Gesellschaftliche Talente im Spiel umgesetzt

  • Aus einer anderen Diskussion heraus entstanden:

    Für mich gehört die direkte wörtliche Rede als Interaktion unmittelbar dazu. Erhöht für mich die Immersion mit Welt und Charakter, ist weniger umständlich, enthält mehr Details. Subtile Andeutungen, Untertöne, Drohungen, etwaiger Tonfall, schlechte oder gute Lügen, etc.: All das erfordert wörtliche Rede und wird durch sie besser transportiert.

    aber da kann ich dir nur halb zustimmen. Natürlich trägt direkte Rede dazu bei, die Spielwelt präsenter zu machen. Allerdings würde ich dennoch darauf bestehen, die Worte des Spieles von denen des Helden zu trennen. Für Etikette, Lügen, Drohungen, ... gibt es mit AP gekaufte Werte und diese haben IMMER Vorrang. Da kann sich der Spieler eine noch zu tolle Ausrede ausdenken und diese gut rüber bringen, es hilft nicht bei misslungener Probe. Und auch ein schlecht vom Spieler daher genuschelter Satz mag ingame brilliant formuliert sein.


    Daher wäre ich da vorsichtig zu viel in gesagte Worte hinein zu interpretieren. Evtl mag das jede Gruppe anders sehen. Dann bevorzugt sie aber Spieler die wortgewandter sind oder besser schauspielern können, was ich persönlich nicht gut finde.

    Das muss sich ja nicht ausschließen, oder? Man kann ganz viel labern und dann würfeln, oder würfeln und dann reden, oder reden, würfeln weiter reden. Oder reden auf die Werte schauen und einfach entscheiden. Meist holen sich die Labertaschen entsprechende Werte oder spielen ihren Werte genauso schlecht aus. "Hey, du Pisssack von einer Wache, wo geht's n hier zum Hehler?"


    Es hat auch selten einer nicht eingesehen, dass er vielleicht ein tolles Argument hatte, weil seine Probe auf Grund der schlechten Werte trotzdem daneben ging... Den Fairness-Gedanken dahinter, dass man für Werte bezahlt, sehen dann doch irgendwie die meisten ein. Kann auch toll beschreiben, wie ich mein Schwert schwinge und Dir dabei gegen das Bein trete, aber würfeln muss ich trotzdem...

    Gerade gesellschaftliche Talente bieten sich vorrangig zum Ausspielen an. Niemand am Spieltisch zückt ein Schwert und kämpft einen Kampf oder macht eine Flugrolle, wenn eine solche IT gefragt ist.

    Aber reden ... das kann man als Spieler, und daher sollte das in meinen Augen auch aus- und angespielt werden, statt es nur Proben zu überlassen.

    Natürlich mit Blick auf die Werte.

    Ein Spieler, der toll reden kann und gedanklich auf Zack ist, muss sich bei dem unfähigen gesellschaftlichen Krüppel zurück halten (so einfach ist es nun auch nicht, Werte zu ignorieren und einfach loszublubbern, nur weil man es als Spieler kann).

    Der Spieler, der nicht so die flinke Zunge hat, bekommt etwas Zeit zum Überlegen, die anderen Spieler am Tisch machen (bei uns) Vorschläge, wenn der Charakter ein echter Crack auf dem Gesellschaftsparkett ist.

    Und ja, die Werte spielen natürlich auch eine Rolle. Man kann das ganze durch einen Wurf untermauern. Der nicht so verbal ausgeprägte Spieler mit dem super Gesellschafts-Charakter kann eben seien Charakter doch super feilschen, lügen und beeinflussen, auch wenn das, was sich der Spieler da tatsächlich abringt, nicht so dolle ist, aber die geschaffte Probe besagt: Einwandfrei!

    Vielleicht besagt die Probe auch, heute ist der Charakter nicht so in Form (und passt zufällig zum realen Können).

