Vom Schweigen der Boronis

  • Boron zum Gruße,

    in letzter Zeit gab es zwei Threads, die das Thema des Schweigens der diversen Boronjünger angeschnitten haben. Ich persönlich verstehe Geweihte als Priester.

    "Die Geweihten der Zwölfgötter sind (neben ihrer hauptsächlichen Funktion als persönlich von den Göttern auserwählte Verkünder und Mittler zwischen Sterblichen und Göttern) Religionslehrer, Seelsorger und Ratgeber. Gesellschaftlich werden sie als die direkten Stell-vertreter der höchsten Mächte im ewigen Kampf gegen das Chaos, das Böse und das Unrecht angesehen." (Wege der Götter S. 22, DSA 4.1) "

    "Alle Formen von Moralkodex beinhalten, wenn nicht ausdrücklich anders erwähnt, die Pflicht, den Glauben an die eigene Religion in der Bevölkerung zu festigen, das Lob der Gottheit zu predigen, Frevel gegen die Gottheit und ihre Prinzipien zu verhindern, Ratsuchende zu beraten, Frevler zur Umkehr zu bewegen und, wenn sie Reue zeigen, ihnen die Beichte abzunehmen. " (Wege der Helden S. 266, DSA 4.1)

    Diese beiden Passagen geben einem Geweihten nicht nur das Recht, sondern die Pficht zu sprechen.

    Nun gibt es aber auch Stellen speziell zu den Boronis:

    "Boronis (Ez.: der/die Boroni) gelten als Meister der Zurückhaltung, denn die Herrschaft über die eigenen Gefühle ist ein zentrales Element in der Ausbildung zum Geweihten des Todesgottes. Viele Geweihte legen sogar Schweigegelübde ab, um ihrem Gott in der Stille noch näher zu kommen. Es gilt zudem als ungehörig, einen Geweihten ungefragt anzusprechen - man muss warten, bis er sich einem zuwendet." (WdG 77)

    "Schweigen: Das Schweigen ist der Urzustand der Welt: Sprich nur das Allernotwendigste. " (WdG 78)

    "Es herrscht ein Schweigegebot, d.h. es wird kein unnötiges Wort verloren." (WdH 213)

    Wobei für den alanfaner Ritus gilt:

    "Auch die Geweihten der Al'Anfaner Kirche bestatten Tote, betreuen Wahnsinnige und ergründen Barons Willen im Traum. Sie zelebrie-ren für ihre Gläubigen häufig Rituale, deren Anlass im Norden in die Zuständigkeit anderer Kirchen fallen, zum Beispiel zur Geburt oder Hochzeit. In einigen Städten, vor allem in Al'Anfa selbst, halten Boronis viele Posten in Regierung, Verwaltung, Geheimdienst und diplomatischen Vertretungen im Ausland. [...] Zwar auch meist schweigsam, beherrscht und würdevoll wie ihre Puniner Kollegen, sind doch die wenigsten Geweihten des Kultes aus Al'Anfa so weltabgewandt. Die meisten, von einigen Träumern und Schriftgelehrten abgesehen, stehen mitten im Leben, besuchen die Feste der Reichen, intrigieren um Macht und Einfluss, sind oft verheiratet und verstehen es, neben den Interessen ihres Gottes und ihrer Kirche auch die ihrer Familie nicht zu kurz kommen zu lassen." (WdG 81)

    Zum Moralkodex beider Riten gehört auch:

    "Menschenkenntnis: Folge dem Vorbild der Seelenwaage Rethon und strebe danach, das Wesen eines Sterblichen zu ergründen, um Menschen hilfreich auf den Weg zu Boron vorzubereiten."

    Damit wird das Predigen, Seelsorgen und Ratgeben im Grunde noch einmal als Pflicht besonders festgeschrieben.

    Mein persönliches Fazit ist, dass sicher kein Boroni oder anderer Boronjünger eine Quasselstrippe ist. Aber Boronis, die als Seelheilkundige, Seelsorger, Prediger, Berater, Lehrer Krieger oder in der Politik tätig sind, kommen nicht darum herum, sogar recht viel zu sprechen. "Sprich nur das Allernotwendigste" bedeutet für mich vor diesem Hintergrund: "Sprich das Allernotwendigste!" Denn allein mit Mimik und Gestik kann man diesen Aufgaben nicht nachkommen und wenn man aufgrund zu knapper Aussagen nicht weiß, was gemeint ist und nachfragen muss, zwingt man den Gesprächspartner, mehr als das Allernotwendigste zu sagen und sich von den Prinzipien des Gottes zu entfernen. Golgariten und andere Kriegerorden, die Schlachten und Kriege planen und sich im Kampf koordinieren, Noioniten, die Geisteskranke pflegen, Etilianer, die die Lebenden beraten und führen, Marbiden, die Sterbende begleiten - sie alle haben viel zu sagen.

