und zu lassen. Sofern es mit dem Bewusstsein des Vermögens seiner Handlung zur Hervorbringung des Objekts verbunden ist, heißt es Willkür.

    (Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, Hamburg 1986 S. 17.)

    Noch Fragen?

  • Noch Fragen?

    Kant verstehe ich häufig nicht so richtig. Hier zustimmend zu nicken erscheint mir gefährlich. :/

    Willkür, 1) der Wille, in so fern er wählt, od. der Act, mittelst dessen nach freiem Entschluß der Mensch zwischen entgegengesetzten Verhältnissen wählt. Die W. ist entweder eine vernünftige od. vernunftlose, je nachdem die Triebe od. die Überzeugung, die Einsicht sie bestimmt;

    Hätte ich je etwas anderes behauptet? :cool:

  • Nanana, nicht nur die passende -veralteten! - Zitate raussuchen, sonst rufe ich den Stallknecht!

    Wortbedeutungen verändern sich manchmal mit der Zeit; mal steigt ein Begriff (u.a. Marschall) auf, andere (u.a. Gift oder Magd) sinken herab.

    Und mit der Willkür ist anscheinend ein ähnlicher Wandel passiert; glaube ich dem Dudeneintrag:
    Willkür; Bedeutung: die allgemein geltenden Maßstäbe, Gesetze, die Rechte, Interessen anderer missachtendes, an den eigenen Interessen ausgerichtetes und die eigene Macht nutzendes Handeln, Verhalten.

    (Andere Worte für Willkür: Belieben, Ermessen, Gutdünken, Laune, Zufall)

    Bonus: Ihr wißt ja alle was eine Herberge ist, oder?

    Herberge, die - Zeno.org

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

    Einmal editiert, zuletzt von zakkarus (14. April 2021 um 18:43)