    Vielleicht ist auch gar keine Probe nötig, weil der TaW in Relation zur Anforderung deutlich macht, dass das auch so gelingt, und das, was ein Spieler gerade einfällt, tatsächlich IT aufwertet.

    Aber: Versuchen darzustellen sollte immer sein, finde ich. Zumindest so gut wie möglich ausspielen, skizzieren und umreißen. Eine tolle Lüge soll nicht nur "Probe gelungen, deine Probe ist super und völlig glaubhaft" sein, sondern mein Charakter und ich möchten wissen, was da nun genau für eine Lüge gesagt wurde. Oder um Leib und Leben über wie viel hungrige Kinder und Kamele zu Hause nun eigentlich wie gefeilscht wurde. Oder was genau wie etwas furchtbar Subtiles gesagt wurde, oder wie nun genau geflirtet wird.

    Daher: völlig trennen würde ich nicht, da man als Spieler es versuchen sollte. Ja, ein dahin genuschelter Satz kann IT brillant sein. Aber zumindest das Hingenuschelte, im Bemühen, das möglichst gut klingen zu lassen, erwarte und wünsche ich mir schon.

    Und auch so Sachen, wie sich in der Taverne Essen und Zimmer bestellen, oder einfach nur einen allgemeinen Gesprächseinstieg mit einem NSC machen, um im Gespräch überhaupt erst zum angestrebten Thema zu kommen, sind Dinge, die man ausspielen kann und (spätestens im zweiteren Falle) auch sollte, finde ich. Weil das in meinen Augen eben Immersion erhöht, mehr Lebendigkeit ins Spiel und die Spielwelt bringt, und eben Rollenspiel ist.


    Wie also handhabt ihr gesellschaftliche Werte und ihre Umsetzungen am Tisch?

  • Hm,

    bringt mich auf den interessanten Gedanken, wie es wohl am Spieltisch wäre, wenn man's hart analog zu Kämpfen macht.

    Kampf: "Ich springe nach vorn, wirble mit meinem Schwert herum, doppel-fintiere meinen Gegner, um ihm dann mit einem seitlichen Hammerschlag wegzuhauen."

    Gespräch: "Ich bereite ein fintiertes Argument vor, warte darauf, dass er drauf reinfällt und drehe dann den Spieß um, zeige ihm, dass er mit seiner jetzigen Kritik auch gleichzeitig seinen eigenen Standpunkt angreift und lasse ihn sich so quasi selbst die Füße wegziehen; dann biete ich ihm aber einen geschmeidigen Ausweg, indem er mir zustimmt, dass ich seine ursprüngliche Meinung falsch verstanden und er mir tatsächlich schon immer zugestimmt hat."

    Wäre auch irgendwie sehr lustig!

    Niemand am Spieltisch zückt ein Schwert und kämpft einen Kampf oder macht eine Flugrolle, wenn eine solche IT gefragt ist.

    Wobei das auch seinen Reiz hätte...


    --

    Ich bin letztens in einem alten Regelwerk, dass hier vielleicht dem ein oder anderen etwas sagt "Daidalos" über folgenden Satz gestolpert (der für dieses Regelwerk sicherlich eher gilt als für DSA, aber der Kern der Aussage ist interessant):

    Zitat von Daidalos 1.2

    Ein mächtiger Charakter, der von einem unerfahrenen Spieler geführt wird, würde

    einem alten Spielerhasen, wenn es darauf ankäme, immer unterliegen.

    Wie ich da aufgesprungen bin als ich das zum ersten Mal richtig gelesen habe! "Geht gar nicht!", dachte ich mir. Der Grund warum ich das hier anspreche: Oft tendieren Rollenspiele in verbalen Konflikten eben genau hier auszuarten und den Spieler statt den Charakter sprechen zu lassen. Besonders Regelwerke, die sonst ein Brunnen des Balancing sind, balancen Gespräche absolut nicht. Kein "du musst bei einem Probenwert von X auch ab und zu stottern, auffällige Fehler machen oder so".