    Wie oben zitiert gibt es Boronis, die ein Schweigegelübte ablegen. Das erkläre ich mir damit, dass dies entweder ausgesprochene Mystiker sind, die sich z. B. der Traumdeutung verschrieben haben und Orakelsprüche niederschreiben, alte Borongeweihte, die als Priester im wahrsten Sinne des Wortes in den Ruhestand gegenagen sind oder Priester, die sich ein zeitlich befrstetes Gelübte auferlegen, um ihren Gott näher zu kommen. Vielleicht den Monat Boron hindurch.

    Die meisten Boronis werden aber so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig sprechen.

    Gerade Boronis als Spieler*innencharaktere werden selten zu den ganz schweigsamen ihrer Zunft zählen. Das Spiel wird damit möglicherweise für die ganze Gruppe anstrengend, könnte ich ich mir vorstellen. Wobei an einem Spieleabend hin und wieder einmal ein befristetes Gelübde auszuspielen, könnte ganz spannend sein.:/

    Aber wie seht ihr das? Habt ihr Erfahrungen mit Boronis als Meisterpersonen, Spieler*innencharaktere von anderen oder euch selbst? Wie seid ihr das angegangen? Wie versteht ihr den Hintergrund?

  • In einer meiner Runden gibt ein Spieler nach diversen erfolglosen Versuchen, sich selber beim Spiel zu zügeln, offen zu, dass er wohl die geschwätzigste Borongeweihte ganz Aventuriens spielt. :D

    Das sind keine Augenringe. Das sind Schatten großer Taten!

  • Bruderschwester Windweber ich freue mich das Du die Thematik noch einmal aufgreifst.

    Grundsätzlich gebe ich Dir Recht. Ein Geweihter ist auch immer ein Seelsorger. Aber Seelsorger kann (muss nicht) auch mit wenigen Worten geschehen.

    Selbstverständlich auch mit einer Predigt. Die wird dann vermutlich aber nur recht leise gesprochen, ist aber im sehr ruhigen Tempel fast unangenehm laut von allen Betenden zu hören.

    "Menschenkenntnis: Folge dem Vorbild der Seelenwaage Rethon und strebe danach, das Wesen eines Sterblichen zu ergründen, um Menschen hilfreich auf den Weg zu Boron vorzubereiten."


    Damit wird das Predigen, Seelsorgen und Ratgeben im Grunde noch einmal als Pflicht besonders festgeschrieben.

    Das ist eine Interpretation, die ich nicht gewagt hätte. Menschenkenntnis: Erkenne den Menschen, hilf ihm seine Seele zu entlasten und zu reinigen. Da steht nicht explizit etwas von Predigten.

    kann für Opfer von Sexueller Gewalt vielleicht verstörend wirken

    Beipiel:

    Ruhig und verlassen lag der große Betraum des Tempels vor Boronidas. Doch etwas störte die Stille: ein leises Schluchzen. Boronidas empfand das Schluchzen als störend, fast ebenso verstörend war das Bild der jungen Frau. Ein Blick genügte, Boronidas wusste, was vorgefallen war. Gemächlichen Schrittes nährte er sich ihr, leise, kniete einen halben Schritt neben ihr nieder und wartet bis sie bereit war zu sprechen. Er blickte sie an, nickte als sie sprechen woltle auffordernd. Er blickte sie an, hörte alles an, hörte den Schmerz, die Verzweiflung, die Wut, die Ohnmacht. Er blickte sie an und sie teilten den Schmerz, doch hier im Tempel herrschte Stille. Erneut lange Herzschläge.

    Dann hob er an zu sprechen. "Es ist gut, das Du hergekommen bist. Der Herr Boron schenkt Vergessen, doch es wird dauern, viele Nächte lang wirst Du nicht den Segen des erholsamen Schlafes finden, so sehr du auch suchst. Drum lass uns jetzt zusammen beten. Danach gehen wir gemeinsam zur Wache."

    Boronidas faltet die Hände und sah wie die junge Frau es ihm gleichtut. Er wagte ein gütiges Lächeln

    Grumbrak schweigt und lauscht den Worten der Bruderschwester.

