Freiheit von Autoren (für den Metaplot zu schreiben)

  • Die zentrale Frage, deren Antwort Bernd Ochs zumindest angedeutet hat, lautet doch: Wollen die Spieler genau die Settings haben, für welche die freien Autoren die Pitches einreichen?

    Ulisses wäre ja mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn die ständig Sachen veröffentlichen, die am Bedarf der Leserschaft vorbei gehen.

    Ich kenne hingegen einige "Altspieler", die sich auch als Autoren versuchen würden bzw. ihre eigenen Kampagnen schreiben, aber noch im Aventurien 1020 festhängen (+/- 10 Jahre). Insofern finde ich es völlig plausibel, wenn die Redaktion dann ein entsprechendes Projekt ablehnt. Auch kannst du in der aktuellen aventurischen Zeit nicht TNBT schreiben wollen, wenn dezeit gerade einige andere Plotfäden und Ereignisse noch offen und auszuerzählen sind. Wir haben den Rabenkrieg, die Sternenträger, in Thorwal soll sich was tun, im Horasreich steht ein Glaubenskrieg vor der Tür. Da passt der vierte Orkensturm vermutlich gerade nicht ins Konzept.

    Mich würde es allerdings nicht wundern, wenn man einen Stapel Karteikarten mit groben Skizzen möglicher Abenteuerfäden in der Schublade hat, die weitergeführt werden könnten. Da würde ich nur neue Ideen annehmen, die wirklich genial sind UND in die aktuelle Planung passen.

  • Es war ja auch der Tenor dass der Metaplot nach dem Ende von DSA4.1 erstmal gedrosselt werden sollte, u.A. weil Teile der Spielerschaft sich das gewünscht haben. Einfach mal durchschnaufen, nicht alle 1-2 ingame Jahre das nächste TNBT, da sich sonst sehr schnell Abnutzungeffekte einstellen. Manchen Entwicklungen sollten auch einfach nicht von jetzt auf gleich passieren, sondern brauchen Zeit (Ingame wie Outgame).

    So langsam aber sicher zieht der Metaplot aber wieder an, was ich persönlich auch sehr begrüße.

  • Mein Kommentar zum Thema:

    Zunächst möchte ich betonen, dass ich nicht das Wissen, die Einsicht und vor allem die Verantwortung einer Verlagsleitung habe, die, wovon ich ausgehe, ihr Bestmöglichstes tut, um die Existenz sowohl von DSA als auch ihrer Angestellten zu sichern. Ich habe größten Respekt vor der gesamten Redaktion und daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ich manches vielleicht anders sehe. Ich wollte diesen Job nicht machen und bin denjenigen, die das tun, sehr dankbar dafür, dass sie das tun. Insofern ist alles Folgende nur der kleine Einblick eines Außenstehenden aus einer begrenzten Perspektive.

    Selbst wenn ein Autor oder eine Autorin bei der Verwirklichung seines Konzepts größtmögliche Freiheit hat, so sehe ich hier die größte Beschränkung in dem bereits geschriebenen Metaplot. Mit der Zeit ist Aventurien dermaßen beschrieben worden, dass es für Metaplot-Gestaltende immer schwieriger wird, frei Flecken zu finden, sei es in zeitlicher oder räumlicher Dimension. Und genau diese Einengung zieht meiner Meinung nach Folgen mit sich, die jeder für sich selbst beurteilen kann. Anbei mein Versuch einer Einordnung:

    Auf der einen Seite lässt sich sicherlich mit Goethes Worten sagen:

    Wer Großes will, muss sich zusammenraffen;

    In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,

    Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.

    (aus: Goethe, Natur und Kunst)

    Insofern gibt es am derzeitigen Status quo nichts auszusetzen: Gleiche Chancen für alle.