    Gerade bei neueren Spielern kann das dazu führen, dass der strunzdumme Kor-Geweihte mit CH8 plötzlich eloquent den berüchtigten Hochstapler an die Wand redet!

    Auf jeden Fall ein spannendes Thema, wo es schwierig ist, dass Regelmesser richtig anzusetzen.

    Ilaris findet hier einen guten Weg finde ich - auch wenn sicher nicht perfekt. Dort ist die Art des Vortrags unabhängig von der Rolle irrelevant (weil das passende Ausspielen wichtiger ist als gute Verhandlung). Stattdessen wird die Argumentationsrichtung bewertet. Versucht man als Frau einen homosexuellen Mann zu betören, kann dies schon mal der Schritt in die falsche Richtung sein. Versucht man einen betrunkenen einzuschüchtern, kann dies schon mal nach hinten los gehen (zu trunken, um die Gefahr zu erkennen)...

    In Ilaris würde der Spielleiter verdeckt festlegen, was geeignete Versuche sind (anhand der Rolle) und der Spieler würde die Situation interpretieren (evtl. mit (vergleichbar) Menschenkenntnis) und sich dann für einen Weg entscheiden.

    Hat der Langzeitrollenspieler Vorteile? Sicher. Er kennt halt Rollenspiel schon länger. Langzeitrollenspieler sind aber auch immer geneigt, sich selbst nicht ganz ernst zu nehmen und für die Rolle auch Defizite entgegenzunehmen.

  • Grundsätzlich verlange ich in entscheidenden Situationen sozialer Interaktion immer gerne Proben auf das jeweilige gesellschaftliche Talent, auch als Spieler. Das liegt auch mit daran, dass ich in einer meiner ersten DSA-Spielrunden meine Gesellschaftstalente so gut wie nie nutzen konnte.

    Die Beschreibung, wie ein Spieler das macht, spielt dabei insofern eine Rolle, dass ich dafür Erschwernisse oder Erleichterungen gebe. Also wenn dem Spieler eine gute Ausrede einfällt, gibt es eine Erleichterung, wenn die Lüge arg unglaubwürdig ist, eine Erschwernis. Das Ausspielen hat da natürlich auch seinen Anteil dran. Für mich ist das vergleichbar mit dem Werkzeug bei einer Handwerk-Probe oder bspw. einem Kletterseil bei einer Klettern-Probe. Der Weg ist Aufgabe der Spieler, die Qualität ist Aufgabe der Figuren.

    Es gibt Spielerinnen, die sich mit einer Beschreibung begnügen ("Ich will den Wirt überreden") und auch nicht mehr ausspielen wollen. Aber natürlich gibt es bei direktem Dialog mit dem Wirt mehr Möglichkeiten, ihn gezielt zu manipulieren. Es ist vielleicht vergleichbar mit einer Herumfragen-Sammelprobe auf Gassenwissen, wo ich nachher ein Ergebnis habe, aber auf dem Weg dahin keine weiteren Informationen erhalten kann. Wenn die Spieler aber gerne einzelne Personen befragen wollen, es also "ausspielen" wollen, ist das auch eine Möglichkeit, und sicherlich die kreativere.

    Ich achte immer darauf, relevante Interaktion mit Figuren dann auch wirklich auszuspielen. Bei nebensächlicheren Interaktionen ist es dann oft auch der Zeitfaktor, der die Sache abkürzt (Pacing).

  • Ich handhabe es nicht nur bei gesellschaftlichen Talenten so dass es keine Probe gibt wenn die Vorstellungen des Spielers zu den Werten passen und ich keinen Unterhaltungswert in der Probe sehe.

    Proben werden fällig wenn das Verhalten des Spielers nicht zu den Werten passt (oft sind die Erwartungen zu hoch, sie können aber auch zu niedrig sein), sie das Spiel bereichern (zb alle klettern eine Felswand hoch, wer schaffts?), oder Aktivitäten zeitlich gekürzt dargestellt werden sollen (zB Downtime zwischen Abenteuern).