    Golgariten und andere Kriegerorden, die Schlachten und Kriege planen und sich im Kampf koordinieren, Noioniten, die Geisteskranke pflegen, Etilianer, die die Lebenden beraten und führen, Marbiden, die Sterbende begleiten - sie alle haben viel zu sagen.

    Golgariten, so stand es schon früher geschrieben kämpfen schweigend, den der Kampf und der damit verbundene Tot sind ihnen heilig. Koordinieren geht auch (wenn man will) über Wimpel oder kurze Rufe. Ich kann mir nur schwer vorstellen, das ein Haufen Golgariten sich mit Fanfaren und Trommeln in die Schlacht begibt und dort so "lenken" läßt. Vielleicht ist das ein Grund warum Golgariten eher in kleinen, gut aufeinander Abgespielten Gruppen auftreten, die im Kampf auch ohne viele (nicht ganz ohne Worte) auskommen.

    Die anderen werden reden, aber meist sind es die Kranken oder Sterbenden, die noch reden wollen oder müssen. Meine Psychologin schaut Dich nur mit großen, hellen und aufmerksamen Augen an und stellt selten, einzelne aber gezielte (wehtuende, unabsichtlich aber wichtige) Fragen. Die meiste Zeit redet man aber ohne viele "unnötige" Worte ihrerseits. So sehe ich auch Marbiden und Noioniten.
    Viele Ratsuchende kennen die Lösung, wenige richtige Fragen führen sie dahin. Ein sinnloses Geplapper sicher nicht. Grumrbak muss aus eigener Erfahrung leider sagen: Wir plappern alle den ganzen Tag viel zu viel unwichtiges. Das Wichtige aber, das wird nicht gesagt. Ein Boroni sollte es genau anders herum machen. Daher ist eine hohe Menschenkenntnis auch verdammt wichtig.

    Aber Boronis, die als Seelheilkundige, Seelsorger, Prediger, Berater, Lehrer Krieger oder in der Politik tätig sind, kommen nicht darum herum, sogar recht viel zu sprechen. "Sprich nur das Allernotwendigste" bedeutet für mich vor diesem Hintergrund: "Sprich das Allernotwendigste!"

    Recht viel aber doch nicht zu viel. Ich würde so weit gehen zu sagen das "ALLER" herauszunehmen: "Sprich das Notwendigste." Aber sprich nicht unnutz oder unüberlegt. Fasse was du sagen willst so zusammen, dass es schlüssig und kurz ist: In der Kürze liegt die Würze.


    Wie oben zitiert gibt es Boronis, die ein Schweigegelübte ablegen. Das erkläre ich mir damit, dass dies entweder ausgesprochene Mystiker sind, die sich z. B. der Traumdeutung verschrieben haben und Orakelsprüche niederschreiben, alte Borongeweihte, die als Priester im wahrsten Sinne des Wortes in den Ruhestand gegenagen sind oder Priester, die sich ein zeitlich befrstetes Gelübte auferlegen, um ihren Gott näher zu kommen. Vielleicht den Monat Boron hindurch.

    Bruderschwester, das erkläre ich mir damit, dass viele Geweihte (nicht nur) Mystiker, sich ihrem Gott annähren wollen. Bei Rondrianern können wir es uns besser vorstellen: Die Rondrianer nähren sich der Göttin im Kampfe. Nicht nur die Mystiker kämpfen Schattenkämpfe oder Duelle. Sie alle kämpfen miteinander. Warum? Weil sie die Nähe der Göttin so spüren können, sie Sonnensüchtige die Wärme der Praiosscheibe spüren wollen. Wie alle süchtigen die Wärme spüren wollen. Licht, Wärme, Freude, Lust.

    Der Boroni spürt die Nähe Borons durch schweigen. Das ist schön. Nein. Das ist etwas wunderschönes. Nein. Das ist das Schönste was es gibt. "SCHT...SCHT...STILLE!" dann nichts mehr. Dann dieser Ton, ohne Geräusch. Das Wissen: Boron nahe zu sein. Kein Wort, nur das Lächeln huscht über Boronidas Gesicht.

    Obwohl ich persönlich glaube, dass wir in unserer modernen, vernetzten (whattsapp, fbook, zwitscher und Co) viel zu viel kommunizieren ohne etwas wichtiges zu sagen, würde ich persönlich keinen Boron Geweihten spielen wollen. Zumindest nicht regelmäßig. Ich bin das Gegenteil und es würde mich Überwindung kosten ihn "richtig" zu spielen. Als "Plappertasche" hingegen, als special snowflake, möchte ich ihn nicht spielen. Also bleibt nur der "oneshot" oder gelegentlich, oder gar nicht.