    Andererseits, wie ich bereits in dem anderen Thread geschrieben habe, gehe ich davon aus, dass potenzielle Neuautorinnen und Neuautoren erstmal tief in die Tasche zu greifen haben, um sich auf den aktuellsten bzw. historischsten Stand zu kaufen und dann nochmal eine beachtliche Zeit dort hinein zu investieren haben, um das Gelesene zu verwirklichen, um dann die kleine Lücke zu finden, die es vielleicht noch gibt (die dann aber gerade in diesem Moment durch eine neue Regionalhilfe oder ein neues Abenteuer geschlossen oder verändert wird). Dies führt dazu, dass heute – zumindest nach meinem Empfinden – deutlich weniger Leute den Metaplot gestalten als früher, wobei gerade die Möglichkeit, dass viele das offizielle Aventurien mitgestalten können – ich mir für DSA wieder mehr wünschen würde. Auch die Anzahl der Jungautorinnen und Jungautoren ist nach meinem Empfinden deutlich zurückgegangen. Viele namhafte Autoren waren bei ihrem Metaplot-Debüt unter 25 (z.B. Römer, Masberg), manche knapp darüber (z.B. Jödemann). Einige waren sogar unter 20 (z.B. Raddatz, Weste). Wo sind die Römers, Raddatzs, Masbergs und Westes von heute?

    Ferner führt die Tatsache, ein Heldenwerk als Erstlingswerk zu schreiben dazu, dass man sich auch sämtliche Regelbände aneignen muss, um darauf reagieren zu können. Welchen Zauber könnte ein Magier in der Hinterhand haben, wenn ich dies oder jenes beschreibe? Welches Wunder könnte eine Geweihte wirken? Auch dies ist zu DSA3-Zeiten deutlich einfacher gewesen.

    Des Weiteren darf man nicht vergessen, dass DSA früher über lange Jahre nicht nur Rollenspielsystem gewesen ist, sondern auch regelmäßig den Büchermarkt mit Fantasy-Romanen versorgt hat. Auch wenn es heute immer noch Romane gibt, so erscheinen diese heute (zumindest gefühlt) lange nicht mehr in der Intensität früherer Zeiten (Ausnahme: Phileasson-Saga). Dadurch gibt es eben auch deutlich weniger Autorinnen und Autoren, die sich auf Romane spezialisiert haben.

    Ich weiß auch nicht, ob all die namhaften DSA-Autorinnen und DSA-Autoren, die den Namen „DSA“ in den Bücherläden der Republik am Leben hielten, unter heutigen Bedingungen ihre damaligen Romane hätten publizieren könnten, wenn sie sich zuvor dermaßen geld- und zeitintensiv in die die DSA-Welt hätten einlesen müssen, wie das heute der Fall ist. Wenn jemand beispielsweise über das Leben eines Efferd-Geweihten schreiben will, dann ist das ein anderer Aufwand, sich über eine Kirche zu informieren, als wenn jemand ein Heldenwerk schreiben muss, und sich eben in die Rollen, Zauber, Liturgien und Fertigkeiten aller Geweihten, Magier etc. einlesen muss – denn ein Spieler könnte ja einen Magier spielen wollen. Und einer einen Praios-Geweihten etc.

    Schlussfolgernd lässt sich die Situation für mich am besten mit einem Konditor vergleichen, der eine Torte zu verzieren hat. Selbst wenn er sich noch so viel Mühe gibt, irgendwann ist die Oberfläche der Torte voll. Dann ist es Zeit für ihn, sein Kunstwerk zu genießen und am nächsten Tag mit einer neuen Torte zu verzieren anzufangen. Was ich sagen möchte: Ich persönlich empfinde die DSA-Metaplot-Torte als zu voll. Das heißt nicht, dass sie hässlich oder unnötig oder anderweitig negativ zu bewerten ist – sie ist schön, einzigartig und erfüllt ihren Zweck – aber in meinen Augen ist sie am Limit. Und wenn man neuen jungen Autorinnen und Autoren wirklich eine Chance geben will, wenn man wirklich Aventuriens Next Topautor sucht, dann hilft meiner Meinung nach nur der Reset-Knopf.

    Auf der anderen Seite möchte ich jedoch auch ganz klar sagen, dass ich den größtmöglichen Respekt vor all denjenigen habe, die ihre Zeit und ihr Geld darein investieren, die geforderten Anforderungen zu erfüllen, sich ganz klein durch Smalltalk, Hilfsarbeiten, Präsenzzeigen auf Cons Stück für Stück hocharbeiten, und das teilweise seit Jahren und Jahrzehnten. Wenn es jemand verdient hat, den Metaplot zu gestalten, dann seid ihr das und ich gönne euch das von ganzem Herzen!