  • Als SL verlange ich vermutlich viel zu wenige Gesellschaftsproben, bin damit aber meiner Erfahrung nach in bester Gesellschaft. Ich habe bisher in keiner Gruppe gespielt, in denen die umfassenden Sozialregeln angewendet wurden und selbst einfache Erfolgsproben sind da oft eher die Ausnahme (Rollenspiel dominiert deutlich).

    Wenn ich leite verlange ich Proben vor allem dann, wenn mir "soll und ist" (Rollenspiel <-> TAW) zu weit auseinander liegen zu scheinen oder wenn ich als SL bei der Entscheidung schwanke "ob das Rollenspiel wirklich ein Erfolg war" (z.B. wurde der NSC wirklich eingeschüchtert und vor allem wie stark [also quasi mit wie vielen TAP*/QS]).

    Die Spieler kommen dabei zwangsweise oft deutlich besser weg, als das nach Regeln wahrscheinlich der Fall wäre:

    Wer berücksichtigt schon bei einem Bauchgefühl Dinge wie Erfolgschancen (Eigenschaftswerte sind ja eigentlich auch nicht unerheblich und nicht nur der TAW entscheidend), Modifikationen (Kulturunkenntnisse, soziale Unterschiede, Einstellungen usw. die offizielle Liste ist unglaublich lang und liefert teilweise sehr hohe Mods! Oft würden die "normale" Helden die einfach nur "Fremd" sind schon bei einfachen Schwierigkeiten komplett lahmlegen), Vor- und Nachteile sowie die inzwischen sehr umfangreichen sozialen SF.

    Kurzum es sind viel zu viele Komponenten, um spontan angemessen berücksichtigt zu werden. Das gilt natürlich auch für den Spieler! Ich versuche zwar auch als Spieler meine Werte und Fähigkeiten im Hinterkopf zu haben, aber wirklich berücksichtigen kann man die vielen Einflüsse nicht (ganz zu schweigen davon, dass die Meinungen wie man das dann ausspielen sollte, weit auseinander gehen!).

    Das Ganze müsste dann noch einmal bei der anderen Partei zur Anwendung kommen (Gegenprobe oder als passive Mod.)!

    Das grundlegende Problem fängt aber eigentlich schon beim CH Wert an, denn dieser ist kaum fassbar. "Wie ist man mit CH 11, wie viel "mehr" mit 12, 14... 16?" und was bewirkt diese kaum greifbare Eigenschaft?

    All diese Dinge gehen natürlich irgendwo zulasten entsprechend gut aufgestellter Helden (Helden mit entsprechenden Vorteilen, SF, EW, hohen Werten etc. -> sie hätten wohl oft bessere Resultate vor allem im Vergleich zu ihren Mithelden).

    Die einzige wirklich faire Lösung ist das konsequente Auswürfeln mit allen anfallenden Bedingungen (so wie man es z.B. im Kampf macht). Das nicht nur wir das in der Regel nicht machen, liegt vermutlich einerseits daran, dass "sozial" die (vielleicht) "wichtigste Zutat des Rollenspiels" ist und der Spieler so stark wie nirgends sonst seinen eigenen Abdruck hinterlässt und anderseits die umfassenden Regeln (wie gesagt: unzählige Komponenten) alle Dynamik und Interaktion aus dem sozialen Bereich nehmen.

    Meiner Erfahrung nach ist die "Probe in kritischen Situationen" (NACH dem Charakterspiel und evtl. gemäß der Entwicklung modifiziert) eine gute Zwischenlösung. In der Praxis fallen dann sicher immer noch viele offizielle Punkte durchs Raster, aber zumindest der Spieler kann bzw. muss ;) seine ganze "Kraft" (Vorteile, SF, Werte etc.) in die Waagschale werfen.