    Grumrbaks Fazit: Geweihte müssen predigen. Borongeweihte sind auch Geweihte auch sie halten Messen und müssen sprechen. In den südlichen Landen werden die Geweihten des Schweigsamen Gottes, grade weil sie auch Politiker und Privatsfrauen und -männer sind, mehr reden. Vielleicht sogar ungebührlich mehr (aus den Augen des Puniner Kultes). Wir Spieler und Meister könenn nun darüber diskutieren: Was ist noch spielbar, was sind die Grenzen. Ist es falsch verstanden nicht zu viel zu sprechen? Was ist zu viel? Boron hingegen schweigt dazu. Soltlen wir es ihm gleichtun, doer soltlenw ir weiter reden? Reden wir überhaupt, wenn wir doch schreiben? Ist das Forum nicht (vorausgesetzt eine leise klappernde Tastatur) sogar Borongefällig? Ist das Klappern der Tasten nicht fast, wie das klappern der Rabenfüße auf den Zinndach, die die Rabenschnäbel, die an Knochen klopfen? Huldigt ein Tastenhieb dem Herrn der Stille? Oder ist jedes Wort, eines zu viel?

    Du siehst Bruderschwester: Grumbrak ist heute selbst Mystiker.

    Mich würde interessieren, wie Minerva Ragana das auf LARP's ausspielt. Redest du viel, wenig, gar nicht? Kann man Worte durch Gesten ersetzen?

    Nietzsche und Amazeroth - Also sprach Zarathustra (zweiter Teil):

    Was erschrak ich doch so in meinem Traume, dass ich aufwachte? Trat nicht ein Kind zu mir, das einen Spiegel trug?

    "Oh Zarathustra - sprach das Kind zu mir - schaue Dich an im Spiegel!"

    Aber als ich in den Spiegel schaute, da schrie ich auf, und mein Herz war erschüttert: denn nicht mich sah ich darin, sondern eines Teufels Fratze und Hohnlachen.

  • Ich halte das schweigen der Borinis oft für überbewertet. In großen Tempeln oder an zurück gezogen Orten, gibt es sicher einige Geweihte, die ein echtes komplettes Schweigegelübte abgelegt haben. Auf die meisten Geweihten "im öffentlichen Dienst" wird es wohl eher nicht gelten.

    Die passendere Beschreibung wäre meiner Meinung nach wortkarg. Sind sind halt eher Spassbremsen. Betören, zur Unterhaltung singen, Geschichten erzählen (außer zu Lehrzwecken), Witze machen und darüber lachen, Smalltalk, gaukeln, spielen ...sind wohl eher nicht so ihr Ding. Wenn sie etwas sagen, dann ist es von Bedeutung und es wird auch nicht ausgeschmückt sondern sogar eher reduziert. Sicherlich bleiben sie dabei trotzdem höflich/förmlich.

    Man darf aber nicht vergessen, dass eine Spielsitzung nur ein Bruchteil der Zeit Ingame ist. Es ist also an sich kein Widerspruch in einer Spielsitzung relativ viel zu sagen und trotzdem wortkarg zu sein. Während die anderen auf der Wanderung sich singend und erzählend die Zeit vertreiben und über das Wetter, die Landschaft und die Leute die sie treffen reden, läuft der Borini schweigend nebenher. Aber wer spielt das aus?

    Aus meiner Erfahrung ist es nicht gut, sich zu sehr in die Rolle zwingen zu lassen (sei es von den anderen oder aus eigenem streben). Genauso wie ein eher wortkarger Spieler einen wortgewandten Charakter spielen darf, wenn er es will muss es auch umgekehrt sein. Auch wenn DSA ein Rollenspiel ist, werden die Helden in erster Linie durch ihre Werte auf dem Blatt definiert und nicht durch das Schauspieltalent des Spielers (auch wenn das mache Spieler oder Gruppen anders sehen). Genauso wie man Spieler und Heldenwissen trennen muss, muss man zu einem gewissen Grad auch die Spielerworte und die Heldenworte trennen. Nur weil der Spieler xy sagt, sagt sein Held es nicht zwangsläufig genauso. Er wird es je nach seinen Werten und Gewohnheiten (der Borini macht es permanent und nicht nur für ein paar Stunden) besser, schlechter, kürzer,... formulieren.

    Als Seelenheilkundiger muss man tatsächlich eher zuhören können. Da ist viel selber reden sogar explizit schlecht. Aber ein paar gezielte Fragen gehören dann schon meist dazu. Genauso wie der Dienst an Gläubigen zwar wortkarg aber meist nicht wortlos funktioniert.

