Hesinde-Geweihter Pirat/Freibeuter?

  • Da musste ich bei deiner Beschreibung nun an Der Seewolf denken. Ich hab keinen der (wohl bekannteren) Filme bereits gesehen, aber im Buch beginnt die Geschichte mit einem Schöngeist der durch ein Unglück bei einer Bootsfahrt über Bord geht und dann von einem Robbenschoner aufgelesen wird, von dem er erst mal nicht runter kommt, weil dieses Schiff gerade erst zur Jagd ausgefahren ist.

    Das wäre vielleicht ein interessantes Konzept. Dass der Charakter durch äußere Umstände in eine Situation gebracht wird, wo er zwar froh sein kann, dass er überlebt hat, aber dort dann auch erst mal nicht weg kommt. Vielleicht gibt es Konflikt zwischen ihm und dem Kapitän (weil er - noch - nicht ein Befürworter der Piraterie ist) oder er wird gar gefangen genommen. Um sich selbst zu retten, versucht er sich mit der Situation zu arrangieren und kann dem Kapitän und der Mannschaft seinen Wert für das Schiff beweisen. Das passiert in einer Wechselwirkung und so verändert auch er sich, sieht die Sache mit der Piraterie nicht mehr so kritisch...

    Einmal editiert, zuletzt von Gast (8. Oktober 2020 um 11:38)

  • Das ist mal eine originelle Idee! Hesindianer suchen sich ja oft ein Fachgebiet, auf dem sie forschen. Ihr persönliches Steckenpferd. Dass kann durchaus die Theorie der Nautik, Navigation, des Schiffbaus etc. sein und das Wissen dazu sammelt man am besten unter Experten im Einsatz. Bei der Auswahl der Wissens- und Handwerkstalente kannst du auf Schiffbau, Seefahrt, Boote Fahren etc. setzen. Dazu auch Hauswirtschaft (ein Schiff ist ein schwimmendes Haus, oder?;)), Kriegskunst (Seekrieg), Geographie, Kartographie, Rechtskunde (Freibeuter sind ja juristisch nicht selten auf dünnem Eis). Dazu sind die umfassenden Sprach- und Schriftkenntisse freilich sehr wertvoll.

    Der Geweihte kann als Verwaltungsoffizier und Seelsorger auf einem großen Handelsschiff angeheuert haben, dessen Mannschaft später auf Freibeuterei umgeschwenkt ist. Da die legal ist und er seinen Studien und Forschungen weiter nachgehen kann, blieb er. Und irgendwann gab es eine Durststrecke und man brachte ein Schiff einer verbündeten Nation auf und war plötzlich eine gesuchte Piratenmannschaft. Und das den Kirchenoberen zu erklären schiebt der Geweihte vor sich her, bis es zu spät ist und er als Krimineller gilt. Und schon ist er reingerutscht.

    So kann er ein geschätztes und erfahrenes Mitglied einer Piratenmannschaft sein.

  • Die Ansätze kommen hin, der Aufenthalt auf einem Piratenschiff wird allerdings bald zweischneidig mMn:

    Denn jeder Geweihte hat die Auflage und Pflicht "den Glauben an die eigene Religion in der Bevölkerung zu festigen, das Lob der Gottheit zu predigen, Frevel gegen die Gottheit und ihre Prinzipien zu verhindern, Ratsuchende zu beraten, Frevler zur Umkehr zu bewegen und, wenn sie Reue zeigen, ihnen die Beichte abzunehmen. Weiterhin ist jedem Geweihten und jedem Akoluthen bewusst, dass er durch sein Verhalten das Ansehen seiner Kirche mehren und nicht mindern sollte. Auch die Bekämpfung von Wesenheiten, die die göttliche Ordnung massiv stören (vor allem Dämonen), gehört zu den Pflichten eines jeden Kirchenangehörigen (auch wenn als ‘Bekämpfung’ durchaus ausreicht, schnellstens den nächstgelegenen Exorzisten zu verständigen)." (WdH, S. 166/167 unter Moralkodex)

    Piraten zum Glauben zu bewegen ist ein guter Ansatz. Aber sie nicht davon abzuhalten zu stehlen, zu plündern, zu töten, das darf er nicht. Damit bringt er sich und seine Kirche in Verruf, und Piraten als Gesetzlose unterstützen mag auch in die eine andere Richtung interpretiert werden, denn in der aventurischen Rechtsprechung kann man recht schnell in Richtung sich "göttliche Ordnung" widersetzen rutschen.