  • Ich mag nicht immer mit der Nostalgie-Keule kommen, aber...:D

    Es fehlt heute ganz einfach der Nachwuchs, das ist dem Medium an sich geschuldet. Ich habe mit 13 oder 14 Jahren auf einer Schreibmaschine auch meinen eigenen Aventurischen Boten für meine Gruppe getippt und mit Schere und Pritt-Stift layoutet. Rollenspiel ist im Grunde, auch wenn derzeit vermehrt andere Formen im Einsatz sind, ein zutiefst analoges Medium.

    Alle von dir genannten Autoren hatten in ihrer Jugend kaum eine andere Möglichkeit, in fremde Welten abzutauchen UND diese mitzugestalten. Selbst der Markt für Fantasyromane und, abgesehen von einem kurzen Intermezzo in den 0er Jahren, Fantasyfilme ist massiv geschrumpft.

    Hätte es beispielsweise World of Warcraft vor 35 Jahren bereits gegeben, ich weiß nicht, ob viele der genannten nicht eher darin "versumpft" wären, statt sich kreativ zu betätigen. Eskapismus ist letzlich beides.

    Mein Sohn ist zwischenzeitlich auch volljährig und spielt bereits seit vier Jahren in einer meiner Runden mit. Er mag dieses Hobby, es macht ihm Spaß, aber er käme nicht auf die Idee, sich hier kreativ zu betätigen. Ich will dieser Generation nicht komplett in die Konsumentenecke stellen, immerhin hat er in seinen frühen Teenager-Jahren diverse Minecraft-Welten mit seinen Freunden gebastelt.

    Man sieht es auch ganz gut an der Veröffentlichungspolitik von Ulisses, dass man dort recht genau weiß, welche Zielgruppen man bespielen muss.

    Grundsätzlich bin ich nämlich davon überzeugt, dass die Redaktion es sich wünschte, dass ganz viele neue, junge, kreative Spieler mit Ideen auf sie zukommen und ihren Teil zu Aventurien beitragen.

  • s fehlt heute ganz einfach der Nachwuchs, das ist dem Medium an sich geschuldet. Ich habe mit 13 oder 14 Jahren auf einer Schreibmaschine auch meinen eigenen Aventurischen Boten für meine Gruppe getippt und mit Schere und Pritt-Stift layoutet. Rollenspiel ist im Grunde, auch wenn derzeit vermehrt andere Formen im Einsatz sind, ein zutiefst analoges Medium.

    Für den Nachwuchs gibt es doch genau solche Foren wie der Orkenspalter, bei der Neulinge nicht ausgebuht werden - vom Grundsatz her mein ich 😉

    Das Analoge ist natürlich so ne Sache, aber da du grad selbstgemachte Boten ansprichst - super Gelegenheit für Schleichwerbung: :lol2:

    DERENZEIT - der andere Bote

    Kann man sich dann Ausdrucken 😉

    Wenn Ulisses da etwas gefällt, könnte ich mir schon vorstellen, dass etwas in die offizielle lebendige Geschichte übernommen wird.

  • Grundsätzlich bin ich nämlich davon überzeugt, dass die Redaktion es sich wünschte, dass ganz viele neue, junge, kreative Spieler mit Ideen auf sie zukommen und ihren Teil zu Aventurien beitragen.

    Davon bin ich ebenfalls überzeugt. Nichtsdestotrotz denke ich, dass frühere Autoren deutlich weniger Geld und Zeit investieren mussten, um die Lücke zu finden, die noch Spielraum für ihre kreative Idee zulässt.

  • Hm, irgendwer mußte früher ja die gut 28 Seiten pro Botenausgabe mit Text gefüllt haben - vieles davon stammte von Briefspielern und den Regionalkanzlern. Unterschied zu heute - früher hatte man mehr Zeit (kein Intenet, keine 30 TV-dumm-Porgramme etc.). Hätten nur die DSA-Autoren sich alles ausdenken müssen, sähe Aventurien sicherlich viel langweiliger und noch kleiner aus ... und DSA gäbe es wohl gar nicht mehr.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)