    Da Spielergeweihte eher im aktiven Dienst sind und weniger zurückgezogen in Tempeln oder anderen Orten versuchen die Wege Borons zu ergründen, gehören sie automatisch eher zu den Boronis ohne Schweigegelübte. Und man kann sich auch oft damit behelfen, einfach zu beschreiben was man tut.

    Und somit ernannte der Namenlose:

    Kha

    Also nehme den Namen und Titel Forenkha an und walte deines Amtes 😜

  • Diese Frage lädt zur Diskussion ein und ich kann versprechen, dass ich auch nicht der Weisheit letzter Schluss zu bieten habe. Schließlich sind Spielregeln immer ein Stück weit Auslegungssache. Im Pen-and-Paper-DSA lege ich das Schweigegebot der Boronkirchen so aus, wie es Kha oben darlegt... mit der Einschränkung, dass ich meinen boronischen Charakteren über die Jahre mehr Wörter zugestehe als am Anfang. Ich kürze nicht mehr so viel in der wörtlichen Rede. Das beugt zum einen Missverständnissen vor, die sich aus einer gar zu knappen Aussage ergeben können und die sich ab und zu ergeben haben. Zum anderen ist das eine Entwicklung, die sich aus meinen Erfahrungen im LARP ergeben hat und sich auch auf meine Beschreibungen am Spieltisch auswirkt.

    Mich würde interessieren, wie Minerva Ragana das auf LARP's ausspielt. Redest du viel, wenig, gar nicht? Kann man Worte durch Gesten ersetzen?

    Bevor ich ausführlicher werde, beantworte ich gleich die konkrete Frage an mich: Es erzeugt oft ganz schnell eine "aventurische" IT-Stimmung, wenn ich als Boroni eine einfache Frage nicht mit Worten beantworte, sondern z.B. zur Verneinung den Kopf schüttle, wortlos die Schultern zucke oder in irgendeiner Form mit einer passenden Geste antworte. Aber: Es würgt die Konversation ab.

    Und damit hole ich ein bisschen aus. Wie spiele ich meine geweihte Noionitin - Schwester Lydia - im LARP, im Hinblick auf den Moralkodex?

    Grundsätzlich bin ich ein Mensch, der lieber zweimal nachdenkt, bevor er den Mund aufmacht. Also, in 95 Prozent der Fälle. Und das ist für mich die Kernaussage des boronischen Schweigegebotes.

    Für meine erste LARP-Con mit meiner geweihten Ordensschwester habe ich das Kriterium "Ordensschwester" - also Nonne - in den Mittelpunkt gerückt. Meine Gewandung bestand aus einem langen Faltenrock und einem uni-schwarzen Oberteil mit langen Ärmeln und Rollkragen und das Auffälligste: Ich hatte mir dafür einen Schleier angelegt, dessen Fransen ich über meinem Gesicht nach unten hängen ließ. Die Fransen hingen also über meinen Augen. Ich konnte so immer noch durchschauen und sehen, aber von außen war mein Gesicht zur oberen Hälfte verdeckt. Ich habe kein direktes Feedback bekommen, wie meine Erscheinung auf die anderen Spieler gewirkt hat, aber es war wahrscheinlich so befremdlich, wie ich intendiert hatte. Meine Erfahrung damit war jedenfalls, dass die anderen wohl eine gewisse Scheu davor hatten, mich anzusprechen. Und das verhindert, dass ich in das Spiel einbezogen werde. Und das ist im LARP genau das, was man nicht will.

    Für die folgenden Veranstaltungen habe ich mehr die Rolle als Priesterin verkörpert, weltoffener und mit offenem, unverdecktem Gesicht. Ich merke allerdings, dass ich immer noch eher selten angesprochen oder angespielt werde und das führe ich darauf zurück, dass die anderen DSA-Larper verinnerlicht haben, dass man Boronis nicht ansprechen soll.

    Um Zusammenspiel mit meinen Mitspielern zu haben, muss ich also aktiv auf andere zu gehen und sie ansprechen. Auf einer Veranstaltung letztes Jahr hat das dazu geführt, dass mir einer aus der Wandergruppe, der ich mich kurzzeitig angeschlossen hatte, sagte, dass ich für eine Boroni viel rede.