    Es dürfte sich auch die Frage stellen, warum Piraten einen Geweihten an Bord behalten, der ihnen vermutlich ständig ins Tagesgeschäft predigen möchte, und der, bei ihnen gesehen, noch mehr Probleme machen kann, wenn vermutet wird, sie halten ihn gefangen.

    Sind denn die anderen SC auch Piraten? Hätten sie und ihre Spieler Spaß daran, einen weißen und moralisch guten Geweihten dabei zu haben, der andere Lösungsmöglichkeiten präferieren wird und womöglich andere gewünschte Lösungsmöglichkeiten ablehnen wird?


    Auf der anderen Seite: Jasina Melenaar, erst von Haffax entführt, dann seine Vertraute, hat, glaube ich, weder von ihrer Göttin noch Kirche aus Konsequenzen erfahren (auch wenn ich nicht weiß, ob sie im Kleinen tatsächlich etwas bewirken konnte, was ja einen bedeutsamen Punkt machen sollte).

  • (auch wenn ich nicht weiß, ob sie im Kleinen tatsächlich etwas bewirken konnte, was ja einen bedeutsamen Punkt machen sollte).

    Über Jasina Melenaar heißt es : "Ihrem Einfluss ist es zu verdanken, dass die Zwölfgötter an der Piratenküste geduldet werden" (Schattenlande S.104) Das ist ja schon ganz ordentlich, würde ich sagen...

    Wenn man das als Maßstab nimmt, könnte ein Hesindegeweihter, der eine Piratenmannschaft begleitete und davon abhielt etwa Charyptoroth zu verfallen, wohl durchaus Gnade von seiner Kirche erhalten.

  • Die Frage ist auch - muss der Geweihte für @BorbaradsRaumschiff noch in der Kirche anerkannt sein oder reicht die Göttin? Für die KE würde es ja reichen, wenn Hesinde noch einverstanden ist. Und wenn man in einem Piratennest wie Charypso oder an der Piratenküste predigt, was gewöhnliche Geweihte kaum können, könnte das taugen. Verpflichtungen zur Kirche müsste man dann freilich zu Verpflichtungen zur Mannschaft umwandeln. Damit der Karmahahn tatsächlich zugedreht wird, muss man es ja ganz schön toll treiben. Das leidige Thema mit dem Karmahahn Der große Nachteil ist freilich, dass man den Anschluss an klerikale Lehrmeister*innen verliert.

    Die andere Methode wäre, dass der Geweihte schon vor einem Kirchengericht gelandet ist - entweder weil sein Schiff aufgebracht wurde, oder weil er sich gestellt hat. Da er nicht direkt an Verbrechen beteiligt war und vor allem, weil man der Kirche Rufschädigung ersparen wollte, kam es nicht zu einer offiziellen Verurteilung, man versetzte den Piratengeweihten nur an einen Ort, an dem ihn niemand kennt - also ins Landesinnere. Von dort kann er seine Abenteurerkarriere starten - mit jeder Menge Piratenwissen im Kopf, das er irgendwann auspacken kann. Ich weiß, die zweite Methode klingt absurd, basiert aber leider auf irdischen Praktiken, die auch heute noch von gewissen Institutionen teilweise angewendet werden.

