Nitschze kommt als irdische Grundlage einer aventurischen Ethik eher weniger in Frage. Seine "Gott ist tot"-Philosophie wäre auf Dere der Auswuchs des Nachteiles Wahnvorstellungen. Kant hingegen, der die Moral stark an Gott und Religion geknüpft hat, ist schon eher fruchtbar.
Nun ist es aber so, dass die Gottheiten deutlich etwas gegen Dämonenbeschwörung haben.
"Unter Umständen - nach Willen und Aufmerksamkeit der Götter -kann ein Missetäter auch dann ein Mal des Frevlers erhalten, wenn er sich auf schlimmste Weise gegen die göttliche Ordnung vergeht. Eine einmalige Dämonenbeschwörung reicht hierfür sicher nicht aus, wohl aber z.B. ein lange geplanter, heimtückisch durchgeführter Mord an Wehrlosen." (WdG24)
Mehrmalige Dämonenbeschwörung mag also für ein Mal des Frevlers ausreichen.
"Da die Tempelweihe von der Gottheit selbst mit ihrer Kraft besiegeltwird, muss schon ein sehr gravierendes Verbrechen an den Lehren des Kultes begangen werden (die Schlachtung des Heiligen Tieres in unheiligen Riten, Mord an einem Geweihten, Zelebrierung namenloser Gottesdienste oder Beschwörung von Dämonen), um ihn wieder zu entweihen"(WdG23)
"Das Wesen der Götter ist die Ordnung, das Wesen der Dämonen ist das Chaos. Das ist, vereinfacht gesagt, der Gegensatz zwischen Göttern und Dämonen. Dieser offenbart sich nicht nur in den Zielen und
Motivationen der mächtigen jenseitigen Wesenheiten. Er manifestiert sich auch in dem unüberbrückbaren Gegensatz zwischen Kosmos (also geschaffener Welt, Existenz und Sein) und Chaos (Nicht-Sein und der Abwesenheit der Möglichkeit des Seins). Der Kosmos entstammt der Schöpfung. Er bestimmt sich aus dem Wechselspiel aus Kraft und Materie (Sikaryan) und kosmischer Ordnung, der Möglichkeit zur Entwicklung (Nayrakis). Beides – Sikaryan und Nayrakis – fehlt jedoch in der Siebten Sphäre. Und genau dies mag der Grund sein, warum die dämonischen Wesenheiten so sehr nach (astraler) Kraft und nach Seelen gieren: Einmal aus einer Laune des Chaos entstanden, benötigen sie die Zufuhr dieser kosmischen Kräfte, um ihre schiere Existenz zu bewahren. Die Götter dagegen sind die höchsten Ausprägungen der kosmischen Ordnung. Ihre Aufgabe ist es, den Kosmos zu bewahren. Dies heißt vor allem, dass sie dafür sorgen, dass möglichst keine Kraft und keine Seelen aus dem Kosmos entweichen und damit die Dämonen stärken. Die Ränke des Namenlosen und ‘Madas Frevel’ (wie auch immer dieser aventurisch gedeutet wird) haben jedoch die Festigkeit des Weltgefüges erschüttert und bieten die Möglichkeit, dass zwischen Chaos und Kosmos Kräfte fließen können. Dazu haben einige Seelen sich durch frevelhafte Taten oder durch Allianzen mit den Ungeschaffenen so weit von der kosmischen Harmonie entfernt, dass sie nicht mehr in die Ordnung der Welt eingebunden werden können und der kosmischen Ordnung endgültig verloren sind – ein Schicksal, das angeblich selbst Göttern widerfahren kann.
Sind Dämonen per se böse? Nein, denn schon die Entscheidung zwischen guten und bösen Taten erfordert moralische Kategorien, die jedoch nur im Kosmos existieren. Die Bewohner der Niederhöllen sind also ‘lediglich’ absolut anders und vollständig unmenschlich. Der Wille zur Bosheit jedoch ist nicht Teil ihres Wesens. Dass sterbliche Beschwörer böse Taten begehen, um sich der Macht der Dämonen zu versichern und dass es – über unmenschliches Verhalten, Mord, Folter und Vergewaltigung hinaus – eine erzböse Tat ist, den Dämonen den ungehinderten Zugang zum Kosmos zu verschaffen, steht auf einem anderen Blatt. [...] Wenn man also davon ausgehen muss, dass man durch eine Beschwörung das eigene Seelenheil und die körperliche Unversehrtheit riskiert, den Urgrund des Kosmos schädigt und andere der Gefahr des Seelenverlustes aussetzt – wer, bei allen Niederhöllen, beschwört denn dann überhaupt Dämonen?" (WdZ391f)
Die Götter sind die Hüter der Ordnung, in der und mit der und durch die alles existiert und lebt - selbst der Dämonenbeschwörer selbst. Jede Dämonenbeschwörung fügt Ordnung und Kosmos Schaden zu. Nun kann man freilich sagen: "[D]er Kosmos ist groß; der wird den einen oder anderen Dämon schon vertragen."(Beschwörertypus "Der Sorglose" WdZ393) oder "Mein Weg schafft höhere Ordnung, auch wenn ich dafür Chaos einsetze. Ich werde sein wie die Götter,und wer hat das Recht, es mir zu verwehren?" (Beschwörertypus "Der Skrupellose" ebd.) oder auch "Hätte der Kosmos mehr Gnade gezeigt, hätten die Götter nicht geschwiegen, wäre es ja gar nicht nötig. Ich bin frei von Schuld" ("Der Verzweifelte" ebd.). Aber zieht das? Nur wenn man in völligen Nihilismus verfällt und meint, der Kosmos wäre ohnehin zum Untergang verdammt und es käme auf mehr oder weniger Zeit nicht an. Bedenkt: Nichteinmal für einen Übermenschen wäre noch Platz. Er könnte nie entstehen, weil Kosmos und Ordnung vor seiner Entstehung vergehen könnten.
Weil ich nun also Kant für geeigneter halte, würde ich mich bei der ethisch-moralischen Bewertung an seinen kategrorischen Imperativ halten: "Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde."
Wenn es nun ein allgemeines Gesetz wäre, dass jeder, der es kann, Dämonen beschwört, so würde der Kosmos durch die Summe der Nadelstiche doch erheblich geschädigt. Zudem wäre die Anzahl der Unfälle und Missglücke hoch - viele Seelen würden verlorengehen und viele am Leib Schaden nehmen. So ist die Antwort also: Beschwöre keine Dämonen, denn es wäre eine wünschenwerte allgemeine Gesetzgebung, dass niemand dies tut. Es würde den Kosmos schonen und Dere sicherer machen.