    Abseits davon berücksichtige ich nicht nur im Gesellschaftsbereich die allgemeine "Aufstellung" des Helden pauschal. Der gute Kletterer kommt einfach und fix über die Mauer, der gute Gesellschafter erfolgreich durch normale "soziale Streitigkeiten". In den DSA 5 Gruppen greifen wir auch gerne auf die Routine (Routineprobe) zurück, um schnell festzustellen, wer in einer bestimmten Situation keine Probe ablegen muss "ich schaffe bis -2 Erschwernis ohne Probe" (gut du bist locker flockig über die Mauer gekommen, hast Dich mit Links bei der Wache herausgeredet...).

    Edit:

    Proben sind vor allem dann eine gute Lösung, wenn es um soziale Aktionen gegen einen Held geht: Im Rollenspiel fühlt sich ein Held oft nicht wirklich eingeschüchtert (betört etc.) und der Spieler ignoriert im Spiel gerne mal die "Erfolge" seines Gegenübers. Meiner Erfahrung nach reagieren die Spieler aber sehr gut, wenn Würfel das Resultat deutlich vor Augen führen. Vor allem die Qualität wird so greifbar und damit realistisch "spielbar".

    Das gilt in allen Bereichen (Kampf, restlicher Talentbereich, Zauberei etc.) und auch "Gesellschaft" bildet da keine Ausnahme.

    Deshalb ist es oft vorteilhaft bei Aktionen gegen den Helden zuerst die Würfel rollen zu lassen und dann auszuspielen!

    2 Mal editiert, zuletzt von x76 (16. Dezember 2020 um 15:30)

  • Das grundlegende Problem fängt aber eigentlich schon beim CH Wert an, denn dieser ist kaum fassbar. "Wie ist man mit CH 11, wie viel "mehr" mit 12, 14... 16?" und was bewirkt diese kaum greifbare Eigenschaft?

    Ist dass bei CH besonders schwer? Aus meiner sicht hat jede Eigenschaft da ihre eigenen Probleme. Bei KK zB kann man schnell sagen du kannst X heben und das skalieren, aber da stellt sich für mich immer die Frage wo im Körper bei wem die Kraft sitzt, und dann wirds kompliziert. IN finde ich ist noch schwerer greifbar, und für mich ists bei KO am schwersten.

    Generell komm ich aber ganz gut damit durch mir den unfähigsten und genialsten Menschen vorzustellen und dann zu versuchen zu skalieren.


    Eigentlich wollt ich aber auf die Fairnis eingehen.

    Ich versuch da generell allen Spielern gleiche Möglichkeiten für Erfolgserlebnisse einzuräumen. Natürlich gibts für den Gesellschafter im Stadtabenteuer mehr, und für den Wildnischarakter in der Natur, aber auf lange Sicht tu ich mein möglichstes dass es sich die Waage hält. Das hören Powergamer jetzt vielleicht nicht gern, und ich sags meinen Gruppen auch nicht so deutlich, aber erstens stört das den Powergamer in mir (wenn ich Spieler bin) nicht solang mein Char auf 'seinem' Gebiet brillieren kann, und zweitens finde ich dass Spieler die sich mehr aufs Rollenspiel als die Regeln konzentrieren genauso Erfolgserlebnisse verdient haben.

    Wenn also ein Spieler wenig abbekommen hat bau ich gern eine Szene in den Plot ein in der die Stärken seines Charakters gefragt sind.

    Hat bisher ganz gut funktioniert, und Powergamer oder nicht ich hab das Gefühl die meisten Spieler lieben solche Szenen...

  • Das läuft hier alles nur wieder auf die Frage hinaus, was der jeweilige Gruppe mehr Spaß macht.

    Immersion und Schauspielerei (creative acting)

    oder

    strategisches Gesellschaftsspiel (rules and rolls)

    Die meisten Gruppen werden ihren Kompromiss für die Anteile beider Spielweisen ausklügeln.