    EDIT

    Wenn wir von Freibeutern statt Piraten reden, sehe ich deutlich weniger Probleme. Schiffgeweihte gibt es genug (auch wenn sie normalerweise eher Efferd, Swafnir, Aves oder bei Freibeutern vielleicht noch Kor oder Phex zuzuordnen sind) und die Mannschaft ist ein Teil der Bevölkerung und ist juristisch eigentlich in Ordnung. Das Themenfeld Seefahrt ist ein legitimes Forschungsgebiet. Das wäre das Einfachste.

    Einmal editiert, zuletzt von Gast (8. Oktober 2020 um 12:58)

  • Oder man dreht @Windweber `s Idee von der Strafversetzung um.

    Der Hesindegeweihte ist schon vor einem Kirchengericht gelandet (wegen Freidenkerei, illaristischen Tendenzen, was weiß ich) und wurde dorthin strafversetzt, wo man seine Ruhe vor ihm haben will: in die Kolonien.

    Beim Mittelreich böte sich Hot-Alem an, beim Horasreich (das ja Heimat der Hesindekirche ist!) Benbukkula.

    Vom Verbannten zum Piraten war der Weg ja auch irdisch nicht weit.

    Und wenn das für den Geweihten "ein gen Alveran schreiendes Unrecht" war, dann böte sich diese Abnabelung von der Kirche schon irgendwie an...

    Anderer Ansatz: die Hesindegeweihten aus Al`Anfa oder Brabak hätten bestimmt weniger Bedenken bei Piraten, Bornländer (etwa nach Port Stoerrebrandt geschickt) könnten das sicher auch irgendwie mit ihrem Gewissen ausmachen ("Immerhin schade ich damit diesen halbketzerischen Sklavenhaltern von Al`Anfa)...

    Und wenn der Meister meint, dass Hesinde weiter Karma spendet, dann passt das schon irgendwie. Wir haben eine Efferdgeweihten in Charypso, der sich dort nun ja, irgendwie piraterisch betätigt und wenigstens in "In den Dschungeln Meridianas" finde ich keinen Hinweis, dass ihm sein Gott den Karmahahn zudrehte.

    Und was Efferd kann, kann die eh freidenkerische Hesinde schon lange, will ich meinen!

    Darüber, wie lange ein solches Konzept innerweltlich stimmig durchzuhalten ist, maße ich mir keine Aussage an, aber wenigstens für den Einstieg sehe ich mehr als genug Aufhänger.

  • Eine richtig klasse Idee! Ich wollte nur anmerken, dass der unterschied zwischen Pirat und Freibeuter marginal ist. Historisch wurde so ein Kaperbrief so gut wie immer ohnehin nur von der Nation anerkannt, die ihn ausgestellt hat. Des einen Freibeuter war der anderen Pirat. Außerdem wurden viele Freibeuter Piraten indem sie auch Schiffe der eigenen Seite überfielen, oder nach Kriegsende weiterraubten. Eine klare Trennlinie zwischen Pirat und Freibeuter ergibt sich eher aus moderner Forschung und dem Verlangen immer alles in klare Kategorien zu ordnen. Das predige ich seit Jahren, da ich mich aus beruflichem Interesse viel mit dem Thema befasste (... meist als Historiker, nicht als Pirat ; )

    Aber der Hesindegweihte könnte sich ja u.a. zum Ziel gesetzt haben, dass sich die Crew solange wie es geht an den Kaperbrief hält, nur Schiffe verfeindeter Mächte überfallen werden. Vielleicht predigt er auch nicht der eigenen Crew, sondern versucht Gefangene zu konvertieren, seinen es Andersgläubige, oder auch "nur" Anhänger des Al'Anfaner/Puniner Boronritus (je nachdem für wen er fährt). So ein Schiff kommt ja ordentlich rum, ist doch eigentlich perfekt für Forschungsreisen, insbesondere wenn es ins Südmeer und die Waldinseln geht. Kann mir gut vorstellen, dass man da sein Buch der Schlange schnell füllen kann.