    Meine Antwort war, ungefähr: "Ich bin Noionitin. Ich muss auch mit meinen Patienten reden, um sie zu behandeln." Also wiederum der Punkt der Seelsorge, der in den obigen Posts auch schon mehrmals Erwähnung gefunden hat.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass mir das in Bereichen passiert wäre, die explizit eine (Boron-)Priesterin erfordern. Ich denke da an ein Gespräch zur Psychoanalyse, ein paar kurze Beichten und ein Gespräch zur Seelsorge, die ich bislang geführt habe. In diesem Rahmen geht es ja nicht anders, als dass ich Fragen stelle und auf die Antworten reagiere.

    Ich erinnere mich im Übrigen an eine Stelle im Boron-Vademecum (habe es aber gerade nicht zum Nachschlagen zur Hand), in der das Verbot, Boronis anzusprechen, relativiert oder sogar ganz aufgehoben wird.

    Mein knappes Fazit:

    - priesterliche Aufgaben klappen nicht in komplettem Schweigen

    - LARP braucht Gespräche, auch von und mit Boronis

  • Für meine erste LARP-Con mit meiner geweihten Ordensschwester habe ich das Kriterium "Ordensschwester" - also Nonne - in den Mittelpunkt gerückt. Meine Gewandung bestand aus einem langen Faltenrock und einem uni-schwarzen Oberteil mit langen Ärmeln und Rollkragen und das Auffälligste: Ich hatte mir dafür einen Schleier angelegt, dessen Fransen ich über meinem Gesicht nach unten hängen ließ. Die Fransen hingen also über meinen Augen. Ich konnte so immer noch durchschauen und sehen, aber von außen war mein Gesicht zur oberen Hälfte verdeckt. Ich habe kein direktes Feedback bekommen, wie meine Erscheinung auf die anderen Spieler gewirkt hat, aber es war wahrscheinlich so befremdlich, wie ich intendiert hatte. Meine Erfahrung damit war jedenfalls, dass die anderen wohl eine gewisse Scheu davor hatten, mich anzusprechen. Und das verhindert, dass ich in das Spiel einbezogen werde. Und das ist im LARP genau das, was man nicht will.

    Der alte Ork nickt an seiner Reisschnaps Flasche nippend zu den Worten. Vielen Dank für Eure Wort-Schriftmeldung. Mit diesen Problem hab ich gar nicht gerechnet, man hätte es aber ahnen können. Das ist, Euer Gnaden, wirklich nicht dass, was man will, auf einem LARP. Die Aufmachung stell ich mir dennoch sehr eindrucksvoll vor.

    Für die folgenden Veranstaltungen habe ich mehr die Rolle als Priesterin verkörpert, weltoffener und mit offenem, unverdecktem Gesicht. Ich merke allerdings, dass ich immer noch eher selten angesprochen oder angespielt werde und das führe ich darauf zurück, dass die anderen DSA-Larper verinnerlicht haben, dass man Boronis nicht ansprechen soll.

    Mühsam unterdrückt der alte Ork ein aufkommendes rülpsen - mehr schlecht als Recht. Hmm das ist wohl ein Grundproblem der Borongeweihten. Ich spreche sie gleich in welcher Rolle auch nicht an, außer ich möchte explizit etwas von ihnen. Das ist dann zwar höflich im alveransichen Sinne aber ungünstig aus Sicht des Plots.

    Andererseits will eine Borongeweihte auch nicht mit weltlichem Quark: Die Bäuerin ihre Kuh ist im Wald verschwunden, belästigt werden. Geht es hingegen um eine Untote Kuh, dann sollte genau das passieren: Fragt die Geweihte! Wer fragt? Du nein ich trau mich nicht, frag du, nein lieber doch der da....

    Ich erinnere mich im Übrigen an eine Stelle im Boron-Vademecum (habe es aber gerade nicht zum Nachschlagen zur Hand), in der das Verbot, Boronis anzusprechen, relativiert oder sogar ganz aufgehoben wird.

    Das ist natürlich eine erhebliche Erleichterung für den Geweihten - so muss er nicht immer darauf warten, dass einer etwas von ihm will.

    Der alte Ork glaubt, dass es ungemein befreiend ist, als Geweihter des Schweigsamen Gottes in einer Gruppe zu reisen. Vielleicht mit einer Magd (die besonders schwatzhaft ist, weil sie in der Nähe von Euer Gnaden ja so selten reden darf) oder einem Söldner, der gerne singt und tanzt und so die ein oder andere Stunde Kontakt zu anderen Spielern hat. So könnten andere Mitspieler als Kitt wirken. Aber der alte Ork will nicht besser wissen, was er selbst nicht kann... Manchmal sind auch etwas "zurückgezogene Magier der linken Hand" komplett aus allem Plot raus, egal wie viel sie sich Mühe geben...