    Ich bin da persönlich recht flexibel und wenn man mehr das eine oder das andere möchte lasse ich mich gerne darauf ein, jeder soll Spaß haben und ich habe heraus gefunden, dass mir beides Freude bereitet.

    Nerdismus trifft auf Boomer trifft auf Flachwitz-Humor

    Ergebnis 'Ich'

  • und zweitens finde ich dass Spieler die sich mehr aufs Rollenspiel als die Regeln konzentrieren genauso Erfolgserlebnisse verdient haben.

    Gibt es dann Erfolge auch wenn die Zahlen (also Werte, Fähigkeiten, Vorteile, SF etc.) nicht passen? Im Sinn von "Wer schön spielt, bekommt seinen Erfolg - egal was sein Held eigentlich könnte" oder geht es eher darum, "wer gut spielt, spielt seinen Helden richtig aus" (deshalb kann man auch aufs Würfeln verzichten).

  • Also den Fall das ein Spieler einen Charakter baut bei dem ich mir keine Situation überlegen kann in der er glänzt hatte ich noch nicht. Ich würde auch sagen dass das ein schlechtes System ist in dem man seine Punkte so blöd ausgeben kann dass man garnichts kann.

    Aber ja, jeder der vernünftig mitspielt hat bei mir einen Erfolg verdient. Wenn man das nicht so sieht kann man ja zB eine Gruppe die gemischt aus (OT-)Neulingen und Veteranen oder noch schlimmer aus Erwachsenen und Kindern besteht nicht wirklich gut leiten.

    Für mich ist ein Rollenspielabend auch kein Wettkampf. Dagegen hab ich nichts, ich finde nur dass dafür Brettspiele und ähnliches besser geignet sind. Auf Grund der klareren Reglementierungen macht das dort einfach viel mehr Sinn, anderenfalls landet man auch leicht bei dem mir verhassten Begriff der Meisterwillkür.

    Natürlich wird ein geschickter Spielleiter versuchen es so zu drehen dass die Spieler der Meinung sind allein für die Erfolge gesorgt zu haben und auch erkennen wer glücklicher damit ist ab und zu einen Erfolg geschenkt zu bekommen und wer den Erfolg nur dann schätzt wenn er ihn sich schwer erarbeiten mußte, aber das ist dann Detailarbeit...

  • Unsere SC werden so gebaut, dass die Werte das Konzept abbilden und es nicht wichtig ist, wie oft ein Wert im Spiel geprobt wird. "Sozialverhalten" wird bei uns deutlich seltener per Würfel ausgespielt als Kampf, Wissen oder Natur. Das liegt wohl auch daran, dass man eine Diskussion viel eher am Spieltisch abbilden kann als das Suchen eines Edelweiß im Hochgebirge. Ich gehe als SL dabei auf die Spieler ein, der Redebegabte hält sein Plädoyer und es wird nicht gewürfelt, der eher Zurückhaltende legt vielleicht nur eine Talentprobe ab. Auch die Tagesform fließt mit ein, müde um 4 Uhr morgens tut´s dann vielleicht doch der 3W20-Würfelwurf... Wir kommen damit gut zurecht.

    ich wäre ja perfekt, wenn ich nicht so bescheiden wäre....

  • Falls wer den Charakter Krieg aus Borderlands 2 kennt (da gibt es ein 1a witzigen Trailer, einfach die o.g. Schlagworte suchen); so stelle ich mir das mit Gesellschaftstalenten vor.

    Was der Spieler sagt ist das, was der Charakter sagen will. Was aber der Charakter am Ende sagt entscheiden die Würfel. Dann fallen eben Argumente doch unter den Tisch oder man konnte wider Erwarten doch jemanden betören und ist mit dem Erfolg vollkommen überfordert.