    Nietzsche und Amazeroth - Also sprach Zarathustra (zweiter Teil):

    Was erschrak ich doch so in meinem Traume, dass ich aufwachte? Trat nicht ein Kind zu mir, das einen Spiegel trug?

    "Oh Zarathustra - sprach das Kind zu mir - schaue Dich an im Spiegel!"

    Aber als ich in den Spiegel schaute, da schrie ich auf, und mein Herz war erschüttert: denn nicht mich sah ich darin, sondern eines Teufels Fratze und Hohnlachen.

  • Ich denke (ebenfalls), dass die mit dem völligen Schweigegebot dann den Mystikern zuzurechnen sind, die ja ohnehin irgendwo am liebsten menschenfern und gottnah leben, oder so etwas vielleicht manchmal für einen bestimmten Zeitraum als Strafe/Buße (von sich selber aus oder durch Tempeloberen) sich auferlegen/auferlegt bekommen. Denn den gewöhnlichen Tempeldienst kann man nicht völlig schweigend verrichten, auch nicht in einem Boron-Tempel, in dem wenig und dann auch leise gesprochen werden soll.

    "Sprich nur das Allernotwendigste" ist daher in meinen Augen selbstredend (pun intended ;) ). Man soll sagen, was notwendig ist. Das kann in der einen Situation gar nichts sein, weil Gestik oder Mimik reicht, das können ein oder wenige Worte sein, oder das kann sehr viel reden sein, wobei letzteres sicherlich immer noch unterliegt, das Allernotwendigste zu sagen, also keine überflüssigen Phrasen, keine Wiederholungen, es auf die notwendigen Worte zu reduzieren (und also nicht wie Justus Jonas geschwollen loszuschwafeln^^). Und wenn das (mal) in 5 Minuten reden am Stück führt, ist auch das allernotwendig.

    Dazu sind Boronis der Seelsorge ja noch mehr verpflichtet als es Geweihten ohnehin zusteht, und sie gehören mit zu den besten Menschenkennern, die das Regelsystem zu bieten hat. Sie können (und recht schnell hoffentlich noch besser) also auch ohne viel zu reden andere gut einschätzen und lesen, ihre Schlüsse ziehen und darauf aufbauend sich ihre nächsten Worte gut zurechtlegen.

    Was das anreden angeht: Da spricht nichts gegen, dann geht man nicht zum/zur Boroni und sagte: "Euer Gnaden, ich habe ein Problem", sondern geht zum/zur Geweihten und erweckt den Eindruck, dass man ihn/sie sprechen möchte, vielleicht, dass es wichtig ist, und er/sie muss ja nicht mal "Sprich" sagen, auch wenn da nichts gegen spräche, sondern kann auch durch eine Geste auffordern, zu sprechen.

    Mit einem Boroni schaut man man halt mehr darauf, etwas in weniger Worten zu sagen als die meisten anderen, aber wenn es nötig ist, etwas zu sagen, wird das gesagt. In genau so vielen Worten, wie es nötig ist.

  • Ich glaube, ein ganz guter Vergleichspunkt ist die Quiet Isle in ASOIAF, auf die Brienne und Podrick in "A Feast for Crows" stoßen. Die Leute dort haben ein Schweigegelübde, aber auf der Insel leben auch nur Leute mit Gelübde! Die dürfen einmal alle Jubeljahre reden für einen kleinen Zeitraum. Einer von ihnen aber hat die Aufgabe, Kontakt mit der Außenwelt zu halten - der darf reden.

    Ich würde daher annehmen, dass die Boronis schweigen, wenn sie untereinander sind - und zumindest das Notwendige reden, wenn sie mit der Außenwelt kommunzieren. Alles andere wäre für eine Religion auch quatschig. Aber viele Liturgien etc. werden eben nonverbal sein, vielleicht so mit gesummten Melodien oder so was die Art.

    Das hält die Boronis sehr spielbar, weil etwa die hier im Thread bereits erwähnten Seelsorger sehr viel reden können - und dann eben den Ausgleich in der Gemeinschaft suchen, wo sie dann schweigen. Quasi wie die Hexe alle halbe Jahr auf der Orgie die Flugsalbe braut, nehmen sich Boronis Schweige-Auszeiten.

  • Aber viele Liturgien etc. werden eben nonverbal sein, vielleicht so mit gesummten Melodien oder so was die Art.

    Zumindest in DSA 4 Liturgien sind es oft nur stille Gebete und Gestiken. Nicht immer (manchmal muss man mit der Zielperson gemeinsam beten), aber so unterm Strich sind Boron-Liturgien tatsächlich eher still zu wirken.