    Das kann auch zur Immersion beitragen. Jeder Mensch hat eine gewisse Selbstwahrnehmung, die durchaus von der Fremdwahrnehmung anderer abweichen kann. Und so wie einer durchaus gescheite Gedankengänge hat und unter der Dusche in seinen Gedanken meisterlich strukturiert, so kann er plötzlich wenn es darauf ankommt nicht einmal erklären, warum das spitze Ende des Speeres zum Feind zeigen sollte.

    In meiner Selbstwahrnehmung bin ich ein stolzer Ritter und eloquent. Und plötzlich geht die Probe daneben, weil ich arrogant und frauenfeindlich bin. Wobei ich mich selber natürlich nie so sehen würde. Aber die Würfel entscheiden nun einmal, wie die Umwelt auf mich reagiert.

  • Eine Methode, die ich aus Forged-in-the-Dark-Spielen mitgenommen habe:

    1. Spieler_in legt fest, was er/sie erreichen will.
    2. Spieler_in beschreibt, was er/sie dafür tun will (an dieser Stelle reicht auch ein einfaches: "Ich überrede den!")
    3. Wenn noch etwas unklar ist, wird durch Nachfragen so lange "heruntergebohrt", bis jeder eine Vorstellung hat, was in der Fiktion geschieht. (Das muss keine wörtliche Rede sein. Eine halbwegs genaue Beschreibung reicht schon.)
    4. Die SL legt grob fest, was im Fall von Erfolg oder Fehlschlag passiert.
    5. Die passende Probe wird gewürfelt.
    6. SL und Spieler_in erzählen gemeinsam, was passiert.

    Wörtliche Rede muss an keiner Stelle verwendet werden. Den Aufwand muss man sich natürlich nur machen, wenn wirklich etwas auf dem Spiel steht. Aber dann führt auch kein Weg am Würfelwurf vorbei.

  • Für mich liest sich das sehr "technisch" und dadurch eventuell immersionshemmend, gerade wörtliche Rede fördert - zumindest bei uns - die Immersion. Aber wenn es bei euch funktioniert weltanschauer , warum nicht?

    ich wäre ja perfekt, wenn ich nicht so bescheiden wäre....

  • Eure Sorgen kann ich so nicht nachvollziehen. Das Ganze ist als Hilfsstruktur gedacht und gestaltet sich in der Praxis als ganz normale Unterhaltung am Spieltisch. Der Fokus liegt nur eben mehr auf Erzählung als auf Schauspiel. Und für manche ist das tatsächlich sogar "immersiver".

  • Also wir spielen die gesellschaftlichen Talente eigentlich immer in wörtlicher Rede aus und proben im Anschluss darauf auf unser Talent.

    Dieses Würfelergebnis interpretieren wir so, wie Ricordis es vorschlägt. Hier weicht dann eben Eigen- von Fremdwahrnehmung ab.

    Wobei ich eigentlich schon sagen muss, dass der Großteil der Spieler in meinen Gruppen sich charaktertreu verhält, sodass selten die Immersion verloren geht. Das klappt zwar, ebenso wie beim Ausspielen von Intelligenz, grundsätzlich nur von oben nach unten, nicht umgekehrt, aber mit Ausnahme von dem ein oder anderen Magier würde ich die meisten Helden eher auf niedrigerem Eloquenzniveau sehen, als den zugehörigen Spieler. :)

  • Ich bin einfach der Meinung das man hier als Meister flexibel bleiben sollte.

    Spieler die keine Freude daran haben, soetwas auszuspielen sollten nicht dafür bestraft werden und ihren Charakterbogen und die darauf befindlichen Werte zur Hilfe zu nehmen.

    Spieler die gerne schauspielern und in die Rolle des Charakters schlüpfen kann man aber bei besonders herausragendem Rollenspiel natürlich dennoch belohnen (bei mir gibt's dann eben mal nen zusätzlichen SchiP zurück.)

    Nerdismus trifft auf Boomer trifft auf Flachwitz-Humor

    Ergebnis 'Ich'