    Quasi wie die Hexe alle halbe Jahr auf der Orgie die Flugsalbe braut, nehmen sich Boronis Schweige-Auszeiten.

    Im Grunde ist ja eine Schweige-Auszeit die Zeit, in der nicht geredet wird, was unterm Strich für einen Boroni immer noch sehr viel Zeit ist, da er doch weniger spricht als die meisten anderen Personen (weil sich vieles durch Gestiken erledigen lässt, sich nicht an jedem Plausch beteiligt wird, und wenn etwas gesagt wird, weniger Worte benötigt werden). Ob da einfach mal bei für 2 Tage im halben Jahr besonders wenig sprechen sich gleich gottnäher gefühlt wird ... ;) wäre ich mir nicht so sicher.

    Wenn sich an das Notwendige sprechen ohnehin gehalten wird, ist ja alles gut.

  • Zitat von Wege der Götter

    Gottesdienste für Boron sind sehr stark ritualisiert. Es wird häufig nicht ein Wort gesprochen, die angestrengte Stille der Versammelten liegt schwer über der Menge. Wenn gegen Ende gemeinsam die Stimmen zum Choral erhoben werden, ist die Erleichterung deutlich spürbar.

    Wege der Götter veranschaulicht das auch nochmal ganz schön. Aber da jeder weiß was passiert sind halt auch keine Worte notwendig. ;)

    Ich denke man muss auch noch etwas zwischen den beiden Boronkirchen unterscheiden. Punin steht einfach nicht so sehr (politisch) im Mittelpunkt und dürfte insgesamt etwas schweigsamer auftreten.

    Und somit ernannte der Namenlose:

    Kha

    Also nehme den Namen und Titel Forenkha an und walte deines Amtes 😜

  • Ich spiele derzeit einen borongeweihten Golgariten in der G7 und habe eine der Threads angestoßen. Ich fand die verschiedenen Antworten und auch hier die Kommentare sehr einleuchtend und helfend.

    Aus meiner Sicht kommt heraus, dass wohl das wichtigste dass Gebot "Sprich nur das Allernotwendigste" ist. Wie dieses Ziel in der Gruppe zu aller Zufriedenheit ausgeübt werden muss, ist je Gruppe unterschiedlich.

    Und hier müssen wir aus meiner Erfahrung wohl zwischen dem Spieler und dem Charakter unterscheiden.

    Der Spieler möchte in der Gruppe "mitspielen", Gesten und Mimik sind oft zu "unaufdringlich, weil im Gegensatz zu einem Aventurier, der geneigte Mitspieler eben nicht den Borongeweihten immer auf dem Radar hat. Dadurch glaube ich, dass der Spieler oft die Gestik und Mimik dadurch unterstützen muss, dass er erklärt wie sein Borongeweihter "schaut". An manchem Spieler ist sicher ein Burgschauspieler verloren gegangen, aber ich bin ein Laie und kann also nicht erwarten, dass meine Mimik ausdrucksstark genug ist, um meine Mitspieler mit Input zu füttern. Und als zweites könnte es passieren, dass den Mitspieler das Schweigen unangenehm ist und er somit den "Borongeweihten" noch weniger anspricht. Das selbe Phänomen wie oben bezüglich der Bauern angesprochen wurden, welche streiten wer den Borongeweihten um Hilfe bittet. Ein anderer Punkt ist, dass meist die Handlung am Spieleabend eher komprimiert wird, dadurch wirkt es nicht wenn der Borongeweihte eine Zeitlang schweigt, weil die Mitspieler wollen weiterkommen. (Ich nehme mich selbst da gar nicht aus :) ).

    Der Charakter in Aventurien hat allein auf Grund seiner Robe eine ganz andere Wirkung auf seine Umwelt, die wie von Minerva angemerkt vielleicht im LARP funktioniert, aber schwieriger am Spieltisch. Ein Borongeweihter kann mit Mimik und Gestik einiges ausdrücken, weil die Umgebung auf ihn achtet. Sein Stirnrunzeln wird als Missbilligung gesehen, etc. Der Borongeweihte ist von Kindheit an durch eine Lehre gegangen, die ihm von älteren Borongeweihten gezeigt hat, welche Mimik und Gestik welche Wirkung hat. Dass heißt, wie in vielen anderen Bereichen kann der Charakter etwas, was der Spieler nicht kann. (aber vermutlich ausprobieren möchte)

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    "Genieße die Veränderung, denn sie wird schöner als du es dir vorstellen kannst." (unbekannte TSA-Geweihte)